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Uniklinik Magdeburg Geschacher um Geld für Uni-Kinderklinik

Bei Aufarbeitung des Rekorddefizits an der Uniklinik Magdeburg gerät jetzt die Rolle von Krankenkassen in den Fokus.

Von Alexander Walter 31.05.2019, 01:01

Magdeburg l Nach einem Prüfbericht des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) fordern AOK, IKK und Techniker Krankenkasse (TK) Zahlungen an die Kinderkrebsklinik Magdeburg teils komplett zurück. Es geht um 1,7 Millionen Euro, die die Uniklinik Magdeburg zwischen Januar 2016 und März 2017 für die Behandlung von mindestens 145 schwerkranken Kindern erhalten hat.

Anlass: Bei einer von den Kassenverbänden in Auftrag gegebenen Begehung Ene 2016 hatte der MDK Kriterien, wie die Besetzung mit Ärzten, Arbeitsabläufe und die Geräte-Aussstattung unter die Lupe genommen. Alle Bereiche blieben ohne Mängel – bis auf die Nachtschicht. Hier saß statt der vorgeschriebenen zwei nur eine Kinderkrankenschwester. Die Klinik erfülle damit möglicherweise nicht vollständig die bundesweiten Richtlinien für eine Kinderkrebsstation, so die Prüfer. Mit Folgen: Die AOK machte rückwirkend ab Januar 2016 den Verlust sämtlicher Vergütungsansprüche geltend, konkret: 552 000 Euro. Andere zogen nach: Die IKK forderte 324 000 Euro zurück. „Bitte stornieren Sie (...) die von Ihnen erbrachten kinderonkologischen Leistungen im Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 26. März 2017. Vielen Dank.“, schrieb die TK.

Klinikdirektor Peter Vorwerk nennt das Vorgehen „moralisch verachtungswürdig.“ Ja, es habe wegen Fachkräftemangels eine Kinderpflegerin in der Nacht gefehlt. Es habe aber in Sicht- und Rufweite auf der benachbarten Kinder-Intensivstation ständig eine zweite Pflegekraft gegeben. Auswirkungen auf die Behandlungsqualität habe es nie gegeben. Vorwerk berichtet von einem Jungen mit einem Tumor. Nach Chemotherapie, Operation und Bestrahlung gelte er als geheilt. Eine Kasse fordere dennoch mehr als 102 000 Euro Behandlungskosten komplett zurück.

Über ihren Anwalt, den ehemaligen Vorsitzenden Richter des Bundessozialgerichts, Ulrich Hambüchen, bat die Klinik Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) um dienstaufsichtsrechtliche Prüfung des Falls. Grimm-Benne ist Mitglied im Klinikaufsichtsrat– und Rechtsaufsicht der AOK – hat aber nicht die Dienstaufsicht der Kasse.

Tatsächlich kam es zum Schlichtungstermin: „Es hat ein Gespräch gegeben, um eine außergerichtliche Einigung möglich zu machen“, sagte ein Ministeriumssprecher. Er ergänzte: Die Besetzung der Nachtschicht habe nicht den Vorgaben entsprochen, das sei keine Nebensächlichkeit. „Richtlinien sind einzuhalten.“

Die AOK argumentiert ähnlich: Insbesondere bei schwerkranken Kindern darf es keine Kompromisse bei der Versorgungsqualität geben.“ Einigungsvorschläge habe die Klinik abgelehnt. Arzt Vorwerk berichtet indes, bei der Schlichtung sei er sich vorgekommen wie auf einem Basar. ‚Machen wir 50:50?‘ habe es geheißen. Die Uniklinik hat inzwischen geklagt. TK und IKK wollten sich unter Verweis darauf nicht äußern. Der Vorgang ist kein Einzelfall. Bundesweit beanstandeten die Gesetzlichen Krankenkassen 2017 jede zweite Krankenhausabrechnung. Auch in der Median Klinik NRZ Magdeburg gibt es wegen aus Sicht des Hauses nicht nachvollziehbaren Beanstandungen massive Problemen bei Abrechnungen, sagte Ärzte-Chef Michael Sailer. Die Folge seien Außenstände in Millionenhöhe.

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