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Finanzkrise am AKH

Politik will Einsicht in Gutachten (+ Kommentar)

Die Veröffentlichung des Personalgutachtens in der Celleschen Zeitung hat am AKH und in der Politik hohe Wellen geschlagen. Jetzt möchte die FDP, dass das Gutachten öffentlich gemacht wird.

Die Veröffentlichung des Personalgutachtens in der Celleschen Zeitung hat am AKH und in der Politik hohe Wellen geschlagen. Jetzt möchte die FDP, dass das Gutachten öffentlich gemacht wird.

Stadt Celle. Das AKH hat nun doch auf die am vergangenen Samstag erschienene CZ-Berichterstattung zum Personalgutachten reagiert – allerdings nur in Mitarbeiterkreisen. In einem Rundschreiben des AKH-Direktoriums an die Belegschaft versuchen Vorstand Martin Windmann, der Ärztliche Direktor Prof. Dr. Dieter Fröhlich und Pflegedirektor Christian Faßmann-Heins die verunsicherten Mitarbeiter zu beruhigen. Tenor: Der CZ-Artikel "schadet nicht nur dem AKH Celle, sondern steuert auch ganz klar dem Willen aller Beteiligten entgegen, das AKH in kommunaler Trägerschaft zu erhalten und schadet so im Ergebnis der gesamten Region."

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Stellungnahme abgelehnt

Unter anderem wird der CZ darin vorgeworfen, "entgegen der üblichen Zusammenarbeit zwischen Medien und Unternehmen (im Vorfeld) nicht um eine Stellungnahme gebeten" zu haben. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Bereits vor Wochen hatte die CZ angefragt, ob sie die Ergebnisse sowohl des jetzigen Personalgutachtens sowie des Sanierungsgutachtens, das am 12. Juni vom Aufsichtsrat beschlossen werden soll, erhalten könne. Dabei hatte das AKH deutlich zu verstehen gegeben, dass die Gutachten erst in die Gremien und zu den Banken gingen. Dann würden die Mitarbeiter informiert und am Schluss die Öffentlichkeit.

Gewerkschaft lobt CZ-Bericht

Auf Gewerkschaftsseite herrscht hingegen eine andere Meinung zur Berichterstattung vor. Der für das AKH zuständige Verdi-Gewerkschaftssekretär Axel Reichinger: "Eine wirklich gute Arbeit, die die Redaktion der Celleschen Zeitung da in ihrer Samstagsausgabe abgeliefert hat: Die Zusammenfassung des Personal-Gutachtens der WRG zur AKH-Krise wird verständlich der Öffentlichkeit präsentiert. Das hätten sich die Beschäftigten in der Form sicherlich ebenfalls gewünscht – von ihrem Arbeitgeber. Der allerdings hat bisher wenig dazu beigetragen, dass die zunehmende Verunsicherung über die Zukunft der Arbeitsplätze in der AKH-Gruppe abgebaut wurde."

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Weitere Schritte offenlegen

Was jetzt ganz schnell erfolgen müsse, sei eine Offenlegung der kommenden Handlungsschritte. Noch mehr und noch weiter anhaltende Unsicherheiten und Ängste über die Zukunft der AKH-Gruppe wären unverantwortlich und erst recht zum Schaden sowohl für Beschäftigte, Patienten als auch die Bevölkerung, meint Reichinger.

Kein Verständnis mehr für die "Geheimhaltungsstrategie" der AKH-Verantwortlichen hat mittlerweile auch die FDP. So fordert der Kreisvorsitzende Robert Kudrass: „Das Sanierungsgutachten und der Maßnahmenplan müssen jetzt dem Kreistag und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.“ Aus Sicht der Liberalen sollten die Entscheidungen über eine Einschränkung des medizinischen Angebotes nicht länger in Hinterzimmern "ausgekungelt" werden.

Gutachten veröffentlichen

Der Landkreis Celle habe den gesetzlichen Auftrag, die medizinische Versorgung sicherzustellen, daher müsse auch der Kreistag darüber entscheiden, ob die bestehenden Angebote reduziert werden oder andere Finanzierungen zur Verfügung gestellt werden, so Kudrass. Insgesamt müsse die Kommunikation in Sachen AKH vollständig verändert werden: „In anderen Landkreisen finden sogar Bürgerbefragungen oder Bürgerentscheide zur Zukunft der Krankenhäuser statt, in Celle sollen die Bürger und sogar die Mitarbeiter von den Informationen ferngehalten werden. Dieses Verhalten erweckt den Eindruck, dass es hier etwas zu verbergen gibt.“

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Im Nachfolgenden nimmt die CZ Stellung zu einzelnen Punkten aus der Mitteilung an die AKH-Mitarbeiter vom 27. Mai 2019, in denen die Berichterstattung kritisiert wird.

In dem Infobrief heißt es:

„Das der CZ zugespielte Gutachten, Stand März übrigens, ist lediglich ein Teil des Gesamtgutachtens und stellt die Feststellung externer Experten zum Personalbedarf dar. Das Gesamtgutachten (S6) wird derzeit erstellt und muss erst bewertet und unter anderem mit dem Aufsichtsrat und dem Betriebsrat besprochen werden.“

Dazu sagt die CZ:

Das ist im Kern richtig, unterschwellig wird hier die Bedeutung des Personalgutachtens allerdings heruntergespielt. Denn die Expertise der WRG Consulting GmbH fließt zu sehr großen Teilen in das Sanierungsgutachten ein. Darauf sollen nach CZ-Informationen auch die Banken bestehen. Deutlich wird dies unter anderem an den geplanten Personaleinsparungen. Aus einem mit „streng vertraulich“ überschriebenem Dokument vom 16. Mai geht hervor, dass zum Beispiel aus dem WRG-Gutachten der Punkt „Personaleinsparungen über alle Dienstarten“ übernommen wurde. Davon versprechen sich die Wirtschaftsprüfer jährliche Einsparungen von 3.124.735 Euro.

Des Weiteren beschränkt sich WRG bei Weitem nicht auf eine Personalanalyse, sondern befasst sich auch mit der Optimierung der Arbeitsabläufe. So lautete denn auch der Auftrag: „Gesamtpersonalbedarfsanalyse mit simultaner Analyse der Optimierungspotenziale in der Aufbau- und Ablauforganisation.“ Letztlich hatten die Gutachter in diesem Bereich für das AKH Celle und das Klinikum Peine einen Betrag von 2,3 Millionen Euro ermittelt, um den sich das Ergebnis beider Häuser verbessern könnte, wenn die Arbeitsabläufe effizienter gestaltet werden könnten.

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In dem Infobrief heißt es:

„Auch wurde das AKH im Vorfeld entgegen der üblichen Zusammenarbeit zwischen Medien und Unternehmen nicht um eine Stellungnahme gebeten, dies zeigt die Intention dieses Berichts.“

Dazu sagt die CZ:

Korrekt ist: Direkt vor der Veröffentlichung hat die CZ tatsächlich nicht um eine Stellungnahme zu dem Bericht am 25. Mai gebeten. Im Rahmen der Pressefreiheit müssen wir das auch nicht. Was im Info-Brief nicht erwähnt wird, ist, dass die CZ bereits weit im Vorfeld sowohl mündlich, als auch schriftlich darum gebeten hat, über die Ergebnisse des Gutachtens informiert zu werden. Dies wurde mit dem Hinweis, dass zunächst die AKH-Gremien und dann die Mitarbeiter informiert werden sollten, verneint. Das ist aus Sicht der AKH-Führung durchaus verständlich. Für die CZ hat sich daraus allerdings ergeben, dass eine Anfrage zu den Inhalten des Gutachtens ergebnislos verlaufen würde. Das hat sich auch nach der Veröffentlichung bestätigt. Ein Angebot, sich zu den Inhalten des Artikels vom 25. Mai und den darin enthaltenen Sachverhalten zu äußern, hat AKH-Pressesprecher Ralf Kuchenbuch abgelehnt. Das führte unter anderem zu der etwas absurden Situation, dass der Bürgermeister der Gemeinde Südheide, Axel Flader, für die Verantwortlichen des AKH in die Bresche springen musste, um klarzustellen, dass man versuche, eine Schließung des MVZ Hermannsburg zu verhindern und man darüber bereits Gespräche für eine Nachfolge führe.

In dem Infobrief heißt es:

Im Info-Brief an die Mitarbeiter wird der CZ unterstellt, sie hätte die Situation im Pflegebereich in „unverantwortlicher“ Weise falsch dargestellt und einen Abbau von Pflegekräften suggeriert.

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Dazu sagt die CZ:

Das ist nicht korrekt. In dem Artikel vom 25. Mai wird an keiner Stelle geschrieben, dass das AKH Stellen abgebaut habe, sondern es wird einfach nur der Fakt festgestellt, dass die Zahl der Pflegekräfte im Januar 2019 unter dem Jahresmittel 2018 liegt und die Empfehlung von WRG nicht vorsieht, den Stand des Jahresmittels 2018 wieder zu erreichen. In dem Bericht ist auch darauf hingewiesen worden, dass dies wahrscheinlich an möglichen Optimierungsprozessen, der Zusammenlegung von Stationen und der möglichen Schließung von Stationen liegen dürfte.

In dem Infobrief heißt es:

„Auch entbehrt die in der Celleschen Zeitung genannte Veränderung der Anzahl von Patienten je Pflegekraft im Nachtdienst jeglicher Grundlage, eine Umsetzung wurde zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt. In diesem Zusammenhang sieht die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung aktuell einen maximalen Wert von 20 Patienten pro Pflegekraft vor. Die Umsetzung dieser Verordnung wird in den kommenden Jahren schrittweise erfolgen. Diese Entwicklung wird von den pflegerischen Verantwortlichen als Richtwert in der strategischen Personalplanung angenommen.“

Dazu sagt die CZ:

Diesen Aspekt hat sich die CZ nicht ausgedacht, sondern dies ist eine Feststellung der WRG Consulting GmbH. Auf Seite 149 des Personalgutachtens stellen die Wirtschaftsprüfer fest: „Das Deutsche Krankenhausinstitut geht davon aus, dass durchschnittlich 32-42 Erwachsenen-Betten, 19-25 Betten für Kinder und kranke Säuglinge und 25 Betten für gesunde Säuglinge von einer Pflegekraft in der Nacht betreut werden können (ausgenommen pflegeintensive Bereiche). Im AKH Celle versorgt eine Pflegekraft durchschnittlich 17 Patienten in der Nacht (ohne Intensivstationen und Weaning). Maximal werden 28 Betten von einer Pflegekraft versorgt. Der niedrigste Wert in Höhe von vier Patienten pro Nachtwache entstammt der Neonatologie. Gründe für eine geringere Nachtwachenauslastung sind: Die Stationsgrößen lassen keinen wirtschaftlicheren Einsatz zu. Die Auslastung der Station ist zu niedrig. Zusätzliche Versorgungsaspekte erfordern den Einsatz von zwei Nachtwachen.“ „Grundsätzlich“, so empfiehlt WRG, „sollte eine Prüfung des Betriebskonzepts erfolgen (Prüfung der Stationsgrößen, Anzahl an Stationen und des Ressourceneinsatzes).“ Wenn also jetzt die AKH-Geschäftsführung feststellt, dass es nicht mit der Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung vereinbar ist, dass eine Pflegekraft noch mehr Patienten pro Nachtwache betreut, so sollte sie diesen Punkt nicht gegenüber der CZ geltend machen, sondern vielleicht mit WRG besprechen, die diese Empfehlung gegeben hat.

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In dem Infobrief heißt es:

In dem Info-Brief macht das AKH-Direktorium geltend, dass die Auslagerung der so genannten tertiären Bereiche, sprich des Personals von Küche, Reinigung und Logistik, in Tochtergesellschaften nicht neu sei.

Dazu sagt die CZ:

Das ist nur zum Teil richtig. Korrekt ist: Im Februar war mitgeteilt worden, dass das Küchenpersonal in eine Servicegesellschaft ausgelagert werden soll. Von der Reingung und der Logistik war da noch nicht die Rede. Noch Anfang März hatte der Betriebsrat mitgeteilt: „Über die Reinigung und die Logistik ist noch gar nicht verhandelt worden. Für diese Bereiche hat der Arbeitgeber noch keinen Aufschlag gemacht." Diese Situation hat sich mittlerweile geändert. In dem oben bereits erwähnten streng vertraulichen Papier ist unter dem Punkt „Aktuell geplante Maßnahmen“ die Gründung von Tochtergesellschaften und Tarifwechsel für alle drei Bereiche – Küche, Logistik, Reinigung) aufgeführt.

In dem Infobrief heißt es:

In dem Info-Brief wird der CZ vorgeworfen, mit der Berichterstattung dem AKH und damit der gesamten Region geschadet zu haben.

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Dazu sagt die CZ:

Diesen Vorwurf weisen wir von uns. Der CZ geht es um Transparenz. Uns ist klar, dass die Verantwortlichen in Vorstand und Aufsichtsrat am liebsten ungestört von der Öffentlichkeit ihre Beschlüsse über die unbequemen Sanierungsmaßnahmen fassen möchten. Die Aufgabe der Presse ist es allerdings, die Bevölkerung und in diesem Fall auch die Mitarbeiter mit Informationen zu versorgen und das am besten, bevor wichtige Entscheidungen fallen. Gerade bei einem so bedeutenden Bereich wie dem Krankenhaus und weil es auch um die Verwendung von öffentlichen Geldern geht. Jetzt der CZ vorzuwerfen, sie hätte dem AKH geschadet, wenn wir Informationen veröffentlichen, die in wenigen Wochen sowieso bekannt gemacht werden, ist sehr einfach und geht am Kern der Problematik vorbei. Ja, es scheint fast so, als wolle man die Veröffentlichung zum Vorwand für eine neuerliche Diskussion über eine mögliche Privatisierung des AKH nehmen.

Das ist der Infobrief an die AKH-Mitarbeiter:

Meinung von Gunther Meinrenken

Transparenz

Es ist ein schon bekannter und oft wiederkehrender Reflex– wenn die Berichterstattung in den Medien Verantwortliche dabei stört, in aller Stille unangenehme Entscheidungen zu treffen, wird der Schwarze Peter zurück an die Presse geschoben, die unverantwortlich handelt, Mitarbeiter verunsichert und Schaden verursacht. Genau so reagiert gerade die AKH-Spitze auf die Veröffentlichung des Personalgutachtens der WRG Consulting GmbH in der CZ vom vergangenen Samstag.

Uns ist dabei klar, dass die Veröffentlichung zu Unruhe in der Belegschaft führt. Aber die herrscht sowieso schon vor, weil Vorstand und Aufsichtsrat seit Monaten den Mitarbeitern nur tröpfchenweise reinen Wein einschenken.

Der CZ geht es um Transparenz.Die Aufgabe der Presse ist es, die Bevölkerung und in diesem Fall auch die Mitarbeiter mit Informationen zu versorgen, und zwar bevor wichtige Entscheidungen fallen. Gerade bei einem so bedeutenden Bereich wie dem Krankenhaus und weil es auch um die Verwendung von öffentlichen Geldern geht. Bei den Verantwortlichen des AKH scheint man sich aufgrund der Veröffentlichung des Personalgutachtens jetzt schon darauf vorzubereiten, einen Schuldigen zu finden, falls die Sanierung schiefgehen sollte – dann war es natürlich die "böse" Presse.

CZ

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