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Luckenwalde

Potsdamer Klinik wirbt um Luckenwalder Personal

Mit diesem mobilen Werbe-Träger, stationiert am Luckenwalder Krankenhaus, suchte das Bergmann-Klinikum Fachkräfte.

Mit diesem mobilen Werbe-Träger, stationiert am Luckenwalder Krankenhaus, suchte das Bergmann-Klinikum Fachkräfte.

Luckenwalde. (Personal)not kennt kein Gebot – diese Redewendung trifft jetzt auf die Suche nach medizinischen Fachkräften in der Region zu. Das Bergmann-Klinikum – ein kommunales Krankenhaus mit Standorten in Potsdam und Bad Belzig – versucht offenbar aktiv, Pflegekräfte und Ärzte aus dem derzeit insolventen Luckenwalder DRK-Krankenhaus abzuwerben.

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Die Litfaßsäule am Luckenwalder Krankenhaus

Die Litfaßsäule am Luckenwalder Krankenhaus.

Ein XXL-Plakat des Bergmann-Klinikums auf der Litfaßsäule in der Luckenwalder Schützenstraße – direkt vor dem Krankenhaus – wirbt mit „spannenden Pflegejobs direkt um die Ecke“, mit „Vorteilen eines kommunalen Arbeitgebers“ und „attraktiven Zulagenmodellen“.

Betriebsrat: „Unfair und schäbig“

Jens König, Betriebsratschef im Luckenwalder Krankenhaus, berichtet von weiteren Abwerbe-Versuchen: „In Abständen wurde ein Transporter des Bergmann-Klinikums mit Werbe-Plakaten auf dem Parkplatz hinter dem Krankenhaus abgestellt.“ Es werde mit mehr Gehalt, kostenlosen Parkplätzen und Zusatzleistungen geworben, so König. „Ich finde das Vorgehen unfair und schäbig“, sagt er. Es sollen gezielt auch Ärzte angesprochen worden sein, was König aber nicht bestätigen kann. Ihm sei zumindest auch niemand bekannt, der gekündigt hätte, um zum Bergmann-Klinikum zu wechseln.

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Unverständnis bei KMG Kliniken

Sein Missfallen äußert auch Stefan Eschmann, Vorstandsvorsitzender der KMG Kliniken, die als neuer Eigentümer das Luckenwalder Krankenhaus in Kürze übernehmen werden. "Ich habe ein gewisses Verständnis, dass man sich bemüht, Personal zu finden. Aber dass man ein offensichtlich führungsloses Krankenhaus mitten in einem Insolvenzverfahren so attackiert, ist nicht okay", sagte er der MAZ. Das Vorgehen sei um so erstaunlicher, da es sich beim Bergmann-Klinikum um einen kommunalen Träger handele.

Pflegekräfte des Luckenwalder Krankenhauses zeigen an der Litfaßsäule „Daumen runter“

Pflegekräfte des Luckenwalder Krankenhauses zeigen an der Litfaßsäule „Daumen runter“.

Unrechtmäßig ist die Werbe-Aktion nicht. „Deshalb reagieren wir auf unsere Art darauf – mit Posts und originellen Fotos in den sozialen Medien“, kündigt Eschmann an.

Bergmann-Klinikum bestreitet Vorwürfe

Das Klinikum Ernst von Bergmann wehrt sich gegen die Vorwürfe. Zwar bestätigt die Klinik, dass sie seit Sommer 2018 verstärkt Personalmarketing betreibt und Mitarbeiter neu beschäftigt, die aus Luckenwalde kommen; die Maßnahmen der Personalgewinnung seien aber bundesweit gängige Praxis.

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"Wir betreiben klassisches Personalmarketing, denn auch als kommunale Klinikgruppe sind wir ständig auf der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern", sagt Steffen Grebner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Klinikgruppe. "Nicht nur im Pflegebereich, sondern auch in Reinigung und Handwerksberufen." Man sei überrascht, dass diese Aktivitäten auf solch ein Befremden stoßen. "Befremdlich ist in unseren Augen, dass man bei Übernahmen von Kliniken sofort Mitarbeitern kündigt", erklärt Grebner. In der vorigen Woche hatten die ersten Angestellten des Luckenwalder Krankenhauses ihre Kündigungen erhalten.

Verschiedene Werbeträger

Die Bergmann-Klinikgruppe wirbt seit 2018 auf Werbeträgern wie Spots in Trams und Supermärkten, Anzeigen, Postkarten in Lokalen, Aufklebern, Litfaßsäulen und mobilen Werbe-Fahrzeugen. Laut Pressesprecherin Damaris Hunsmann laufen diese Aktionen in weiten Teilen Brandenburgs. In Luckenwalde wurden 18 Litfaßsäulen bestückt.

Landrätin: „Gebot der Zurückhaltung“

Als nicht ganz so harmlos schätzt Landrätin Kornelia Wehlan (Linke) die Werbe-Kampagne ein. „Als ein Litho-Tube-Fahrzeug direkt vor dem Luckenwalder Krankenhaus eine gezielte Abwerbe-Maßnahme durchgeführt hat, habe ich gegenüber der Bergmann-Geschäftsführung mein Unverständnis geäußert“, erklärt sie. Alle Krankenhäuser stünden vor der Herausforderung, Fachkräfte zu gewinnen. „Was mich äußerst befremdet, ist die fehlende Sensibilität. Seit Dezember läuft ein Insolvenzverfahren um unser Krankenhaus. Die gesundheitliche Versorgung stand auf der Kippe, und der neue Eigentümer ist erst ab Juli vollumfänglich geschäftstüchtig. In dieser Zeit hätte ich ein Gebot der Zurückhaltung von einem Krankenhaus mit kommunaler Beteiligung erwartet“, so Wehlan.

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In die Debatte mischte sich auch das Brandenburger Gesundheitsministerium ein. „Ich war sehr aufgebracht und stinksauer, als ich von dieser Art der Personalwerbung erfuhr“, sagt Staatssekretär Andreas Büttner gegenüber der MAZ. „Es kann nicht sein, dass in Zeiten eines Trägerwechsels, wenn die Mitarbeiter verunsichert sind, die Fachkräfte abgeworben werden“, so Büttner, „das ist ein Stil, der so nicht geht.“ Die zuständige Abteilung des Ministeriums habe der Bergmann-Geschäftsführung nahegelegt, diese Art der Kampagne zu unterlassen.

Büttner fühlte sich allerdings auch von den Kündigungen im Luckenwalder Krankenhaus „eiskalt erwischt“. „Es ist in den letzten Wochen so viel Vertrauen verspielt worden. Ich kann der KMG als neuem Eigentümer nur dringend raten, Vertrauen wieder aufzubauen“, so Büttner.

Von Elinor Wenke

MAZ

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