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Mit 16 Millionen Euro

Überraschende Wende: Rettet jetzt Celle das Peiner Klinikum?

Überraschung in der Klinik-Krise: Das Peiner Krankenhaus wird anscheinend gerettet – allerdings vom Landkreis Celle, nicht vom Landkreis Peine.

Überraschung in der Klinik-Krise: Das Peiner Krankenhaus wird anscheinend gerettet – allerdings vom Landkreis Celle, nicht vom Landkreis Peine.

Peine/Celle. In der Peiner Klinik-Krise haben sich am Mittwoch die Ereignisse überschlagen: Am Nachmittag tagte zunächst der Aufsichtsrat der Celler AKH-Gruppe, Betreiberin auch des Peiner Klinikums. Dabei ging es um die Zukunft der in die Krise geratenen Krankenhäuser in Celle und Peine. Eigentlich hätte das Sanierungsgutachten verabschiedet werden sollen, doch eine Entscheidung wurde vertagt. "Wegen der besonderen Situation des Peiner Klinikums", erklärte die AKH-Gruppe nach der Sitzung und kritisierte mit deutlichen Worten das ihrer Meinung nach fehlende Engagement des Landkreises Peine.

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Am Abend überraschte dann der AKH-Aufsichtsratsvorsitzende, der Celler Landrat Klaus Wiswe, mit einer Aussage während der Mitarbeiterversammlung im Celler Klinikum: Er werde dem Kreistag Celle vorschlagen, weitere 16 Millionen Euro freizugeben, um eine drohende Insolvenz des Klinikums Peine abzuwenden. So solle das AKH Celle gerettet werden, das wirtschaftlich mit dem Klinikum Peine zusammenhänge.

Engagement nicht ausreichend?

Der Kern des Konflikts: Der Landkreis Celle und die AKH-Gruppe hatte drauf gesetzt, dass der Peiner Kreistag am vergangenen Freitag 28,9 Millionen Euro für die Rettung des Peiner Klinikums bereitstellt. Die Peiner machten den Weg jedoch nur für bereits zugesagte zwei Millionen Euro frei, weitere Gelder wurden zwar in einem Nachtragshaushalt abgebildet, die an bestimmte Forderungen geknüpfte Bereitstellung dieser Millionensummen aber kurzfristig zurückgestellt – man habe noch Beratungsbedarf.

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AKH und der Sanierungsgutachter mahnten daraufhin an, dass das finanzielle Engagement des Landkreises Peine für die Rettung des Peiner Klinikums nicht ausreichend sei, der Landkreis Peine war anderer Meinung.

Mehrere Stunden hatte der Aufsichtsrat als höchstes Entscheidungsgremium nun am Mittwoch getagt – mit dabei neben Wiswe (CDU) auch der Peiner Landrat Franz Einhaus (SPD). Und zwischen diesen beiden Protagonisten entwickelte sich anscheinend ein regelrechter Schlagabtausch. Und der hatte sich schon im Vorfeld abgezeichnet (PAZ berichtete).

„Signal vermissen lassen“

Landrat Wiswe hatte seinem Kollegen aus der Fuhsestadt indirekt vorgeworfen, noch nicht für die notwendigen finanziellen Beschlüsse zur Rettung des Peiner Klinikums gesorgt zu haben. Auch die AKH-Gruppe aus Celle hob diesen Punkt in der Stellungnahme am Mittwochabend hervor: „Der Landkreis Celle hatte im Vorfeld der Sitzung klar signalisiert, dass er bedingungslos zu seiner Verantwortung gegenüber dem AKH und seinen Mitarbeitern steht. Der Landkreis Peine, der vertreten durch den Landrat und den Ersten Kreisrat ebenfalls an der Aufsichtsratssitzung teilnahm, hat bislang ein solches Signal auch in der Sitzung vermissen lassen, so dass aus diesem Grunde eine endgültige Erstellung des Sanierungsgutachtens derzeit noch nicht erfolgen konnte.“

„Kein Blankoscheck“

Und wie reagiert der Landkreis Peine auf diese Vorwürfe? Am Abend gab es eine schriftliche Stellungnahme aus dem Kreishaus: „Wir sind nach wie vor bereit zu helfen und das Klinikum Peine in die Zukunft zu führen, können aber keinen Blankoscheck ausstellen. Denn es ist die berechtigte Erwartungshaltung der Politik und der Bevölkerung, dass das Geld eingesetzt wird, um für das Krankenhaus eine zukunftsorientierte Perspektive zu schaffen. Diese sehen wir in einer Kooperation mit dem Klinikum Braunschweig. In dieser Konstellation könnte es nicht nur möglich sein, die Grund- und Regelversorgung zu gewährleisten, sondern diese womöglich sogar auszubauen.“

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Peine am Katzentisch?

Fest steht jedoch: Sollte der Landkreis Celle wirklich 16 Millionen Euro für die Rettung des Peiner Klinikums bereitstellen, würde AKH die volle Kontrolle über die Zukunft des Krankenhauses in der Fuhsestadt behalten. Peine säße weiter am Katzentisch und wäre zum Zuschauen verdammt – etwa wenn die Celler das Klinikum in fünf Jahren nach einer erfolgreichen Sanierung an den Meistbietenden verkaufen. Eine Zukunftsperspektive mit Braunschweig wäre vom Wohlwollen der AKH-Gruppe abhängig.

Aber es gibt an diesem besonderen Tag auch gute Nachrichten: Mit der Zusage des Celler Landrats, 16 Millionen Euro bereitzustellen, scheint eine mögliche Insolvenz des Peiner Klinikums endgültig vom Tisch. Aber eben möglicherweise zu dem Preis, dass Peine keine Einflussnahme auf die weitere Zukunft des Krankenhauses haben wird.

Details einer möglichen Sanierung

Wegen der Vertagung einer Entscheidung zum Sanierungsgutachten wurden am Mittwoch auch nur wenige Details zum möglichen Umfang einer solchen Sanierung bekannt. So sei der Umfang eines Stellenabbaus im Peiner Krankenhaus nicht Thema gewesen, sagte AKH-Sprecher Ralf Kuchenbuch – vor Wochen war von 60 Stellen die Rede gewesen. Kuchenbuch schloss auf Anfrage betriebsbedingte Kündigungen abermals nicht aus, versicherte jedoch, dass man andere Schritte bevorzuge – etwa ein Auslaufen befristeter Verträge oder eine Verrentung.

Der Stellenabbau könne dabei mit Ausnahme des Pflegedienstes alle Bereiche treffen, ausgegliedert werden beziehungsweise wurden teilweise bereits die Bereiche Küche, Reinigung und Logistik sowie Schreibdienste und das Archiv.

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Die Schließung weiterer Abteilungen im Peiner Krankenhaus (im April war bereits die Fachabteilung für Frauenheilkunde und die Geburtsklinik geschlossen worden) sei hingegen derzeit nicht geplant, versicherte der AKH-Sprecher. Nach einer erfolgreichen Sanierung könnte das Peiner Krankenhaus dann 2022 wieder in die Gewinnzone drehen. Doch wie diese Sanierung aussehen wird – das ist den Mitarbeitern und der Öffentlichkeit weiterhin nicht in vollem Umfang bekannt.

Von Tobias Mull

PAZ

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