L 1 KR 125/17

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 48 KR 1744/15
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 125/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine Vergütungsforderung der Klägerin, wobei es um die Vergütung einer allogenen Stammzelltherapie im OFF-Label-Use bei Mantelzelllymphom geht. Der 1950 geboren Versicherte H.B. wurde dabei vom 17. März 2010 bis zum 21. April 2010 im Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt. Bei ihm war zuvor im Dezember 2003 ein Mantelzelllymphom im Stadium IV diagnostiziert worden. Nach Chemotherapie mit anschließender autologer Blutstammzelltransplantation erreichte der Patient eine komplette Remission. Im Oktober 2008 kam es zu einem zytologisch gesicherten Rezidiv des Mantelzelllymphoms. Durch eine Strahlentherapie von Dezember 2008 bis Januar 2009 wurde eine zweite komplette Remission erreicht.

Am 17. Februar 2010 wurde mit dem Versicherten eine Einverständniserklärung zur allogenen Stammzelltransplantation (Blut und Knochenmark) erörtert und von diesem unterzeichnet. Dort heißt es unter anderem: "Mir ist bewusst, dass es im Zusammenhang mit der Behandlung zu schwerwiegenden Infektionen, Blutungen, Störungen der Funktion lebenswichtiger Organe, Ausbleiben der Transplantation sowie einer Transplantation-gegen-Wirt-Reaktion kommen kann, und dass das Risiko, an einer dieser Komplikationen zu versterben, nicht unerheblich ist. Auch auf weitere Risiken und Nebenwirkungen des Verfahrens (Übelkeit, Erbrechen, Thrombozytopenie, Unverträglichkeitsreaktionen, Gesinnungsstörungen, Blutungen, Substitution mit Blutpräparaten, Übertragung von Infektionen durch Blutprodukte, Haarausfall, Sterilität, Zweittumorerkrankung) wurde ich ausreichend hingewiesen und aufgeklärt."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Erklärung Bezug genommen. Am 25. März 2010 wurde sodann die hier streitige allogene Stammzelltransplantation durchgeführt. Im Verlauf des 7. Mai 2010 wurde der Patient notfallmäßig aufgenommen und verstarb an den Folgen einer Sepsis mit Multiorganversagen am 17. Juni 2010. Mit Rechnung vom 31. Mai 2010 machte die Klägerin auf der Basis der DRG A04C "Knochenmarktransplantation / Stammzelltransfusion, allogen, außer bei Plasmozytom, ohne In-vitro-Aufbereitung, ohne Graft-versus-host-Krankheit Grad III und IV, HLA-identisch" 80.360,66 EUR gegenüber der Beklagten geltend, die von der Beklagten zunächst bezahlt wurden. Der von der Beklagten beauftragte MDK kam in einem Gutachten von Dezember 2011 zu dem Ergebnis, dass die medizinische Notwendigkeit für eine allogene Stammzelltransplantation bei anscheinend langsam wachsendem Mantelzelllymphom und nicht aggressivem Verlauf nicht nachvollziehbar sei. Erst bei Auftreten eines erneuten Rezidivs wäre eine allogene Stammzelltransplantation nachvollziehbar gewesen. Die von der Clearingstelle aufgestellte dringende Indikation, wie häufige Rezidive, Hochrisikosituation oder erhebliche klinische Symptomatik und Versagen herkömmlicher Therapien sei bei einer bereits seit einem Jahr bestehenden kompletten Remission nicht zu erkennen. Gegen diese Beurteilung hat für die Klägerin Professor Dr. G. Stellung genommen und ausgeführt, aus ersten Ergebnissen einer klinischen Studie folge, dass beim Mantelzelllymphom bei einem Rezidiv nach vorangegangener Hochdosistherapie und autologer Stammzelltransplantation die Erfolgsaussichten einer zweiten autologen Stammzelltherapie in der Regel minimal seien. Die allogene Stammzelltherapie weise in dieser Situation demgegenüber in einer Reihe von Studien hervorragende Überlebensraten mit einem Gesamtüberleben von 52 bis 85 % nach 3 bis 4 Jahren auf. Diese Therapiemodalität stelle gegenwärtig die einzige sichere Chance auf eine Langzeitremission zumindest im Rezidiv dar. Die Beklagte hat sich dem nicht angeschlossen und rund 45.000 EUR mit anderen unstreitigen Forderungen verrechnet. Das Sozialgericht hat auf die sich anschließende Klage hin ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Die Gutachter Professor Dr. H. und Prof. K. sind zu der Einschätzung gelangt, dass es in der Zusammenschau von Krankengeschichte und wissenschaftlicher Evidenz gerechtfertigt gewesen sei, aufgrund des Rezidivs eines Mantelzelllymphoms nach initialer autologer Blutstammzelltransplantation mit einer allogenen Blutzelltransplantation zu behandeln, da dies die einzige Therapie mit kurativem Potenzial darstelle. Das Sozialgericht hat daraufhin mit Urteil vom 5. Oktober 2017, der Beklagten zugestellt am 13. November 2017, der Klage stattgegeben. Mit der am 21. November 2017 eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfordere das Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute eine neue Behandlungsmethode befürworte und dass über die Zweckmäßigkeit der Therapie ein Konsens bestehe. Dies setze im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Angaben gemacht werden könnten. Der Erfolg müsse sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Soweit das Sozialgericht auf Studien aus den Jahren 2014 und 2016 verwiesen habe, sei dies nicht nachvollziehbar. Für die Frage, ob bei der großen Mehrheit der einschlägigen Fachleute Einigkeit über die Zweckmäßigkeit einer Therapie bestehe, sei auf den Zeitpunkt der Behandlung, hier also März 2010 abzustellen. Aus den von dem Sachverständigen herangezogenen kleineren Studien ergebe sich nicht, dass hinsichtlich der Behandlungsmethode ein breiter Konsens bestanden habe. Es sei nicht ausreichend, dass die Behandlungsmethode von einzelnen Fachleuten empfohlen worden sei. Es werde weiterhin auf die Feststellungen des MDK verwiesen. Danach sei beim Versicherten die durchgeführte Behandlung im Hinblick auf den Krankheitsverlauf nach der damals maßgeblichen Datenlage nicht erforderlich gewesen, da zum Zeitpunkt der Behandlung eine komplette Remission bestanden habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts vom 5. Oktober 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und verweist darauf, dass es sich bei den Studien aus den Jahren 2014 und 2016 um retrospektive Studien gehandelt habe, die ältere Behandlungsfälle ausgewertet hätten. Weiter sei zu berücksichtigen, dass es angesichts der Seltenheit der Erkrankung schon aus diesem Grund nur ein begrenztes Potenzial an Patienten gebe. Die Beklagte hat eine erneute Stellungnahme des MDK vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, dass bei Patientinnen und Patienten, die nach Hochdosistherapie und autologer Stammzelltransplantation in der Erstlinie ein Rezidiv des Mantelzelllymphoms erlitten, der Zeitraum zwischen Ersttherapie und Rückfall der mit Abstand wichtigste Prognosefaktor sei. Die Sterblichkeit nehme mit jedem Jahr relativ um 38 % ab, so dass sie nach vier Jahren nur noch bei 15 % liege. So liege die 5-Jahres-Überlebensrate in der Gruppe von Patientinnen und Patienten, bei denen es mehr als zwölf Monate bis zum Rezidiv gedauert habe, bei ca. 30 %. Da das Intervall bis zum Rückfall im vorliegenden Fall besonders lang gewesen sei, habe die Überlebenswahrscheinlichkeit noch deutlich höher gelegen. Zusätzlich sei die Prognose im vorliegenden Fall noch dadurch begünstigt worden, dass der Rückfall nur in einer Lymphknotengruppe im Mediastinum aufgetreten sei, was ebenfalls sehr ungewöhnlich und prognostisch gut sei. Nach der Rezidivdiagnose im Oktober 2008 habe man sich daher zu einer hochdosierten Bestrahlung entschlossen, unter welcher eine vollständige Rückbildung des Lymphoms eingetreten sei. Damit habe man dem Patienten eine systemische intravenöse Chemotherapie mit all ihren Nebenwirkungen und Risiken erspart. Es habe somit alles dafür gesprochen, den weiteren Verlauf abzuwarten und erst im Falle des Auftretens eines weiteren Rezidivs eine Behandlung mit einer Chemoimmuntherapie zu beginnen. Auf diese Besonderheiten des Einzelfalles sei der Gutachter nicht eingegangen. Er sei einer Fehleinschätzung unterlegen, indem er von einer besonders ungünstigen Prognose des Patienten mit einer Lebenserwartung von ca. 1,5 Jahren ausgegangen sei und in der Behandlung mit allogener Stammzelltransplantation die einzige Chance auf ein Langzeitüberleben gesehen habe. Üblich und in allen Therapieprotokollen vorgesehen sei im Übrigen eine systemische Rezidiv-Chemoimmuntherapie vor allogener Stammzelltransplantation. Ob diese im vorliegenden Fall aufgrund des sehr lokalisierten Befalls ausnahmsweise durch eine Bestrahlung habe ersetzt werden können, hätte man vorab mit dem Transplantationszentrum abstimmen müssen. Die Rezidivbehandlung müsse mit der Konditionierungsbehandlung vor allogener Stammzelltransplantation abgestimmt werden. Bei dieser Konditionierungsbehandlung handele es sich um die Vorbehandlung der allogenen Stammzelltransplantation, die dazu diene, Lymphomzellen abzutöten und das Immunsystem des Patienten so weit zu unterdrücken, dass die Stammzellen des gesunden Spenders anwachsen könnten. Darüber hinaus hätte man bei ungünstiger Prognose bereits im Oktober 2008 die Suche nach einem geeigneten Spender einleiten müssen, da im ersten Jahr nach der Rezidivtherapie die Prognose besonders günstig sei. Tatsächlich sei die Suche aber erst Ende 2009 eingeleitet worden. Erst eine lokale Bestrahlung durchzuführen, dann nach Erreichen der Vollremission 14 Monate zu warten und erst dann, wenn in diesem Zeitraum ein Rezidiv nicht aufgetreten sei und sich die Prognose dadurch erheblich verbessert habe, eine Behandlung mit einer allogenen Stammzelltherapie zu beginnen, sei keine anerkannte Therapiestrategie. Es bestehe kein Zweifel, dass es sich bei dem Mantelzelllymphom um eine grundsätzlich lebensbedrohliche Krankheit handele. Der Patient habe indes mit der Bestrahlung der mediastinalen Lymphknoten bereits eine anerkannte Therapie erhalten, die sich auch als erfolgreich erwiesen habe. Danach habe keine notstandsähnliche Situation entsprechend § 2 Abs. 1a SGB V mehr bestanden. Die Behandlung des Rezidivs sei mit der mediastinalen Bestrahlung abgeschlossen gewesen, solange eine komplette Remission (vollständige Tumorrückbildung) bestanden habe. 14 Monate nach Erreichen der Vollremission, nachdem sich die Prognose des Patienten damit deutlich verbessert habe, noch eine allogene Stammzelltransplantation anzuschließen, sei ein völlig ungewöhnliches Vorgehen, welches nicht dem wissenschaftlichen Stand der Erkenntnisse entsprochen habe. Darüber hinaus habe sich die wissenschaftliche Erkenntnislage zum Nutzen einer Behandlung mit allogener Stammzelltherapie seit März 2010 grundlegend verändert. 2010 sei die Datenlage jedenfalls noch widersprüchlich gewesen und es seien damals teilweise auch sehr ungünstige Behandlungsergebnisse veröffentlicht worden. Es habe zum damaligen Zeitpunkt zwei klinische Studien zur allogenen Stammzelltransplantation beim Mantelzelllymphom gegeben, in welche der Patient hätte aufgenommen werden können. Im Übrigen sei der Patient nicht hinreichend aufgeklärt worden. Die Aufklärung im vorliegenden Fall sei extrem anspruchsvoll. Man hätte den Patienten darauf hinweisen müssen, dass sich seine Prognose nachdem sich das Lymphom bereits seit 14 Monaten in der Remission befunden habe, deutlich verbessert habe, der empfohlene Zeitpunkt für eine Behandlung mit allogener Stammzelltransplantation längst verstrichen gewesen sei und es durchaus angemessen wäre, den weiteren Krankheitsverlauf abzuwarten. Im Übrigen hätte er auf den möglichen Studieneinschluss hingewiesen werden müssen. Hierzu haben die Gerichtssachverständigen noch einmal Stellung genommen und weiter daran festgehalten, dass die allogene Stammzelltransplantation heute eine anerkannte Therapieform für Patienten mit einem Mantelzelllymphom sei, die nach einer primären Chemo-Immuntherapie und autologer Stammzellentransplantation ein Rezidiv erlitten, wobei hierfür bereits im Jahr 2010 eine ausreichende Evidenz vorgelegen habe. Tatsächlich sei der Verlauf der Krankengeschichte bei dem Versicherten im vorliegenden Fall ungewöhnlich gewesen. Zutreffend sei, dass das Rezidiv des Mantelzelllymphoms nach der autologen Stammzelltransplantation spät, nämlich erst nach vier Jahren aufgetreten sei und der Patient nach der Rezidivbehandlung erneut eine Remission erreicht habe, die ein weiteres Jahr angehalten habe. Aus der von der Beklagten zitierten Studie von Dietrich et al ergebe sich, dass die Wahrscheinlichkeit für Patienten, die später als zwölf Monate nach der autologer Stammzelltransplantation mit einem Mantelzelllymphom rezidivierten, ohne allogene Blutstammzelltransplantation nach einem Jahr noch zu leben bei 82 %, nach fünf Jahren aber nur noch bei 29 % gelegen habe. Hieraus werde deutlich, dass mehr als 80 % der Patienten aus der Arbeit ein Jahr nach dem Rezidiv nach der autologen Blutstammzelltransplantation in einer ähnlichen Situation wie der Versicherte gewesen seien. Die Tatsache schütze die Patienten der Studie aber nicht davor, in den folgenden vier Jahren zum überwiegenden Teil zu versterben. Eine ganz besonders günstige Prognose sei dies sicherlich nicht. Auch nach dieser Studie sei es so, dass nur ganz vereinzelt Patienten das Rezidiv eines Mantelzelllymphoms nach autologer Blutstammzelltransplantation ohne anschließende allogene Blutstammzelltransplantation länger als fünf Jahre überlebten. Mit der allogenen Blutstammzelltransplantation verdoppele sich allerdings die Wahrscheinlichkeit nach fünf Jahren zu leben trotz der therapiebedingten Sterblichkeit der Transplantation von 29 % auf 60 %. Im Übrigen sei vorliegend die zu erwartende therapiebedingte Mortalität für die allogene Blutstammzelltransplantation verhältnismäßig gering gewesen, weil der Versicherte einen sehr guten Spender gehabt habe, was die Mortalität eher auf 10-15 % als auf 30 % sinken lasse. Bei dem Patienten sei offensichtlich erst im Rahmen der Nachsorge nach der Bestrahlung im Jahr 2008 das Thema einer kurative Behandlung durch eine allogene Blutstammzelltransplantation aufgekommen. Zu diesem Zeitpunkt sei ein Einschluss in eine klinische Studie nicht mehr möglich gewesen, da das Rezidiv ja bereits mit einer Strahlentherapie erfolgreich behandelt worden sei und eine zweite Remission vorgelegen habe. Medizinisch sei es aber sehr wahrscheinlich, dass die Erkrankung ohne eine allogene Blutstammzelltransplantation erneut rezidiviert wäre. In diesem Falle hätte die Gefahr bestanden, dass keine erneute Remission der Erkrankung hätte erreicht werden können. Dies sei eine unter Hämatologen allgemein bekannte Tatsache, auch wenn sie nun vom MDK bestritten werde. Die Aussage des MDK, zu dem Zeitpunkt, zu welchem der Patient sich für die Durchführung einer allogenen Blutstammzelltransplantation entschlossen habe, sei das Zeitfenster für eine solche bereits geschlossen gewesen, entbehre jeder wissenschaftlichen Grundlage. Dies wäre im Gegenteil der Fall gewesen, wenn man mit der allogenen Blutstammzelltransplantation auf ein neues Rezidiv gewartet hätte und dieses dann nicht mehr auf eine erneute Behandlung angesprochen hätte. Die Rezidivtherapie habe im Fall des Versicherten in Dosis und Fraktionierung medizinisch korrekt daran angepasst werden müssen, dass bereits bei der autologen Blutstammzelltransplantation eine Ganzkörperbestrahlung des Versicherten durchgeführt worden sei. Insoweit habe auch bei der Konditionierung zur allogenen Blutstammzelltransplantation die im Vorfeld durchgeführte Therapie berücksichtigt werden müssen und sei diese auch berücksichtigt worden. In der mündlichen Verhandlung vom 28. März 2019 hat der Sachverständige Prof. Dr. K. ausgeführt, es gebe unterschiedliche Abstufungen der Remission. Je feiner das befallene Organ untersucht werde, desto sicherer könne man davon ausgehen, dass der Patient aktuell nicht unter Krebs leide. Im vorliegenden Fall sei allerdings ein relativ grober Untersuchungsmaßstab zum Tragen gekommen. Die Erkrankung, unter welcher der Versicherte gelitten habe, sei eine nicht heilbare Krankheit, es sei denn, man wende die streitige Therapie an. Mit dieser komme es bei einem Teil der Patienten zum langfristigen Stillstand. Erst seit Ende der 1990er Jahre sei erkennbar, dass derart behandelte Patienten bis heute überlebt hätten. Wegen der mit der Therapie verbunden Risiken werde diese gleichwohl erst in einem späteren Krankheitsstadium nach einem Rezidiv angewendet. Es gebe hierfür allerdings ein Zeitfenster. Habe der Patient bereits zu viele Therapien durchlaufen, sei es auch für die allogene Stammzelltherapie zu spät. Vorliegend sei der Versicherte in einer für die Behandlung günstigen Situation gewesen, da er bereits einschlägige Therapien durchlaufen hatte und nach dem ersten Rezidiv in Remission war. In dieser Situation habe man nach dem damaligen Kenntnisstand sagen können, dass er ohne die allogene Stammzelltransplantation eine äußerst geringe Überlebenschance gehabt hätte. Üblicherweise schließe sich die allogene Stammzelltransplantation an die Remission an, es dauere regelmäßig wegen der vorbereitenden auch organisatorischen Maßnahmen etwa drei Monate bis die Therapie durchgeführt werden könne. Warum es im vorliegenden Fall deutlich länger gedauert habe, wisse er nicht, das könne verschiedene auch organisatorische Gründe gehabt haben. Es ändere aber nichts daran, dass die durchgeführte Therapie angesichts der bestehenden Remission weiterhin sinnvoll gewesen sei. Entscheidend sei, dass der Patient sich in Remission befunden habe. Der große Zeitabstand sei keineswegs ungünstig für den Patienten gewesen, denn er habe dadurch Zeit gehabt, sich von den vorangehenden Therapien zu erholen. Das Risiko des Abwartens habe allein darin bestanden, dass vor Beginn der allogenen Stammzelltransplantation ein Rezidiv habe auftreten können, was aber hier nicht der Fall gewesen sei. Zweifel daran, dass die Therapie qualitativ einwandfrei durchgeführt worden sei, bestünden für ihn nicht. Zwar habe der Tod des Versicherten sicherlich mit der fraglichen Therapie im Zusammenhang gestanden. Allerdings würden Todesfälle nach der Therapie auch in einem sehr großzügigen Maßstab den Folgen der Therapie zugerechnet. Bei den von ihm benannten 40% verstorbenen Patienten nach Therapie seien diese späten Therapiefolgen mit tödlichem Ausgang bereits eingerechnet. Seines Wissens habe es zum damaligen Zeitpunkt keine Studien mehr gegeben, die für die Erkrankung des Klägers in seinem Stadium passend gewesen seien und an denen dieser hätte teilnehmen können. Die von Professor G. geleitete sei kurz zuvor "zugemacht" worden und die von der Beklagten angeführte Studie sei für Patienten mit einem Rezidiv nach konventioneller Therapie und damit nicht für den Versicherten geeignet gewesen. Außerdem habe der Patient eine Hepatitis C Erkrankung gehabt, die eine Aufnahme in eine Studie ausgeschlossen habe.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 28. März 2019 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten und Unterlagen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Sie ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat für die stationäre Behandlung des Versicherten, wie das Sozialgericht zu Recht festgestellt hat, in der Zeit vom 17. März 2010 bis zum 21. April 2010 einen weiteren Vergütungsanspruch in Höhe von 45.351,04 EUR unter Zugrundelegung der DRG A04C "Knochenmarktransplantation / Stammzelltransfusion, allogen, außer bei Plasmozytom, ohne In-vitro-Aufbereitung, ohne Graft-versus-host-Krankheit Grad III und IV, HLA-identisch", den die Beklagte zu Recht zunächst erfüllt hat. Diese war daher nicht berechtigt, einen Betrag in dieser Höhe gegen einen späteren unstreitigen Vergütungsanspruch aufzurechnen, denn ihr stand insoweit ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch nicht zu. Rechtsgrundlage des - dem Grunde nach unstreitigen - Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V, § 17b Abs. 1 Satz 10 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und § 7 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) in Verbindung mit der hier maßgeblichen Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2010 (Fallpauschalenvereinbarung 2009 - FPV 2009) sowie dem am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Vertrag Allgemeine Bedingungen Krankenhausbehandlung vom 19. Dezember 2002 zwischen der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft e.V. und u.a. der Beklagten (Vertrag nach § 112 SGB V). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entsteht die - dem Grunde nach hier auch nicht streitige - Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme einer Leistung durch den Versicherten (BSG, Urteil vom 18.09.2008 - B 3 KR 15/07 R - Juris). Vorliegend geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 KHEntgG), hier der FPV 2009. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht dabei indes nur, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich ist. Deshalb definiert § 2 Abs. 2 S. 1 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG): "Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind." Das Fallpauschalensystem lässt keinen Raum dafür, nicht notwendige Leistungen zu vergüten (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R –, Juris m.w.N.). Dabei fordert das Qualitätsgebot (§ 2 Abs. 1 S. 3 SGB V) grundsätzlich, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein. Diese Anforderung darf aber nicht als starrer Rahmen missverstanden werden, der unabhängig von den praktischen Möglichkeiten tatsächlich erzielbarer Evidenz gilt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so sind ergänzend die Voraussetzungen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung abzuklären. Die grundrechtsorientierte Auslegung einer Regelung des SGB V über einen Anspruch auf Übernahme einer Behandlungsmethode zulasten der GKV setzt voraus, dass folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: (1.) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vor. (2.) Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. (3.) Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (stRspr des BSG, zuletzt Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R –, Juris m.w.N.). Nach Auffassung des Senats kann, obwohl nach den Ausführungen des Sachverständigen einiges dafür spricht, dahinstehen, ob im Jahr 2009 im Sinne des Qualitätsgebots bereits eine ausreichende Datenlage – aus den retrospektiv ausgewerteten Daten der Studie "Dietrich et al." aus dem Jahre 2014 – bestand, um zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zum Erfolg der allogenen Stammzelltransplantation machen zu können. Jedenfalls liegen die Voraussetzungen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung vor. (1.) Gerechtfertigt ist eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird. Ähnliches gilt für den ggf. gleichzustellenden, nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R –, mwN). Nach Auffassung des erkennenden Senats war es mit diesen Maßstäben nicht zu vereinbaren, dem Versicherten in seiner speziellen Situation eine Versorgung mit allogener Stammzelltransplantation zu versagen, weshalb die Behandlung notwendig und der Klägerin das begehrte Entgelt zu gewähren war. Vor dem Hintergrund des strengen Ausnahmecharakters der Voraussetzungen ergibt sich eine Leistungspflicht der Beklagten - aufgrund der durchgeführten Güterabwägung - aus folgenden Erwägungen: Nach den schriftlichen Ausführungen der Gerichtssachverständigen Prof. H. und Prof. K. und den mündlichen Ausführungen des Prof. K. im Termin vom 28. März 2019 bestehen für den Senat keine Zweifel daran, dass es sich bei dem Mantelzellymphom um eine regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung handelt und dass sich der Versicherte in einem Stadium befand, in welchem ein zur Lebenserhaltung akuter Behandlungsdruck bestand. Zwar war der Versicherten nach einem relativ groben Untersuchungsmaßstab "rezidivfrei", jedoch hat Prof. K. für den Senat überzeugend ausgeführt, dass dies keineswegs bedeutet, dass man mit feineren Untersuchungsmethoden nicht Krebszellen gefunden hätte, sondern dass im Gegenteil mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch Krebszellen vorhanden waren. Der Senat ist nach diesen Ausführungen davon überzeugt, dass es sich bei der Erkrankung des Versicherten um eine unheilbare Erkrankung handelt, jedenfalls ohne Einsatz der streitgegenständlichen Therapie, und dass diese bei Auftreten eines weiteren Rezidivs unweigerlich binnen kurzer Zeit zum Tode des Versicherten geführt hätte. Des Weiteren ist der Senat aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen davon überzeugt, dass in der Lage, in welcher sich der Versicherte befand, binnen vier Jahren er mit einer mehr als 70%igen Wahrscheinlichkeit verstorben wäre. Gleichzeitig befand sich der Versicherte aufgrund des Umstandes, dass zwar Krebszellen vorhanden waren, diese indes noch nicht wieder aktiv geworden waren, innerhalb eines Zeitfensters, in dem eine allogene Stammzelltherapie mit dem Erfolg eines Stillstandes der Erkrankung möglich war, eine andere Therapie jedoch nicht mehr zur Verfügung stand. Aufgrund dieses Status Quo war zwar im Zeitpunkt der Behandlung die Erkrankung des Versicherten wie die Beklagte zu Recht geltend macht, nicht unmittelbar lebensbedrohlich in dem Sinne, dass die Gefahr des Todes bereits unmittelbar bevorstand. Sie ist indes nach Auffassung des Senats wertungsmäßig mit einer solchen Erkrankung vergleichbar. Denn der Zustand des Versicherten konnte aufgrund der vorhandenen "schlummernden" Krebszellen jederzeit und mit großer Wahrscheinlichkeit umschlagen in einen dann sich schnell entwickelnden und vor allem unumkehrbaren und im Ergebnis tödlichen Prozess. Dafür geben die vom Sachverständigen Prof. K. dargelegten Prozentsätze der Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens eines Rezidivs hinreichend sicheren Aufschluss, denn dieser hat im Ergebnis ausgeführt, dass nur ganz vereinzelt Patienten mit einem Rezidiv des Mantellzelllymphoms auch nach autologer Stammzelltransplantation, wie sie der Versicherte durchlaufen hatte, länger als fünf Jahre überlebten. (2.) Dass der Versicherte austherapiert in dem Sinne war, dass eine allgemein anerkannte medizinischem Standard entsprechende Behandlung für eine Heilung der Erkrankung nicht mehr zur Verfügung stand, ist zwischen den Beteiligten bei genauerer Betrachtung nicht streitig. Allerdings meint die Beklagte, der Versicherte sei aufgrund der zuvor stattgehabten Behandlungen im Zeitpunkt seiner Rezidivfreiheit geheilt gewesen. Dieser Betrachtung vermag sich der Senat aufgrund der oben dargelegten Ausführungen des Sachverständigen Prof. K. nicht anzuschließen.

(3.) Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Dass das Medikament für die Erkrankung des Versicherten eine hohe Effektivität hat, die durch die wenigen vorhandenen Fallstudien bestätigt wird und über die in Fachkreisen Konsens besteht, wird vom Gutachter so bestätigt und auch von der Beklagten bzw. vom MDK nicht substanziell angegriffen. Dass die Datenlage 2010 noch widersprüchlich gewesen ist, steht der Einschätzung als grundsätzlich erfolgversprechender Therapie nicht entgegen. Gleiches gilt für die unzweifelhaft mit der Therapie verbundenen und gleichfalls mit einem nicht unerheblichen Mortalitätsrisiko verbundenen unerwünschten Wirkungen der Therapie. Dass der Versicherte hier tatsächlich vermutlich an den Folgen der Behandlung gestorben ist, ist tragisch, ändert aber nichts an der nicht ganz fern liegenden Aussicht auf Heilung, die zum Zeitpunkt des Beginns der Behandlung, auf welchen abzustellen ist, vorgelegen hat. Statistisch hat der Versicherte seine Aussicht auf ein Fünf-Jahres-Überleben hierdurch von 29 % auf 60 % erhöht. Diese Zahlen beinhalten zwar zugleich, dass eben auch 40 % der Patienten diesen Zeitrahmen trotz der Behandlung nicht mehr erreichen und inzwischen entweder an der Erkrankung selbst oder aber an den Folgen der Behandlung versterben. Bei einer Nichtbehandlung sind es indes über 80 % der Patienten, die nach Fünf Jahren nicht mehr leben. Nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft ist die Behandlung damit aber objektiv erfolgversprechend und unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes ergibt die abstrakte Chancen-/Risikoabwägung, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt. Bedenkt man sodann, dass im Falle des Versicherten der ausgewählte Spender besonders gut "passte", so dass Prof. K. das individuelle Risiko des Versicherten, an der Behandlung zu versterben, nur noch mit 10-15 % angab, fällt auch die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung positiv aus (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R –, a.a.O.) Das mit der Behandlung verbundene nicht unerhebliche Mortalitätsrisiko führt aber nach Auffassung des Senats dazu, dass (4.) die Behandlung besonders darauf zu prüfen ist, ob sie de lege artis durchgeführt wurde und dass (5.) eine ausreichende Aufklärung des Patienten über die Risiken der Behandlung durchgeführt worden sein muss.

(4.) Nach den Ausführungen der Gutachter Prof. H. und Prof. K. ist der Senat von der qualitätsgerechten Ausführung der Behandlung durch die Klägerin überzeugt. Prof. K. hat ausgeführt, Zweifel an der qualitätsgerechten Ausführung der Behandlung gebe es nicht. Diese sei auch noch zeitgerecht gewesen. Die längere behandlungsfreie Phase habe der Patient zur Regeneration von der vorherigen Behandlung nutzen können, einziges Risiko sei das zwischenzeitliche Auftreten eines Rezidivs gewesen, welches die allogene Stammzelltransplantation verunmöglicht hätte. Der Spender hätte sogar so gut gepasst, dass sich das Risiko für schwere Nebenwirkungen erheblich verringert habe. Nach alledem mag es angehen, dass der zeitliche Ablauf im vorliegenden Fall ungewöhnlich war; nachteilig für den Patienten oder nicht mehr de lege artis war er indes nicht.

(5.) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Senat auch der Auffassung, dass die Aufklärung des Patienten hier noch ausreichend erfolgt ist. Diese muss so umfassende Informationen über Eigenart, Nutzen und Risiken der geplanten Behandlung enthalten, dass sie dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten in vollem Umfang Rechnung trägt (BSG a.a.O.). In der Einverständniserklärung, welche mit dem Versicherten erörtert worden ist und die der Versicherte am 17. Februar 2010 und damit auch in ausreichendem Abstand vor der Behandlung unterschrieben hat, ist unter anderem darauf hingewiesen, dass es durch die Behandlung zu schwerwiegenden Infektionen, Blutungen, Störungen der Funktion lebenswichtiger Organe, Ausbleiben der Transplantation sowie eine Transplantation-gegen-Wirt-Reaktion kommen kann, und dass das Risiko, an einer dieser Komplikationen zu versterben, nicht unerheblich ist. Auch hinsichtlich weiterer Risiken und Nebenwirkungen des Verfahrens wurde der Versicherte aufgeklärt.

Bei der Einverständniserklärung handelt es sich zwar um einen Vordruck. Es können jedoch keine Zweifel daran bestehen, dass der Kläger auch individuell aufgeklärt worden ist. Denn dem Vordruck ist maschinenschriftlich angefügt ein Unterpunkt über im Gespräch noch einmal erörterte Risiken. Dort ist die Vorbehandlung erläutert und auch noch einmal auf das mit dieser Vorbehandlung verbundene Risiko hingewiesen, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 2 5 % mit dem Auftreten einer schwerwiegenden, möglicherweise tödlichen Schädigung der Leber zu rechnen sei. Des Weiteren heißt es in dem Zusatz, spezielle persönliche Risikofaktoren seien erörtert worden. Der Senat hält diese ausführliche und individuelle Aufklärung des Versicherten für ausreichend. Insbesondere war die Klägerin nicht gehalten, wie von der Beklagten gefordert, den Patienten darauf hinzuweisen, "dass sich seine Prognose, nachdem sich das Lymphom bereits seit 14 Monaten in der Remission befunden habe, deutlich verbessert habe, der empfohlene Zeitpunkt für eine Behandlung mit allogener Stammzelltransplantation längst verstrichen gewesen sei und es durchaus angemessen wäre, den weiteren Krankheitsverlauf abzuwarten." Hierbei handelt es sich um die medizinische Einschätzung der Beklagten, nicht jedoch der Klägerin. Wie oben dargelegt, teilt der Senat diese Einschätzung nicht. Auf einen möglichen Einschluss in Studien war der Patient schon deshalb nicht hinzuweisen, weil er seinen persönlichen Umständen nach für den Einschluss in eine solche Studie nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. K. nicht in Betracht kam.

Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus den §§ 12 und 14 des zwischen den Beteiligten geltenden Vertrages nach § 112 SGB V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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