Hannover - Niedersachsen sollte seine Krankenhauslandschaft radikal umbauen. Das hat der wissenschaftliche Leiter des Gesundheitsökonomischen Zentrums Berlin, Reinhard Busse, am Montag der Enquetekommission des Landtags in Hannover vorgeschlagen. Niedersachsen könne mit etwa 36 Kliniken auskommen, rechnete er vor. Derzeit sind es 172.

„Die Medizin ist nicht mehr so wie im letzten Jahrhundert, aber die Krankenhäuser sind noch wie im letzten Jahrhundert“, sagte Busse. Als Vorbild sieht er den radikalen Umbau der Kliniklandschaft in Dänemark. Das Land setzt auf wenige, teils komplett neu gebaute „Superhospitale“, in denen die stationäre Versorgung gebündelt wird.

„Die kleinen Krankenhäuser müssen weg“, sagte Busse. Nur ab einer bestimmten Mindestfallzahl könnten die Häuser rund um die Uhr Qualität und Patientensicherheit gewährleisten. „Wir verteilen die 500 täglichen Herzinfarkte in Deutschland auf 1300 Krankenhäuser“, rechnete Busse vor. 760 Kliniken kämen so auf weniger als einen Herzinfarktpatienten pro Woche. Die Sterblichkeit sei in Norwegen und Dänemark viel niedriger. Auch wenn der Rettungswagen „etwas länger“ unterwegs sei, sei im Gegenzug auch nachts um drei noch ein Kardiologe greifbar.

Andere Patientengruppen wie die dehydrierte Seniorin, das Kind mit dem verstauchten Arm oder ein gut eingestellter Diabetiker gehörten hingegen nicht ins Krankenhaus. Die Zunahme der Fallzahlen stationärer Aufnahmen sei insbesondere in Teilen des Weser-Ems-Raums „unerklärlich“, sagte Busse.

Was aus den Anregungen Busses wird, ist offen: Die 27 Mitglieder starke Enquetekommission sollte ursprünglich bis Jahresende dem Parlament Vorschläge zur Weiterentwicklung der medizinischen Versorgung im Land vorlegen. Doch die Kommission ist in Zeitverzug. Am Montag verständigte sie sich auf eine Verlängerung der Arbeit ins Jahr 2020 hinein.