S 182 KR 322/19 ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
182
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 182 KR 322/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 196/19 B ER
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Die Anfechtungsklage gegen einen die Prognose des Krankenhausträgers gem. § 136b Abs. 4 Satz 6 SGB V widerlegenden Verwaltungsakt hat gem. § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung.

2. Die isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG gegen den die Prognose widerlegenden Verwaltungsakt und der damit einhergehende Suspensiveffekt führen noch nicht dazu, dass aus einem Umkehrschluss nach § 136b Abs. 4 Satz 1 SGB V das Krankenhaus die mindestmengenbelegte Leistung vorläufig erbringen dürfte.

3. Um nicht dem Leistungsverbot nach § 136b Abs. 4 Satz 1 SGB V zu unterliegen, ist eine entsprechende Feststellung erforderlich.

4. Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Prognosedarlegung des Krankenhausträgers nach § 136b Abs. 4 Satz 3 SGB V ist die Entscheidung der Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen.

5. Inhaltlicher Maßstab für die gerichtliche Überprüfung der Prognosedarlegung des Krankenhausträgers nach § 136b Abs. 4 Satz 3 SGB V sind nur die bis zur Entscheidung der Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen durch den Krankenhausträger mitgeteilten oder den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen anderweitig bekannten Anknüpfungstatsachen. Tatsächlich vorliegende, aber nicht mitgeteilte Anknüpfungstatsachen bleiben außer Betracht.
Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 44.999,42 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes über die Widerlegung einer Mindestmengenprognose für Leistungen in Form Komplexer Eingriffe am Organsystem Pankreas.

Die Antragstellerin betreibt ein in den Krankenhausplan des Landes Berlin aufgenommenes Krankenhaus. Sie ist im Krankenhausplan mit 123 Betten im Gebiet Chirurgie, darunter 43 Betten des Teilgebiets Allgemeine Chirurgie, ausgewiesen. Sie erbrachte in der Vergangenheit auf verschiedenen Gebieten Leistungen, für die das Erreichen von Mindestmengen vorgesehen ist. Bei den Antragsgegnern handelt es sich um die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen im Land Berlin.

Mit Schreiben vom 17. Oktober 2018 baten die Antragsgegner die Antragstellerin im Hinblick auf mindestmengenbelegte Leistungen um Prognosedarlegung für das Jahr 2019. Da sie eine angemessene Zeit für die Prognosebewertung und das gemeinsame Votum (Prognosebestätigung oder -widerlegung) benötigten und bereits das IV. Quartal angebrochen sei, baten die Antragsgegner dies in den Planungen zu berücksichtigen und die zur Beurteilung benötigten Unterlagen bis spätestens zum 15. November 2018 zu übermitteln. Mit E-Mail vom 5. November 2018 legte die Antragstellerin gegenüber den Antragsgegnern unter anderem die Prognose der Mindestmengen für Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas wie folgt dar:

I. Quartal 2017 II. Quartal 2017 III. Quartal 2017 IV. Quartal 2017 Gesamt 2017 Anzahl 9 3 1 3 16

I. Quartal 2018 II. Quartal 2018 Prognose 2019 Anzahl 3 0 11

Mit Schreiben vom 13. November 2018 bestätigten die Antragsgegner den Eingang der Unterlagen. Sie würden spätestens bis zum 31. Dezember 2018 das gemeinsame Votum (Prognosebestätigung oder -widerlegung) mitteilen.

Mit Schreiben vom 29. November 2018 wiesen die Antragsgegner die Antragstellerin darauf hin, dass sie in der zur Verfügung gestellten Übersicht für den Leistungsbereich Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas für die letzten zwei Quartale des Kalenderjahres 2017 und die ersten zwei Quartale des laufenden Kalenderjahres 2018 lediglich 7 Leistungen für diesen Leistungsbereich angebe und damit unter der nach den Mindestmengenregelungen (Mm R) erforderlichen Leistungsmenge liege. Im Hinblick auf die Prognose 2019 gehe sie von 11 Leistungen im Bereich Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas aus. Weitergehende Erläuterungen zur Prognosedarlegung nach Mm R seien von ihr nicht beigebracht worden. Die Antragsgegner baten nunmehr vollständig und abschließend darum, die Gründe mitzuteilen, aus denen sich nach Auffassung der Antragstellerin darlegen lasse, dass im Kalenderjahr 2019 die erforderliche Mindestmenge von 10 Leistungen im Bereich der Komplexen Eingriffe am Organsystem Pankreas in jedem Fall erreicht oder überschritten wird.

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2018, das bei den Antragsgegnern am 17. Dezember 2018 einging, teilte die Antragstellerin mit, sie habe in den vergangenen Jahren die Mindestmengen im Bereich Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas nicht nur erreicht, sondern auch überschritten. Aufgrund eines nicht erwarteten Weggangs des Chefarztes der Chirurgie im Jahr 2018 seien im ersten Halbjahr weniger Eingriffe durchgeführt worden. Mit der Besetzung der Chefarztstelle im Januar 2019 gehe sie von einem erneuten Anstieg der Fallzahl in diesem Bereich aus und werde mindestens 11 Eingriffe durchführen. Sie hätte kontinuierlich Patienten mit dem entsprechenden Krankheitsbild, die eines komplexen Eingriffs am Organsystem Pankreas bedürfen und sehe keine Gründe, die angegebene Prognose zu revidieren.

Mit Bescheid vom 11. Januar 2019 teilten die Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass die für das Kalenderjahr 2019 getroffene Prognose für den Leistungsbereich Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas aufgrund begründeter erheblicher Zweifel zu widerlegen ist. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, eine Plausibilität zur Berechtigung der mitgeteilten mengenmäßigen Erwartung habe sich weder aus der Leistungsmenge in den letzten zwei Quartalen des vorausgegangenen Kalenderjahres und den ersten zwei Quartalen des laufenden Kalenderjahres, noch aus den Leistungszahlen des 1. und 2. Quartals 2018 herleiten lassen. Mit den insgesamt 7 Eingriffen werde die Mindestmenge in diesem Beurteilungszeitraum um 30 % unterschritten. Im Kalenderjahr 2018 habe sich in den Eingriffszahlen vom 1. zum 2. Quartal ein Leistungsabfall auf 0 gezeigt, was einen sich weiter verschärfenden Leistungsabfall belege. Danach sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einer Unterschreitung der Mindestmengenzahl auch im Jahr 2019 auszugehen. Die Darlegungen der Antragstellerin zur Besetzung der Chefarztstelle seien aus ihrer Sicht unzureichend konkretisiert und inhaltlich nicht in der Lage, die erheblichen Zweifel der Landesverbände an der Prognose zu entkräften. Eine Internet-Recherche habe ergeben, dass der bisherige Chefarzt Prof. Dr. R. K. zum 1. August 2017 in den Ruhestand getreten ist. Auf ihn sei ab 1. November 2017 Herr PD Dr. O. G. nachgefolgt, der dann lediglich bis Juli 2018 als Chefarzt tätig gewesen sei. Erst in Kenntnis des tatsächlichen Sachverhalts werde der Leistungseinbruch im Verlauf verständlich. Die Antragstellerin habe die konkreten Umstände zur Einstellung eines neuen Chefarztes nicht erläutert. Wenn die längerzeitige Unterschreitung der Mindestmenge auf die Veränderung und den Ausfall der chefärztlichen Besetzung zurückzuführen sei, habe dies nach sozialmedizinischer Erfahrung auch Auswirkungen auf das Zuweisungsverhalten der externen Ärzte. Die durch die Widerlegung der Prognose beeinträchtigten Erwerbsinteressen der Antragstellerin träten hinter die Belange der Qualitätssicherung zurück. Die durch die Landesverbände festgestellten leistungsausschließenden Wirkungen für Leistungen zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung seien verhältnismäßig.

Mit ihrem am 15. Februar 2019 beim Sozialgericht eingegangenen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wendet sich die Antragstellerin gegen die Entscheidung der Antragsgegner. Sie hat in der Antragsschrift die in den Jahren 2017 und 2018 erbrachten Fallzahlen bei Leistungen in Form Komplexer Eingriffe am Organsystem Pankreas wie folgt mitgeteilt:

I. Quartal II. Quartal III. Quartal IV. Quartal 2017 9 3 1 3 2018 3 0 5 3

Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, statthafte Antragsart sei der Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da sie eine Änderung des bestehenden Rechtszustandes begehre. Die Suspension der Widerlegung durch Erhebung einer Anfechtungsklage genüge für die Erbringbarkeit und Abrechenbarkeit der Leistungen nicht. Vielmehr sei ein positiver Bescheid der Antragsgegner über das voraussichtliche Erreichen der Mindestmenge erforderlich. § 5 Abs. 5 Mm R sehe eine verbindliche Feststellung auch des Erreichens der Mindestmenge durch die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen durch Verwaltungsakt vor. Die Suspension des Widerlegungsbescheides sei schon durch eine Anfechtungsklage und den damit verbundenen Suspensiveffekt herbeizuführen. Eilrechtsschutz benötige sie allein für die vorläufige Feststellung des Erreichens der Mindestmenge. Angesichts des komplexen Verfahrens zur Feststellung des voraussichtlichen Erreichens der Mindestmenge sei schon aus Gründen der Rechtssicherheit ein die rechtserheblichen Tatsachen feststellender Verwaltungsakt erforderlich. In der Hauptsache wäre daher eine Verpflichtungsklage die richtige Klageart. Sie habe auch einen Anspruch auf positive Feststellung des voraussichtlichen Erreichens der Mindestmenge. Für die Verpflichtungsklage sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung maßgeblich (zuletzt bekräftigt mit Schriftsatz vom 17. April 2019). Sie habe die formellen und materiellen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Nach dem maßgeblichen Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Eilentscheidung sei auch der Anstieg der Leistungsmengen in den Quartalen III und IV/2018 (5 bzw. 3 Behandlungsfälle) zu berücksichtigen. Für das Gesamtjahr 2018 ergebe sich damit eine Leistungsmenge von 11 mit einem erheblichen Anstieg in der zweiten Jahreshälfte. Trotz lückenhafter Besetzung des Chefarztpostens habe das Krankenhaus sowohl im Jahr 2017 als auch im Jahr 2018 die geforderte Mindestmenge überschritten. Es bestehe auch ein Anordnungsgrund. Solange das voraussichtliche Erreichen der Mindestmenge nicht verbindlich festgestellt worden sei, müsse sie die Behandlung jedes betroffenen Patienten ablehnen. Dies sei ihr insbesondere vor dem Hintergrund ihrer grundrechtlich garantierten Berufsfreiheit nicht zuzumuten.

Die Antragstellerin beantragt,

die Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig festzustellen, dass sie im Kalenderjahr 2019 die Mindestmenge von 10 für den Leistungsbereich "Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas" gemäß Nr. 4 der Anlage der Mindestmengenregelung des Gemeinsamen Bundesausschusses erreichen wird.

Die Antragsgegner beantragen,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegner halten den Antrag für unbegründet. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, ein Anordnungsanspruch sei nicht gegeben. Die Antragstellerin habe aus den Gründen des Bescheides vom 11. Januar 2019 keinen Anspruch auf die Erbringung der Pankreas-Leistungen im Jahr 2019. Bezüglich der Beurteilung sei allein auf das abzustellen, was die Antragstellerin fristgerecht vorgelegt hat und dementsprechend Eingang in die Beurteilung finden konnte. Nachgeschobene Anknüpfungstatsachen müssten deshalb außer Betracht bleiben. Sie hätten alle von der Antragstellerin zum entscheidungsrelevanten Zeitpunkt genannten Sachverhaltsaspekte unter den konkreten Sachverhaltsmerkmalen des Einzelfalls in ihre Überlegungen und Abwägungen mit einbezogen. Es liege auch kein Anordnungsgrund vor. Es sei nicht geltend gemacht, dass aufgrund des Negativbescheides Operationen abgesagt wurden. Eine nicht erfolgte Vergütung sei ebenfalls nicht thematisiert worden. Vorliegend handele es sich um eine Ermessensentscheidung der Antragsgegner. Es sei an dieser Stelle bereits zu erörtern, ob die Einschätzungsprärogative durch eine gerichtliche Entscheidung im Eilrechtsschutz ersetzt werden könne.

Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2019, der am gleichen Tage beim Sozialgericht eingegangen ist, hat die Antragstellerin Klage in der Hauptsache erhoben (Aktenzeichen: S 182 KR 323/19).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt das Gericht auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und in der Hauptsache und der die Antragstellerin betreffenden, am 12. April 2019 zur Verfügung gestellten Verwaltungsakte der Antragsgegner Bezug, die ihm bei seiner Entscheidung vorgelegen haben.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

1. Die statthafte Antragsart im vorliegenden Verfahren ist ausgehend von den rechtlichen Vorgaben (dazu a) und dem Begehren der Antragstellerin (hierzu b) die Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG (dazu 2.).

a) Die zentralen rechtlichen Vorgaben für das vorliegende Verfahren finden sich in § 136b Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) und in den Mindestmengenregelungen (Mm R) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA).

§ 136b SGB V wurde durch das Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz – KHSG) vom 10. Dezember 2015 (BGBl. I 2229) mit Wirkung vom 1. Januar 2016 eingeführt. Nach § 136b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V fasst der Gemeinsame Bundesausschuss für zugelassene Krankenhäuser grundsätzlich einheitlich für alle Patientinnen und Patienten Beschlüsse über einen Katalog planbarer Leistungen, bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist, sowie Mindestmengen für die jeweiligen Leistungen je Arzt oder Standort eines Krankenhauses oder je Arzt und Standort eines Krankenhauses und Ausnahmetatbestände. Die Beschlüsse sind nach § 136b Abs. 2 Satz 1 SGB V für zugelassene Krankenhäuser unmittelbar verbindlich. Für die Zulässigkeit der Leistungserbringung muss gem. § 136b Abs. 4 Satz 3 SGB V der Krankenhausträger gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen jährlich darlegen, dass die erforderliche Mindestmenge im jeweils nächsten Kalenderjahr auf Grund berechtigter mengenmäßiger Erwartungen voraussichtlich erreicht wird (Prognose). Eine berechtigte mengenmäßige Erwartung liegt in der Regel vor, wenn das Krankenhaus im vorausgegangenen Kalenderjahr die maßgebliche Mindestmenge je Arzt oder Standort eines Krankenhauses oder je Arzt und Standort eines Krankenhauses erreicht hat (§ 136b Abs. 4 Satz 4 SGB V). Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt im Beschluss nach § 136b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V das Nähere zur Darlegung der Prognose (§ 136b Abs. 4 Satz 5 SGB V). Die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen können bei begründeten erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit die vom Krankenhausträger getroffene Prognose widerlegen (§ 136b Abs. 4 Satz 6 SGB V). Wenn die nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erforderliche Mindestmenge bei planbaren Leistungen voraussichtlich nicht erreicht wird, dürfen entsprechende Leistungen nicht bewirkt werden (§ 136b Abs. 4 Satz 1 SGB V). Einem Krankenhaus, das die Leistungen dennoch bewirkt, steht kein Vergütungsanspruch zu (§ 136b Abs. 4 Satz 2 SGB V).

Dem Auftrag nach § 136b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V ist der G BA mit den Mindestmengenregelungen (Mm R) in der Fassung der Änderung vom 5. Dezember 2018 (BAnz AT, 14. Dezember 2018, B4), die am 1. Januar 2019 in Kraft getreten sind, nachgekommen. In der Anlage "Katalog der Prozeduren und Leistungen in der OPS Version 2019" zur Mm R wird unter Nr. 4 für Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas eine jährliche Mindestmenge pro Standort eines Krankenhauses von 10 Eingriffen genannt. Dem Regelungsauftrag nach § 136b Abs. 4 Satz 5 SGB V, das Nähere zur Darlegung der Prognose zu regeln, die als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Leistungserbringung vom Krankenhausträger einmal jährlich gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen dargelegt werden muss, hat der G BA mit den §§ 4 und 5 Mm R Rechnung getragen. Allerdings gelten nach den Übergangsbestimmungen bei Inkrafttreten für die Darlegung der Prognose im Jahr 2018 die gesetzlichen Vorschriften zunächst noch ohne die spezifizierenden Vorgaben der §§ 4 und 5 Mm R weiter (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Mm R). Diese finden erst ab dem Jahr 2019 Anwendung (§ 10 Abs. 1 Satz 2 Mm R).

b) Das Rechtsschutzziel der Antragstellerin ist es, nach § 136b Abs. 4 Satz 1 SGB V keinem Leistungserbringungsverbot zu unterliegen, sondern vorläufig im Kalenderjahr 2019 Leistungen in Form Komplexer Eingriffe am Organsystem Pankreas bewirken zu dürfen. Sofern die Antragstellerin keinem Leistungserbringungsverbot unterliegt, greift auch nicht der Vergütungsausschluss nach § 136b Abs. 4 Satz 2 SGB V. Ihr steht dann jedenfalls vorläufig ein Vergütungsanspruch für erbrachte Leistungen dieser Art nach den allgemeinen Regeln der § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) zu (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 20/14 R, juris, Rdnr. 9 f. m.w.N.).

2. Dieses Rechtsschutzziel ist mit der Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 SGG zu verfolgen. Eine Regelungsanordnung ist nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG nur zulässig, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt (vgl. auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 86a Rdnr. 8). Die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG sind nicht erfüllt. In Betracht kommt hier allenfalls ein Fall des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen. Zwar hat die gegen den Bescheid der Antragsgegner vom 11. Januar 2019 erhobene Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung (dazu a). Allerdings führt der hierdurch eingetretene Suspensiveffekt noch nicht dazu, dass die Antragstellerin die mindestmengenbelegte Leistung bewirken darf (dazu b).

a) Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 11. Januar 2019 hat gem. § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung. Ein Fall nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 bis 3 SGG ist nicht gegeben. Die Beteiligten streiten weder über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten oder die Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstige öffentliche Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG) noch über einen Verwaltungsakt, der eine laufende Leistung entzieht oder herabsetzt (§ 86a Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGG). Die Antragsgegner bestreiten auch nicht die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage, so dass eine deklaratorische Feststellung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG analog (vgl. Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Auflage 2017, Rdnr. 177 f. m.w.N. in Fn. 477) ersichtlich ausscheidet. Insbesondere hat der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 136b SGB V keine bundesgesetzliche Regelung im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG implementiert, der zufolge die aufschiebende Wirkung entfiele. Schließlich haben die Antragsgegner auch nicht nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 11. Januar 2019 angeordnet. Infolgedessen wird durch die Anfechtungsklage die mit Bescheid vom 11. Januar 2019 verfügte Widerlegung der Prognose suspendiert. Zugleich lebt die Prognose der Antragstellerin nach § 136b Abs. 4 Satz 3 SGB V wieder auf. b) Die isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG gegen den die Prognose widerlegenden Verwaltungsakt und der damit einhergehende Suspensiveffekt führen aber noch nicht dazu, dass aus einem Umkehrschluss nach § 136b Abs. 4 Satz 1 SGB V das Krankenhaus die mindestmengenbelegte Leistung vorläufig erbringen dürfte (dazu tendierend wohl Roters, in: Kasseler Kommentar, EL 91 September 2016, § 136b SGB V Rdnr. 19). § 136b Abs. 4 Satz 1 SGB V fordert nämlich, ohne dass dies im Wortlaut des Gesetzes seinen Niederschlag gefunden hätte, über eine positive Prognose hinaus zusätzlich die Feststellung, dass das Krankenhaus die mindestmengenbelegte Leistung bewirken darf (ohne nähere Begründung so wohl auch Becker, in: Kingreen/Becker, SGB V, 6. Auflage 2018, § 136b Rdnr. 11). Dies folgt aus der Gesamtsystematik der Norm (dazu aa), aus ihrem Sinn und Zweck (hierzu bb) sowie aus Gründen einer gleichmäßigen Informationsverteilung in einem mehrstufigen multipolaren Verfahren (unter cc). Die Notwendigkeit einer Feststellung ergibt sich mittelbar auch aus dem Rechtsgedanken des § 5 Abs. 5 Mm R (dazu dd).

aa) Aus der Systematik des § 136b SGB V folgt, dass es über eine positive Prognose des Krankenhauses hinaus der Feststellung durch die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen bedarf, die Leistung bewirken zu dürfen. Nach § 136b Abs. 4 Satz 1 SGB V dürfen entsprechende Leistungen nicht bewirkt werden, wenn die nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erforderliche Mindestmenge bei planbaren Leistungen voraussichtlich nicht erreicht wird. Nach seinem Wortlaut ordnet § 136b Abs. 4 Satz 1 SGB V ein Bewirkungs- bzw. Leistungsverbot bei einem voraussichtlichen Unterschreiten der erforderlichen Mindestmenge an. Allerdings gilt dieses Leistungsverbot bei einem Unterschreiten der Mindestmenge nicht ausnahmslos. Nach § 136b Abs. 3 Satz 1 SGB V soll der Gemeinsame Bundesausschuss bei den Mindestmengenfestlegungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Ausnahmetatbestände und Übergangsregelungen vorsehen, um unbillige Härten insbesondere bei nachgewiesener, hoher Qualität unterhalb der festgelegten Mindestmenge zu vermeiden. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers kann der G BA beispielsweise bei Erfüllung von im Einzelnen festzulegenden Qualitätsanforderungen auch Einrichtungen in einem zu bestimmenden Korridor unterhalb der festgelegten Mindestmenge die Teilnahme an der betroffenen Versorgung ermöglichen. Der G BA soll ferner als Übergangsregelungen Karenzzeiten vorsehen können, sofern es im betroffenen Leistungsbereich ein Verfahren der externen stationären Qualitätssicherung gibt und das betroffene Haus nach diesem Verfahren gute Qualitätsergebnisse aufweist (Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung, BT-Drucks. 18/5372, S. 86, Zu Absatz 3). Da die gesetzliche Formulierung nicht abschließend ist, sind weitere Fälle einer unbilligen Härte denkbar (vgl. Huster/Harney, in: Huster/Kaltenborn, Krankenhausrecht, 2. Auflage 2017, § 7 Rdnr. 32). Der Sinn und Zweck dieser Regelung besteht darin, dem Krankenhaus eine Leistungserbringung auch dann zu ermöglichen, wenn es keine berechtigte mengenmäßige Erwartung für das Folgejahr begründen kann und das eigentlich konsequente Ausscheiden aus dem Kreis der befugten Leistungserbringer für das betroffene Krankenhaus eine unbillige Härte darstellen würde (Tragende Gründe zum Beschlussentwurf des G-BA über eine Änderung der Mindestmengenregelungen vom 17. November 2017 (im Folgenden: Tragende Gründe), Seite 4, Zu Absatz 3; vgl. auch Schuster/Follert/Malzahn, f&w 2018, 322, 325). Eine solche Abmilderung typisierungsbedingter Härten einer strikten Leistungsuntergrenze hat das Bundessozialgericht (BSG) schon vor der Einführung des § 136b SGB V durch das KHSG für sachgerecht erachtet (BSG, Urteil vom 12. September 2012 – B 3 KR 10/12 R, juris, Rdnr. 68). Sie hat auch in § 4 Abs. 4 Satz 1 Mm R ihren Niederschlag gefunden. Wenn aber ein Krankenhaus entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut des § 136b Abs. 4 Satz 1 SGB V bei Unterschreiten der erforderlichen Mindestmenge die Leistung aus Gründen des § 136b Abs. 3 Satz 1 SGB V gleichwohl bewirken können soll, muss ein die Leistungs- bzw. Bewirkungsberechtigung konstitutiv feststellender Verwaltungsakt ergehen, um das sonst greifende Leistungsverbot zu beseitigen.

bb) Die Notwendigkeit einer verbindlichen Feststellung der Berechtigung zur Leistungserbringung bei positiver Prognose folgt zudem aus dem Sinn und Zweck der Norm. Mit der Etablierung des Prognoseregimes in § 136b Abs. 4 SGB V verfolgt der Gesetzgeber das Ziel der prospektiven Klärung (Schuster/Follert/Malzahn, f&w 2018, 322, 323, vgl. auch BT-Drucks. 18/5372, S. 86 f., Zu Absatz 4) des Versorgungsauftrags eines Krankenhauses (dazu (1)). Aufgrund der Bedeutung von Verstößen gegen den Versorgungsauftrag (hierzu (2)) bedarf es aus Gründen der Rechtssicherheit (dazu (3)) der Herbeiführung von Statusklarheit.

(1) Grundsätzlich geht der Umfang der Leistungen, für welche ein Krankenhaus von den Krankenkassen eine Vergütung verlangen kann, aus seinem Versorgungsauftrag hervor. Der Versorgungsauftrag eines Plankrankenhauses ergibt sich seinerseits aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung. Ergänzend sind gegebenenfalls Vereinbarungen nach § 109 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB V einzubeziehen (BSG, Urteil vom 19. Juni 2018 – B 1 KR 32/17 R, juris, Rdnr. 12 m.w.N.). Die Zulassung des Krankenhauses zur Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erfolgt in diesem Sinne mittels Abschlusses oder Fiktion eines Versorgungsvertrags. Dieser hat eine statusbegründende Funktion (BSG, Urteil vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 20/14 R, juris, Rdnr. 11). Dementsprechend ist – abgesehen von hier nicht relevanten Notfallbehandlungen – ein Vergütungsanspruch des Krankenhauses für Behandlungen außerhalb des Geltungsbereichs des erteilten Versorgungsauftrags ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 19. Juni 2018 – B 1 KR 32/17 R, juris, Rdnr. 11 m.w.N.).

(2) § 136b Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SGB V beschränken auf dem Gebiet mindestmengenbelegter Leistungen bei voraussichtlichem Nichterreichen der Mindestmenge den Versorgungsauftrag eines Krankenhauses, um die Qualität der Behandlung (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2012 – B 1 KR 34/12 R, juris, Rdnr. 36) und damit letztlich die Patientensicherheit zu verbessern. Nach der Rechtsprechung des BSG bedeutet die stationäre Behandlung von Versicherten der GKV in einem Krankenhaus ohne Zulassung für die konkrete Leistungserbringung – bei im Übrigen dem Grunde nach bestehender Zulassung durch Anerkennung als Hochschulklinik nach landesrechtlichen Vorschriften, durch Aufnahme in den Krankenhausplan oder aufgrund eines Versorgungsvertrags – im objektiven Sinne einen groben und, wenn dies fortgesetzt erfolgt, einen nachhaltigen Verstoß gegen wesentliche Grundlagen des GKV-Systems. Denn dies entzieht den zugelassenen Leistungserbringern insoweit die Versicherten, setzt die Versicherten durch Behandlung außerhalb des Systems den Risiken unkontrollierter Behandlung aus und droht, das gesetzliche System der Kostentragung auszuhöhlen (BSG, Urteil vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 20/14 R, juris, Rdnr. 12).

(3) Aufgrund der vom BSG herausgehobenen Bedeutung des Versorgungsauftrags für die wesentlichen Grundlagen des Systems der GKV muss bei einer prospektiv möglichen und intendierten Klärung aus Gründen der Rechtssicherheit bei der jährlich neu zu beantwortenden Frage des Umfangs des Versorgungsauftrags und damit des Status des Krankenhauses im Bereich mindestmengenbelegter Leistungen eine positive Feststellung durch Verwaltungsakt erfolgen.

cc) Die Notwendigkeit der Herstellung von Statusklarheit folgt schließlich auch aus Gründen einer gleichmäßigen Informationsverteilung in einem mehrstufigen multipolaren Verfahren. Auf der ersten Stufe gibt das Krankenhaus nach § 136b Abs. 4 Satz 3 SGB V seine Prognose ab. Auf der zweiten Stufe überprüfen die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen diese Prognose (§ 136b Abs. 4 Satz 6 SGB V). Die Landesverbände der Krankenkassen sind nach § 207 Abs. 1 Satz 2 SGB V als Körperschaften des öffentlichen Rechts verfasst. Bei den Landesverbänden der Ersatzkassen handelt es sich um eingetragene Vereine des Privatrechts (vgl. Peters, in: Kasseler Kommentar, EL 73 April 2012, § 212 SGB V Rdnr. 10). Obwohl dies in § 136b SGB V nicht zum Ausdruck kommt, haben die Landesverbände im Sinne von § 211a Satz 1 SGB V gemeinsam und einheitlich zu entscheiden (vgl. auch Tragende Gründe, Seite 11 f., § 5 Zu Absatz 6 und 7; Schuster/Follert/Malzahn, f&w 2018, 322, 324). Die Landesverbände repräsentieren zwar die Krankenkassen und Ersatzkassen, sie sind aber nicht mit ihnen identisch. Angesichts dieses komplexen Gefüges ist die Berechtigung eines Krankenhauses, mindestmengenbelegte Leistungen bewirken zu dürfen, durch konstitutive Feststellung verbindlich zu klären. Diese Feststellung wirkt zwar nur zwischen dem Krankenhaus und den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen, da eine § 109 Abs. 1 Satz 3 SGB V vergleichbare Anordnung einer allgemeinen Verbindlichkeit fehlt. Die Krankenkassen werden aber angesichts ihrer in Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) verankerten Bindung an Gesetz und Recht diese Feststellung zu beachten haben.

dd) Mittelbar geht die Erforderlichkeit einer positiven Feststellung der Berechtigung zur Leistungsbewirkung auch aus dem Rechtsgedanken des § 5 Abs. 5 Mm R (der nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Mm R bei der Darlegung der Prognose für das Kalenderjahr 2019 noch keine Anwendung findet) hervor, wenn dort im Rahmen der Prognoseprüfung durch die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen von der Mitteilung des Ergebnisses der Prüfung die Rede ist und dies mit der Planungssicherheit der Krankenhäuser begründet wird (Tragende Gründe, Seite 11, § 5 Zu Absatz 5).

ee) Somit ist die statthafte Klageart in der Hauptsache die Anfechtungs- und Feststellungsklage. Feststellungklagen haben keine aufschiebende Wirkung (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 86a Rdnr. 7). Im einstweiligen Rechtsschutz unterliegt das Feststellungsbegehren allerdings Einschränkungen (dazu sogleich unter 2. c) cc).

c) Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Dies setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind jeweils glaubhaft zu machen, § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). Nach der Definition des § 23 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) ist eine Tatsache dann als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken soll, überwiegend wahrscheinlich ist.

aa) Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Antrag auf Feststellung, die Mindestmenge zu erreichen, eine sog. Elementenfeststellung. Grundsätzlich ist dies unzulässig, es sei denn, durch die Feststellung des Elements wird der Streit der Beteiligten im Ganzen bereinigt (BSG, Urteil vom 27. Oktober 2009 – B 1 KR 4/09 R, juris, Rdnr. 36). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor, weil die Antragstellerin die mindestmengenbelegten Leistungen nach § 136b Abs. 4 Satz 1 SGB V bewirken darf, wenn sie die erforderliche Mindestmenge voraussichtlich erreicht.

bb) Die Antragstellerin kann auch wählen, ob sie die Feststellung des Erreichens der Mindestmenge durch das Gericht begehrt oder – wie hier – die Verpflichtung der Antragsgegner durch das Gericht, diese Feststellung zu treffen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leither-er/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 55 Rdnr. 13c m.w.N.).

d) Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Es steht bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fest, dass sie im Kalenderjahr 2019 voraussichtlich die Mindestmenge von 10 Komplexen Eingriffen am Organsystem Pankreas erreichen wird. Die streitbefangene Darlegung der Prognose der Antragstellerin im Jahr 2018 ist gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 Mm R noch ohne die spezifizierenden Vorgaben der §§ 4 und 5 Mm R an § 136b Abs. 4 Satz 3 und Satz 4 SGB V zu messen. Ein Ermessen der Antragsgegner war nicht zu prüfen; ihnen stand auch keine Einschätzungsprärogative zu (vgl. unter aa). Vielmehr gelten die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung für Prognosentscheidungen entwickelten Grundsätze zum inhaltlichen Maßstab und zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Prüfung (dazu unter bb). Nach diesen Maßstäben begegnet die Prognose der Antragstellerin begründeten erheblichen Zweifeln im Sinne des § 136b Abs. 4 Satz 6 SGB V (dazu unter cc).

aa) Ein Ermessen der Antragsgegner, wie es deren Bevollmächtigte hervorhebt, besteht allenfalls mit Blick auf das durch § 136b Abs. 4 Satz 6 SGB V eingeräumte Entschließungsermessen, ob die Prognose widerlegt werden soll. Dieser Frage ist durch das Gericht im Rahmen des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz aber nicht weiter nachzugehen, da der Bescheid vom 11. Januar 2019 der Suspendierung durch die Anfechtungsklage unterliegt (vgl. oben 2. a). Dass den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen, wie von ihrer Bevollmächtigten behauptet, eine Einschätzungsprärogative zusteht, vermag das Gericht nicht zu erkennen. Prognostische Entscheidungselemente allein begründen noch keine Einschätzungsprärogative (vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Lfg. 72 Juli 2014, Art. 19 Abs. 4 Rdnr. 197).

bb) Nach der Rechtsprechung des BSG beruhen sachgerechte Prognosen auf erhobenen Daten und Fakten und damit auf Erkenntnissen aus der Vergangenheit, auf deren Basis unter Berücksichtigung zu erwartender Veränderungen eine Vorausschau für die Zukunft getroffen wird (BSG, Urteil vom 2. April 2014 – B 3 KS 4/13 R, juris, Rdnr. 24). Dabei sind alle bei der Prognosestellung für die Beurteilung der künftigen Entwicklung erkennbaren Umstände zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 13 R 1/12 R, juris, Rdnr. 25), die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind und Einfluss auf die zu beurteilenden Umstände haben (BSG, Urteil vom 2. April 2014 – B 3 KS 4/13 R, juris, Rdnr. 27). Maßgebend sind die Verhältnisse zur Zeit der Prognoseentscheidung (BSG, Urteil vom 2. April 2014 – B 3 KS 4/13 R, juris, Rdnr. 28). Grundlage der Prognose können daher nur bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens erkennbare Umstände sein (BSG, Urteil vom 2. April 2014 – B 3 KS 4/13 R, juris, Rdnr. 30). Maßgebend ist insoweit der verfahrensfehlerfrei ermittelte Kenntnisstand der Verwaltung, die von den ihr mitgeteilten Angaben ausgehen muss. Der Verwaltung sind alle erheblichen Tatsachen und Änderungen mitzuteilen (BSG, Urteil vom 30. August 2007 – B 10 EG 6/06 R, juris, Rdnr. 16 m.w.N.). Die Verbindlichkeit der vom Gesetz geforderten Prognose wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich im Nachhinein eine andere Entwicklung ergibt (BSG, Urteil vom 30. August 2007 – B 10 EG 6/06 R, juris, Rdnr. 14). Auch können spätere Entwicklungen, die bei Beginn des entscheidungserheblichen Zeitraums noch nicht erkennbar waren, eine Prognose weder bestätigen noch widerlegen (BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 13 R 1/12 R, juris, Rdnr. 26). In Bezug auf die zu treffende Prognose – d.h. der Feststellung einer hypothetischen Tatsache (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 128 Rdnr. 9f) – ist vom Gericht zu prüfen, ob der festgestellte Sachverhalt den Schluss auf die hypothetische Tatsache zulässt. Die Prognose ist fehlerhaft, wenn die der Prognose zugrundeliegenden Tatsachen nicht richtig festgestellt oder nicht alle wesentlichen in Betracht kommenden Umstände hinreichend gewürdigt worden sind oder die Prognose auf unrichtigen oder unsachlichen Erwägungen beruht (so BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 20/15 R, juris, Rdnr. 24 f.).

(1) Diese Grundsätze gelten auch im Hinblick auf den maßgeblichen Zeitpunkt für die gerichtliche Entscheidung im Eilrechtsschutz. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Prognosekompetenz zunächst beim Krankenhausträger liegt und dessen Prognose in einem zweiten Schritt bei begründeten erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit von den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen widerlegt werden kann (§ 136b Abs. 4 Satz 6 SGB V), ist grundsätzlich auf den gleichen Zeitpunkt abzustellen wie im Verfahren in der Hauptsache. Denn der Krankenhausträger muss nach § 136b Abs. 4 Satz 3 SGB V das voraussichtliche Erreichen der Mindestmenge lediglich darlegen. Die Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen vollziehen die Prognose des Krankenhausträgers nach. Sie müssen damit ihrerseits eine eigene Prognoseentscheidung treffen. Somit ist der maßgebliche Zeitpunkt für die gerichtliche Entscheidung trotz des durch die Anfechtungsklage mit Blick auf den Bescheid vom 11. Januar 2019 eingetretenen Suspensiveffekts nicht der Zeitpunkt der (letzten) Prognosedarlegung durch die Antragstellerin (hier die am 17. Dezember 2018 eingegangene Stellungnahme), sondern der 11. Januar 2019. Das Verwaltungsverfahren war mangels Erforderlichkeit eines Vorverfahrens (§ 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG i.V.m. § 136b Abs. 4 Satz 8 SGB V) mit Erlass des Bescheides vom 11. Januar 2019 abgeschlossen. Die von der Antragstellerin in Bezug genommene Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg (Beschluss vom 17. September 2007 – L 7 SO 3970/07 ER-B, juris, Rdnr. 3), wonach maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung seien, kann nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Dort war ein Leistungsanspruch nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) bzw. nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) im Streit, der keine Prognoseentscheidung voraussetzt. Ein anderer maßgeblicher Zeitpunkt ergibt sich auch nicht daraus, dass die Antragstellerin statt der Feststellung des voraussichtlichen Erreichens der Mindestmenge die Verpflichtung der Antragsgegner zu dieser Feststellung begehrt. Sonst hätte es die Antragstellerin in der Hand, den maßgeblichen Zeitpunkt selbst zu bestimmen.

(2) Maßstab für die gerichtliche Entscheidung sind ausschließlich jene Anknüpfungstatsachen, die den Antragsgegnern bekannt waren. Dies sind die von der Antragstellerin in ihrer Darlegung der Prognose mitgeteilten Umstände sowie die weiteren Erkenntnisse der Antragsgegner. Die Anknüpfungstatsachen, welche die Antragstellerin erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgetragen hat, bleiben außer Betracht. Ihre Berücksichtigung wäre allenfalls dann in Erwägung zu ziehen, wenn die Antragstellerin unverschuldet daran gehindert gewesen wäre, bereits objektiv vorliegende Tatsachen mitzuteilen. Hierfür ist aber weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich.

(3) Fraglich ist, ob die zum Bundeserziehungsgeld ergangene Rechtsprechung des BSG, wonach die Verwaltung grundsätzlich nur dann verpflichtet ist, den Sachverhalt von Amts wegen weiter zu ermitteln, wenn die Angaben unvollständig oder unklar sind (BSG, Urteil vom 30. August 2007 – B 10 EG 6/06 R, juris, Rdnr. 16 m.w.N.), auf den vorliegenden Fall übertragen werden kann. Hieran bestehen aufgrund der strukturellen Unterschiede im Subordinationsverhältnis zwischen Staat und Bürger einerseits und dem kooperativer ausgestalteten Verhältnis zwischen Krankenhäusern und Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen andererseits Zweifel, weil Krankenhäuser und Krankenkassen (die durch die jeweiligen Landesverbände repräsentiert werden) aufgrund eines dauerhaften Vertragsrahmens ständig professionell zusammenarbeiten und ihnen die gegenseitigen Interessenstrukturen geläufig sind (BSG, Urteil vom 8. September 2009 – B 1 KR 11/09 R, juris, Rdnr. 16; Urteil vom 18. Juli 2013 – B 3 KR 22/12 R, juris, Rdnr. 25). Dies kann jedoch offen bleiben, weil die Antragsgegner mit Schreiben vom 29. November 2018 um weitergehende Erläuterungen zur Prognosedarlegung durch die Antragstellerin gebeten und damit im Sinne von § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X den Sachverhalt von Amts wegen weiter ermittelt haben.

cc) Die Prognose der Antragstellerin begegnet erheblichen begründeten Zweifeln im Sinne des § 136b Abs. 4 Satz 6 SGB V. Ihre Darlegungen ließen bis zum 11. Januar 2019 ein voraussichtliches Erreichen der Mindestmenge von 10 Leistungen in Form Komplexer Eingriffe am Organsystem Pankreas für das Kalenderjahr 2019 nicht erwarten.

(1) Die Antragstellerin kann eine positive Prognose für das Jahr 2019 nicht aus § 136b Abs. 4 Satz 4 SGB V herleiten. Danach liegt eine berechtigte mengenmäßige Erwartung in der Regel vor, wenn das Krankenhaus im vorausgegangenen Kalenderjahr die maßgebliche Mindestmenge je Arzt oder Standort eines Krankenhauses oder je Arzt und Standort eines Krankenhauses erreicht hat. Jedenfalls für die im Jahr 2018 darzulegende Prognose für das Kalenderjahr 2019, bei der nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Mm R noch nicht die § 136b Abs. 4 Satz 4 SGB V spezifizierenden Regelungen der §§ 4 und 5 Mm R gelten, ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin als vorausgegangenes Kalenderjahr nicht das Jahr 2017 (mit 16 Eingriffen), sondern das Jahr 2018 anzusehen (so auch Butenschön, GuP 2016, 134, 135). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm. Das 2019 vorausgegangene Kalenderjahr ist 2018. Dieses Ergebnis wird durch die Entstehungsgeschichte der Norm sowie durch teleologische Erwägungen gestützt. Mit dem durch das Krankenhausstrukturgesetz neu eingeführten § 136b SGB V hat der Gesetzgeber erstmals das in § 136b Abs. 4 SGB V verankerte Prognoseregime implementiert, das die Vorgängerregelung des § 137 SGB V (in der mit Wirkung vom 23. Juli 2015 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der GKV vom 16. Juli 2015, BGBl. I 1211) noch nicht kannte. Er hat dabei ausweislich der parlamentarischen Materialien (BT-Drucks. 18/5372, S. 87, Zu Absatz 4) die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 33/13 R, juris, Rdnr. 52 ff.) übernommen. Das BSG hat mit diesem Urteil zu § 137 Abs. 1 Satz 4 SGB V in der Fassung durch das Fallpauschalengesetz vom 23. April 2002 (BGBl. I 1412) entschieden, dass das Krankenhaus im jeweils bei Jahresbeginn abgelaufenen Kalenderjahr die maßgebliche Mindestmenge erreicht haben muss. Für dieses Ergebnis sprechen schließlich teleologische Erwägungen. Am aussagekräftigsten für die anzustellende Prognose sind die jüngsten Eingriffszahlen, weil sie am ehesten den Endpunkt eines Entwicklungsprozesses wiedergeben.

Bis zum 11. Januar 2019 hatte die Antragstellerin den Antragsgegnern lediglich die in den Quartalen I/2018 und II/2018 durchgeführten 3 Eingriffe mitgeteilt. Da nur die bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens erkennbaren Umstände beachtlich sind, geht es zu Lasten der Antragstellerin, dass sie die weiteren insgesamt 8 Eingriffe in den Quartalen III/2018 und IV/2018 bis zum 11. Januar 2019 nicht genannt hatte. Zu dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt wurde jedoch die Mindestmenge von 10 Eingriffen verfehlt. Selbst wenn man mit der Antragstellerin davon ausginge, dass die Tatbestandesvoraussetzungen des § 136b Abs. 4 Satz 4 SGB V erfüllt wären, müsste das Regelbeispiel nach § 136b Abs. 4 Satz 6 SGB V als widerlegt angesehen werden (zu dieser Möglichkeit nur Roters, in: Kasseler Kommentar, EL 91 September 2016, § 136b SGB V Rdnr. 19). (2) Die Darlegungen der Antragstellerin nach § 136b Abs. 4 Satz 3 SGB V lassen ebenfalls nicht den Schluss auf das Erreichen der erforderlichen Mindestmenge zu. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist kein arithmetisches Mittel unter Einbeziehung der Eingriffszahlen des kompletten Jahres 2017 zu bilden. Diese Vorgehensweise findet keinen normativen Anknüpfungspunkt. Die Bildung eines arithmetischen Mittels stellt sich für Prognoseentscheidungen als untaugliches Kriterium dar, weil es ein Ansteigen und Abfallen von Fallzahlen nivelliert und somit deren Entwicklung ausblendet. So könnten hohe Werte aus einer weiter zurückliegenden Vergangenheit niedrige Werte aus der jüngeren Vergangenheit kompensieren. Je aktueller aber die Werte sind, desto größer ist ihre Aussagekraft für die anzustellende Prognose. Auch das BSG stellt in seiner Rechtsprechung die Relevanz der jüngsten Werte für die Prognoseentscheidung heraus (BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 33/13 R, juris, Rdnr. 52 ff.). Die Mm R geht davon aus, dass eine Prognose umso genauer ist, je aktueller die Werte sind. Nach dem Rechtsgedanken des § 5 Abs. 1 Mm R, der erst für die 2019 vorzunehmende Darlegung für das Jahr 2020 gilt (§ 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 Mm R), ist die Prognose des Krankenhausträgers den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen bis spätestens zum 15. Juli des laufenden Kalenderjahres zu übermitteln. Bei der Festlegung dieses Datums wurde berücksichtigt, dass sowohl eine Ermittlung der Leistungszahlen aus dem vorausgegangenen Kalenderjahr als auch aus den letzten zwei Quartalen des vorausgegangenen und den ersten zwei Quartalen des laufenden Kalenderjahres ermöglicht wird (so die Deutsche Krankenhausgesellschaft, Anlage 2 der Tragenden Gründe, Seite 10, § 5 Prognose, Zu Absatz 1). Dies zeigt, dass vor allem die Werte des jüngst abgeschlossenen Quartals in die Prognoseentscheidung mit eingehen sollen.

(3) Die Entwicklung der Fallzahlen auf dem Gebiet Komplexer Eingriffe am Organsystem Pankreas sprachen am 11. Januar 2019 gegen ein voraussichtliches Erreichen der Mindestmenge von 10. Nach dem Rechtsgedanken von § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Mm R kann ausgehend vom zuletzt mitgeteilten Quartal II/2018 ein unterjähriger Ein-Jahres-Zeitraum gebildet werden. In diesem Zeitraum (Quartale III/2017 bis II/2018) hatte die Antragstellerin insgesamt nur 7 Eingriffe erbracht. Bereits dies spricht gegen das Erreichen der Mindestmenge von 10. In den Quartalen I/2018 und II/2018 verzeichnete die Antragstellerin lediglich drei Eingriffe, die allesamt auf das Quartal I/2018 entfielen. Im Quartal II/2018 wurde kein Eingriff durchgeführt. Dies dokumentiert einen Leistungsabfall, der deutlich für ein Unterschreiten der erforderlichen Mindestmenge von 10 spricht.

(4) Gegen eine positive Prognose spricht auch die Vakanz des Chefarztpostens in der zweiten Jahreshälfte 2018. Nach der Internet-Recherche der Antragsgegner war Herr PD Dr. O. G. bis Juli 2018 als Chefarzt tätig gewesen. Konkrete Umstände zur Einstellung eines neuen Chefarztes ab 2019 hat die Antragstellerin nicht erläutert. Fraglich blieb, ob ein konkreter, namentlich zu benennender Nachfolger tatsächlich gefunden worden war. Unklar blieb ferner, ob er bereits für den infrage stehenden Leistungsbereich vertraglich gebunden oder die Einstellung nur avisiert war. Nähere Informationen zur Qualifikation, zur bisherigen Erfahrung und zu besonderen chirurgischen Schwerpunkten fehlten gleichfalls. Der Chefarzt ist mit seinem Renommee und seiner Expertise von zentraler Bedeutung für die durchzuführenden Eingriffe im konkret in Betracht kommenden Leistungsbereich. Die von der Antragstellerin zu verantwortenden Unklarheiten im Hinblick auf die herausgehobene Person des Chefarztes verstärkten den aus der Entwicklung der Fallzahlen gewonnenen hypothetischen Schluss, dass die Mindestmenge von 10 im Jahr 2019 nicht erreichen werde.

(5) Angesichts des Unterschreitens der Mindestmenge nach den mitgeteilten Fallzahlen der Vakanz des Chefarztpostens hätte die Antragstellerin für eine gleichwohl positive Prognose gewichtige Gründe präsentieren müssen (vgl. Bohle, GesR 2016, 605, 610). Daran fehlt es jedoch.

cc) Durch das Verbot, im Kalenderjahr 2019 Leistungen in Form Komplexer Eingriffe am Organsystem Pankreas bewirken zu dürfen, wird die Antragstellerin nicht in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. Die Antragstellerin ist Trägerin dieses Grundrechts. Es erstreckt sich nach Art. 19 Abs. 3 GG auch auf juristische inländische Personen, zu denen die Antragstellerin zählt (vgl. nur Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 15. Auflage 2018, Art. 12 Rdnr. 13 m.w.N.).

(1) Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG schützt – neben der Freiheit der Berufswahl – die Freiheit der Berufsausübung. Zu den Rahmenbedingungen der Berufsausübung gehört für Krankenhäuser auch, dass sie bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen müssen, um einzelne Operationen und Prozeduren, aber auch um eine aus einer Vielheit von Einzelmaßnahmen bestehende Behandlung eines bestimmten Krankheitsbildes erbringen zu dürfen. Von einer bloßen Berufsausübungsregelung ist dann auszugehen, wenn sie nur einen Ausschnitt aus einer fachärztlichen Tätigkeit betrifft (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2012 – B 1 KR 34/12 R, juris, Rdnr. 54 m.w.N. zur Rspr. des Bundesverfassungsgerichts). Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas stellen nur einen kleineren Teil der gesamten fachärztlichen Tätigkeit auf dem Gebiet der Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie dar.

(2) § 136b Abs. 4 Satz 1 SGB V und Nr. 4 der Anlage "Katalog der Prozeduren und Leistungen in der OPS Version 2019" zur Mm R greifen in die Berufsausübung ein. Werden ihre Voraussetzungen nicht erfüllt, darf die Leistung gegenüber keinem Patienten erbracht werden. Die Regelung erfüllt das Erfordernis, dass ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage bedarf, die ihrerseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen an grundrechtseinschränkende Gesetze genügen muss (BVerfGE 94, 372, 389 f.; BVerfGE 111, 366, 373). Gesetzliche Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung sind nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind (vgl. nur BVerfGE 94, 372, 390; 101, 331, 347; 106, 181, 192). Die aus Gründen des Gemeinwohls unumgänglichen Beschränkungen des Grundrechts stehen unter dem Gebot der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfGE 19, 330, 336 f.; 54, 301, 313). Eingriffe in die Berufsfreiheit dürfen deshalb nicht weitergehen, als es die sie rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern (vgl. BVerfGE 101, 331, 347). Eine sowohl den Freiheitsanspruch des Berufstätigen wie die Schutzbedürftigkeit der Gemeinschaft berücksichtigende Lösung kann nur in Abwägung der Bedeutung der einander gegenüberstehenden und möglicherweise einander widerstreitenden Interessen gefunden werden (vgl. BVerfGE 7, 377, 405 sowie insgesamt BSG, Urteil vom 18. Dezember 2012 – B 1 KR 34/12 R, juris, Rdnr. 55 f.).

(3) Die Abwägung der Bedeutung des Interesses der Antragstellerin, uneingeschränkt Patienten zu versorgen, die Komplexer Eingriffe am Organsystem Pankreas bedürfen, mit dem Interesse an einer besseren Versorgungsqualität für Eingriffe dieser Art, ergibt einen Vorrang der Qualitätssicherung zugunsten der hiervon betroffenen Individual- und Gemeinwohlbelange. Soweit der Gesetzgeber durch § 136b Abs. 4 Satz 1 SGB V den Schutz von Gesundheit und Leben der Bevölkerung erstrebt – hier das Überleben von Patienten, die eines Komplexen Eingriffs am Organsystem Pankreas bedürfen – verfolgt er damit überragend wichtige Gemeinwohlbelange. Das hohe Gewicht, das Gesundheit und Leben in der Wertordnung des GG zukommt, zeigt sich daran, dass sich für beide Rechtsgüter aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG Schutzpflichten des Staates ergeben können. Angesichts der Bedeutung dieser Rechtsgüter stellt der Schutz von Gesundheit und Leben einen legitimen Zweck dar, dessen Verfolgung selbst objektive Berufswahlbeschränkungen zu rechtfertigen vermag. Diese Rechtfertigung greift auch hier. Durch Mindestmengen können Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas mit einer geringeren Mortalitätsrate erbracht werden, ohne dass dieses Qualitätssicherungsmittel substituierbar ist (st. Rspr., BSG, Urteil vom 17. November 2015 – B 1 KR 15/15 R, juris, Rdnr. 40 ff.; Urteil vom 18. Dezember 2012 – B 1 KR 34/12 R, juris, Rdnr. 54 ff.; Urteil vom 27. November 2014 – B 3 KR 1/13 R, juris, Rdnr. 44; zum signifikanten Zusammenhang zwischen der Eingriffsmenge und der Ergebnisqualität bei Pankreasresektionen und einem deutlich erhöhten Sterberisiko bei Operationen in Kliniken mit niedrigen Eingriffszahlen vgl. Mansky et al., in: Klauber/Geraedts/Friedrich/Wasem, Krankenhaus-Report 2017, S. 95 ff.).

e) Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Dass das streitige Leistungserbringungsverbot die Existenz der Chirurgischen Klinik der Antragstellerin gefährdete oder auch nur bezüglich des Gesamtumsatzes des Klinikums, zu dessen medizinischen Schwerpunkten ausweislich seines Internetauftritts die Kinder- und Jugendmedizin, die Kinderchirurgie, die seelische Gesundheit von Kinder und Jugendlichen sowie die Geburtshilfe zählen, erheblich ins Gewicht fiele, hat die Antragstellerin nicht schlüssig dargelegt, geschweige denn nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Oktober 2012 – L 9 KR 260/12 KL ER, juris, Rdnr. 39).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Danach ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Nach der Rechtsprechung des BSG sind bei der Bemessung des wirtschaftlichen Interesses des Krankenhausträgers der zu erwartende Gewinn und die Gestehungskosten zu berücksichtigen (BSG, Beschluss vom 8. August 2013 – B 3 KR 17/12 R, juris, Rdnr. 7). Nach ihren eigenen Angaben erlöste die Antragstellerin im Jahr 2018 mit Komplexen Eingriffen am Organsystem Pankreas pro Fall 32.726,85 Euro. Das Gericht geht davon aus, dass es sich bei dem bei der Berechnung zugrunde gelegten Betrag in Höhe von 32.725,85 Euro (Seite 2 des Schriftsatzes der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vom 27. Februar 2019) um einen Schreibfehler handelt. Die Antragstellerin geht prognostisch von elf Behandlungsfällen aus. Da vorliegend die Leistungs- und Vergütungsberechtigung für das Jahr 2019 im Streit stehen, ist in Anlehnung an die in Bezug genommene Rechtsprechung des BSG ein Zeitraum von einem Jahr zugrunde zu legen (BSG, Beschluss vom 8. August 2013 – B 3 KR 17/12 R, juris, Rdnr. 5 m.w.N.). Das Produkt aus der Höhe der Vergütung eines Behandlungsfalles und elf geplanten Behandlungsfällen ist 359.995,35 Euro. Mit dem BSG geht das erkennende Gericht von einem bei optimalem Kostenmanagement erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil von 25 % des Gesamtumsatzes unter Berücksichtigung aller wirtschaftlichen Nachteile bei Realisierung des Leistungserbringungsverbots, mithin 89.998,84 Euro, aus (BSG, Beschluss vom 8. August 2013 – B 3 KR 17/12 R, juris, Rdnr. 9). In Ausübung seines freien Ermessens hielt das Gericht wegen der Vorläufigkeit des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz eine Reduzierung des Streitwerts um die Hälfe auf 44.999,42 Euro für sachgerecht.
Rechtskraft
Aus
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