S 24 KR 675/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 24 KR 675/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.696,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.08.2015 zu zahlen. Die Klägerin trägt ein Viertel, die Beklagte drei Viertel der Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Kosten für eine Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus, welches zur Behandlung gesetzlich Krankenversicherter gemäß § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassen ist.

Der bei der Beklagten versicherte Herr S M wurde in der Zeit vom 23.01.2015 bis 26.02.2015 wegen eines Kehlkopfkarzinoms im Krankenhaus der Klägerin stationär behandelt.

Die Klägerin stellte für die Behandlung Kosten in Höhe von 12.373,76 EUR in Rechnung, die die Beklagte zunächst vollständig beglich.

Die Beklagte leitete ein Prüfverfahren durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. In der entsprechenden Prüfanzeige vom 20.03.2015 bat der MDK die Klägerin formularmäßig "um Übersendung sämtlicher Behandlungsunterlagen aller beteiligten Fachabteilungen, die geeignet sind, die Fragestellung der Krankenkasse über den o.g. Aufenthalt bezogen auf die o.g. Auffälligkeiten bzw. den Prüfanlass vollumfänglich zu beantworten; mindestens jedoch den ausführlichen Entlassungsbericht (inkl. Laborparameter) und den/die OP-Bericht(e)". Die Klägerin stellte dem MDK daraufhin am 26.03.2015 den Entlassungs- und OP-Bericht zur Verfügung.

Der MDK kam durch Frau Dr. G in einem Gutachten vom 23.07.2015 zu der Einschätzung, dass die stationäre Behandlung vom 23.01.2015 bis 18.02.2015 medizinisch indiziert gewesen sei. Insbesondere der Zeitraum zwischen der Tumorkonferenz am 30.01.2015 und der am 12.02.2015 erfolgten Operation sei aber nicht plausibel. Es sei zwischenzeitlich nur am 03.02.2015 die PEG-Anlage erfolgt und nur noch die pflegerische Versorgung bis zur Operation durchgeführt worden. Der Zeitraum zwischen Tumorkonferenz und Operation habe um mindestens acht Tage verkürzt werden können.

Am 11.08.2015 verrechnete die Beklagte den Unterschiedsbetrag in Höhe von 2.262,44 EUR mit einer unstreitigen Forderung der Klägerin aus dem Behandlungsfall der Versicherten N T, die vom 29.07.2015 bis 31.07.2015 im Krankenhaus der Klägerin behandelt wurde. Am 01.12.2015 hat die Klägerin Zahlungsklage erhoben, mit der sie ursprünglich die Zahlung von 2.262,44 EUR begehrt, im laufenden Verfahren aber die Klage in Höhe von 565,60 EUR zurückgenommen hat, so dass die Zahlung von 1.696,84 EUR noch streitig ist. Der stationäre Aufenthalt im Zeitraum zwischen Tumorkonferenz und Operation sei medizinisch notwendig gewesen. Eine frühere Entlassung sei wegen der Gesamtsituation des Versicherten und der aufgetretenen Komplikationen im Zusammenhang mit der PEG-Anlage nicht möglich gewesen. Der Versicherte habe wegen Stridor- und Trachealsekrets mehrmals abgesaugt werden müssen. Aus der "Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung - PrüfvV) gemäß § 17c Absatz 2 KHG" ergebe sich keine Verkürzung oder ein Ausschluss ihres Zahlungsanspruchs. Die vom MDK angeforderten Unterlagen (der ausführliche Entlassungs- und OP-Bericht) seien an diesen versandt worden. Die Regelungen nach der PrüfvV seien insofern eingehalten worden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.696,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.08.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie beruft sich in medizinischer Hinsicht auf die Einschätzung des MDK. Sie ist aber auch der Ansicht, dass eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch das Gericht im Klageverfahren nicht mehr uneingeschränkt erfolgen dürfe, weil das Ergebnis des Prüfverfahrens nach der PrüfvV für die Klägerin bindend sei. Die Klägerin habe dem MDK nicht alle relevanten medizinischen Unterlagen, wie angefordert, übersandt, so dass sie mit medizinischen Einwänden nach der PrüfvV präkludiert sei. Die PrüfvV würde ins Leere laufen, wenn Beanstandungen außerhalb der dort vorgesehenen Fristen, die als Ausschlussfristen zu qualifizieren seien, möglich wären. Zwar könne noch im Gerichtsverfahren von Amts wegen ermittelt werden, dies müsse jedoch wegen der Zielsetzung der Beschleunigung durch die PrüfvV beschränkt werden, und zwar auf die Unterlagen, die dem MDK zur Verfügung gestanden hätten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines nach Aktenlage erstellten HNO-ärztlichen Gutachtens von Prof. Dr. T1 vom 09.05.2016. Auf das Gutachten wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt die Kammer Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte, den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten sowie die ebenfalls beigezogene Patientendokumentation über den stationären Aufenthalt des Versicherten S M vom 23.01.2015 bis 26.02.2015. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

Streitgegenstand dieses Verfahrens ist die (unstreitige) Kostenübernahme für die stationäre Behandlung der bei der Beklagten versicherten Frau N T vom 29.07.2015 bis 31.07.2015 im Krankenhaus der Klägerin. Streitgegenstand ist nicht die stationäre Behandlung des Versicherten S M vom 23.01.2015 bis 26.02.2015, sondern die Frage, ob die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bzgl. dieses Behandlungsfalles aufrechnen durfte.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unmittelbar zulässig, denn es geht bei einer auf Zahlung von Behandlungskosten für einen Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen; die Einhaltung einer Klagefrist war nicht geboten (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. z.B. Urteil v. 23.07.2002 - B 3 KR 64/01 R -, juris Rn. 13).

Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung von 1.696,84 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.08.2015 verlangen.

Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch eines zugelassenen Krankenhauses gegenüber einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG, der sich die Kammer anschließt, § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten. Der Behandlungspflicht des zugelassenen Krankenhauses nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung festgelegt wird (vgl. etwa BSG Urteil vom 25.11.2010 - B 3 KR 4/10 R -, juris Rn. 9 f.; BSG Urteil vom 29.04.2010 - B 3 KR 11/09 R -, juris Rn. 7; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 1/07 KR R -, juris Rn. 10). Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht dabei unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch einen Versicherten. Da der Zahlungsanspruch des zugelassenen Krankenhauses jedoch in aller Regel mit dem Naturalleistungsanspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) korrespondiert, müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhauspflegebedürftigkeit vorliegen (Landessozialgericht Niedersachsen Urteil vom 30.01.2002 - L 4 KR 110/00 -, juris Rn. 22). Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Leistungsumfang umfasst gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V auch Krankenhausbehandlung, die vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht wird. Der Sachleistungsanspruch des Versicherten umfasst vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V).

Die Erforderlichkeit der stationären Behandlung der Versicherten N T vom 29.07.2015 bis 31.07.2015 und die ordnungsgemäße Abrechnung sind zwischen den Beteiligten unstreitig. Dieser Vergütungsanspruch erlosch nicht dadurch, dass die Beklagte wirksam mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten S M analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Aufrechnung erklärte.

Denn die Aufrechnung war in Höhe des zuletzt seitens der Klägerin geltend gemachten Betrages von 1.696,84 EUR unbegründet. Die Gegenforderung, mit der die Beklagte aufgerechnet hat, ist ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Dieses aus den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts hergeleitete Rechtsinstitut setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind. Ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis liegt hier vor, denn die Abrechnungsbeziehungen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus sind öffentlich-rechtlich geprägt. Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gelten ähnliche Grundsätze wie im bürgerlichen Recht der ungerechtfertigten Bereicherung - §§ 812 ff. BGB -, mit der der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch zumindest insoweit vergleichbar ist, als beide Ansprüche als Ausdruck eines althergebrachten Rechtsgrundsatzes dem Ausgleich einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung dienen. Diesbezüglich ist allgemein anerkannt, dass Leistungen zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit, die in Wirklichkeit nicht besteht, zurückgefordert werden können (vgl. BSG Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R -, juris Rn. 15 ff.). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die ihr in Rechnung gestellten und bezahlten Kosten des stationären Aufenthalts ihres Versicherten S M im Krankenhaus der Klägerin auch in Höhe der streitigen 1.696,84 EUR mit Rechtsgrund geleistet.

Die stationäre Behandlung des Versicherten M war vom 23.01.2015 bis 24.02.2015 medizinisch notwendig im Sinne der oben genannten Kriterien. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. T1. Dieser führt aus, dass wegen der Komplexität des Tumorleidens bei einem ausgedehnten Tumorstadium der Kategorie pT4 und der Tatsache, dass bereits im Jahr 2005 in anderer Lokalisation ein Tumorleiden beim Versicherten M habe behandelt werden müssen, mit nachfolgend eingeschränkten Körperfunktionen (verzögerter Wundheilung, vermehrter Infektanfälligkeit), sich die Notwendigkeit für eine stationäre Behandlung zumindest bis zum 24.02.2015 ergebe. Ab dem 24.02.2015 hätte die Behandlung auch ambulant erfolgen können, weil der Versicherte nun erstmals selbstständig die Kanüle habe wechseln können. Zwar hat der Sachverständige auch angegeben, dass er nur vermuten könne, dass die Operation nicht früher erfolgt sei, weil der Versicherte zu dieser Zeit aufgrund der Schluckunfähigkeit und der Notwendigkeit einer PEG-Anlage mit nachfolgender Notwendigkeit zur Wundbehandlung für eine solche belastende ausgedehnte Operation aus Sicht der behandelnden Ärzte noch nicht als operationsfähig gegolten habe. Üblicherweise werde ein solcher Hinweis von den behandelnden Ärzten aber nicht dokumentiert, sondern könne anhand der Unterlagen indirekt nachvollzogen werden, da er nicht von unmittelbarer medizinischer Relevanz sei. Die Annahme, dass die Operation erst zwölf Tage nach der Tumorkonferenz erfolgte, weil der Versicherte noch nicht operationsfähig war, ist aus Sicht der Kammer jedenfalls plausibel. Der Sachverständige Prof. Dr. T1 hat im Einzelnen dargelegt, dass eine Entlassung vor dem 24.02.2015 nicht zumutbar gewesen wäre und das Zuwarten zwischen der Tumorkonferenz und der Operation sachlich gerechtfertigt war: Am 31.01.2015, 01.02.2015 und 02.02.2015 erfolgte die Versorgung des Versicherten wegen der weiter bestehenden Schluckunfähigkeit und der Notwendigkeit einer ausreichenden Alimentation und Analgesie bei Zustand nach Nottracheotomie. Am 03.02.2015 erfolgte die PEG-Anlage. Typischerweise kann, so der Sachverständige weiter, der künstliche Mageneingang nicht sofort zur Nahrungszufuhr befahren werden. Bis dahin muss der Patient entweder über eine nasale Magensonde und zusätzlich zur Sicherstellung der Flüssigkeitszufuhr über intravenöse Infusionen unterstützt werden. Dem entsprechend wurde für den 04.02.2015 vermerkt, dass der Versicherte ab diesem Tag Sondenkost erhalte. Der Versicherte sei weiterhin nicht in der Lage, die Kanüle selbstständig zu wechseln. Am 05.02.2015 fanden sich gerötete Stomaverhältnisse. Für den 06.02.2015 wird dokumentiert, dass eine freiliegende Knorpelspange sichtbar sei. Für den 07.02.2015 wird vermerkt, dass ein regelmäßiges Absaugen notwendig sei und der Versicherte - auch am 08.02.2015 - wieder durch Stridor (Luftnot) auffalle, mit der Notwendigkeit des wiederholten mehrmals täglichen Absaugens von Sekret. Vor dem Hintergrund dieser Komplikationen ist es nachvollziehbar, wenn der Sachverständige die Schlussfolgerung zieht, dass der Versicherte aufgrund der fehlenden Fähigkeit des selbstständigen Kanülenwechsels bzw. durch die Notwendigkeit des Absaugens von Sekret sowie bei frischgelegter PEG nicht aus der stationären Behandlung entlassen werden durfte. Da weiterhin aufgrund der ärztlichen Dokumentation - etwa für den 11.02.2015 - vermerkt wurde, dass unverändert noch eine geblockte 11er-Tracheoflexkanüle notwendig war, bei Gefahr der Aspiration von Schleim in die Lunge und um die Möglichkeit einer nachfolgenden Pneumonie zu verringern, erscheint es nach Ansicht des Gutachters nachvollziehbar, dass der Versicherte weiterhin stationär behandelt wurde. Die Kammer schließt sich dieser Einschätzung vollumfänglich an.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus der PrüfvV. Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin keine Bestimmungen der PrüfvV verletzt hat. Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 PrüfvV in der bis zum 31.12.2016 gültigen Fassung kann der MDK bei einer Prüfung im schriftlichen Verfahren die Übersendung einer Kopie der Patientenunterlagen verlangen, die er zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt. Das Krankenhaus hat die Unterlagen innerhalb von vier Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den MDK zu übermitteln (§ 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV). Erfolgt dies nicht, hat das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag (§ 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV). Die Klägerin hat diese Fristen eingehalten. Der MDK hat konkret nur den Entlassungs- und OP-Bericht angefordert. Diese Unterlagen hat die Klägerin dem MDK innerhalb von vier Wochen zur Verfügung gestellt. Dass der MDK in der Prüfanzeige standardisiert um Vorlage aller Unterlagen gebeten hat, die für die Prüfung relevant sein können, geht nicht zu Lasten der Klägerin. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein Krankenhaus nach der PrüfvV nicht verpflichtet, ungefragt und unspezifiziert sämtliche Unterlagen einzureichen, die aus seiner Sicht erforderlich sind, um die Abrechnung zu erläutern. Nach § 7 Abs. 2 PrüfvV obliegt es dem MDK, die Übersendung konkreter Unterlagen zu verlangen, die er zur Beurteilung benötigt. Das Krankenhaus ist zur ergänzenden Vorlage von Patientenunterlagen nicht verpflichtet. Der MDK kann seinerseits um eine Ergänzung von Unterlagen bitten (vgl. § 7 Abs. 5 Satz 1 PrüfvV). Auch die Fünf-Monats-Frist nach § 7 Abs. 5 Satz 2 PrüfvV führt zu keinem anderen Ergebnis. Diese Frist hat nur Bedeutung für eine tatsächlich erfolgte Ergänzung durch das Krankenhaus, führt aber im Falle der Nicht-Ergänzung nicht dazu, dass keine weitere Sachaufklärung im Gerichtsverfahren erfolgen dürfte.

Ungeachtet der Tatsache, dass die Klägerin die PrüfvV nicht verletzt hat, ergäbe sich auch bei einem etwaigen Verstoß gegen diese Vereinbarung kein anderes Ergebnis. Dies würde weder zu einer Präklusion in medizinisch-tatsächlicher Hinsicht noch zu einer eingeschränkten Amtsermittlung durch das Gericht führen. Ein solcher Schluss kann der PrüfvV nämlich nicht entnommen werden. Die Inhalte der PrüfvV sind nach § 2 Abs. 2 PrüfvV für die Krankenkassen, den MDK und die zugelassenen Krankenhäuser zwar unmittelbar verbindlich. Diese Verbindlichkeit bezieht sich aber nur auf das Prüfungsverfahren selbst, nicht auf ein sich hieran anschließendes Gerichtsverfahren. Wenn die Vertragsparteien der PrüfvV eine solche weitreichende Rechtsfolge beabsichtigt hätten, hätten sie das auch ausdrücklich regeln müssen. Die PrüfvV als untergesetzliche Norm ist nicht geeignet, den Vergütungsanspruch des Krankenhauses nach dem SGB V einzuschränken. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. etwa Urteil vom 19.04.2016 - B 1 KR 33/15 R -, juris) sind materiell-rechtliche Ausschlussfristen zu Lasten der Versichertengemeinschaft unzulässig, weil sie zur Folge haben, dass Krankenkassen verpflichtet werden, im Widerspruch zum Wirtschaftlichkeitsgebot Vergütungen auch für nicht erforderliche Krankenhausbehandlungen zu zahlen, und zudem gehindert sind, eigene Erstattungsansprüche im Falle von ungerechtfertigten Überzahlungen geltend zu machen. Gleiches muss auch für Vergütungsansprüche der Krankenhäuser gelten.

Der Zinsanspruch folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 4 des nordrhein-westfälischen Landesvertrages nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V in Verbindung mit §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Rechtskraft
Aus
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