Krankenhäuser können ambulante Notfallbehandlung auch später begründen

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Das Bundessozialgericht (BSG) hat in einem durch unsere Kanzlei betreuten Revisionsverfahren zugunsten des gegen die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz klagenden Krankenhauses entschieden, dass das Krankenhaus im gerichtlichen Verfahren nicht mir weiteren Vortrag zur Notwendigkeit der ambulanten Notfallbehandlung in der Krankenhausambulanz ausgeschlossen ist (vgl. BSG, Urteil vom 26.06.2019 – B 6 KA 68/17 R –). Die Kassenärztliche Vereinigung hatte – wie in einer Vielzahl von Parallelfällen – die Vergütung des Krankenhauses insbesondere hinsichtlich der Labor- und Röntgenleistungen gekürzt, wenn die Notfallbegründung während der normalen Sprechzeiten der Vertragsärzte erbracht wurde und die Notwendigkeit der Behandlung nicht gesondert begründet worden ist. Ein solches Begründungserfordernis ergibt sich nach Ansicht der Kassenärztlichen Vereinigung aus § 6 Abs. 2 Satz 2 Honorarverteilungsmaßstab Rheinland-Pfalz (HVM). Die pauschalen Begründungen des Krankenhauses sollen nicht ausreichend sein. Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz vertrat in seiner Entscheidung vom 19.10.2017 (- L 5 KA 1/17 -) die Auffassung, dass eine ausreichende Begründung nur noch im Widerspruchsverfahren nachgeholt werden könne und das Krankenhaus im gerichtlichen Verfahren mit weiteren Vortrag zur medizinischen Notwendigkeit der Behandlung ausgeschlossen wäre.

Diese Ansicht teilte das BSG nicht und hob das Urteil des LSG auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung an das LSG zurück.

Allerdings sei nach dem BSG die KV berechtigt, Abrechnungen von Krankenhäusern über durchgeführte Notfallbehandlungen zu berichtigen, wenn Leistungen abgerechnet worden sind, die nicht zum Spektrum zulässiger Notfallbehandlungen gehören. Zu den Leistungen, die nach der Rechtsprechung des Senats im Rahmen von Notfallbehandlungen von vornherein nicht erbracht werden können, gehören die hier umstrittenen Labor- und Röntgenleistungen jedoch nicht. Für die Röntgenleistungen liegt das auf der Hand, weil sie bei Unfällen sogar zwingender Bestandteil der Erstversorgung sein können. Die Erhebung bestimmter Laborparameter kann jedenfalls in Einzelfällen auch im Rahmen einer Notfallbehandlung geboten sein. Zur Erleichterung der Prüfung, ob einzelne Leistungen der Ausrichtung einer Notfallbehandlung auf die Erstversorgung des Versicherten entsprochen haben, können nach dem BSG im Bundesmantelvertrag-Ärzte, in den Gesamtverträgen, im Honorarverteilungsmaßstab oder auch im EBM-Ä selbst für einzelne abgerechnete Leistungen Begründungsanforderungen vorgegeben werden, deren Erfüllung jedenfalls generell im Klageverfahren nicht nachgeholt werden kann, weil diese Begründung Voraussetzung für die Abrechnung der Leistung sei. Insofern ist der Begründungsansatz der Entscheidung des LSG zunächst nicht zu beanstanden. Allerdings muss aus den entsprechenden Vorschriften der einzelne Leistungserbringer nach dem BSG genau erkennen können, was er auf welchem Vordruck bzw. auf welchem Feld des Abrechnungsscheins angeben muss, um den formalen Begründungsanforderungen gerecht zu werden. Hier weist das BSG zutreffend darauf hin, dass anders als im Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung Ärzte und Krankenhäuser im Berichtigungsverfahren nach § 106d Abs. 1 und 2 SGB V vor Gericht jedenfalls nicht von vornherein mit Erläuterungen und Begründungen zu ihrer Abrechnung ausgeschlossen, die sie nicht bereits im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren vorgebracht haben.

Diesen Anforderungen genügt § 6 Abs. 2 Satz 2 HVM nach Ansicht des BSG nicht. Vielmehr ist die Begründungspflicht zu unbestimmt und schränkt den Anspruch des Krankenhauses auf effektiven Rechtsschutz zu weit ein. Deshalb muss das Krankenhaus im wieder eröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit zu Darlegungen erhalten, warum die gestrichenen Leistungen in Notfällen erbracht werden durften.

Der Entscheidung des BSG ist zu zustimmen, insbesondere weil die Krankenhäuser oft überhaupt nicht wussten, welche Anforderungen die KV an die notwendige Begründung stellte und daher auch nicht wussten, warum die KV die Leistungen dann kürzte. Dass das BSG nun unter Fortsetzung seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2012 – B 6 KA 3/12 R –) klarstellt, dass die KV durchaus eine Begründung der Notfallbehandlung zur Abrechnungsvoraussetzung machen darf, diese dann aber so transparent gestaltet werden muss, damit die Krankenhäuser dieser Pflicht auch nachkommen können, ist zu begrüßen. Dass in der mündlichen Verhandlung vom BSG darauf hingewiesen worden ist, dass die Krankenhäuser dabei schwerlich begründen können, warum ein Vertragsarzt nicht erreichbar gewesen ist, stellt im Übrigen klar, dass sich die Begründung der Notwendigkeit der Notfallbehandlung allein auf eine medizinische Begründung beziehen kann.

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