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Klinikleitung kritisiert scheidende Ärzte – die wehren sich gegen die Vorwürfe

Streit im Krankenhaus geht weiter

Salzkotten (WB). Die geplanten Veränderungen am St.-Josefs-Krankenhaus in Salzkotten und die Tatsache, dass vier Ärzte die Klinik zum 1. Juli verlassen, schlagen weiterhin hohe Wellen. Hauptgeschäftsführer Dr. Josef Düllings kritisiert, dass in der Bevölkerung Ängste geschürt würden. Indirekt wirft er den Ärzten in einer Mitteilung vor, dafür mitverantwortlich zu sein. Diese wehren sich gegen die Vorwürfe.

Matthias Band

Das St.-Josefs-Krankenhaus in Salzkotten soll eine Geriatrie-Abteilung bekommen.
Das St.-Josefs-Krankenhaus in Salzkotten soll eine Geriatrie-Abteilung bekommen. Foto: Jörn Hannemann

Düllings bezieht sich in einer Pressemitteilung unter anderem auf die jüngst veröffentlichten ­Leserbriefe im WESTFÄLISCHEN VOLKSBLATT, in denen die Geschäftsführung des Krankenhauses kritisiert worden war. Die Leserbriefe seien von »vielen Gerüchten geprägt«, schreibt Düllings. »Wir bedauern dies sehr, vor allem, dass hier mit Halbwissen in der Bevölkerung Ängste geschürt werden, die jeder Grundlage entbehren und lediglich Vorurteile bedienen. Wir werden nach einer Übergangszeit personell mindestens wieder genauso gut aufgestellt sein wie bisher«, schreibt Düllings weiter. Für die neue Geriatrie-Abteilung, die von Januar 2020 an aufgebaut werden soll, sei bereits ein hoch qualifiziertes Team gewonnen worden.

Gerüchte sollen in Umlauf sein

Düllings kritisiert, dass »derzeit – angetrieben durch die scheidenden Protagonisten – vieles schlecht geredet werde. Düllings: »Niemand sollte sich durch die Gerüchte, die derzeit im Umlauf sind, verunsichern lassen. Die Versorgung im Bereich der Inneren Medizin am St.-Josefs-Krankenhaus ist gesichert. Übergangs­lösungen in der zweiten Jahreshälfte werden sich nicht komplett vermeiden lassen. Jedoch bietet der Personalwechsel die Chance, die Klinik für die Zukunft neu auszurichten und damit langfristig zu stärken.« Diese Entwicklung werde von Gesellschaftern, Aufsichtsrat und Geschäftsführung ausdrücklich unterstützt.

Ärger um Abschiedsfeier

Verwundert sei man im St.-Josefs-Krankenhaus auch über die Irritationen, die die für diesen Freitag geplante Verabschiedungsfeier hervorgerufen habe. Die private Feier war von den vier Ärzten zunächst im Salzkottener Rathaus geplant, wegen der mehr als 350 Gäste findet sie nun aber im Bürgerhaus Thüle statt. Die St.-Vincenz-Krankenhaus GmbH, zu der das St.-Josefs-Krankenhaus gehört, beharrt darauf, dass für Mediziner, die eigeninitiativ gekündigt hätten, offizielle Verabschiedungen nicht üblich seien. In solchen Fällen habe es auch in der Vergangenheit nie eine offizielle Abschiedsfeier des Krankenhauses gegeben, sagt Düllings. Die Feier der Ärzte sei eine rein private Veranstaltung. Über das Agieren der scheidenden Ärzte und die negative Stimmungsmache seien mittlerweile auch viele Mitarbeiter verärgert, schreibt Düllings.

Ärzte nehmen Stellung

Die vier Ärzte um Chefarzt Dr. Sandmann haben über ihren Anwalt Friedrich Meyer Stellung zu den Vorwürfen genommen:

»Wir haben keinen einzigen der Leserbriefe, die sich gegen die Geschäftsführung richteten, lanciert. Wir haben trotz unseres Ausscheidens bis heute loyal alles getan, um den weiteren Klinik­betrieb zu sichern. Dazu gehörte insbesondere, aber nicht nur, weitere ausscheidenswillige Ärzte zum Bleiben zu bewegen, darüber hinaus die Gewinnung neuer Ärzte. Das ist ein Engagement, das in einer solchen Situation alles andere als selbstverständlich ist.

Die Veranstaltung einer privaten Abschiedsfeier ist unser gutes Recht. Es steht der Klinik nicht zu, sich dabei in organisatorische oder inhaltliche Fragen einzumischen. Die Veranstaltung musste aus Kapazitätsgründen schon zwei Mal verlegt werden. Denn die Teilnehmerzahl überschreitet die ansonsten übliche Größe deutlich. Es werden mehr als 350 Gäste erwartet, die ein hohes Interesse daran haben, die ausscheidenden Ärzte zu verabschieden. Weder Ärzte noch sonstige Mitarbeiter sind über uns verärgert. Sie haben stattdessen mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass sie das Ausscheiden bedauern, aber nachvollziehen können und wertschätzen, mit welcher Loyalität wir bis zum letzten Tag im Sinne der Patienten unserer Arbeit nachgehen.«

50 Betten für Geriatrie

Was genau ist am St.-Josefs-Krankenhaus geplant? Aus der Abteilung Allgemeine Innere Medizin heraus soll eine Geriatrie entwickelt werden. Dafür soll die Abteilung mit ihren derzeit 100 Betten geteilt werden. 50 Betten sollen für alte Patienten vorgesehen werden, die restlichen 50 für weitere Patienten der Inneren Medizin. Hauptgeschäftsführer Düllings betont, dass es sich bei der Aufteilung der 100 Betten um eine Formalie handele. Sie werde keine nennenswerten Auswirkungen auf die Versorgung und die Kapazität der Abteilung haben, sagt Düllings. Bereits jetzt seien laut einer Statistik des Krankenhauses für 2018 und 2019 (Stand bis Ende Mai) etwa 50 Prozent der Patienten, die in der Medizinischen Klinik versorgt wurden, älter als 70, mehr als 30 Prozent davon sogar älter als 80 Jahre. Das bedeute, die »Patienten mit geriatrischem Potenzial« seien auch jetzt schon da. Diese Patienten müssten künftig nicht mehr in der Inneren Medizin versorgt werden, sondern in der für ihre Belange besonders qualifizierten Geriatrie. In der Inneren Medizin müssten somit weniger Patienten versorgt werden.

Akutversorgung sei gesichert, sagt die Klinikleitung

Düllings will auch Sorgen in Fragen der Akutversorgung in Salzkotten und Umgebung zerstreuen. »Hier läuft alles wie bisher. Denn schwere Herzinfarkte oder gar Schlaganfälle werden im St.-Josefs-Krankenhaus auch derzeit nicht behandelt, sondern sofort nach Diagnosestellung und Erstversorgung in dafür spezialisierte Kliniken in Paderborn weiterverlegt.« Für die Bevölkerung ändere sich durch den Weggang von Dr. Gerhard Sandmann und den Kollegen nichts. »Wir werden die Herausforderungen meistern«, sagt auch Prof. Dr. Jobst Greeve, der ab 1. Juli neuer Chefarzt der Medizinischen Klinik am St.-Josefs-Krankenhaus sein wird.

Kommentar

Das Tischtuch zwischen Chefarzt und Geschäftsführung scheint zerschnitten zu sein. Grundsätzlich ist es richtig, wenn Kliniken sich spezialisieren, zumal es im Kreis Paderborn einen hohen Bedarf bei der Versorgung alter Menschen gibt. Die Klinikleitung verweist darauf, dass ein Krankenhaus wirtschaftlich betrieben werden muss. Der Kostendruck ist immens. Und bei einer Geriatrie-Abteilung bekommt die Klinik mehr Geld für Langzeitpatienten von den Kassen. Dr. Gerhard Sandmann wollte diesen Weg nicht mitgehen. Das ist sein gutes Recht.

Dass sich die Wege nun trennen, ist einerseits bedauerlich, weil der Chefarzt über viele Jahre offenbar sehr gute Arbeit geleistet hat. Auf der anderen Seite muss es weitergehen. Und dass künftig alles schlechter wird, wie die Kritiker behaupten, muss sich erst noch erweisen. Matthias Band

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