Der kommunale Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) kommt wirtschaftlich einfach nicht vom Fleck. Im Gegenteil: Am Freitag hat die Geschäftsführung dem Aufsichtsrat des Unternehmens, das der Stadtgemeinde Bremen gehört, schlechte Nachrichten überbringen müssen. Demnach werden sich die wirtschaftlichen Ziele für das laufende Jahr nicht halten lassen.
Mit einem Minus von 5,5 Millionen Euro hatte man kalkuliert, zur Jahresmitte sind es nun bereits 7,9 Millionen – Tendenz weiter steigend. „Es ist völlig unrealistisch, dass wir unsere ursprünglichen Ziele noch erreichen“, bestätigte Geno-Sprecherin Karen Matiszick entsprechende Informationen des WESER-KURIER. Hintergrund der krisenhaften Entwicklung ist der dramatische Mangel an qualifizierten Pflegekräften. „Weil uns das Personal fehlt, können wir einige therapeutische Leistungen nicht erbringen“, sagt Matiszick.
Stationsbetten müssen gesperrt, Behandlungen verschoben oder abgesagt werden. Das wiederum sorgt für finanzielle Einbußen. Deutschlandweit geht es zurzeit vielen Kliniken so, unabhängig davon, ob es sich um öffentliche, private oder gemeinnützige Träger handelt. Doch das ist ein schwacher Trost, insbesondere für den 100-prozentigen Gesellschafter der Geno: Die Stadt Bremen kommt im Zweifel für die roten Zahlen der Gesundheit Nord auf.
Interner Pflegegipfel im Spätsommer
Laut Matiszick bemüht sich der städtische Klinikverbund mit seinen vier Häusern in Mitte, Nord, Ost und Links der Weser weiter um die Gewinnung von Fachkräften. Doch angesichts der Lage am Arbeitsmarkt müsse man parallel über strukturelle Veränderungen in den Krankenhäusern nachdenken. Wo es medizinisch vertretbar sei, könnten bisher vollstationäre Therapien künftig teilweise ambulant erbracht werden. Das reduziere den pflegerischen Aufwand.
„Dafür kommen zum Beispiel bestimmte Behandlungen in der Augenheilkunde in Betracht“, nennt die Geno-Sprecherin ein Beispiel. Darüber hinaus müsse sich die Gesundheit Nord als Arbeitgeber bemühen, „die Pflege so zu verändern, dass sie für die Beschäftigten attraktiver wird“. Im Spätsommer werde der Klinikverbund bei einem internen „Pflegegipfel“ die entsprechenden Möglichkeiten ausloten.
Die Pflegerin Ariane Müller vom „Bremer Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus“ sieht derzeit wenig Anlass zum Optimismus. Angesichts schlechter Rahmenbedingungen verließen immer mehr Krankenschwestern und Pfleger den Beruf schon wenige Jahren nach dem Examen, um sich komplett umzuorientieren.
Eine Wende zum Besseren sei kurzfristig nicht zu erwarten, „denn die Fehler, die zur heutigen Situation geführt haben, wurden vor zwanzig Jahren gemacht“, wie Müller glaubt. Erfolgversprechend seien nur wirklich radikale Maßnahmen wie etwa eine Vier-Tage-Woche für Pflegekräfte bei vollem Lohnausgleich. Kurzfristig würden solche Rezepte den Fachkräftemangel zwar verschärfen, sagt Müller, langfristig aber die Attraktivität des Berufs deutlich steigern.