Hanseklinikum: Leiter zieht positive Bilanz nach 100 Tagen
Johannes Rasche (36) ist seit Anfang April 2019 neuer Geschäftsführer des Hanseklinikums in Stralsund.
Quelle: Kai Lachmann
Stralsund. In einer neuen Serie widmet sich die OSTSEE-ZEITUNG den Menschen, die in großen und wichtigen Stralsunder Institutionen und Unternehmen Verantwortung übernehmen. Denn damit gestalten sie auch ein Stück die Stadt. Den Auftakt macht Johannes Rasche. Er ist neu in Stralsund und hat im April die Leitung des Hanseklinikums übernommen. Im Alter von 36 Jahren ist er nun Chef von mehr als 1200 Mitarbeitern.
Wie fällt ihre Bilanz nach den ersten 100 Tagen aus?
Johannes Rasche:Durchweg positiv. Mir sind die Mitarbeiter mit einer großen Offenheit begegnet, was eine gute Grundlage für Gespräche ist. Zudem bin ich froh, kurz vor dem Start eine Wohnung hier gefunden zu haben. So konnte ich schon ein wenig auf Tuchfühlung mit der Stadt und den Menschen gehen.
Wie läuft die Einarbeitung?
Zunächst habe ich mich bei einer Betriebsversammlung vorgestellt und lerne seitdem Klinikum und Kollegen nach und nach kennen. Zum Beispiel habe ich mehrere Stunden in der Notaufnahme hospitiert, um die Mitarbeiter im Tagesgeschäft zu begleiten. Das habe ich bisher auch im OP, auf mehreren Stationen und in der Küche gemacht. Dabei begebe ich mich in die Rolle des Praktikanten mit der jeweiligen Arbeitskleidung und bekomme einen guten Einblick von der täglichen Arbeit in unserer Klinik. Die Kollegen zeigen mir, wie sie die Arbeit erleben, das fördert das Verständnis. Es ist besser, sich auf diese Weise einen Eindruck vom Unternehmen zu verschaffen, anstatt am Reißbrett eine Strategie zu entwerfen.
Was haben Sie dabei zum Beispiel über die Situation in der Notaufnahme mitgenommen?
Es gibt Spitzenzeiten, doch wir sind nicht durchweg überfüllt. Aber es ist so, dass ein Flaschenhals entsteht, durch den die Patienten müssen, um danach auf die Stationen verteilt zu werden. Manchmal gibt es da einen Stau. Hier ist die Herausforderung, die Situation über Dienstpläne so zu bearbeiten, dass wir dem Bedarf mehr entsprechen.
„Wir machen vor Landesgrenzen nicht Halt“
Haben Sie es mit Personalmangel zu tun?
Momentan sind nicht alle Stellen besetzt, aber für ein Krankenhaus in der Größe ist das nicht untypisch. Wir müssen auf gesundheitspolitische Veränderungen reagieren. Eine Maßnahme ist, die Zahl der Auszubildenden zu erhöhen, aber wir suchen auch ganz aktiv nach Pflegefachkräften.
Wie wollen Sie neues Personal gewinnen?
Die Zeiten, in denen wir Stellenausschreibungen auf der Internetseite veröffentlicht und gehofft haben, dass sich das genug Interessenten anschauen, sind vorbei. Wir müssen neue Wege gehen und vitaler werden. Auch die Anzahl der Auszubildenden im Bereich Pflege deckt noch nicht den Bedarf. Bei der Akquise von Personal machen wir daher vor Landesgrenzen nicht Halt. Man muss aber schauen, welche Qualifikation die Leute mitbringen und wie es mit der Sprache aussieht.
Womit wollen Sie punkten?
Als attraktiver Arbeitgeber müssen wir den Ansprüchen von potenziellen Fachkräften gerecht werden: Als familienfreundliches Unternehmen bieten wir eine 24-Stunden-Kita, ein Versicherungsmodell für etwaige Krankenhausaufenthalte ohne Zusatzkosten, wir haben Sportangebote in der Turnhalle am Campus West, organisieren kulturelle Events und verschiedene Aktionen für Mitarbeiter. Auch die Arbeitszeiten müssen wir uns anschauen: Gewünscht wird nicht immer nur Vollzeit, auch attraktive Teilzeitmodelle sind gefragt.
Mit 36 Jahren sind Sie für einen Klinikumschef recht jung...
Bei Helios, würde ich sagen, bin ich in der Position nicht auffallend jung.
„Ich halte wenig davon, etwas von oben durchzudrücken“
Welchen Führungsstil legen Sie an den Tag?
Was wir hier machen, das machen wir zusammen. Ich halte wenig davon, etwas von oben durchzudrücken. Sicherlich habe auch ich eine Berichtspflicht, aber die Behandlung der Patienten steht bei der Arbeit im Fokus. Vor dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit steht immer der Aspekt der medizinischen Sinnhaftigkeit der Behandlung der Patienten.
Das Stralsunder Krankenhaus aus der Vogelperspektive. Die Lage am Wasser beschreibt Johannes Rasche als „reizvoll“. Sie war ein Grund, warum er an den Sund gewechselt ist.
Quelle: Hanseklinikum
Die Rückmeldung, die das Klinikum von ihren Patienten online erfährt – Stichwort Google-Bewertungen, ist mitunter sehr kritisch. Oft wird bemängelt, dass das Personal unfreundlich sei. Wie gehen Sie damit um?
Die Frage ist, wie können wir daraus lernen? Wenn es wirklich handfeste Geschichten sind, dann gehen wir sie an. Dafür gibt es unter anderem verschiedene Fortbildungsformate. Kommunikation ist enorm wichtig. Doch Patienten suchen uns in erster Linie auf, weil sie Beschwerden haben und wollen, dass sie geheilt, mindestens aber gelindert werden. Wir sind medizinischer Dienstleister, das ist unsere Kernkompetenz. Wir wollen die Klinik der Wahl sein. Dafür spielt die Behandlungsqualität eine ganz entscheidende Rolle. Wir müssen besser kommunizieren, was wir gut können. Und wir können eine ganze Menge gut.
Sie sind der dritte Geschäftsführer im Stralsund innerhalb weniger Jahre. Für Sie ist es hier die fünfte Station in fünf Jahren. Wie lange wollen Sie bleiben?
Ich bin weniger sprunghaft, als es sich anhört. Bei Helios habe ich ein Assistenzprogramm durchlaufen und war zehn Monate in Hamburg und in Cuxhaven tätig. Als es dann hieß, ich wäre soweit, eine Klinik zu führen, ging ich nach Wipperfürth bei Köln. Das war auf längere Zeit ausgerichtet, doch aufgrund einer Situation, auf die ich keinen Einfluss hatte, ging es dann wieder gen Norden. Zuletzt habe ich drei Jahre lang die Kliniken in Bad Schwartau und in Kiel geleitet. Der Stralsunder Klinik und mir habe ich eine gewisse „Probezeit“ gegeben, aber mein Enthusiasmus ist es, hier länger zu bleiben.
„Die Wohnung ist groß genug für zwei und für Nala“
Wie kamen Sie auf Stralsund?
Zu Stralsund bin ich angesprochen worden. Mir war klar, dass ich im Norden bleiben will. Meine Frau und ich haben überlegt, ob ich es machen sollte. Vor der Entscheidung bin ich hergefahren und habe mir das Klinikum und die Umgebung angeschaut. Die Lage am Wasser ist wirklich sehr reizvoll.
Und ihre Frau?
Sie wohnt in Lübeck, ist Sprachtherapeutin und hat dort eine Praxis. Uns war klar, wenn sich jemand beruflich weiterentwickeln sollte, dann muss er es auch zunächst sein, der die Fahrt am Wochenende auf sich nimmt. Allerdings gestaltet sich das sehr ausgeglichen. Wir sind gern gemeinsam in Stralsund. Die Wohnung, die ich gefunden habe, ist groß genug für uns beide und für Nala, unseren Border Collie Mischling.
Etwa 1000 Geburten werden jedes Jahr im Hanseklinikum betreut.
Quelle: Sunshine Babys
Die Arbeit im Krankenhaus ist sehr fordernd und nimmt viel Zeit in Anspruch. Wie sieht ihr Leben nach Feierabend aus?
Wenn ich nach Hause komme, brauche ich erstmal eine halbe oder eine ganze Stunde, um abzuschalten. Ich bin gerne auf dem Boot unterwegs, gehe angeln und höre Musik.
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OZ