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Heidelberger Bluttest-Affäre Uni-Klinik prescht aus "Eitelkeit" mit Test vor

Der Chef der Frauenklinik, Christof Sohn, soll von der mangelnden Validität der Testergebnisse gewusst haben.

Der Chef der Frauenklinik, Christof Sohn, soll von der mangelnden Validität der Testergebnisse gewusst haben.

(Foto: Universitätsklinikum Heidelberg)

Im Februar stellt die Uniklinik Heidelberg einen Bluttest zur Früherkennung von Brustkrebs vor. Das Verfahren weckt Hoffnungen - doch die werden schnell zerstört. Eine externe Untersuchungskommission kommt zu dem Schluss: Schuld seien Führungsversagen, Machtmissbrauch und Eitelkeit gewesen.

Eine ganze Reihe von Versäumnissen hat zur verfrühten Vorstellung eines möglichen Brustkrebs-Bluttests an der Uniklinik Heidelberg geführt, wie eine Untersuchungskommission feststellte. Einer der Vorsitzenden der externen Kommission, der Präsident der Leibniz-Gemeinschaft Matthias Kleiner, sprach von "Führungsversagen, Machtmissbrauch und Eitelkeit" in der Klinik.

Auf der übergeordneten Ebene habe falsch verstandene Wissenschaftsfreiheit dazu geführt, dass niemand die Pressekonferenz und Pressekampagne verhindert habe, über die der Test publik gemacht wurde. Mehrere Beteiligte hätten den Chef der Frauenklinik, Christof Sohn, vor der Pressekonferenz am 21. Februar vor der frühzeitigen Veröffentlichung gewarnt. "Sohn wusste von der mangelnden Validität der Testergebnisse", sagte die ehemalige Bundesverfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt, ebenfalls Vorsitzende der Kommission. "Die öffentliche Vorstellung des Bluttests erfolgte erkennbar zu früh."

Bei einem Drittel der Frauen sei mit dem Bluttest Krebs nicht erkannt worden und umgekehrt wurde bei einem Drittel gesunder Frauen fehlerhaft Krebs erkannt, sagte Kleiner. "Das ist ein dramatisch hoher Anteil."

Sohn hatte den Test Fachwelt und Öffentlichkeit als bald marktreifes Verfahren zur Brustkrebs-Früherkennung vorgestellt. Kritiker warfen ihm vor, angesichts fehlender Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift und hoher Fehlerquoten unbegründete Erwartungen zu wecken.

Ruf hat Schaden genommen

Die Vorsitzende des Aufsichtsrats der Uniklinik, Simone Schwanitz, kündigte weitere Beratungen an. Welche Konsequenzen gezogen werden, könne sie jetzt noch nicht sagen. Schwanitz betonte die Verantwortung für die fast 11.000 Mitarbeiter. "Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eine der leistungsfähigsten und forschungsstärksten Kliniken in Deutschland. Die Forschungsergebnisse setzen weltweit Maßstäbe." Der Ruf habe durch den voreilig angekündigten Bluttest Schaden genommen. "Wir werden alles daransetzen, dass dies ein einmaliger Vorgang bleibt", sagte die Aufsichtsratschefin.

Die Kommission legte dem Aufsichtsrat der Uniklinik einen Zwischenbericht vor. Das vom Aufsichtsrat der Uniklinik einberufene Gremium soll etwaiges Fehlverhalten aufdecken und Empfehlungen abgeben, um dieses künftig zu vermeiden. Die Kommission habe 17 Gespräche mit Beteiligten geführt und 10.000 Seiten Dokumentation gesichtet, teilte Schwanitz mit. Einen Termin für den Abschlussbericht gibt es noch nicht.

Ebenfalls einen Zwischenbericht legte am Dienstag eine interne Senatskommission der Universität zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis und zum Umgang mit Fehlverhalten in der Wissenschaft vor. Es gebe fachlich-wissenschaftliche Mängel fortlaufend seit Beginn der Forschung an dem Bluttest. Beamten- und disziplinarrechtliche Konsequenzen würden geprüft, hieß es in der Mitteilung. Auch die Staatsanwaltschaft Mannheim befasst sich mit den Vorgängen.

Quelle: ntv.de, aeh/dpa

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