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Aufruhr In Delmenhorster Spd Schwere Vorwürfe gegen Oberbürgermeister Axel Jahnz

Claus Hock

Delmenhorst - Hat der Delmenhorster Oberbürgermeister Axel Jahnz (SPD) den Gesellschaftsvertrag des Josef-Hospitals Delmenhorst (JHD) (absichtlich) falsch ins Handelsregister eintragen lassen? Darüber wird gerade, trotz politischer Sommerpause, in der Stadt diskutiert. Auslöser ist ein Facebook-Post von Roswitha Ahrens-Groth, Ehrenratsfrau, Genossin und stellvertretende Vorsitzende des SPD Ortsvereins Deichhorst-Stadtmitte.

Konkret geht es um einen Absatz, der im Gesellschaftsvertrag, den der Rat der Stadt Delmenhorst am 31. Januar 2018 verabschiedete, noch zu finden war, im Handelsregister aber fehlt. Dieser Absatz gibt dem Aufsichtsrat die Möglichkeit, auf hochrangige Personalentscheidungen des Geschäftsführers einzuwirken.

Die Streichung wurde erst knapp zwei Wochen später vom JHD-Geschäftsführer Florian Friedel, in Absprache mit dem Insolvenzverwalter, veranlasst – und der Gesellschaftsvertrag wiederum zwei Wochen später, am 2. März, mit dieser Änderung ins Handelsregister eingetragen.

Schwere Vorwürfe

Und darauf fußen jetzt die Vorwürfe: „Der Oberbürgermeister hat den Gesellschaftsvertrag des neuen Stadtkrankenhauses gefälscht ins Handelsregiester (sic!) eintragen lassen“, schrieb Ahrens-Groth in der vergangenen Woche auf Facebook, sichtbar auch für Nichtmitglieder. „Das alles soll nicht auffallen und auch nicht geändert werden. Einige SPD Genossen der Fraktion und auch der SPD-OB versuchen das zu kaschieren“, gehen die Vorwürfe, auch gegen ihre eigene Partei, weiter.

Selbst wenn Ahrens-Groth die Formulierung im Nachgang etwas entschärfte („Sollte ich mich aus juristischen Gründen falsch ausgedrückt haben, das heißt, dass ich statt Fälschung besser falsch hätte schreiben müssen, dann korrigiere ich mich gern.“), die Vorwürfe wiegen schwer.


Wichtige Änderung

Viel dran ist indes wohl nicht, wie der damalige Insolvenzverwalter Markus Kohlstedt auf Nachfrage bestätigt: Die Änderungen stammen aus der Zeit, in der die Krankenhaus-Übernahme durch die Stadt Delmenhorst vorbereitet wurde. Damals habe man eine Gesellschaft gegründet, um die Abteilungen des zu diesem Zeitpunkt insolventen JHD zu überführen.

Für den Gesellschaftsvertrag nutzte der Insolvenzverwalter die beschlossene Ratsvorlage, aus pragmatischen Gründen kam es aber zu besagter Streichung: „Es war damals klar, dass es auf absehbare Zeit keinen Aufsichtsrat geben würde“, so Kohlstedt. Hätte der gestrichene Passus Bestand gehabt, hätte der Geschäftsführer bei wichtigen Personalentscheidungen wie der Einstellung und Kündigung von Chefärzten oder bezüglich der Pflegedirektion keine Entscheidungen treffen können.

Eine Änderung, die rechtlich nicht anrüchig sei, denn zum Zeitpunkt der Änderung sei die Stadt noch gar nicht Alleingesellschafterin des JHD gewesen. Das ist die Stadt erst seit dem 1. Mai vergangenen Jahres – und im Herbst des Jahres nahm der Aufsichtsrat seine Arbeit auf.

Keine Reaktion

Auf Nachfrage betont Ahrens-Groth, dass es ihr vor allem um die Sache gehe: „Es gibt einen Ratsbeschluss und der muss umgesetzt werden.“ Wenn also der eingetragene Gesellschaftsvertrag nicht mit der entsprechenden Beschlussfassung übereinstimme, dann „muss der eingetragene Vertrag geändert werden – oder der Rat muss seinen Beschluss ändern“. Damit warte der Rat ihrer Meinung nach aber schon viel zu lange. Denn der fehlende Passus im Handelsregister wurde schon Anfang dieses Jahres bekannt. Seitdem habe der Rat aber nicht reagiert, obwohl Ahrens-Groth einen entsprechenden Antrag sogar über den SPD-Unterbezirk, also die Partei, an die SPD-Ratsfraktion herangetragen habe.

Nicht aufgefallen

Dieser, obwohl vor einigen Monaten eingereicht, wurde bis heute nicht behandelt. Der Grund: Er fand in der SPD-Stadtratsfraktion keine Mehrheit und wurde daher erst gar nicht in eine Ratssitzung eingebracht. „Personalauswahl ist Sache des Geschäftsführers“, ist eine der Begründungen von Bettina Oestermann, Fraktionsvorsitzende der SPD im Rat der Stadt Delmenhorst. „Mir wäre auch nicht bekannt, dass das bei anderen, vergleichbaren Gesellschaften in und um Delmenhorst anders wäre.“

Dennoch sei der Gesellschaftsvertrag Ende Januar 2018 natürlich anders verabschiedet und danach auch noch durch den Rat der Stadt verändert worden – ohne dass der fehlende Absatz „irgendjemandem von uns aufgefallen sei“. Auch dem Ehemann von Ahrens-Groth, Harald Groth, nicht, wie Oestermann betont. Einen Freifahrtsschein für den Geschäftsführer bedeute dies derweil nicht, „es gibt immer noch die Gesellschafterversammlung“, betont Oestermann.

Aus ihrer Sicht reiche das aus. Der Aufsichtsrat sei auch ohne „die Chefarzt-Klausel“ wichtig, denn er erfülle eine Kontrollfunktion. Eine Notwendigkeit, den Gesellschaftsvertrag entsprechend zu ändern, sehe sie daher nicht. „Das Krankenhaus läuft gut, und die Zusammenarbeit mit dem Geschäftsführer ist auch sehr gut und vertrauensvoll“, so Oestermann. „Ich finde es falsch, jetzt mit der Taschenlampe in die Vergangenheit zu leuchten und einzelne Sachen herauszupicken, statt nach vorn zu schauen.“

Juristisches Nachspiel?

Beendet ist die Geschichte damit noch nicht. „Die Behauptung, der Oberbürgermeister habe den Gesellschaftsvertrag verfälscht und anschließend zur Beurkundung eingereicht, erfüllt – jedenfalls in objektiver Hinsicht – den Straftatbestand der Verleumdung“, heißt es seitens des Fachdienstes Recht der Stadt Delmenhorst. Ob und inwieweit der Oberbürgermeister dies verfolge, müsse dieser nach seinem Urlaub entscheiden.

Aber nicht nur das betont der Fachdienst. Weiter heißt es: „Eine Änderung des Gesellschaftsvertrages der Stadtkrankenhaus Delmenhorst GmbH ist jederzeit möglich“, der Rat könne einen Weisungsbeschluss an die Gesellschaftversammlung beschließen. „Derartige Anträge sind aber bis heute nicht gestellt worden.“

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