Studie fordert Schließung kleiner Kliniken

Hände weg vom Altdorfer Krankenhaus

Auch am Altdorfer Krankenhaus spitzt sich die Lage zu. | Foto: Spandler/ Archiv2019/07/Altdorf-Krankenhaus.jpg

ALTDORF – Sie hat Anfang der Woche für ordentlich Wirbel gesorgt: eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die gut zwei Drittel der bundesdeutschen Krankenhäuser für verzichtbar hält. Vor allem die kleinen Häuser seien bei anspruchsvollen Behandlungen überfordert. Klein – das wird mit weniger als 200 Betten definiert. In Altdorf hält man 79 vor.

Da die technische und personelle Ausstattung in kleineren Kliniken oft nicht für alle Eventualitäten ausreichend sei, sei auch die Qualität der Behandlung nicht vergleichbar mit großen Einrichtungen. Daher solle man die kleinen doch gleich schließen, lautete vereinfacht die Botschaft. Die Autoren der Studie hielten 410 Kliniken über die ganze Bundesrepublik verteilt für ausreichend, 1650 sind es derzeit. Zumindest eine langfristige Reduzierung auf 600 Krankenhäuser sollte angestrebt werden.

Konflikt der Interessen

Postwendend kam Protest aus vielen Ecken zu diesen Vorschlägen, am Rande übrigens auch zu einem offensichtlichen Interessenkonflikt: Im Vorstand der Stiftung sitzt eine Dame, die gleichzeitig im Aufsichtsrat der Rhön-Klinikum AG sitzt, ein Konzern, der von der Schließung kleinerer Häuser profitieren würde.

Die bestehenden großen Häuser existieren nun mal in den großen Städten, also wären Patienten auf dem flachen Land die Ausgeschmierten. Notärzte müssten viel weiter zu den Krankenhäusern mit ihren Notfallpatienten fahren, was ein zusätzliches Risiko bei lebensbedrohlichen Erkrankungen bedeuten könne. Zudem gehe das Argument, dass man nur noch hochspezialisierte Krankenhäuser brauche, an der Realität des demografischen Wandels vorbei, denn die Bevölkerung wird immer älter und alte Menschen brauchen eine medizinische Versorgung, nicht nur für komplexe Diagnosen, sondern für die vielfältigen Alterserkrankungen.

Doch auch Befürworter der angestrebten Ausdünnung melden sich. Eindrucksvollstes Argument dürfte die Feststellung sein, dass dem AOK-Krankenhausreport zufolge in den größten Kliniken 26 Prozent weniger Patienten sterben als in den kleinsten. Muss man nun befürchten, dass nach Hersbruck auch Altdorf bald die Segel streichen muss?

Hohe Förderung vom Freistaat

Vor gut einer Woche teilte der heimische Landtagsabgeordnete Norbert Dünkel mit, welch hohe Fördergelder der für die Krankenhausplanung verantwortliche Freistaat in den nächsten Jahren überweisen wird. Dünkel gibt zwar zu bedenken, dass Hersbruck mit seiner Belegarztabteilung eine völlig andere Struktur als Altdorf gehabt habe, meint aber dennoch: „Wir müssen aufpassen“. Altdorf sei mit der großen Kompetenz von Chefarzt Dr. Muschweck eng verknüpft, weswegen man im Fall einer zukünftigen Nachfolge eine vergleichbare Persönlichkeit finden müsse.

Grundsätzlich lehne die Bayerische Staatsregierung die Analyse zur Schließung der Hälfte aller deutschen Krankenhäuser ab. „Wir wollen nicht nur große spezialisierte Einheiten, sondern auch eine Versorgung in der Fläche“, lautet das Bekenntnis des CSU-Landtagsabgeordneten.

Die Ärzte bewerten die Studie durchaus differenziert. Dies gilt jedoch nicht für die Aufrechterhaltung der Grundversorgung mit Kliniken im Landkreis – die wird durch die Bank von allen gefordert. Der Chefarzt des Altdorfer Krankenhauses, Dr. Herbert Muschweck, hat nach eigenen Angaben keine Angst, dass das Haus, das so eng mit seinem Namen verbunden ist, nun geschlossen wird. „In Bayern fühle ich mich da sowieso relativ sicher“, meint er in Anspielung auf die politischen Verhältnisse.

Auch er verweist auf die ländlichen Strukturen im großen Landkreis, die einfach die Vorhaltung einer weiteren Klinik erfordern. Würde Altdorf wegfallen, wären die nächste stationären Vollversorger einfach zu weit weg, urteilt er.

„Altdorf gut positioniert“

Das wichtigste Argument aber, das trotz Studie gegen eine Schließung von Altdorf spricht, sei das Profil, das man in der Vergangenheit erarbeitet hat. „Wir haben uns in den letzten Jahren gut positioniert“, resümiert er und nennt die Spezialisierung im Bereich Gastroenterologie, den qualifizierten Alkoholentzug, die multimodale Schmerztherapie und die semi-ambulante Diabetologie. Mit diesen Schwerpunkten tut man genau das, was die Forscher der Bertelsmann-Studie propagieren, nur eben in einem kleinen Haus.

Nicht teilen mag Muschweck die Erkenntnis, dass nur in größeren Kliniken die Qualität der Abteilungen generell über dem Durchschnitt liege. Als Chef der Gastroenterologie am Klinikum Nord in Nürnberg hat er beide Seiten kennen gelernt und weiß, dass nicht automatisch ein großes Haus ein kleines aussticht. Ob die Ergebnisse der Untersuchung von der Politik ernst genommen werden, sei schwer zu beurteilen. „Wenn sich ein Politiker die Mühe macht, sich in die Materie einzuarbeiten, wird er sehen, dass es so nicht geht“, ist sich der Altdorfer Chefarzt sicher.

Aus Sicht von Dr. Peter Wack, Freier-Wähler-Stadtrat und Vorstandsmitglied des Vereins Notärzte Altdorf-Feucht, mag es zwar tatsächlich so sein, dass spezialisierte Kliniken bestimmte Behandlungen erfolgreicher durchführen als kleine Spitäler. Er wendet sich jedoch ebenfalls entschieden dagegen, dass dies ein Grund für die Schließung des Altdorfer Krankenhauses sein könne, denn für diesen großen Landkreis müssten auf jeden Fall Lauf und Altdorf erhalten bleiben.


Als Vertreter der Notärzte gibt er zudem zu bedenken, dass auch die Notfallversorgung, die derzeit vom Altdorfer Krankenhaus organisiert wird, betroffen wäre, wenn man das Haus dicht mache: „Das wäre ein großes Manko.“ Sicher sei es bisweilen sinnvoll, Strukturen zusammenzuführen, aber auch er fordert vehement: „Die Grundversorgung muss erhalten bleiben.“

Das Krankenhaus Rummelsberg unter der Trägerschaft der Sana Kliniken AG sieht sich als Fachklinik mit 275 Betten als zentraler Gesundheitsdienstleister im Nürnberger Land und „nicht als Bestandteil der Ergebnisse der Studie der Bertelsmann-Stiftung“. Dennoch heißt es auch in einer Stellungnahme dieser Einrichtung, die in der Studie angeführte monokausale Erklärung „Weniger Krankenhäuser – bessere Qualität“ greife zu kurz. Vielmehr müssten regionale Besonderheiten in strategische Überlegungen einbezogen werden.

Flächendeckende Versorgung

In die gleiche Kerbe schlägt Landrat Armin Kroder. Die Studie, die im Großraum Köln entstanden ist, setze Gegebenheiten voraus, die im Nürnberger Land so nicht existierten. Die „Entfernungen und Erreichbarkeiten von gleich mehreren Krankenhaus-Großeinheiten über ein sehr engmaschiges Autobahn-System sind mit unseren Bedingungen im Landkreis (…) nicht vergleichbar“, schreibt er in einer Stellungnahme. Die schnelle Erreichbarkeit der Krankenhäuser spiele aber generell eine wichtige Rolle, und „auch der Gedanke, dass Verwandte ihren Patienten im Krankenhaus auch mal besuchen wollen, ohne eine Tagesreise unternehmen zu müssen“.

Wichtigstes Argument ist aber auch für ihn, dass die Garantie einer flächendeckenden medizinischen Versorgung mit stationären Betten für die Bevölkerung gegeben sein muss.

Nach Überzeugung vieler Politiker und Ärzte ist das Krankenhaus Altdorf, das zur Krankenhäuser Nürnberger Land GmbH gehört, für die stationäre Grundversorgung im Landkreis nötig.

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