Waldsassen
08.02.2019 - 10:06 Uhr

Krankenhaus Waldsassen: Gerüchteküche brodelt

Mitarbeiter des Krankenhauses Waldsassen sind in Sorge um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze in Waldsassen. Daher wenden sie sich mit einem offenen Brief an die Oberpfalz-Medien.

Das Krankenhaus in Waldsassen steht momentan im Zentrum der Diskussionen.

Für die Kliniken Nordoberpfalz AG stehen entscheidende Tage an. Der Aufsichtsrat kommt am Freitag und Samstag, 8. und 9. Februar, zu einer Klausurtagung zusammen. Dem 21-köpfigen Gremium liegt ein 60-seitiger Entwurf von Vorstand Josef Götz vor. Die Räte wollen die Weichen stellen, um die hochwertige medizinische Versorgung in der Region langfristig sicherzustellen und die Wirtschaftlichkeit zu steigern. Inwiefern sich Veränderungen beim Krankenhaus Waldsassen ergeben werden, ist noch nicht öffentlich geworden.

Laut Auskunft aus Mitarbeiterkreisen gibt es am Montag, 10. Februar, um 8.30 Uhr in der Klosterstadt eine Informationsveranstaltung. "Da bekommen wir Bescheid, wie es weitergeht." Um auf ihre Situation noch einmal aufmerksam zu machen, haben einige "besorgte Beschäftigte des Krankenhauses Waldsassen" einen offenen Brief verfasst. Oberpfalz-Medien veröffentlichen das Dokument auszugsweise:

"Anlässlich mehrerer Zeitungsartikel und immer wiederkehrenden Gerüchten und Anfragen besorgter Bürger und Patienten, macht sich auch das Personal des Gesundheitszentrum Waldsassen große Sorgen um die Zukunft ihres Hauses. Wir, das besorgte Personal, befürchten, dass wir, wie schon so oft, vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Die von uns gewählten Politiker wie Bürgermeister Bernd Sommer, Landrat Wolfgang Lippert sowie die Mitglieder des Kreistages sind unserer Meinung nach zu passiv. . . .

Wir denken, die Beschäftigten, Bürger und Patienten haben das Recht, im Vorfeld zu erfahren, wie es mit uns weitergeht. Wir haben im Moment das Gefühl, für die Defizite der Region Nord alleinig verantwortlich zu sein. Die genauen Zahlen, ob schwarz oder rot, bleiben ein Geheimnis. Es sollte ja nicht schwer sein, herauszufinden, wo die Defizite tatsächlich entstanden sind. . . .

Es läuft bestimmt, wie in jeder Einrichtung, nicht immer alles optimal und es gibt zufriedene und unzufriedene Patienten und Angehörige. Aber solche Probleme lassen sich nur lösen und die Situation optimieren, wenn man mit denen spricht, die dort tätig sind.

Wie aus der Zeitung zu entnehmen war, soll das Profil des Hauses geschärft und die Innere Abteilung gestärkt werden. Heute soll dieses, morgen soll jenes werden. Immer von heute auf morgen vor vollendeten Tatsachen gestellt zu werden, ist kein gutes Gefühl. Wir fühlen uns im Krankenhaus wie eine große Familie. Solche Gerüchte und die große Ungewissheit schwächt unseren Teamgeist und Zusammenhalt. Wir wünschen uns einen Arbeitgeber, der mit uns spricht, wenn es Probleme gibt und mit uns gemeinsam nach Lösungen sucht. Und wir wünschen uns Politiker, die nicht immer nur von ihrer Schweigepflicht Gebrauch machen, sondern hinter ihren Bürgern stehen . . .

Viele Hausärzte sind mit der Arbeit unserer Ärzte und Beschäftigten ebenso zufrieden, sonst würden sie uns keine Patienten schicken. Auch vom Krankenhaus Tirschenreuth und Klinikum Weiden werden viele Patienten zu uns verlegt, wenn diese Häuser überfüllt sind. Da stellt sich schon die Frage, wo sollen diese Patienten hin, sollte die Entscheidung im Aufsichtsrat negativ für das Krankenhaus Waldsassen ausfallen.

Liebe Mitglieder des Aufsichtsrates: Bitte machen Sie sich bei Ihrer Entscheidung auch über die Konsequenzen anderer Menschen Gedanken. Schauen Sie über den Tellerrand und über Ihre Stadtgrenze hinaus. . . . Unsere große Bitte an unsere Politiker: Setzen Sie sich für unser Krankenhaus ein. Lassen Sie uns nicht im Regen stehen. Oder liebe Bürger wollen Sie noch ein weiteres leerstehendes Haus in der Egerer Straße?

Aber wie gesagt, die Gerüchteküche brodelt. Vielleicht gibt es ja am Ende, doch nur positives zu berichten. Wir würden uns auf jeden Fall darüber sehr freuen."

Nachgefragt:

"Das Haus in Waldsassen wird nicht geschlossen"

Die Diskussion um die Krankenhäuser treibt die Bürger um. Daher war dies auch eins der Themen, die der „Neue Tag“ bei einem Interview mit Landrat Wolfgang Lippert angesprochen hat.

Die Zukunft der Krankenhäuser elektrisiert die Bürger. Vor allem der Standort Waldsassen scheint im Fokus zu stehen. Gibt es hier schon eine Entscheidung?

Wolfgang Lippert: Das ist schwierig zu beantworten, da wir am Wochenende Aufsichtsratssitzung der Kliniken Nordoberpfalz AG haben. Da werden mit Sicherheit Weichen gestellt und darüber kann und darf ich noch nichts sagen. Was ich aber sagen kann: Die große Politik will keine kleinen Krankenhäuser. Irgendwann kommt der Moment, wo das System aber komplett ausgequetscht ist. Unsere Kliniken AG ist durchaus erfolgreich. Man hat umstrukturiert, indem man Schwerpunkte nach Weiden verlegt hat. Das ist in Ordnung. Es muss aber auch klar sein, dass es in der Peripherie sehr schwer ist, positive Zahlen zu generieren.

Können Sie das konkretisieren?

Wolfgang Lippert: Den Fachärztemangel spüren wir bei uns im Norden sehr stark. Wir bringen die Ärzte nicht mehr her. Um die Versorgung sicherzustellen, arbeiten wir mit Headhuntern und Honorarärzten zusammen. Alleine diese zwei Komponenten verschlingen weit über eine Million Euro pro Jahr. Ein „Weiter so“ ist nicht machbar. Wir hatten 2017 fast vier Millionen Euro Defizit. Es gilt, die Gratwanderung zu finden zwischen einer weiterhin top-medizinischen Versorgung, worauf auch der Bürger im ländlichen Raum ein Recht hat, und einer positiven wirtschaftlichen Darstellung. Für die Standorte Waldsassen/Tirschenreuth muss es Veränderungen geben. Wobei das Haus in Waldsassen nicht geschlossen werden wird. Es wird weiterhin eine medizinische Versorgung gewährleistet sein.

Wie schaut es mit den anderen beiden Häusern im Landkreis aus?

Wolfgang Lippert: Diese schreiben leicht positive Zahlen. Erbendorf hat eine Auslastung von weit über 90 Prozent. Da ist ein Neubau der geriatrischen Reha angedacht. In Kemnath wären wir froh, wenn es so weiterläuft wie bisher.

Befürchten Sie nach der Weichenstellung an diesem Wochenende, dass es zu neuen Grabenkämpfen zwischen den beiden Landkreisen Tirschenreuth und Neustadt/WN sowie der Stadt Weiden kommen wird?

Wolfgang Lippert: Es sollte uns gelingen, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Veränderungen führen aber immer zu Verunsicherung. Ich hoffe, es gelingt relativ schnell, den Bürgern Ängste zu nehmen. Ich war mit dem Landkreistag in Berlin, bei der Bayerischen Krankenhausgesellschaft in München und bei verschiedenen Seminaren. Im Prinzip wird immer das Gleiche gesagt: „Wir wollen die kleinen Krankenhäuser nicht schließen, aber ihr müsst umdenken und umstrukturieren.“ Das heißt es auch im Koalitionsvertrag von CSU und Freie Wählern. Es geht letztendlich um zukunftsfähige Modelle.

Das Krankenhaus in Waldsassen steht momentan im Zentrum der Diskussionen.
Im Blickpunkt:

"Das Vertrauen in die Politik lässt nach"

„Erst jetzt kriegt die Bevölkerung das richtig mit“, schildert Zweiter Bürgermeister Karlheinz Hoyer die Stimmung unter den Waldsassenern. Es herrsche mittlerweile immer mehr Unruhe in Anbetracht künftiger Veränderungen – unter den Beschäftigten in Waldsassen wie auch unter den Patienten. „Die wissen ja nicht, ob sie über Nacht woanders hin verlegt werden.“ Hoyer berichtet nach Gesprächen, dass Mitarbeiter zunehmend verunsichert seien und sich darüber beklagten, dass die AG das Haus Waldsassen „jahrelang ausbluten“ ließ. Hoyer wiederholt seine im Stadtrat geäußerte Forderung an Josef Götz: Der Vorstandsvorsitzende der Kliniken AG hatte dem Neustädter Landrat zugesichert, dass das Krankenhaus Vohenstrauß erhalten bleibe. Eine solche Erklärung an den Tirschenreuther Landrat sei nun auch für Waldsassen längst überfällig. „Das Vertrauen in die Politik lässt nach“, bedauert Hoyer. Er verweist auch auf die Entscheidung beim Rettungswagen-Standort: Im Kontext mit der Vorgeschichte sei die nun gewählte Lösung unverständlich und nicht nachvollziehbar.

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