L 8 KR 385/14

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 18 KR 360/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 385/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 22. November 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 73.955,25 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung eines vollstationären Krankenhausaufenthalts.

Die Klägerin betreibt in ihrem Krankenhaus ein Zentrum für Blutstammzellen- und Knochenmarktransplantation (im Weiteren: Zentrum). Dieses Zentrum war im streitigen Zeitraum im Krankenhausplan des Landes Hessen mit Transplantationseinheiten aufgeführt und nach dem sog. JACIE-Standard der Europäischen Gesellschaft für Knochenmark- und Blutstammzellentransplantation (EBMT) und der Internationalen Gesellschaft für Zelltherapie (ISCT) zertifiziert.

Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte C. C. (im Weiteren: Versicherte) befand sich vom 15. November 2010 bis zum 23. Dezember 2010 in vollstationärer Behandlung im Zentrum der Klägerin zur Fortführung der in dem Universitätsklinikum Bonn begonnenen autolog-allogenen Hybrid Stammzellentransplantation (im Weiteren: SZT).

Dem gingen folgende Behandlungen voraus:
• Im Februar 2004 wurde bei der Versicherten ein multiples Myelom vom Typ lambda Leichtketten, Inital Stadium Tumorstadium IIa diagnostiziert;
• im Zeitraum Mai bis August 2004 wurde eine Erstlinientherapie mit einer Chemotherapie durchgeführt (drei Zyklen AD, eine Thalidomid-Erhaltungstherapie musste nach wenigen Tagen wegen depressiver Verstimmung abgebrochen werden; ein Zykus CAD [Cyclophosphamid, Doxorubicin/ Dexamethason] und abschließender SZ-Apherese;
• im Oktober 2004 zweimalige Gabe von Hochdosis-Melphalan und die erste autologe SZT (SZ-Re-Infusion);
• im Januar 2005 erneute Gabe von Hochdosis-Melphalan und die zweite autologe SZT;
• seit Juli 2005 wurde eine Thalidomid-Erhaltungstherapie durchgeführt;
• im Dezember 2009 wurde ein Rezidiv (Anstieg der Leichtketten) mit Fraktur der Clavicula, Verbundosteosynthese und Radiatio Clavicula links festgestellt (Tumorstadium III);
• von Januar bis August 2010 bestand die Zweitlinien-Chemotherapie aus sechs Zyklen RD (Revilmid/Dexamethason), ein Zyklus CAD zur Mobilisation der autologen SZ und abschließende Sammlung autologer SZT;
• im September 2010 erhielt die Versicherte im Universitätsklinikum Bonn erneut Hochdosis-Melphalan (200 mg/m) und die dritte autologe SZT (SZ-Re-Infusion) Der erreichte Remissionsstatus wurde mit "sehr guter partieller Remission" bewertet.

Anschließend wurde die Versicherte an das Zentrum der Klägerin überwiesen zur Durchführung einer allogenen SZT.

Am 14. Oktober 2010 erhielt die Versicherte von der Klägerin eine Informationsschrift "Information zur allogener Stammzellentransplantation für Patienten mit maligen hämatologischen Systemerkrankungen" und sie erklärte zugleich schriftlich ihre Einwilligung zur allogenen SZT.

Bei der stationären Aufnahme der Versicherten im Zentrum der Klägerin am 15. November 2010 wurde der Allgemeinzustand der Patientin mit einem Karnofsky-Index von 100 % bewertet. Untersuchungen der Lungenfunktion zeigten letztlich eine CO-Diffusionskapazität von 79,5 %, so dass von dem Zentrum der Komorbiditätsindex nach Sorrer mit drei festgestellt wurde. Weitere Einschränkungen der Organfunktionen oder nicht ausgeheilte Infektionen bestanden nicht. Der Remissionsstatus wurde mit "sehr gute partielle Remission" bewertet.

Im Rahmen der stationären Behandlung der Versicherten vom 15. November 2010 bis zum 23. Dezember 2010 wurde als weitere Behandlung zur autolog-allogenen Hybrid- SZT durchgeführt:
• Zur Konditionierung erhielt die Versicherte Flurdarabin 30 mg/m2 (Tag -6 bis -2), Treosulfan 12 g/m2 (Tag -6 bis -4) und ATG (Anti-Thymozyten-Globolin) 10 mg/kg (Tag -4 bis -2).
• Am 23. November 2010 erfolgte eine allogene SZT eines HLA identischen nichtverwandten Spenders.
• Als GvHD (Graft-versus-Host Disease)-Prophylaxe erhielt die Versicherte Bortezomib jeweils 1,3 mg/m2 (Tag +1, +4, +7). Parallel wurde Sirolimus gegeben, welches wegen Kopfschmerzen am Tag +13 auf Everolimus umgestellt wurde. Des Weiteren erhielt die Versicherte auch in dieser Behandlungsphase ATG.

Es trat eine gering gradige kutane GvHD (im Bereich Rücken, Abdomen, Dekolleté, Oberschenkel und Unterarme) auf, die sich unter Steroidsalbe zurückbildete. Am Tag +15 zeigte sich ein Spenderchimärismus von 99,6 %. Nach Regeneration der Hämatopoese konnte die Versicherte in gutem Allgemeinzustand (Karnofsky-Index 100 %) am 23. Dezember 2010 aus der stationären Behandlung entlassen werden.

Die Klägerin rechnete die Behandlungskosten mit Rechnung vom 29. Dezember 2010 auf der Grundlage der DRG AO4D (Knochenmarkstransplantation/Stammzelltransfusion, allogen) und gesondert berechenbaren Zusatzentgelten (z.B. 2.621,01 EUR für die Gabe von Bortezomib) in Höhe von 73.955,25 EUR ab.

Zunächst zahlte die Beklagte den in Rechnung gestellten Betrag, beauftragte jedoch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen in Hessen (MDK) mit der Überprüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung sowie der Notwendigkeit der Behandlung.

Der MDK gelangte in seinem Gutachten vom 7. März 2011 zu der Auffassung, die Kodierung der Abrechnung sei zwar korrekt, eine zwingende medizinische Indikation für die hier erfolgte fremdallogene, HLA-idente SZT sei jedoch nicht zu erkennen. Diese sei keine Standardindikation und außerhalb von Studien nach dem aktuellen Wissensstand medizinisch noch nicht ausreichend begründet.

Dem widersprach die Klägerin mit Stellungnahme des behandelnden Arztes Prof. Dr. med. D. vom 21. März 2011. Danach sei die durchgeführte SZT die einzige kurative Chance bei der Behandlung des multiplen Myeloms gewesen. Nach dem unzureichendem Ansprechen auf Revledim/Dexamethason habe man ein autolog-allogenes Transplantationskonzept gewählt, da von einer erneuten ausschließlichen autologen Transplantationsstrategie keine längerfristige Krankheitsfreiheit zu erwarten gewesen sei. Es habe eine klare Indikation für die gewählte Therapie bestanden, die leider nicht im Rahmen einer Studie habe erfolgen können, da seinerzeit keine Studie bei rezidiviertem oder progredientem multiplem Myelom offen gewesen sei.

Der MDK schaltete das Kompetenz Centrum Onkologie des Medizinischen Dienstes Nordrhein-Westfalen (im Weiteren: KC Onkologie) ein, das in seinem Gutachten vom 27. September 2011 ausführte: Nach Auswertung von Studien und Empfehlungen internationaler Fachgesellschaften solle die allogene Stammzellentransplantation bei Myelompatienten, insbesondere bei nicht verwandten Spendern, aufgrund des nicht gesicherten Nutzens, des hohen behandlungsbedingten Risikos für tödliche Komplikationen und der ungünstigen Langzeitergebnisse auf klinische Studien beschränkt bleiben. Die EBMT-Studie zur allogenen SZT von Patienten mit rezidivierendem Myelom sei seit 2007 geschlossen und aktuell (2011) seien nur Studien für den Einsatz einer allogenen SZT in der Erstlinientherapie von Myelompatienten aktiv. Das Zentrum der Klägerin sei bei der konkreten Behandlung in zwei Punkten von dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse abgewichen. Es sei weder ein ausreichend geprüftes Konditionierungsprotokoll eingesetzt worden noch sei eine zugelassene GvHD-Prophylaxe erfolgt.

Unter Bezug auf dieses Gutachten des KC Onkologie teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 19. Oktober 2011 mit, sie rechne den bereits gezahlten Betrag gegen andere Forderungen der Klägerin auf. Die Aufrechnung erfolgte am 31. Oktober 2011.

Dagegen hat die Klägerin am 8. Dezember 2011 bei dem Sozialgericht Wiesbaden Klage erhoben.

Die Beklagte hat im Klageverfahren ein weiteres Gutachten des KC Onkologie vom 31. Juli 2012 vorgelegt und ausgeführt, im Streit stehe weiterhin die sachgerechte Auswahl des Konditionierungsprotokolls und der GvHD-Prophylaxe.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 22. Oktober 2014 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 73.955,25 EUR nebst Zinsen seit dem 31. Oktober 2011 zu zahlen. Die Klägerin habe die Behandlung der Versicherten zutreffend auf der Grundlage der G-DRG AO4D (Knochenmarkstransplantation/ Stammzelltransfusion, allogen) sowie den gesondert berechenbaren Zusatzentgelten in Höhe von 73.955,25 EUR abgerechnet. Da die streitgegenständliche SZT bei einem rezidivierenden Myelom im Zeitpunkt der Behandlung der Versicherten nicht dem gesicherten Stand der medizinischen Erkenntnis entsprochen habe und auch nicht im Rahmen einer klinischen Studie (§ 137c Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SGB V) durchgeführt worden sei, ergebe sich der Vergütungsanspruch der Klägerin als ultima ratio auf der Grundlage der Rsprg des Bundesverfassungsgerichts und § 2 Abs. 1a SGB V. Die im Zentrum der Klägerin durchgeführte SZT bei einem rezidivierenden Myelom in der Zweitlinienbehandlung habe in dem streitgegenständlichen Einzelfall eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung besessen. In Streit stehe allein die sachgerechte Auswahl des Konditionierungsprotokolls und der GvHD-Prophylaxe. Finde im Fall eines rezidivierenden Myelom eine dem Grunde nach erforderlichen Behandlung mit (autolog-)allogener SZT in einem Behandlungszentrum statt, das von der EBMT und ISCT als Zentrum der Stammzellentransplantation mit dem höchsten europäischen Standard zertifiziert sei (JACIE Standard), besäßen die behandelnden Ärzte ein Auswahlermessen im Rahmen der Therapiefreiheit auf der Grundlage der bekannten Studien und ihrer gewonnenen individuellen Erkenntnisse, soweit es hinsichtlich der einzelnen Behandlungselemente keinen Standard im Sinne eines gesicherten Stands medizinischer Erkenntnis gebe und kein Verstoß gegen Patientenrechte oder das Gebot der Wirtschaftlichkeit (§ 12 Abs. 1 SGB V) festzustellen sei. Die vorliegend streitige Konditionierung (Fludarabin, Treosulfan und ATG) sowie die GvHD-Prophylaxe (ATG, Sirolimus und Bortezomib) habe für die Versicherte eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder einen spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besessen. Auch sei ein Verstoß gegen Patientenrechte nicht zu erkennen. Zwar sei Treosulfan ebenso wie Melphalan, welche die Beklagten zur Konditionierung favorisiere, für die Zweitlinienbehandlung von rezidivierenden multiplen Myelom nicht zugelassen. Treosulfan gehöre jedoch ebenso wie Melphalan zu der Zytostatikagruppe der Alkylanzien und sei für die Behandlung von Ovarialkarzinomen zugelassen. Die Verwendung von Treosulfan sei kein evidenter Verstoß und es habe eine nicht entfernt liegende Aussicht auf Heilung bestanden. Ebenso biete die GvHD-Prophylaxe mit ATG, Sirolimus und Bortezomib eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung. Das Therapiekonzept sei von dem Zentrum der Klägerin vor der streitgegenständlichen Behandlung bereits bei mehr als 50 Patienten eingesetzt worden und die positiven Behandlungsansätze hinsichtlich der ersten 15 Patienten seien u. a. von dem behandelnden Arzt der Klägerin, Prof. Dr. med. D. bereits im Jahr 2009 publiziert worden (Bone Marrow Transplanation (200X), 43, 717-723).

Gegen das am 29. Oktober 2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. November 2014 beim Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, auch auf der Grundlage einer grundrechtsorientierten Auslegung der Leistungsvorschriften des SGB V besitze die Klägerin nicht den geltend gemachten Vergütungsanspruch. Nach der Rechtsprechung des BSG sei klargestellt, dass das Fehlen einer indikationsgerechten Standardtherapie lediglich zu einer Abmilderung des Qualitätsgebots führe, zur Verfügung stehende wissenschaftliche Erkenntnisse jedoch zu berücksichtigen seien. Diesen Anforderungen werde die streitgegenständliche Behandlung in mehrfacher und gravierender Weise nicht gerecht. Gestützt auf die Gutachten des MDK (KC Onkologie) vom 27. September 2011, vom 31. Juli 2012, vom 19. August 2013, vom 27. August 2015 und 3. Juni 2016 vertritt die Beklagte weiterhin die Auffassung, dass weder das bei der Versicherten eingesetzte Konditionierungsprotokoll noch die zur GvHD-Prophylaxe eingesetzte Medikamentenkombination dem Qualitätsgebot entspreche. Zum Zeitpunkt der streitigen Behandlung habe die Versicherte noch in einer aktiven klinische Studie der Universitätsklinik Hamburg eingeschlossen werden können; es sei zu prüfen, ob die gewünschte Behandlung nur im Rahmen und den Sicherungen einer klinischen Studie hätte erfolgen dürfen. Im Jahr 2010 hätte die Versicherte außerhalb einer Studie nur mit einer autolog-allogenen Hybrid SZT auf der Grundlage des umfangreich klinisch geprüften, in Seattle/USA entwickelten Protokolls behandelt werden dürfen, das neben der Konditionierung mit Hochdosis-Melphan 200 mg/m² eine dosisreduzierte Ganzkörperbestrahlung (2Gy) beinhalte. Diese Studie betreffe zwar neu diagnostizierte Myelom-Patienten im Sinne eine Erstlinientherapie. Bislang gebe es jedoch keine Veröffentlichungen und Auswertungen klinischer Studien, in denen die dosisreduzierte Ganzkörperbestrahlung – wie vorliegend - durch Treosulfan ersetzt worden sei. Dies zeige den experimentellen Charakter dieser Therapie. Die Tatsache, dass das vorliegend streitige Therapiekonzept außerhalb einer klinischen Studie bereits an fünf Patienten eingesetzt worden sei (wovon ein Patient während der stationären Behandlung verstorben sei) lasse keinerlei Aussage über Sicherheit und Nutzen dieses Behandlungskonzepts zu. Es sei bislang völlig offen, ob sich mit Treosulfan günstigere Behandlungsergebnisse aufgrund einer besseren Wirkung auf die Myelomzellen erzielen ließen als mit dem Seattle-Protokoll. Eine Begründung für einen zulassungsüberschreitenden Medikamenteneinsatz von Treosulfan lasse sich nach der Rechtsprechung des BSG nicht ableiten. Der Fachinformation zu ATG und den neuen Leitlinien der deutschen Fachgesellschaft DGHO lasse sich entnehmen, dass im vorliegenden Fall als Standardmedikation für die GvHD-Prophylaxe die Kombination Cyclosporin A, Methotrexat und ATG zur Verfügung gestanden habe. Bislang gebe es keine klinischen Studien, die belegten, dass der vorliegend vorgenommene Ersatz von Cyclosporin A durch Sirolimus eine vergleichbare Wirkung und Sicherheit biete. Es gebe auch keine klinischen Studien, in denen Bortezomib zur GvHD-Prophylaxe eingesetzt werde. Die im vorliegenden Fall eingesetzte Kombination (Bortezomib, Sirolimus und ATG) sei hochgradig experimentell. Der Hinweis des behandelnden Arztes (Professor Dr.med. D.), er habe seit 2006 bei der GvHD-Prophylaxe bei 50 Patienten das zugelassene Medikament Cyclosporin A durch Sirolimus ersetzt, weise auf eine systematische Erprobung eines zulassungsüberschreitenden Medikamenteneinsatzes hin. Dies verstoße gegen die Patientenschutzrechte entsprechend dem Arzneimittelgesetz (AMG) und die Grundsätze "guter klinischer Praxis" und schließe ein Vergütungsanspruch der Klägerin aus. Auch stehe einem Vergütungsanspruch der Klägerin nach der Rechtsprechung des BSG die unzureichende Aufklärung der Versicherten entgegen.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 22. Oktober 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, das Sozialgericht habe mit dem angefochtenen Urteil zutreffend entschieden. Nach den Kenntnissen ihrer behandelnden Ärzte sei die von der Beklagten zitierten Studie nicht registriert gewesen. Die vom KC Onkologie zitierte Studie der Phase III könne vorliegend nicht herangezogen werden. Diese liefere keine Informationen darüber, welche Konditionierungsbehandlung bei einem Patienten mit rezidivierenden Myelom einzusetzen sei. Auch gebe es bis heute keine einzige Studie der Phase III, welche die durchgeführte SZT bei rezidivierenden multiplen Myelom einschließe. Die wenigen hierzu publizierten Berichte seien überwiegend retrospektive Untersuchungen mit kleinen Patientenzahlen. Eine der wenigen prospektiven Studien sei unter Mitwirkung ihrer Ärzte durchgeführt worden. Diese Studie sei jedoch im Zeitpunkt der streitigen Behandlung geschlossen gewesen. In dieser Studie sei zur Konditionierung Melphalan mit enttäuschenden Ergebnissen eingesetzt worden. Auch gebe es für die von dem KC Onkologie favorisierte Konditionierung mit Ganzkörperbestrahlung mit 200 cGy für die hier maßgebliche Patientengruppe so gut wie keine Daten. Im Zeitpunkt der Behandlung der Versicherten seien dagegen in mehreren Studien über Treosulfan basierte Konditionierung an über 300 Patienten berichtet worden, darunter auch Patienten mit multiplen Myelom. Darin sei unisono berichtet worden, dass das Medikament sehr gut verträglich sei und eine gute antineoplastische Wirkung besitze. Dies decke sich mit den Erfahrungen der vorliegend behandelnden Ärzte. Seit 2005 werde in ihrem Haus Treosulfan im Rahmen der Konditionierung mit sehr guten Ergebnissen eingesetzt. Auf diese habe man zurückgreifen dürfen. Bis zum 23. November 2010 sei bei fünf Patienten mit nach autologer SZT rezidivierenden multiplen Myelom eine Konditionierung mit Treosulfan für eine allogene SZT durchgeführt worden. Nur einer der Patienten sei in der Frühphase verstorben. Alle anderen hätten ohne große Verzögerung in die ambulante Behandlung entlassen werden können. Die Behandlung mit Treosulfan werde über eine DRG abgebildet und unabhängig von der Wahl des Medikaments zur Konditionierung generiert. Für die Wahl von Treosulfan falle weder ein Zusatzentgelt noch ein NUB-Entgelt an. Bezugnehmend auf die Stellungnahme von Prof. Dr. med. D. vom 29. Oktober 2015 vertritt die Klägerin die Auffassung, unter besonderer Berücksichtigung der Krankheitsgeschichte und des Allgemeinzustandes der Versicherten sei die Therapieentscheidung einschließlich der gewählten Konditionierung und der GvHD-Prophylaxe im Team der leitenden Ärzte (PD Dr. med. E., Dr. med. H F. und PD Prof. Dr. med. D.) getroffen worden, basierend auf den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand und den eigenen Erfahrungen. Dabei sei berücksichtigt worden, dass die Versicherte sich nicht in einer kompletten Remission des multiplen Myeloms befunden und bereits drei Hochdosis Therapien mit autologen SZ-Support mit jeweils 200 mg/m² Melphalan erhalten habe. Es sei von einem erneuten Einsatz von Melphalan keine anhaltende Wirkung zu erhoffen gewesen. Auch sei eine Ganzkörperbestrahlung 200 cGy zur Behandlung eines multiplen Myelom komplett wirkungslos. Die behandelnden Ärzte seien unter Berücksichtigung aller Umstände davon überzeugt gewesen, dass die Versicherte im Rahmen der Konditionierung auch wirksame Substanzen gegen das Myelom erhalten sollte. In einer Situation, in der es - wie vorliegend - keine Standardkonditionierungsverfahren gebe, sei nach reichlicher Abwägung - und bei erhaltener antineoplastischer Wirkung - eine Entscheidung für Treosulfan getroffen worden. Hinsichtlich der angegriffenen GvHD- Prophylaxe (Bortezomib jeweils 1,3 mg/m2 am Tag +1, +4, +7, kombiniert mit Sirolimus, welches wegen Kopfschmerzen am Tag +13 durch Everolimus ersetzt wurde) sei darauf zu verweisen, dass Bortezomib zur Behandlung des multiplen Myelom zugelassen und indikationsgerecht eingesetzt worden sei. Dies kombiniert mit Sirolimus statt mit Cyclosporin. Erfahrungen in der Organtransplantation hätten gezeigt, dass unter Verwendung von Cyclosporin es zu Nieren- und neurologischen Schäden gekommen sei und dieses gefahrlos durch Sirolimus ersetzt werden könne. Das als Kombinationsträger verwandte ATG sei arzneimittelrechtlich zugelassen und biete einen Schutz vor akuter GvHD. Die Patientenaufklärung der Versicherten zur allogenen SZT sei umfassend und korrekt gewesen. Die behandelnden Ärzte seien der Auffassung gewesen, dass ein von einer Ethikkommission genehmigtes Prüfprotokoll nicht erforderlich sei, da es keine gut geprüfte Behandlungsmethode gegeben habe. Die behandelnden Ärzte hätten ihre Therapieentscheidung nach besten Wissen und Gewissen auf die Erkrankungssituation der Versicherten getroffen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens bei Prof. Dr. med. G. (Klinik für Innere Medizin – Onkologie, Hämatologie, Klinische Infektiologie, Klinische Immunologie, Hämostaseologie und Internistische Intensivmedizin) vom 22. Juni 2017 mit ergänzender Stellungnahme vom 7. Juni 2018. Darin kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, es habe bei der Versicherten am 15. November 2010 weiterhin ein nachweisbares multiples Myelom in Form eines Rezidiv im Stadium III mit pathologischer Clavicula-Fraktur und mehreren Osteolysen (BWKQ, BWK12, kleine Cstaolyse im HWK3, 2Herde in der Schädelkalotte) vorgelegen. Das Multiple Myelom sei eine unheilbare Erkrankung. Im Fall der Versicherten sei die allogene SZT als einzige kurative Therapieoption anzusehen. Studien zeigten eine nur sehr begrenzte Krankheitskontrolle durch eine im Rezidiv durchgeführte (zusätzliche) autologe SZT. Es habe die dringende Notwendigkeit bestanden, die Versicherte vor einer erneuten Krankheitsverschlimmerung zu bewahren und weitere Therapieschritte einzuleiten. Im Zeitpunkt des Rezidiv sei ein Rückfall im Median nach 8,5 Monaten zu erwarten gewesen. Aufgrund der nachgewiesenen Wirksamkeit und des kurativen Potentials sei die allogene SZT ausreichend und im Sinne einer klaren Behandlungsindikation auch zweckmäßig gewesen. Diese Therapie sei im Jahr 2010 auch wirtschaftlich gewesen, da keine andere Therapie mit gleicher Wirkung zur Verfügung gestanden habe. Die Versicherte sei mit kurativem Ziel behandelt worden. In mehreren Studien sei nach einer allogenen SZT mit dosisreduzierter Konditionierung ein sehr langes progressionsfreies Überleben dokumentiert und auch in einem Langzeit Follow-up sei ein Plateau in den Überlebenskurven verzeichnet worden. Zur angewandten Konditionierung führt der Sachverständige aus, bereits zum Behandlungszeitpunkt der Versicherten im Jahr 2010 habe eine Reihe von publizierten Daten zu verschiedenen Konditionierungsregimen vorgelegen, einschließlich der vorliegend verwendeten Kombination aus Treosulfan und Fludarabin, so z. B. die Studie von Schmidt-Hieber et al. aus dem Jahr 2007. Dieses dosisreduzierte Konditionierungsschema habe daher bereits 2010 dem Stand der ärztlichen Kunst entsprochen. Der Einsatz von Sirolimus zur GvHD-Provilaxe sei im Zeitpunkt der streitigen Behandlung bei der allogenen SZT und fortlaufend bis heute publiziert. Allein der Einsatz von Bortezomib sei davon abzutrennen als eine Behandlung außerhalb des medizinischen Standards.

Dem ist die Beklagte unter Bezug auf Stellungnahmen des KC Onkologie vom 12. März 2018 und vom 31. Juli 2018 (Prof. Dr. J.) entgegengetreten, in denen ausgeführt wird: Es sei nicht nachvollziehbar, wenn der Sachverständige Prof. Dr. med. G. ausführe, die Konditionierung mit Treosulfan habe "bereits 2010 dem Stand der ärztlichen Kunst" entsprochen. Die Publikation von Schmidt-Hieber sei eine Studie der Phase II, die - wie bei Studien der Phase II üblich - keinen Vergleichsarm habe. Zudem beruhe die Studie auf nur 34 Patienten. Untersucht worden sei auch nur die einfache allogene SZT. Bislang seien keine Daten zur Konditionierung mit Treosulfan bei autolog-allogener Hybrid SZT veröffentlicht. Dazu seien im streitigen Zeitraum lediglich Ergebnisse aus Tierexperimenten und klinischen Studien der Phase I veröffentlicht worden. Eine arzneimittelrechtliche Zulassung für Treosulfan bestehe bei der Behandlung von fortgeschrittenem Eierstockkrebs, nicht jedoch zur Konditionierung im Rahmen einer SZT. Ein zulassungsüberschreitender Einsatz von Treosulfan sei nicht gerechtfertigt, da Melphalan zur Konditionierung zugelassen sei, auch in Form der Hochdosierung. Im Übrigen bestätige der Sachverständige Prof. Dr. med. G., dass die zusätzlich zur Konditionierung der Versicherten vorgeschlagene Ganzkörperbestrahlung 2 GY möglich gewesen und das am besten in klinischen Studien geprüfte Konditionierungsverfahren bei autolog-allogener SZT sei. Unverständlich sei die Behauptung des Sachverständigen, klinische Studien zur Auswahl einer GvHD-Prophylaxe seien nicht vorhanden und deshalb könne auf die Erfahrungen des jeweiligen Therapiezentrums zurückgegriffen werden. Es seien mehrere Studien der Phase III (=prospektiv randomisiert) vorhanden, in denen mehrere hundert Patienten eingeschlossen gewesen seien und die innerhalb mehrerer Jahrzehnte durchgeführt worden seien. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse bildeten die Grundlage der Empfehlungen der Behandlungsrichtlinie, auch der Deutschen Fachgesellschaft DGHO. Danach stelle der Einsatz des bei der Versicherten verwendeten Sirolimus keinen therapeutischen Fortschritt dar. Eine Empfehlung sei seitens der DGHO nicht ausgesprochen worden. Zwar könne eine Modifikation der GvHD-Profilaxe im Einzelfall bei Vorliegen einer Kontraindikation des Patienten oder der Entwicklung von schwerwiegenden Nebenwirkungen notwendig sein. Kontraindikationen seien von der Klägerin aber weder vorgetragen noch seien solche erkennbar. Erst eine im Jahr 2016 veröffentlichte Auswertung einer Studie der Phase III habe einen Standard für die GvHD-Prophylaxe mit der Gabe von Sirolimus in Kombination von Tacrolimus und mit Kurzkurz Methotrexat ergeben. Das vorliegend mit Sirolimus kombinierte Bortezomib sei zwar arzneimittelrechtlich zur Behandlung des multiplen Myeloms zugelassen; es sei jedoch nicht antineoplastisch (gegen die Tumorzellen gerichtet), sondern zur GvHD-Prophylaxe eingesetzt worden und damit zulassungsüberschreitend. Aus klinischen Studien der Phase II ergebe sich, dass die Zugabe von Bortezomib die GvHD-Prophylaxe verbessern könnte. Nach der Bewertung des Studienergebnisses durch die Autoren könne dies nur zur Generierung von Hypothesen genutzt werden und unterstütze die Durchführung weiterer prospektiver randomisierter Studien. Der Sachverständige Prof. Dr. med. G. habe in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 7. Juni 2018 letztlich eingeräumt, dass die Gabe von Bortezomib zur GvHD-Prophylaxe als Behandlung außerhalb des medizinischen Standards zu betrachten sei.

Die Klägerin hat erwidert, die stationäre Behandlung der Versicherten sei unabhängig von der Zugabe von Bortezomib medizinisch notwendig und von der Beklagten zu vergüten gewesen. Allenfalls das Zusatzentgelt für die Gabe von Bortezomib i.H.v. 2.621,01 EUR könne diskutiert werden. Da es vorliegend um die Frage der sachgerechten Auswahl des Protokolls zur Konditionierung und zur GvHD-Prophylaxe gehe, sei die Frage eines Zusatzentgelts nicht maßgeblich.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakte verwiesen, der Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz SGG).

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf erneute Zahlung des Behandlungsentgelts für die stationäre Behandlung der Versicherten im Zeitraum vom 15. November 2010 bis zum 23. Dezember 2010 in Höhe von 73.955,25 EUR nicht zu. Die Beklagte hat am 31. Oktober 2011 wirksam die Aufrechnung entsprechend §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mit einem öffentlich rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 73.955,25 EUR erklärt, der aus anderen – unstreitigen – Zahlungsansprüchen der Klägerin gegenüber der Beklagten aus anderen Behandlungsfällen resultiert. Dabei kommt es nicht darauf an, um welche Vergütungsansprüche auf Grund welcher konkreten Krankenhausbehandlung es geht (Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 28. November 2013 - B 3 KR 33/12 R -, in juris), sodass insoweit keine nähere Prüfung durch den Senat erforderlich ist (BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 - B 1 KR 34/13 R -, in juris).

Die Klägerin könnte den geltend gemachten Vergütungsanspruch allein als Folge eines Behandlungsanspruchs der Versicherten unter den Voraussetzungen einer grundrechtsorientierten Leistungsauslegung nach. § 2 Abs. 1a SGB V stützen. Die Voraussetzungen eines solchen Vergütungsanspruchs liegen jedoch nicht vor.

Rechtsgrundlage des von der Klägerin als Betreiberin ihres in den Landesplan des Landes Hessen aufgenommenen und damit zugelassenen Krankenhauses geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) in der ab 25. März 2009 geltenden Fassung des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes vom 17. März 2009 (BGBl. I S. 534 ff.) i.V.m. der Fallpauschalenvereinbarung für das Jahr 2010 sowie dem "Vertrag über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gem. § 112 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB V", geschlossen zwischen der Hessischen Krankenhausgesellschaft und den Krankenkassenverbänden.

Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.

Das Krankenhaus hat bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen die GKV nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Dies folgt aus dem Wortlaut und Regelungssystem sowie aus dem Zweck der Vergütung. Der Vergütungsanspruch stellt die Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses dar, Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrags zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist nämlich zur Erfüllung des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R -, juris, Rn. 11 m.w.N).

Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch die Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (str. Rspr., siehe dazu: BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R -, juris, Rn. 12 m.w.N). Gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung sind allgemeine Krankenhausleistungen die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Diese "allgemeinen Krankenhausleistungen" werden nach § 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern u.a. mit Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9 KHEntgG) abgerechnet (zur Höhe siehe § 8 KHEntgG). Das Fallpauschalensystem lässt keinen Raum dafür, nicht erforderliche Leistungen zu vergüten (zum Ganzen: BSGE 104, 15).

Auch die – wie vorliegend - nach Fallpauschalen (§ 17b KHG) abzurechnenden Leistungen eines Krankenhauses müssen grundsätzlich dem Qualitätsgebot (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) genügen, um überhaupt zu Lasten der GKV abrechenbar zu sein. Die Qualitätsanforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V setzen voraus, dass sich der Erfolg der Krankenbehandlung aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lässt. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (zum Ganzen: BSG, Urteile vom 21. März 2013 - B 3 KR 2/12 R -, juris und 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R -, beide m.w.N.). Eine Abmilderung des Qualitätsgebots kann sich insbesondere daraus ergeben, dass auch bei der Beurteilung der Behandlungsmethoden im Krankenhaus in einschlägigen Fällen eine grundrechtsorientierte Auslegung der Grenzmaßstäbe nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 6. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98, juris) stattzufinden hat (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R -, m.w.N.). Maßstab des Qualitätsgebots (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) ist der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse zurzeit der Behandlung (stRspr., BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 12, Rn. 15). Grundsätzlich fordert das Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit neuer Methoden - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (stRspr., vgl. z.B. BSG SozR 4-2500 § 18 Nr. 5 Rn. 22 m.w.N.). Diese Anforderung darf aber nicht als starrer Rahmen missverstanden werden, der unabhängig von den praktischen Möglichkeiten tatsächlich erzielbarer Evidenz gilt (BSG, Urteil vom 17.12.2013 – B 1 KR 70/12 R –, juris Rn. 21).

Dieser Maßstab liegt auch der Regelungskonzeption des Verbotsvorbehalts gemäß § 137c SGB V zugrunde. Nach § 137c Abs. 1 SGB V in der vorliegend anzuwendenden Fassung, die die Norm durch Art. 1 Nr. 106 des GMG mit Wirkung vom 1. Januar 2004 erhalten hat, überprüft der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) nach § 91 SGB V auf Antrag eines Spitzenverbandes der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der GKV im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie. Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der GKV erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt unberührt (§ 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V).

Diese Regelung des § 137c SGB V darf nicht über ihren Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus bis zum Erlass eines Verbots nach § 137c SGB V ausgelegt werden. Sie normiert vielmehr einen bloßen Verbotsvorbehalt und setzt die Geltung des Qualitätsgebots auch im stationären Bereich nicht außer Kraft (zum Ganzen BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R -, juris, Rn. 17 m.w.N). § 137c SGB V bewirkt lediglich, dass - anders als für den Bereich der vertragsärztlichen Leistungen - der GBA nicht in einem generalisierten, zentralisierten und formalisierten Prüfverfahren vor Einführung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus deren Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft. Die Prüfung der eingesetzten Methoden im zugelassenen Krankenhaus erfolgt vielmehr bis zu einer Entscheidung des GBA nach § 137c SGB V individuell, grundsätzlich also zunächst präventiv im Rahmen einer Binnenkontrolle durch das Krankenhaus selbst, sodann im Wege der nachgelagerten Außenkontrolle lediglich im Einzelfall anlässlich von Beanstandungen ex post durch die GKV und anschließender Prüfung durch die Gerichte (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R -, juris, Rn. 18 m.w.N.).

Vorliegend entsprach die seitens des Krankenhauses der Klägerin durchgeführte allogene Stammzelltransplantation bei einem rezidivierten Myelom nicht dem gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Denn es gab noch keinen wissenschaftlichen Konsens über die Zweckmäßigkeit der Therapie. Die Qualität und Wirksamkeit der allogenen Stammzelltransplantation bei einem rezidivierten Myelom war durch wissenschaftlich einwandfrei durchgeführte Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode noch nicht gesichert. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

Ein Vergütungsanspruch der Klägerin kommt daher nur auf der Grundlage der vom BVerfG im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98) entwickelten und zwischenzeitlich durch § 2 Abs. 1a SGB V gesetzlich normierten Voraussetzungen der grundrechtsorientierten Auslegung der Regelungen des SGB V in Betracht. Danach besteht Anspruch auf Übernahme einer neuartigen Behandlungsmethode zulasten der GKV, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: (1.) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vor. (2.) Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. (3.) Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf (vgl. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 1 BvR 347/98; BSG, Urteile vom 7. Mai 2013 - B 1 KR 26/12 R - und 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R – jeweils juris).

Vorliegend sind zwar die unter (1.) und (2.) genannten Voraussetzungen erfüllt. Dem geltend gemachten Vergütungsanspruch der Klägerin steht jedoch entgegen, dass die unter (3.) genannte Voraussetzung nicht erfüllt ist.

Eine lebensbedrohliche bzw. regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung lag bei der Versicherten zum Zeitpunkt ihrer streitigen stationären Behandlung vor. Die insoweit übereinstimmende Auffassung der Klägerin und der Beklagten wird auch von Prof. Dr. med. G. in seinem Gutachten vom 22. Juni 2017 bestätigt. Danach bestand bei der Versicherten am 15. November 2010 weiterhin ein nachweisbares multiples Myelom in Form eines Rezidivs im Stadium III mit pathologischer Clavicula-Fraktur und mehreren Osteolysen (BWKQ, BWK12, kleine Cstaolyse im HWK3, zwei Herde in der Schädelkalotte) und damit die dringende Notwendigkeit, die Versicherte vor einer erneuten Krankheitsverschlimmerung zu bewahren und weitere Therapieschritte einzuleiten. Im Zeitpunkt des Rezidiv war ein Rückfall im Median nach 8,5 Monaten zu erwarten.

Auch stand im Zeitpunkt der streitigen Behandlung keine allgemein anerkannte, dem ärztlichen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung. Ausweislich des Gutachtens von Prof. Dr. med. G. vom 22. Juni 2017 wurde die Versicherte im Rahmen der stationären Behandlung vom 15. November 2010 bis zum 23. Dezember 2010 mit einem kurativen Ziel behandelt. Andere kurative Behandlungsoptionen bestanden nicht. Die im Zeitpunkt der stationären Aufnahme der Versicherten im Zentrum der Klägerin vorliegenden Studien zeigten bei ihrer unheilbaren Krankheit nur eine sehr begrenzte Krankheitskontrolle für die Behandlung eines Rezidivs mittels ausschließlicher autologer SZT. Eine autolog-allogene SZT ist nach dem Gutachten von Prof. Dr. G. und der übereinstimmenden Auffassung des KC Onkologie des MDK als einzige kurative Therapieoption anzusehen, die unstreitig nur im Rahmen einer vollstationären KH-Behandlung durchzuführen ist.

Nach Überzeugung des Senats bestand jedoch für die im Zentrum der Klägerin durchgeführte autolog-allogene SZT keine ausreichende, auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf der Versicherten der Beklagten. Statt der konkret im Zentrum der Klägerin durchgeführten autolog-allogenen Hybrid SZT stand ein anderer möglicher Behandlungsaufbau zur Verfügung, der auf eine besser gesicherten Datenlage beruhte und damit eher als die von dem Zentrum der Klägerin angewandte Therapie eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf begründete.

Die Versicherte wurde im Zentrum der Klägerin im November 2010 zur Konditionierung mit Flurdarabin 30 mg/m2 (Tag -6 bis -2), Treosulfan 12 g/m2 (Tag -6 bis -4) und ATG 10 mg/kg (Tag -4 bis -2) behandelt. Prof. Dr. med. G. führt in seinem Gutachten aus, die Kombination aus Treosulfan und Flurdarabin zur Konditionierung habe der Studie "Schmidt-Hieber et al." aus dem Jahr 2007 entsprochen. Dies begründet jedoch nicht die Annahme, diese Behandlung habe nach der damaligen Datenlage auf gesicherten Indizien entsprechend dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse beruht.

Die Publikation von Schmidt-Hieber ist eine Studie der Phase II. In Studien der Phase II werden neue Behandlungskonzepte auf Wirksamkeit und Toxizität (Nebenwirkungen) geprüft, dagegen fehlt es an einem Vergleichsarm wie in Studien der Phase III (prospektive randomisierte Studien). Zudem beruht die Studie von Schmidt-Hieber auf nur 34 Patienten. Untersucht wurde zudem nur die einfache allogene SZT und nicht wie vorliegend durchgeführt die autolog-allogene Hybrid SZT. Daten zur Konditionierung mit Treosulfan bei autolog-allogener Hybrid SZT waren im Zeitpunkt der Behandlung der Versicherten (November 2010) und sind auch bislang nicht veröffentlicht; es existieren lediglich Ergebnisse aus Tierexperimenten und klinischen Studien der Phase I. Zudem besitzt Treosulfan eine arzneimittelrechtliche Zulassung für die Behandlung von fortgeschrittenem Eierstockkrebs, nicht jedoch zur Konditionierung im Rahmen einer SZT.

Gestützt auf die Stellungnahme des KC Onkologie vom 27. August 2015 kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass im vorliegend maßgeblichen Zeitraum (November 2010) bereits Veröffentlichungen von fünf Studien-Auswertungen der Phase III (Garban F et al. 2006, Bruno B et al. 2007, Rosinol L et al. 2008, Björkstrand B et al. erste Publikation 2009, Lokhorst H et al. erste Publikation 2008) zum Vergleich einer autolog-allogen Hybrid SZT mit einem Behandlungskonzept mit ausschließlich autologer SZT vorlagen, die eine andere Konditionierung als die vorliegend durchgeführte darstellen und auswerten. Die Auswertung der beiden letzten genannten Studien wurde zwar als Beitrag in einer medizinisch-wissenschaftlichen Fachzeitschrift erst nach 2010 veröffentlicht ("Vollpublikation"). Die gleichen Daten wurden aber bereits 2008 bzw. 2009 auf dem wichtigsten Fachkongress in den USA (ASH·Kongress) vorgestellt ("Kongresspublikation") und in Fachkreisen diskutiert. Drei dieser Studien setzten bei den mit autolog-allogener Hybrid SZT behandelten Patienten das Seattle-Protokoll mit Melphalan 200 mg/m² vor autologer SZT und Ganzkörperbestrahlung 2 Gy, teilweise in Kombination mit Fludarabin vor allogener SZT, ein. Bei zwei dieser Studien (Bruno B et al., 2007; Björkstrand B et al., 2011) zeigte sich im Vergleich zum Therapiestandard mit alleiniger autologer SZT ein signifikanter Überlebensvorteil gegenüber den mit allogener SZT behandelten Patienten. Bei der dritten Studie nach dem Seattle-Konzept (Lokhorst A et al., 2012) ergaben sich bei beiden Behandlungen vergleichbare Überlebenszeiten. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Nachbeobachtungszelt noch vergleichsweise kurz war. Aufgrund einer langfristig niedrigeren Rückfallrate kann sich bei anfangs höherer Rate tödlicher Komplikationen der Vorteil einer autolog-allogenen Hybrid SZT erst nach einer längeren Nachbeobachtungszeit zeigen. Lediglich zwei Studien verzichteten vor allogener SZT auf eine Ganzkörperbestrahlung. Die Studie von Garban F (2006) ersetzte die Ganzkörperbestrahlung mit 2 Gy durch eine Chemotherapie mit Busulfan 4 mg/kg. Das Behandlungsergebnis der Patienten im Arm mit autolog-allogener Hybridtransplantation war sehr ungünstig mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von nur ca. 30 %, die erheblich niedriger lag sowohl im Vergleich zum Standardarm der Studie mit ausschließlich autologer SZT (ca. 48 %), als auch im Vergleich zu den nach dem Seattle-Protokoll autolog-allogen transplantierten Patienten in den anderen Studien. Schließlich bleibt noch die Studie von Rosinol L et al. (2008), welche die Ganzkörperbestrahlung mit 2 Gy durch Melphalan 140 mg/m² ersetzte. Hier lag die 5-Jahres-Überlebensrate in der Gruppe mit autolog-allogener Hybrid SZT behandelten Patienten bei 62 %, was in der gleichen Größenordnung liegt wie die nach dem Seattle Protokoll behandelten Patienten in den anderen Studien. Allerdings ergab sich kein Vorteil im Vergleich zu den ausschließlich autolog transplantierten Patienten, da diese ein ungewöhnlich günstiges Behandlungsergebnis erreichten.

In Anbetracht dieser von Prof. Dr. J. umfassend dargelegten Datenlage kann die im Zentrum der Klägerin bei der Versicherten durchgeführte Konditionierung (Flurdarabin 30 mg/m2 am Tag -6 bis -2; Treosulfan 12 g/m2 am Tag -6 bis -4 und ATG 10 mg/kg am Tag -4 bis -2) nicht als eine auf eine ausreichende Datenlage gestützte Behandlung i.S. der grundrechtsorientierten Leistungsauslegung nach den Vorgaben des BVerfG angesehen werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass vorliegend Treosulfan zulassungsüberschreitend zum Einsatz kam statt der Ganzkörperbestrahlung mit 2 Gy nach der im Uniklinikum Bonn durchgeführten Behandlung der Versicherten mit Hochdosis Melphalan. Im Übrigen bestätigt der Sachverständige Prof. Dr. med. G., dass die zusätzlich zur Konditionierung der Versicherten nach dem Seattle/USA Protokoll vorgesehene und von dem KC Onkologie vorgeschlagene Ganzkörperbestrahlung 2 Gy möglich gewesen und das am besten in klinische Studien geprüfte Konditionierungsverfahren bei autolog-allogener SZT ist.

Auch die konkret im Fall der Versicherten durchgeführte GvHD-Prophylaxe mit Sirolimus, (Tag +1, +4, +7, abgesetzt am Tag + 13, umgesetzt auf Everolimus) in Kombination mit Bortezomib jeweils 1,3 mg/m2 entspricht im Vergleich zum Seattle-Protokoll nicht den Anforderungen an eine auf gesicherte Indizien gestützte Behandlungsmethode mit nicht ganz fernliegender Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Heilungserfolg. Nach der Stellungnahme des KC Onkologie von 27. August 2015 wurde in den zitierten und im Zeitpunkt der Behandlung der Versicherten bekannten fünf Auswertungen von Studien der Phase III zur GvHF-Prophylaxe die Verwendung von Cyclosporin A (CsA) in Kombination Methotrexat (MXT) oder in Kombination mit Mycophenolat-Motetil (MMF) untersucht; in diese Studien waren mehrere hundert Patienten eingeschlossen. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage der Empfehlungen der Behandlungsrichtlinie, also auch der Deutschen Fachgesellschaft DGHO. Nach der Stellungnahme des KC Onkologie hat der DGHO keine Empfehlung für die Verwendung von Sirolimus ausgesprochen. Es ist in Übereinstimmung mit dem KC Onkologie einzuräumen, dass eine Modifikation der GvHD-Profilaxe im Einzelfall bei Vorliegen einer Kontraindikation des Patienten oder der Entwicklung von schwerwiegenden Nebenwirkungen notwendig sein kann. Vorliegend wurden seitens der Klägerin zur Begründung der Verwendung von Sirolimus aber weder bei der Versicherten bestehende Kontraindikationen noch aufgetretene Nebenwirkungen vorgetragen. Zudem ist nach der ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. med. G. vom 7. Juni 2018 die Gabe von Bortezomib zur GvHD-Prophylaxe als Behandlung außerhalb des medizinischen Standards zu betrachten. Erst eine im Jahr 2016 veröffentlichte Auswertung einer Studie der Phase III hat einen Standard für die GvHD-Prophylaxe mit der Gabe von Sirolimus in Kombination von Tacrolimus und mit Kurzkurz Methotrexat ergeben. Dies kann jedoch für den vorliegend in Streit stehenden Behandlungszeitraum (November und Dezember 2010) nicht berücksichtigt werden.

Die Klägerin kann dieser wissenschaftlichen Erkenntnislage nicht die Erfahrungen der behandelnden Ärzte entgegenhalten. Die Erfahrungen dieser Ärzte beruhten gerade nicht auf einer gesicherten Studienlage. Zudem wurde die konkrete Behandlung der Versicherten außerhalb einer Studie durchgeführt ohne Einschaltung des Ethikrats. Auch kann sich die Klägerin im vorliegenden Fall nicht auf ein Ermessen der behandelnden Ärzte bei der Auswahl der Behandlungsmethoden berufen. Dem steht die Datenlage der Auswertung des Seattle-Protokolls zum Zeitpunkt der streitigen Behandlung entgegen. Auch wenn dieses eine Auswertung von Studien der Phase III für die Behandlung von Patienten mit multiblen Myelom mit autolog-allogenen Hybrid SZT im Rahmen einer Erstlinien-Behandlung darstellt, war damit ein wissenschaftlich spürbar besser gesichertes Vorgehen beschrieben als das der behandelnden Ärzte. In Fällen, in denen wegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf eine wissenschaftlich noch nicht anerkannte Therapie ausgewichen werden muss - wie hier die autolog-allogene Hybrid SZT - sind die behandelnden Ärzte nach Überzeugung des Senats gehalten, bei einer Behandlung zu Lasten der GKV die Behandlungsform auszuwählen, für die nach der vorhandenen Datenlage die sicherste Grundlage für die Beurteilung von Nutzen und Nebenwirkungen zur Verfügung steht. Dies war vorliegend – nach den vielfältigen und den Senat überzeugenden Stellungnahmen des KC Onkologie - das Behandlungskonzept nach dem Seattle-Protokoll, auch wenn sich die dem zugrunde liegenden Studien unmittelbar nur auf die Erstlinientherapie bezogen. Demgegenüber war das Behandlungskonzept der Ärzte des Behandlungszentrums der Klägerin – ungeachtet ihrer hohen fachlichen Kompetenz – experimentell und beruhte im Wesentlichen auf eigenen Behandlungserfahrungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Entscheidung über den Streitwert auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).

Die Revision war nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Der Senat misst der Frage, ob es bei der Anwendung neuartiger Behandlungsmethoden einen Vorrang für solche Verfahren gibt, welche wissenschaftlich besser erforscht sind, grundsätzliche Bedeutung zu.
Rechtskraft
Aus
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