S 14 KR 1/18

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 14 KR 1/18
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L8 KR 41/19
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
1. Verstößt ein Krankenhaus gegen die vierwöchige Frist zur Einreichung von Unterlagen nach § 7 Abs. 2 der Prüfverfahrensvereinbarung vom 01.09.2014, so führt dies zum Erlöschen der ursprünglichen Vergütungsforderung.
2. § 7 Abs. 2 der Prüfverfahrensvereinbarung ist von der Ermächtigungsgrundlage des § 17c Abs. 2 KHG gedeckt. (Anschluss an LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.04.2018 - L 11 KR 936/17 - juris Rdnr. 52).
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen Kosten zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 7.607,48 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Vergütung in Höhe von 7.607,48 EUR für die stationäre Behandlung der bei der Beklagten versicherten Patientin A. A. im Zeitraum vom 09.12. bis 15.12.2015.

Die Klägerin behandelte die 1969 geb. Patientin A. A. in ihrer Klinik im Zeitraum 09.12. bis 15.12.2015 vollstationär. Mit Rechnung vom 11.02.2016 machte sie einen Betrag in Höhe von 7.607,48 EUR auf der Grundlage des DRG L06A (Kleine Eingriffe an der Harnblase mit äußerst schwerer CC) geltend, den die Beklagte beglich.

Die Beklagte leitete ein Prüfverfahren ein. Sie zeigte der Klägerin mit Schreiben vom 10.03.2016 die Einleitung des Prüfverfahrens an. Der MDK Hessen teilte der Klägerin mit Schreiben vom 14.03.2016 den Erhalt des Prüfauftrags an mit der Fragestellung: "Bestand die Notwendigkeit der vollstationären KH-Behandlung nach § 39 SGB V für die gesamte Dauer vom bis ? Unterfrage: Die Notwendigkeit der stationären Behandlung vom 09.12.2015 bis 15.12.2015 ist nicht ersichtlich." Daneben sei die "Nebendiagnose R15 und das Zusatzentgelt ZE2015-36 nicht nachvollziehbar." Der MDK Hessen forderte von der Klägerin mit Schreiben vom 15.03.2016 verschiedene Unterlagen an.

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 19.05.2016 mit, der MDK habe ihr mitgeteilt, dass die angeforderten Unterlagen nicht fristgerecht zugeschickt worden seien. Sie bat um Stornierung des Rechnungsbetrags, ggf. werde sie eine Aufrechnung vornehmen. Sie nahm dann unter Datum vom 20.06.2016 eine Aufrechnung mit weiteren unstreitigen Vergütungsansprüchen der Klägerin vor.

Die Klägerin hat am 03.01.2018 die Klage erhoben. Sie trägt vor, die MDK-Prüfaufträge seien widersprüchlich, weshalb sich die Beklagte nicht auf die vierwöchige Frist zur Übersendung der Unterlagen berufen könne. Mit dem Schreiben vom 14.03.2016 habe der MDK eine Begehung im Krankenhaus angekündigt. Tags darauf habe er sodann einen Prüfauftrag für ein schriftliches Verfahren mit der Bitte um Übersendung von Unterlagen versandt. Darüber hinaus mangele es den Vertragspartnern der Prüfverfahrensvereinbarung an einer Ermächtigungsgrundlage. Dies verdeutlichten verschiedene instanzgerichtliche Entscheidungen. Es gelte auch der Amtsermittlungsgrundsatz. § 103 SGG könne nur durch förmliches Bundesgesetz außer Kraft gesetzt werden. Die Stellungnahme der Deutschen Krankenhausgesellschaft bestätige ebf. ihre Rechtsauffassung.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.607,48 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.06.2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, sie dürfe die Zahlung nach § 7 Abs. 2 der Prüfverfahrensvereinbarung verweigern. Die Eingangsfrist für die Unterlagen habe am 13.04.2016 geendet. Es greife die Ausschlussfrist des § 7 Abs. 2 der Prüfverfahrensvereinbarung, weil die geforderten Unterlagen bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingegangen seien. Daran ändere nichts, dass der MDK noch einen Tag vor Einleitung der Prüfung eine Begehung angekündigt habe. Die Prüfung sei eindeutig mit dem Schreiben vom 15.03.2016 eingeleitet worden. Dieses Schreiben hebe das ältere Schreiben auf. Bei § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 der Prüfverfahrensvereinbarung handele es sich klar um eine Ausschlussfrist. Sie schließe sich der Stellungnahme des GKV-Spitzenverbands an. LSG Baden-Württemberg vom 17.04.2018 - L 11 KR 936/17 - sehe die Regelung von § 17c Abs. 2 KHG als gedeckt an.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 03.12.2018 angehört. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 7.607,48 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.06.2016. Die Klage war daher abzuweisen.

Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die vollstationäre Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und i. S. von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist. Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V (i. d. F. durch Art. 1 Nr. 74 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) vom 26.03.2007, BGBl I 378) i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (hier anzuwenden i. d. F. durch Art. 5a Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung (KVBeitrSchG) v. 15.07.2013 BGBl. I S. 2423) sowie die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2015 (Fallpauschalenvereinbarung 2015 - FPV 2015) i. V. m. § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz ((KHG) i. d. F. durch Art. 5c KVBeitrSchG), ergänzt durch den Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen (vgl. BSG, Urt. v. 17.11.2015 - B 1 KR 18/15 R - BSGE 120, 78 = SozR 4-2500 § 39 Nr. 24, juris Rdnr. 9 m. w. N.; BSG, Urt. v. 17.11.2015 - B 1 KR 41/14 R - SozR 4-2500 § 109 Nr. 51, juris Rdnr. 11 m. w. N.).

Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass der Klägerin ursprünglich aufgrund stationärer Behandlungen des Versicherten der Beklagten eine Vergütung zustand. Strittig ist nur, ob der Vergütungsanspruch aufgrund unzureichender Mitwirkung nach der Prüfverfahrensvereinbarung wieder erloschen ist.

Der Gesetzgeber hat dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-SpiBu) und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) in § 17c Abs. 2 KHG aufgegeben, das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V zu regeln; in der Vereinbarung sind abweichende Regelungen zu § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V möglich. Dabei haben sie insb. Regelungen über den Zeitpunkt der Übermittlung zahlungsbegründender Unterlagen an die Krankenkassen, über das Verfahren zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Abrechnung im Vorfeld einer Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, über den Zeitpunkt der Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, über die Prüfungsdauer, über den Prüfungsort und über die Abwicklung von Rückforderungen zu treffen; die §§ 275 bis 283 des SGB V bleiben im Übrigen unberührt. Kommt eine Vereinbarung ganz oder teilweise nicht zu Stande, trifft auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 18a Absatz 6 die ausstehenden Entscheidungen. Die Vereinbarung oder Festsetzung durch die Schiedsstelle ist für die Krankenkassen, den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung und die zugelassenen Krankenhäuser unmittelbar verbindlich.

Die Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung – PrüfvV) gemäß § 17c Absatz 2 KHG zwischen dem GKV-Spitzenverband, Berlin und der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V., Berlin in der Fassung mit Inkrafttreten am 01.09.2014, regelt in § 7 Abs. 2 Satz 2 bis 4 PrüfvV Folgendes: Bei einer Prüfung im schriftlichen Verfahren kann der MDK die Übersendung einer Kopie der Unterlagen verlangen, die er zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt. Das Krankenhaus hat die Unterlagen innerhalb von 4 Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den MDK zu übermitteln. Erfolgt dies nicht, hat das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag.

Hierauf kann sich die Beklagte berufen. Die Klägerin hat, was unstreitig zwischen den Beteiligten ist, die angeforderten Behandlungsunterlagen nicht innerhalb der Vier-Wochenfist nach § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV übersandt. Damit hat das Krankenhaus nach § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV keinen Anspruch auf den strittigen Rechnungsbetrag. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV um eine Ausschlussfrist handelt. Jedenfalls führt die Nichteinhaltung der Frist danach zum Vergütungsausschluss. Insofern liegt eine eindeutige Regelung vor (vgl. BSG, Urt. v. 23.03.2016 - B 6 KA 14/15 R - SozR 4-5555 § 17 Nr. 1, juris Rdnr.11 ff. zu § 17 Abs. 1 Satz 5 EKV-Z).

Die Beklagte hat das Prüfverfahren ordnungsgemäß eingeleitet.

Erkennt die Krankenkasse bei der Prüfung nach § 3 Auffälligkeiten, die es erforderlich machen, eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Krankenhausleistungen oder der Korrektheit deren Abrechnung nach § 275 Absatz 1c SGB V einzuleiten, hat sie dem Krankenhaus die Auffälligkeiten innerhalb von 6 Wochen nach Eingang der nach § 3 übermittelten Daten und der entsprechenden Krankenhausrechnung so konkret wie möglich mitzuteilen, und hierzu zumindest die Art der Prüfung wie folgt zu bestimmen: - eine Teilprüfung der Abrechnung (bestimmte Diagnosen, bestimmte Prozeduren etc.), - eine Vollprüfung der Abrechnung (alle abrechnungsrelevanten Diagnosen/Prozeduren etc.), - eine Fehlbelegungsprüfung oder - Fragen zur Voraussetzung bestimmter Maßnahmen (medizinische Indikation, NUB etc.). Die Mitteilung muss dem Krankenhaus in dieser Frist zugehen (§ 4 PrüfvV).

Die Beklagte hat nach weniger als einem Monat nach Rechnungslegung (Rechnung vom 11.02.2016) mit Schreiben vom 10.03.2016 das Prüfverfahren eingeleitet und dem Krankenhaus die Prüfungsart mitgeteilt. Sie hat eine Fehlbelegungsprüfung angekündigt, daneben eine Teilprüfung der Abrechnung unter Angabe der Nebendiagnose R15 und des Zusatzentgelts ZE2015-36. Die Beklagte beauftragte direkt den MDK mit der Prüfung (§ 6 Abs. 1 Buchst. e PrüfvV) noch innerhalb der Sechs-Wochen-Frist nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse (§ 6 Abs. 2 Satz 2 PrüfvV). Der MDK zeigte dem Krankenhaus die Einleitung der MDK-Prüfung, einschließlich des Datums seiner Beauftragung, unverzüglich mit Schreiben vom 14.03.2016 an (§ 6 Abs. 3 Satz 1 PrüfvV).

Der MDK bezeichnete hinreichend eindeutig die Prüfmethode.

In der Prüfanzeige des MDK sind die bei der Einleitung des Prüfverfahrens (§ 4) mitgeteilten Auffälligkeiten ggf. zu konkretisieren und, sofern in dem Vorverfahren weitere Erkenntnisse gewonnen wurden, zu ergänzen (§ 6 Abs. 3 Satz 2 PrüfvV). Der MDK teilte der Klägerin im Schreiben vom 14.03.2016 den Prüfauftrag mit. Soweit er in diesem Schreiben in der Betreffzeile über der Angabe zum Behandlungsfall mit dem Wort "Begehung" eine Prüfung vor Ort angekündigt haben sollte, hat er dies jedenfalls mit Schreiben vom 15.03.2016 widerrufen. Mit diesem Schreiben hat er verschiedene Unterlagen angefordert und damit eine Prüfung im schriftlichen Verfahren angekündigt. Ein Wechsel der Prüfart ist jedenfalls innerhalb der Sechs-Wochen-Frist nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse (§ 6 Abs. 2 Satz 2 PrüfvV) möglich. Im Übrigen ist zweifelhaft, ob im Schreiben vom 14.03.2016 tatsächlich eine Begehung angekündigt wurde, was aber hier dahinstehen kann.

Findet eine Verständigung über eine Prüfung vor Ort nicht statt oder ist sie nicht möglich, so entscheidet der MDK, ob er von seiner Befugnis nach § 276 Absatz 4 SGB V zu einer Prüfung vor Ort Gebrauch macht. In den übrigen Fällen erfolgt eine Prüfung im schriftlichen Verfahren (§ 7 Abs. 1 PrüfvV). Insofern konnte sich der MDK für eine Prüfung im schriftlichen Verfahren entscheiden.

Die PrüfvV ist auch auf vorliegendes Prüfverfahren anzuwenden, da es sich in erster Linie um eine Auffälligkeitsprüfung handelt.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist zwischen der Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit von der Prüfung bei Auffälligkeit zu unterscheiden. Das Gesetz überantwortet den Krankenkassen die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung, wenn Krankenhäuser GKV-Versicherte pflichtgemäß (vgl. § 39, § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V) behandeln. Das Überprüfungsrecht der Krankenkassen auf sachlich-rechnerische Richtigkeit besteht unabhängig von den engeren Anforderungen einer Auffälligkeitsprüfung (§ 275 SGB V). Es unterliegt einem eigenen Prüfregime. Es dient dazu, die Einhaltung der Abrechnungs- und Informationspflichten der Krankenhäuser zu überwachen. Es beruht auf § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i. V. m. mit den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen der Rechnungslegung in Einklang mit der historischen Gesetzesentwicklung. Das Gesetz lässt die erforderliche Übermittlung der Sozialdaten an die Krankenkassen für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit zweckgerecht zu. Die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung betrifft die Erfüllung der gesetzlichen und untergesetzlichen Informations- und Abrechnungs-Vorgaben für das Krankenhaus durch zutreffende tatsächliche Angaben und rechtmäßige Abrechnung auf dieser Grundlage. Das Krankenhaus verschafft damit der Krankenkassen Kenntnis vom abrechnungsrelevanten Behandlungsgeschehen und der Anwendung der hierauf bezogenen Abrechnungsregelungen (vgl. BSG, Urt. v. 23.05.2017 - B 1 KR 24/16 R - SozR 4-2500 § 301 Nr. 8, juris Rdnr. 16 f.). Die PrüfvV ist daher auf die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit nicht anzuwenden (vgl. BSG, Urt. v. 23.05.2017 - B 1 KR 24/16 R - SozR 4-2500 § 301 Nr. 8, juris Rdnr. 30).

Auffälligkeiten, die die Krankenkasse zur Einleitung einer Abrechnungsprüfung unter Anforderung einer gutachtlichen Stellungnahme des MDK berechtigen, bestehen, wenn die Abrechnung und/oder die vom Krankenhaus zur ordnungsgemäßen Abrechnung vollständig mitgeteilten Behandlungsdaten und/oder weitere zulässig von der Krankenkasse verwertbare Informationen Fragen nach der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots aufwerfen, die die Krankenkasse aus sich heraus ohne weitere medizinische Sachverhaltsermittlung und -bewertung durch den MDK nicht beantworten kann (vgl. BSG, Urt. v. 23.05.2017 - B 1 KR 24/16 R - SozR 4-2500 § 301 Nr. 8, juris Rdnr. 36). Hier war in erster Linie die Erforderlichkeit der stationären Krankenhausbehandlung für den gesamten Zeitraum und damit die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots streitig. Diese Frage ist Gegenstand der Auffälligkeitsprüfung.

§ 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 PrüfvV beruhen auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage.

§ 17c Abs. 2 KHG ermächtigt die Vertragspartner der PrüfvV auch zu abweichenden Regelungen zu § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V, also zur Frist zu Einleitung des Prüfverfahrens. Die Ermächtigung zu den weiteren Verfahrensregelungen beinhaltet auch die Ermächtigung zur Regelung der aus der Nichteinhaltung folgenden Konsequenzen.

Bereits der Wortlaut der Regelung des § 17c Abs. 2 KHG legt nahe, dass den Vertragsparteien ein gewisser Spielraum eingeräumt worden ist, welche Inhalte sie für regelungsbedürftig und -relevant halten, indem das "Nähere zum Prüfverfahren nach § 275c SGB V" geregelt werden kann. Die Gesetzesbegründung weist diesbezüglich darauf hin, dass die Benennung der zu vereinbarenden Regelungsinhalte in § 17c Abs. 2 KHG nicht abschließend sei (BT-Drs. 17/13947, S. 38). Außerdem nennt die Gesetzbegründung auch beispielhaft die Abwicklung von Rückforderungen und die Zulässigkeit von Aufrechnungen mit offenen Forderungen (BT-Drs. 17/13947, S 38), weshalb auch die Voraussetzungen dieser Sachverhalte einer Regelung in der PrüfvV zugänglich sind. Den Vertragsparteien ist damit ein Spielraum eingeräumt, die Modalitäten für die Abrechnungsprüfungen festzulegen. Dazu können Regelungen zur Prüfungsdauer und zu Fristen für die Einreichung von Unterlagen gehören; es liegt im Interesse beider Beteiligten, in absehbarer Zeit Klarheit zu erhalten und eine zügige endgültige Abrechnung zu gewährleisten. Um die Einhaltung von Fristen durch die Vertragsparteien sicher zu stellen, können auch Folgen bei Vorliegen von Fristversäumnis vereinbart werden (so bereits LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.04.2018 - L 11 KR 936/17 - juris Rdnr. 52).

Den in der Instanzenpraxis angeführten Überlegungen zum Fehlen einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage (vgl. SG Kassel, Gerichtsb. v. 25.11.2016 - S 12 KR 512/15 - juris Rdnr. 54 ff.; SG Kassel, Urt. v. 14.02.2018 - S 12 KR 171/17 - juris Rdnr. 45 ff.; SG Gießen, Urt. v. 10.11.2017 - S 7 KR 70/16 - juris Rdnr. 30 ff.; SG Detmold, Urt. v. 31.03.2017 - S 24 KR 230/16 - juris Rdnr. 31 f.; SG Darmstadt, Urt. v. 28.08.2017 S 8 KR 466/16 - Umdruck. S. 8 ff.; SG Duisburg, Urt. v. 20.10.2017 - S 9 KR 865/17 - Umdruck. S. 6 ff.; SG Lüneburg, Urt. v. 22.02.2018 - S 9 KR 192/15 - juris Rdnr. 19 ff.; SG Freiburg, Urt. v. 10.07.2018 - S 13 KR 3640/17 - Umdruck. S. 7 f.) vermochte die Kammer nicht zu folgen.

Die Kammer hält es nicht für zwingend, dass die Ermächtigung zu Verfahrensfristen nicht auch zu materiellen Einwendungs- und Ausschlussfristen ermächtigt, wie die Möglichkeit. eine abweichende Regelung zur Sechs-Wochen-Frist zu treffen zeigt. Auch wäre ein Sinn von Fristen, deren Nichteinhaltung keine Konsequenzen hat, nicht ersichtlich. Eine Verjährung gilt ganz allgemein und schließt engere Verfahrensfristen nicht grundsätzlich aus. § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV muss, anders als in §§ 6 Abs. 2, 8 PrüfvV, nicht ausdrücklich als Ausschlussfrist bezeichnet werden, das § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV die Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Frist regelt. § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV ist auch hinreichend bestimmt. Aus dem Prüfantrag wird hinreichend deutlich, welcher Teil der Rechnung strittig ist. Es kann ohne weiteres eine Vergleichsberechnung unter Wegfall des strittigen Teils ergehen, so dass aus der Differenz auch der strittige Teil in Euro berechnet werden kann. Jedenfalls wenn wie vorliegend die Erforderlichkeit der gesamten Behandlung strittig ist, besteht kein unstrittiger Rechnungsbetrag. Als untergesetzliche Rechtsnorm bindet die PrüfvV die Gerichte, sofern kein Verstoß gegen höherrangiges Recht vorliegt. Insofern wird auch der Amtsermittlungsgrundsatz der Krankenkasse als auch des Gerichts beschränkt. Die Frist von vier Wochen erscheint nicht als unangemessen kurz. Die Übersendung von Behandlungsunterlagen innerhalb dieser Frist erscheint zumutbar. Insofern gibt bereits der Gesetzgeber eine sechswöchige Frist vor. BSG, Urt. v. 19.04.2016 - B 1 KR 33/15 R - BSGE 121, 101 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 57 betrifft einen Behandlungsfall im Jahr 2009 und damit vor Geltung der PrüfvV.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.

In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG). Der Streitwert folgte aus der Klageforderung.
Rechtskraft
Aus
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