Klinikhygiene

Gesetzesvorgaben fernab der Realität?

Multiresistente Erreger sehen Klinikmitarbeiter heute als größere Herausforderung an als nosokomiale Infektionen. Handlungsempfehlungen der KRINKO greifen für sie zu kurz.

Veröffentlicht:
Hygiene ist überaus wichtig: Bis zu 600.000 Menschen infizieren sich nach Berechnungen jedes Jahr mit Krankenhauskeimen.

Hygiene ist überaus wichtig: Bis zu 600.000 Menschen infizieren sich nach Berechnungen jedes Jahr mit Krankenhauskeimen.

© ChaNaWiT / Getty Images / iStock

FRANKFURT/MAIN. Bis zu 600.000 Menschen infizieren sich nach Berechnungen des Nationalen Referenzzentrums für die Surveillance nosokomialer Infektionen an der Berliner Charité (NRZ) jedes Jahr mit Krankenhauskeimen, wie zum Beispiel dem Multiresistenten Staphylococcus Aureus (MRSA). Ein Drittel der Krankenhausinfektionen ist laut NRZ vermeidbar. Nosokomiale Infektionen und mehr noch multiresistente Erreger (MRE) sind somit große allgegenwärtige Herausforderungen im klinischen Versorgungsalltag.

Viele Maßnahmen zum Schutz der Patienten und Mitarbeiter basieren auf Gesetzen wie dem Infektionsschutzgesetz (IfSG), dem Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) und Empfehlungen von Institutionen wie der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut (KRINKO). Doch reichen diese in ihrer aktuellen Form aus, um die Hygieneproblematik in den Griff zu bekommen? Zweifel daran äußerten Klinikmitarbeiter im Rahmen des Hygieneradars 2018 des Dienstleisters Wisag Facility Service Holding und des Hygieneinstituts Hybeta.

An der nicht-repräsentativen Online-Befragung haben nach Unternehmensangaben 210 Fachkräfte – rund die Hälfte davon ist mit dem Hygienemanagement betraut – aus Kliniken aller Größenordnungen teilgenommen. Fast ein Drittel der Teilnehmer hält demnach die rechtlichen und institutionellen Vorgaben für nicht ausreichend, um nosokomiale Infektionen in den Griff zu bekommen. Die Frage, ob das KHSG effektiv dazu beiträgt, nosokomiale Infektionen zu vermeiden, bejahten nur 22,9 Prozent der Befragten, 38,2 Prozent verneinten sie, der Rest konnte sich nicht entscheiden. Selbst bei den Vorgaben der KRINKO – für 70 Prozent der Antwortenden die wichtigste Instanz bei der Bekämpfung nosokomialer Infektionen – stimmten nur 46,6 Prozent zu, dass sie ausreichen, um den Hygienestandard zu verbessern. 35,8 Prozent verneinten die Aussage, 17,6 Prozent gaben an, es nicht zu wissen.

Im Vergleich zu den nosokomialen Krankenhausinfektionen (42 Prozent) sehen die Befragten mit 58 Prozent MRE aktuell als die größere Hygiene-Herausforderung für Kliniken an – angesichts zunehmender Antibiotikaresistenzen ist dieses Votum nachvollziehbar. Doch letztlich sind beide Themen eng miteinander verbunden: Schließlich kann die Antibiotikaresistenz auch Erreger nosokomialer Infektionen betreffen.

Damit wächst der Handlungsdruck, da der Rückgriff auf bislang bewährte Antibiotika teilweise nicht mehr möglich ist. Für Kliniken kommt erschwerend hinzu, dass offenbar viele ihrer Ärzte – unabhängig von der Fachrichtung – über MRE und die rationale Antibiotikatherapie wohl, wie eine Studie zeigt, zu wenig wissen . (maw)

Mehr zum Thema

Heimbeatmung

Helios Klinik Leisnig erweitert ihr intensivmedizinisches Angebot

Geschäftsjahr 2023

Asklepios steigert Umsatz und Gewinn

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen