Säuglingssterben in Bremen: Kein guter Ort für Frühchen

In keinem anderen Bundesland sind die Überlebenschancen für Frühgeborene so schlecht wie in Bremen. Das kann an mangelnder Spezialisierung der Kliniken liegen.

Extreme Frühchen brauchen eine spezialisierte Versorgung Foto: dpa

BREMEN taz | In Bremen sterben mehr Frühgeborene als in jedem anderen Bundesland*. Während im Bundesdurchschnitt 2017 1,77 Prozent aller zu früh geborenen Kinder starben und in Brandenburg nur 0,6 Prozent, waren es in Bremen 2,46 Prozent. Das geht aus den Daten des statistischen Bundesamts hervor. Als zu früh geboren gelten dabei alle Kinder, die vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche zur Welt kamen oder unter 2.500 Gramm bei der Geburt wogen.

Als Ursache für eine hohe Sterblichkeitsrate vor allem von extremen Frühgeborenen haben Expert*innen einen Mangel an Erfahrung in den Geburtskliniken ausgemacht. Hier sei „die Studienlage eindeutig“, hatte im Dezember Rainer Rossi, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Vivantes-Klinikums in Berlin-Neukölln gesagt. Der Anlass war die Vorstellung des Qualitätsmonitors 2019, einer gemeinsamen Publikation des Vereins Gesundheitsstadt Berlin, des Wissenschaftlichen Instituts der AOK und der Initiative Qualitätsmedizin (IQM). Internationale Untersuchungen hätten belegt, so Rossi, dass in Kliniken mit höherer Fallzahl und besserer Ausstattung eine bessere Qualität erbracht werde.

Für die These spricht auch, dass die Überlebenschancen im Osten besser sind als im Westen – und es dort weniger so genannte Perinatalzentren des Levels 1 gibt, die auf die Versorgung von Risikoschwangerschaften und Frühgeburten spezialisiert sind.

In Bremen gibt es derzeit noch zwei dieser Zentren. Eins am Klinikum Links der Weser und eins in Bremen-Nord. Diese sollen aufgelöst werden, sobald das Eltern-Kind-Zentrum im neu gebauten Klinikum Mitte fertig ist – frühestens Ende des Jahres. In Mitte befindet sich auch die Kinderklinik.

„Das ist sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus medizinischer Sicht genau richtig“, sagt der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Rainer Bensch. Es gebe neue Richtlinien zum Betreuungsverhältnis, die gar keine andere Entwicklung zuließen. Dennoch hatte er kürzlich Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) um einen Bericht zur Versorgung von Frühgeborenen gebeten, den sie am heutigen Dienstag in der Gesundheitsdeputation vorstellt. Danach kamen 2017 im Land Bremen 1.089 Frühchen zur Welt, zwei Drittel davon in den beiden städtischen Klinikum Links der Weser und Bremen-Nord.

„Wir stehen hinter der Entscheidung“, sagt Bensch. Er habe aber wissen wollen, inwiefern die Schließungen mehrerer Kliniken im niedersächsischen Umland eine Neuplanung notwendig machen würden. Erst im Februar hatte die Helios-Klinik Nordenham ihren Kreißsaal geschlossen, dort wurden zuletzt 321 Kinder jährlich geboren. Die nächste Klinik mit einer geburtshilflichen Abteilung, in der auch Frühgeborene versorgt werden können, ist in Bremerhaven. Dort streiten sich das städtische Krankenhaus und die private Ameos-Klinik um den Betrieb der Neonatologie, zudem fehlen spezialisierte Kinderärzt*innen.

Doch die Gesundheitssenatorin hält die Planungen für ausreichend. „Insgesamt ist davon auszugehen, dass sowohl der geburtshilfliche als auch der neonatologische Behandlungsbedarf gedeckt werden kann“, heißt es in der Antwort auf die CDU-Berichtsbitte. Zudem seien im vergangenen Jahr in Bremen wieder weniger Kinder zur Welt gekommen als im Vorjahr. In den Jahren 2016 und 2017 waren die Geburtenzahlen jeweils gestiegen.

Rainer Bensch, CDU

„Das ist sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus medizinischer Sicht genau richtig“

Ob in Bremen anteilig mehr Kinder zu früh zur Welt kommen, ließ sich am Montag wegen des Karneval-Feiertags nicht klären. Auf der Homepage des statistischen Bundesamts mit Sitz in Wiesbaden finden sich nur die Daten bis 2013. Demzufolge liegt Bremen im Durchschnitt.

*Dieser Artikel enthält einen Fehler: Die ausgewertete Statistik lässt keinen Rückschluss auf die Todesursache zu. Hier steht die Berichtigung.

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