L 1 KR 68/18

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 56 KR 1970/14
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 68/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin ist der Krankenversicherer der Frau H., geboren am xxxxx 1941 (im Weiteren: Versicherte). Die Beklagte betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Die Versicherte befand in der in der Zeit vom 13. bis 20. Januar 2012 und vom 24. Januar bis 1. Februar 2012 in stationärer Behandlung im Krankenhaus der Beklagten. Sie wurde aufgrund einer verdächtigen Raumforderung im rechten Lungenoberlappen aufgenommen. Es bestand der Verdacht auf ein Adenokarzinom der Lunge, nachdem die Versicherte fünf Jahre zuvor bereits unter einer onkologischen Erkrankung litt. Während des ersten Aufenthaltes wurde die Versicherte am 16. Januar 2012 operiert, wobei die Raumforderung mittels Keilresektion entfernt und das Gewebe analysiert wurde. Das Ergebnis des Schnellschnitts wurde noch während der OP mitgeteilt. In einem vorläufigen pathologischen Bericht vom 18. Januar 2012 hieß es dann, dass es sich am ehesten um ein primäres Lungenkarzinom handele, zur Diagnoseabsicherung aber noch weitere Untersuchungen erforderlich seien. Am Morgen des 20. Januar 2012, einem Freitag, wurde die Versicherte in die ambulante Weiterbehandlung entlassen. Die Ergebnisse der endgültigen histologischen Untersuchung lagen der Beklagten am Abend des 20. Januar 2012 vor. Am 24. Januar 2012 wurde die Versicherte wieder stationär aufgenommen und es erfolgten eine Lobektomie des Oberlappens rechts sowie eine radikale Lymphadenektomie.

Für den ersten Aufenthalt rechnete die Beklagte die D. (D.) E06C (Andere Lungenresektionen, Biopsie an Thoraxorganen und Eingriffe an Thoraxwand, Pleura und Mediastinum ohne äußerst schwere CC, Alter ) 15 Jahre) mit einem Entgelt in Höhe von 5.706,81 EUR ab und für den zweiten Aufenthalt die D. E05B (Andere große Eingriffe am Thorax ohne äußerst schwere CC, bei bösartiger Neubildung) mit einem Entgelt in Höhe von 8.584,51 EUR.

Die Klägerin beglich die beiden Rechnungen am 24. Februar 2012 und 29. März 2012 in voller Höhe. Zur Überprüfung der Abrechnungen schaltete sie den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein, welcher in seinem Gutachten vom 11. November 2013 zu dem Ergebnis gelangte, dass die beiden Behandlungsfälle zusammenzufassen und mit der D. E05B abzurechnen seien.

Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 15. April 2014 mitteilte, dass sie das Gutachten des MDK nicht akzeptiere und den damit konkludent geltend gemachten Erstattungsanspruch nicht anerkannte, hat die Klägerin am 29. Dezember 2014 Klage erhoben. Zur Begründung beruft sie sich auf das Gutachten des MDK und macht geltend, die durchgeführte Behandlung in zwei getrennten Aufenthalten habe nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprochen. Es handele sich vorliegend nicht um zwei selbstständige medizinische Behandlungsfälle, die mit jeweils einer D.-Fallpauschale abzurechnen wären. Vielmehr habe die Klägerin einen noch nicht abgeschlossenen Behandlungsfall unzutreffend in zwei Abrechnungsfälle aufgeteilt (sog. Fallsplitting). Es habe bereits vor der Entlassung der Versicherten am 20. Februar 2012 festgestanden, dass die medizinische Notwendigkeit zur weiteren stationären Behandlung bestanden habe. Die Versicherte hätte daher in der Zeit vom 20. bis 24. Januar 2012 lediglich beurlaubt werden dürfen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 19. Juni 2018 abgewiesen. Rechtsgrundlage eines Vergütungsanspruchs für eine Krankenhausbehandlung sei § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntG), die Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2012 (FPV 2012) sowie der am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Vertrag Allgemeine Bedingungen Krankenhausbehandlung vom 19. Dezember 2002 zwischen der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft e.V. und den Verbänden der Krankenkassen (Vertrag nach § 112 SGB V). Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse für die Krankenhausbehandlung entstehe unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolge und gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich sei. Im vorliegenden Fall stehe fest, dass die stationäre Behandlung der Versicherten erforderlich gewesen sei. Die Beklagte habe den Behandlungsfall nach Überzeugung der Kammer auch zu Recht mit zwei Krankenhausbehandlungen abgerechnet. Die Voraussetzungen für eine Fallzusammenführung nach der FPV 2012 seien nicht erfüllt. Eine Fallzusammenführung nach § 2 FPV 2012 sei nicht vorzunehmen gewesen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 FPV 2012 habe das Krankenhaus eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen, wenn ein Patient oder eine Patientin innerhalb der oberen Grenzverweildauer, bemessen nach der Zahl der Kalendertage ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts, wieder aufgenommen werde und für die Wiederaufnahme eine Einstufung in dieselbe Basis-D. vorgenommen werde. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da keine Einstufung in dieselbe Basis-D. erfolgt sei. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 FPV 2012 sei eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale auch dann vorzunehmen, wenn ein Patient oder eine Patientin innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen werde und innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe (MDC) die zuvor abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische Partition" oder die "andere Partition" und die anschließende Fallpauschale in die "operative Partition" einzugruppieren sei. Ein Partitionswechsel sei vorliegend nicht gegeben. Die erneute Aufnahme der Versicherten beruhe auch nicht auf einer Komplikation im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 FPV 2012. Ein unzulässiges Fallsplitting liege auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Beurlaubung vor. Nach § 1 Abs. 7 Satz 4 FPV 2012 liege eine Beurlaubung vor, wenn ein Patient mit Zustimmung des behandelnden Krankenhausarztes die Krankenhausbehandlung zeitlich befristet unterbreche, die stationäre Behandlung jedoch noch nicht abgeschlossen sei. Bei Fortsetzung der Krankenhausbehandlung nach einer Beurlaubung liege nach § 1 Abs. 7 Satz 5 FPV 2014 keine Wiederaufnahme im Sinne von § 2 FPV 2012 vor. Die Versicherte habe bei Entlassung am 20. Januar 2012 nicht mit Zustimmung des Krankenhausarztes eine Krankenhausbehandlung zeitlich unterbrochen. Bereits aus der Formulierung der Vorschrift folge, dass die Initiative zur Beurlaubung regelmäßig vom Patienten selbst ausgehe. Nach der Vorschrift sei er es selbst, der die Behandlung aktiv unterbreche. Der behandelnde Arzt stimme dem Begehren nach einer Unterbrechung der Behandlung im Regelfall lediglich zu, initiiere diese aber nicht. Eine Beurlaubung in diesem Sinne sei vorliegend nicht erfolgt. Die Behandlung sei nicht auf Veranlassung der Versicherten unterbrochen worden. Ob eine weitere stationäre Krankenhausbehandlung notwendig sein würde, habe bei der Entlassung zudem noch nicht festgestanden. Erst nach Kenntnis der Histologie und der Diskussion in der Tumorkonferenz habe das weitere Vorgehen geplant werden können. Dies ergebe sich bereits aus dem Entlassungsbericht vom 20. Januar 2012, indem festgehalten sei, dass die Versicherte am 24. Januar 2012 zur thoraxchirurgischen Kontrolluntersuchung und Befundbesprechung ambulant wieder vorstellig werden und nur für den Fall, dass der endgültige histologische Befund ein Adenokarzinom der Lunge bestätigen sollte, am selben Tag eine stationäre Aufnahme erfolgen sollte. Dass die Versicherte am 24. Januar 2012 aufgrund des Ergebnisses der histologischen Untersuchung tatsächlich stationär aufgenommen wurde, rechtfertige keine Wertung des ersten Aufenthalts als lediglich unterbrochene Behandlung und lasse auch keine Wertung der zwischen den Aufenthalten liegenden Zeit als Beurlaubung zu. Soweit das Bundessozialgericht in der Entscheidung vom 28. März 2017 (B 1 KR 29/16 R) festgestellt habe, dass in jenem Verfahren das klagende Krankenhaus den Patienten hätte beurlauben müssen anstatt ihn zu entlassen, folge daraus für den hiesigen Fall nicht, dass auch hier eine Beurlaubung vorzunehmen gewesen wäre, denn die Fälle seien schon nicht vergleichbar. In jenem Fall sei die Beendigung des ersten Krankenhausaufenthaltes auf Wunsch des Patienten zur Einholung einer Zweitmeinung und damit letztlich auf Initiative des Patienten erfolgt. Die Vergütung der Klägerin sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines fiktiven wirtschaftlichen Alternativverhaltens zu kürzen. Denn im vorliegenden Fall habe die Klägerin sachgerechte Gründe dafür gehabt, die Versicherte am 20. Januar 2012 zunächst zu entlassen und sie erst am 24. Januar 2012 wieder aufzunehmen. Es gebe keine Anhaltspunkte für ein planvolles medizinisch überflüssiges Fallsplitting. Bei der Versicherten sei zwar bereits während der ersten Operation im Schnellschnitt ein Adenokarzinom festgestellt worden. Wie sich aus dem Entlassungsbericht ergebe, habe hierbei aber noch nicht abschließend geklärt werden können, ob es sich um einen Primärtumor der Lunge oder aber um eine Metastase handelte. Dass die Beklagte nach Durchführung der Gewebeentnahme das weitere Vorgehen erst nach Erhalt der Histologie erörtern wollte, sei in keiner Weise zu beanstanden. Die Beklagte habe nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass für den Fall, dass es sich nicht um ein Primärkarzinom, sondern um eine Metastase gehandelt hätte, ein gänzlich anderes Vorgehen indiziert gewesen wäre, das nicht zwingend eine erneute stationäre Aufnahme beinhaltet hätte. Der Behandlungsfall sei nach dem ersten stationären Aufenthalt abgeschlossen gewesen. Ein längeres Verweilen im Krankenhaus, um das Ergebnis der Histologie abzuwarten, wäre als Fehlbelegung zu werten gewesen, da die Notwendigkeit, die besonderen Mittel eines Krankenhauses in Anspruch zu nehmen, für einen solchen Zeitraum nicht bestanden hätte. Ein Behandlungsablauf, der die sorgfältige medizinische Prüfung und das operative Vorgehen in einem einzigen stationären Aufenthalt biete, dabei realistisch die organisatorischen Bedingungen eines Krankenhauses berücksichtige, ohne auch nur einen einzigen Fehlbelegungstag zu produzieren, sei kaum denkbar. Es handele sich nach den gesamten Umständen im vorliegenden Fall nicht um eine Entlassung im betriebswirtschaftlichen Eigeninteresse.

Mit der am 12. Juli 2018 gegen das ihr am 2. Juli 2018 zugestellte Urteil eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, dass zwar die endgültige Histologie erst nach der Entlassung der Versicherten am 20. Januar 2012 vorgelegen habe, dass es aber bereits am 18. Januar 2012 eine Vorab-Information gegeben habe. Danach habe eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Wiederaufnahme bestanden. Nach der Rechtsprechung des BSG seien die Fälle daher zusammenzuführen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 19. Juni 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.706,81 Euro nebst 2 % Zinsen über den jeweiligen Basiszinssatz ab 29. Dezember 2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27. März 2014, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte (VA) der Beklagten und der Krankenakte des Klägers verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.

Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die eingeklagte Rückforderung, da die Beklagte zu Recht zwei Behandlungsfälle abgerechnet hat. Die Voraussetzungen für eine Fallzusammenführung haben nicht vorgelegen. Dies hat das Sozialgericht zutreffend erkannt. Es wird daher zunächst auf die Entscheidungsgründe des Sozialgerichtes Bezug genommen.

Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

Die hier streitigen Vorgaben des BSG ergeben sich vor allem aus den Entscheidungen vom 10. März 2015 (B 1 KR 3/15 R) und vom 28. März 2017 (B 1 KR 29/16 R).

Aus der älteren Entscheidung folgt, dass die erfolgte Behandlung – auch wenn sie sachlich-rechnerisch richtig ist – darauf überprüft werden muss, ob sie wirtschaftlicher hätte erfolgen können. In Bezug auf das Fallsplitting ist daher zu klären, ob es möglich gewesen wäre, die Behandlung als einen einheitlichen Behandlungsfall durchzuführen. Das Krankenhaus soll dabei bereits bei der Behandlungsplanung gezwungen sein, die Möglichkeit wirtschaftlichen Alternativverhaltens zu prüfen und ggf. zu nutzen und hierfür soll die Feststellung nötig sein, dass ein abweichendes Vorgehen bei Planung und Durchführung der Behandlung der Versicherten geeignet, ausreichend und erforderlich war einschließlich der Vorsorge für eine zeitgerechte Auswertung des histologischen Befundes. Krankenhäusern sei es verwehrt, vorzeitige ("blutige") Entlassungen im betriebswirtschaftlichen Eigeninteresse vorzunehmen, um z.B. durch ein planvolles, medizinisch überflüssiges Fallsplitting Zusatzeinnahmen zu erzielen.

Die jüngere Entscheidung macht dann Vorgaben für die Interpretation des Begriffs der Beurlaubung, wie er von der FPV gebraucht wird. Eine Beurlaubung setzt danach nach Wortlaut und Regelungssystem eine bereits zum Zeitpunkt der Unterbrechung der Krankenhausbehandlung beabsichtigte Wiederaufnahme in das Krankenhaus voraus. Hierfür soll es genügen, dass der Therapieplan des Krankenhauses eine Wiederaufnahme in überschaubarer Zeit vorsieht. Es müsse nicht etwa bereits zum Zeitpunkt der Unterbrechung der Krankenhausbehandlung feststehen, dass der Patient nach der Unterbrechung wieder aufgenommen werde. Eine solche Anforderung könnten derartige Zukunftsplanungen aufgrund der Unkenntnis über die Zukunft nie erfüllen. Vielmehr reiche es hierfür aus, dass das Krankenhaus bei der Behandlungsunterbrechung die Indikation für die Wiederaufnahme stelle, um die Behandlung zeitnah fortzusetzen.

Aus diesen Vorgaben ergibt sich eine zweistufige Prüfung: 1. War die Behandlung ohne zeitliche Unterbrechung möglich, wenn sich das Krankenhaus gut organisiert hätte? 2. Wenn nein, war im Zeitpunkt der Behandlungsunterbrechung die Indikation für die Wiederaufnahme gestellt, um die Behandlung zeitnah fortzusetzen? Dann muss nach der Rechtsprechung des BSG von einer Beurlaubung ausgegangen werden.

Für die Subsumption des streitigen Sachverhalts ergibt sich daraus: Auf der ersten Prüfungsstufe ist festzustellen, dass sicher keine Möglichkeit bestand, die Behandlung so zu organisieren, dass nur ein Aufenthalt erforderlich gewesen wäre. Der endgültige histologische Befund stand am Freitagabend (20. Januar 2012) zur Verfügung; die dadurch nötig werdende Lungenflügelentfernung wäre als schwere und risikoreiche OP nicht am Wochenende realisierbar gewesen. Die vorbereitete Terminierung für den Dienstag der kommenden Woche (24. Januar 2012) ist schon als zügig anzusehen. Nach Ansicht des Senates können bei dieser Prüfung auch keine übersteigerten Anforderungen an die Organisationsabläufe des Krankenhauses in dem jeweiligen konkreten Fall gestellt werden. Denn es würde die Komplexität eines Krankenhausbetriebes verkennen, wenn man allein darauf abstellt, ob die Abläufe in dem konkreten Fall hätten beschleunigt werden können, ohne dabei zu berücksichtigen, dass zur gleichen Zeit in dem Krankenhaus eine Vielzahl ähnlicher Prozesse zu bedienen waren und daher eine solche Organisation zu wählen ist, die eine effektive Bearbeitung aller Behandlungsfälle gleichzeitig ermöglicht. Bei einer solchen Betrachtung wirkt sich dann nämlich aus, dass jede Beschleunigung des einen Behandlungsprozesses auf Kosten der Geschwindigkeit der Bearbeitung eines anderen geht. Hier einen effektiven Ausgleich zu schaffen, ist zu allererst Sache des Krankenhauses selbst.

Auf der zweiten Stufe der Prüfung bleibt die Frage, ob die Beklagte bei der Entlassung am 20. Januar 2012 bereits die Indikation für eine Wiederaufnahme stellte, um die Behandlung zeitnah fortzusetzen und deshalb nicht eine Entlassung, sondern eine Beurlaubung hätte vornehmen müssen. Dies ist zur Überzeugung des Senates zu verneinen. Zutreffend hat das Sozialgericht insoweit auf die Unterschiede zu dem vom BSG entschiedenen Fall hingewiesen. Dort hing es von der Entscheidung des Patienten ab, ob eine Wiederaufnahme stattfinden würde. Dieser wollte eine Zweitmeinung einholen. Für das Krankenhaus hingegen stand fest, dass und welche stationäre Behandlung erforderlich gewesen wäre. Genau das war vorliegend gerade nicht der Fall. Nach der vorläufigen Histologie sprach zwar einiges dafür, dass eine erneute OP notwendig sein würde. Letztlich musste für die Entscheidung jedoch die endgültige Histologie abgewartet werden. Zutreffend hat das Sozialgericht auch darauf hingewiesen, dass die Unterschiede in den Behandlungsalternativen je nach Ergebnis der Histologie so unterschiedlich gewesen wären, dass ein Vorgreifen vor dem Ergebnis nicht möglich gewesen wäre.

Der Senat hält auch eine Interpretation des Begriffs "Beurlaubung", die den vorliegenden Fall erfassen würde, für mit dem Wortlaut nicht vereinbar. Der Begriff der Beurlaubung setzt voraus, dass es etwas gibt, von dem beurlaubt werden kann. Das ist in Fällen der vorliegenden Art nicht erkennbar. Eine Beurlaubung kann sich nur auf die stationäre Behandlung beziehen. Eine stationäre Behandlung darf nur stattfinden, wenn sie erforderlich im Sinne des § 39 SGB V ist. Solange nicht geklärt ist, ob eine stationäre Behandlungserforderlichkeit gegeben ist, kann damit von einer solchen auch nicht beurlaubt werden. Denn wo keine stationäre Behandlungsbedürftigkeit geben ist, kann ebenso wenig eine Beurlaubung vorliegen. Der Zeitraum, in dem ein Arbeiter zwischen zwei Beschäftigungen arbeitslos ist, ist auch kein Urlaub, sondern Arbeitslosigkeit. Diese Interpretation wird dadurch bestärkt, dass der Gesetzgeber hier inzwischen eine Regelung getroffen hat: Mit Wirkung zum 1. Januar 2019 wurde § 8 Abs. 5 Krankenhausentgeltgesetz dahingehend ergänzend, dass "in anderen als den vertraglich oder gesetzlich bestimmten Fällen eine Fallzusammenführung aus Gründen des Wirtschaftlichkeitsgebotes nicht erforderlich" ist. Als Begründung für diese Änderung wird angegeben, "dass die von den Vertragsparteien auf Bundesebene in der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) getroffenen Abrechnungsbestimmungen zur Fallzusammenführung als abschließende Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsgebots zu verstehen sind (seien). Eine von den Regelungen der FPV abweichende oder darüber hinausgehende Argumentation zur Notwendigkeit einer Fallzusammenführung, die sich auf das Wirtschaftlichkeitsgebot stützt(e), ist (sei) damit nicht zulässig" (vgl. Ausschussdrucksache 19(14)38.1, Begründung zum Antrag 12).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er die Frage, ob in der vorliegenden Fallkonstellation von einer Beurlaubung ausgegangen werden könnte, für grundsätzlich hält.
Rechtskraft
Aus
Saved