Darmstadt-Dieburg: Kreiskliniken setzen auf Wechselprämien

Nur mit ausreichend Personal ist in den Kliniken eine sichere und gute Behandlung der Patienten möglich. Im Wettkampf ums Personal wird auch Geld eingesetzt: Postkarte der Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg. Archivfoto: dpa, Grafik: Kreiskliniken
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Kreiskliniken setzen auf Prämien, um offene Stellen zu besetzen. Darmstädter Krankenhäuser gehen andere Wege.

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DARMSTADT. Die Krankenhäuser in Südhessen tun sich schwer, geeignete Mitarbeiter für die Pflege zu finden. Längst ist ein regelrechter Wettkampf ums Personal entbrannt: Die Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg werben mit Postkarten und Flyern um „Mehr helfende Hände“. Sie bieten 5000 Euro, wenn Pflegekräfte zu ihnen wechseln.

Nur mit ausreichend Personal ist in den Kliniken eine sichere und gute Behandlung der Patienten möglich. Im Wettkampf ums Personal wird auch Geld eingesetzt: Postkarte der Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg. Archivfoto: dpa, Grafik: Kreiskliniken
Im Wettkampf ums Personal wird auch Geld eingesetzt: Postkarte der Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg. Grafik: Kreiskliniken

Die Kreiskliniken haben mit dieser Methode in den vergangenen drei Jahren bereits Gesundheits- und Krankenpfleger für die Intensivmedizin und der Inneren Medizin gesucht. Nun sind die Prämien auf medizinisch-technische Radiologieassistenten ausgeweitet worden, weil dort derzeit fünf Stellen offen sind. Im Pflegebereich gibt es 14 unbesetzte Stellen, sagt Annika Schmid, Pressesprecherin des Landkreises. Im Bereich des ärztlichen Dienstes sei die Lage ähnlich. „Hier suchen wir aktuell für acht Stellen standortübergreifend Ärztinnen und Ärzte“, so Schmid. Bezahlt werde nach „verschiedenen Tarifverträgen und Reglements“.

Die drei Darmstädter Kliniken lehnen solche Abwerbeversuche ab – obwohl sie alle auf der Suche nach Mitarbeitern sind. Besonders gefragt sind etwa am Alice-Hospital Pflege- und Fachpflegekräfte auf Intensivstationen, im OP- und Anästhesiebereich. Abwerbeprämien sind für Geschäftsführer Marcus Fleischhauer trotzdem aktuell keine Option: „Durch solche Prämien gibt es leider keine zusätzlichen Pflegekräfte oder andere Beschäftigte in Gesundheitsberufen, sodass unser grundsätzliches Problem im Gesundheitswesen hierdurch nicht gelöst wird.“

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Dem hohen Wettbewerbsdruck begegnet auch das Agaplesion Elisabethenstift nicht mit Einmalzahlungen. „Bisher haben wir davon abgesehen, Wechselprämien im näheren Umfeld zu platzieren“, so die Geschäftsführung. „Wir sind uns sicher, dass medizinische und pflegerische Fachkräfte sehr gut zwischen seriösen nachhaltigen Arbeitgebern und kurzfristigen Lockangeboten mit Einmaleffekt unterscheiden können.“

Scharfe Kritik kommt von der Klinikum Darmstadt GmbH. Solche Lockangebote seien unseriös, so Aufsichtsratvorsitzender André Schellenberg. Zumal gerade alle im Klinikverbund Hessen organisierten kommunalen Krankenhäuser – wozu auch die Kreiskliniken gehören – beschlossen hätten, gemeinsam eine Imagekampagne zu starten und sich nicht gegenseitig die Mitarbeiter abzuwerben. Statt Wechselprämien setzt das Klinikum auf zufriedene Mitarbeiter und „nachhaltige Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber“. Dazu gehörten flexible Dienstzeiten, Aus-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, aber auch die Bezahlung nach Tariflohn.

Übernahmeangebote für gute Auszubildende

Ganz ähnlich geht auch das Elisabethenstift vor: „Wir arbeiten sehr intensiv an der Verringerung von Belastungsspitzen und der besseren Planbarkeit von Arbeitszeit und Freizeit.“ Großen Wert lege man auch auf eine „langjährige Bindung“ der Mitarbeiter ans Haus, „was sich auch auf die Patientensicherheit und Qualität auswirkt“.

Ein wichtiger Punkt, den alle drei Kliniken betonen, ist die Ausbildung. „Wir bilden aus, um damit den Fachkräftemangel an der Wurzel anzupacken“, sagt Fleischhauer. Über diesen Weg könne man neue Mitarbeiter gewinnen, da sehr viele der Auszubildenden im Anschluss an ihre Ausbildung am Alice-Hospital bleiben. Am Klinikum bekommen Auszubildende mit guten Leistungen frühzeitige Übernahmeangebote. Von 50 Absolventen in der Gesundheits- und Krankenpflege samt operationstechnischen Assistenten haben bereits mehr als 30 die Arbeitsverträge ab Oktober 2019 unterschrieben. Geplant sei auch, die derzeit 130 Ausbildungsplätze auszubauen. Auch im Ausland werden verstärkt Pflegekräfte gesucht.

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Die Bundesregierung geht einen ganz anderen Weg, um eine Unterbesetzung in den Bereichen Intensivmedizin, Geriatrie, Kardiologie und Unfallchirurgie zu vermeiden. Sie hat Personaluntergrenzen festgelegt. Kliniken, die sich nicht an die Vorgaben halten, müssen Vergütungsabschläge hinnehmen.