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Start-up SeDiDoc

Leipziger Gründer entwickeln Plattform gegen den Ärztemangel

Wird in einem Krankenhaus ein Mediziner gebraucht, hilft SeDiDoc bei der Vermittlung.

Wird in einem Krankenhaus ein Mediziner gebraucht, hilft SeDiDoc bei der Vermittlung.

Leipzig. Beim Thema Ärztemangel läuft die junge Frau zur Höchstform auf. „Würden die Krankenhäuser mehr Aufträge an externe Mediziner vergeben, wäre schon viel erreicht“, sagt Dr. Dilan Sinem Sert. Bis vor Kurzem hat die Gynäkologin in einem Krankenhaus in Düsseldorf gearbeitet. Immer wieder fielen auf ihrer Station Kollegen aus, weil sie selbst oder die Kinder erkrankt waren. Die Belastungen für das verbleibende Personal sei dadurch enorm gestiegen. Sogar OPs mussten abgesagt werden

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„Die Dienste hätten freiberufliche Ärzte übernehmen können“, sagt die 29-Jährige. „Aber diese zu erreichen, das war und ist das eigentliche Problem.“ Und dann zählt sie auf: Die Station meldet den Bedarf dem Chefarzt, der wendet sich an die Personalabteilung, diese geht auf Vermittlungsagenturen zu.

Ministerin Petra Köpping (M) würdigte die  Gründeridee und überreichte Dilan Sert (r) vom Leipziger Start-up SeDiDoc eine Urkunde

Ministerin Petra Köpping (M.) würdigte die Gründeridee und überreichte Dilan Sert (r.) vom Leipziger Start-up SeDiDoc eine Urkunde. Zum jungen Team gehören ferner Maurice Bernard, Daniel Mertens und Christiane Höper (von links).

Erst diese wenden sich dann an externe Medizinern mit der Bitte einzuspringen. „Und wenn sie nicht können, wird der nächste auf der Liste angerufen. Das kann so nichts werden.“ Die Frau suchte und fand eine Lösung: Sie entwickelte mit Freunden die Plattform SeDiDoc.

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Auf SeDiDoc melden medizinische Einrichtungen ihren Bedarf an – „das kann auch sehr kurzfristig sein“. Ärzte, die die Plattform nutzen, nehmen den Auftrag an, sofern es zeitlich passt. Nach erfolgreicher Vermittlung erhält die medizinische Einrichtung über SeDiDoc eine Rechnung.

Je mehr Ärzte verschiedener Fachrichtungen sich registriert haben, umso größer ist die Chance, dass die Krankenhäuser Ersatz für ihre ausgefallenen Mitarbeiter finden. Auch niedergelassene Ärzte haben, so Sert, oft Bedarf, ihre Praxis im Urlaubs- oder Krankheitsfall vertreten zu lassen.

Dass sie das neue Unternehmen in Leipzig an den Start gebracht hat, sei ihrem Mann zu verdanken. Der habe als Ingenieur eine neue Stelle in der Messestadt angenommen. Ein glücklicher Umstand, sagt sie, denn Sachsen sei für Gründer eine „richtig gute Adresse“.

Gefördert wird das Start-up durch ein Technologiegründerstipendium der Sächsischen Aufbaubank und mit Mitteln aus dem europäischen Sozialfonds. Ferner kann die Firma für ein Jahr Räumlichkeiten der Leipziger Gründerinitiative Smile nutzen.

Diesen Räumlichkeiten stattete am Dienstag Sachsens Gleichstellungs- und Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) einen Besuch ab. Sie dankte der Unternehmerin für ihre Teilnahme am Sächsischen Gründerinnenpreis und würdigte ihr mutiges wirtschaftliches Engagement. Das Konzept sei so einfach wie genial, zudem stoße SeDiDoc in einen Bereich vor, der alle betreffe. Als Gleichstellungsministerin freue sie sich besonders, dass das Start-up auch Frauen helfe, obwohl nicht ausschließlich für sie gemacht.

Deutschlandweit gibt es laut Gründerin Sert eine stille Reserve von bis 120 000 Ärzten, die in keiner Anstellung, in Ruhestand oder freiberuflich tätig sind, in Sachsen sind es rund 7000. „Darunter sind viele Frauen, die nach der Schwangerschaft nicht wieder in Vollzeit tätig sein wollen oder können. Arbeiten würden sie aber schon gern.“

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Bereits im Medizinstudium merkte sie, dass insbesondere Ärztinnen im Laufe ihres Lebens Schwierigkeiten hätten, ihre berufliche Kontinuität zu erhalten. „Das liegt unter anderem daran, dass die Führungsetage im Gesundheitswesen noch immer von Männern dominiert wird.“ Der wichtigste programmierte Karriereknick sei die Schwangerschaft. Mit SeDiDoc hätten die Frauen die Möglichkeit, kurzfristig Angebote anzunehmen.

Auch unter den Medizinern in Rente würden noch viele gern Dienste übernehmen – jedenfalls hin und wieder. Wenn es gelänge, diese Gruppe zu aktivieren, wäre Krankenhäusern und Kliniken schon ein wenig geholfen, sagt die Medizinerin. Nach ihren Recherchen greifen heute 25 Prozent der Krankenhäuser in Deutschland auf externe Ärzte zurück. 85 Prozent würden aber gern.

Von Andreas Dunte

LVZ

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