Die Arbeitsgruppe um die Kollegen Prof. Meybohm und Prof. Zacharowski aus Frankfurt befasst sich seit Jahren mit der Implementierung und wissenschaftlichen Einordnung von Patient Blood Management (PBM) in den klinischen Alltag.

Unstrittig ist, dass PBM notwendig ist, denn eine präoperative Anämie kommt bei fast 40 % der Patienten vor und ist ein ungünstiger Prognosefaktor für das Behandlungsergebnis von geplanten operativen Eingriffen [1, 2].

Die Folgen einer unbehandelten präoperativen Anämie sind weitreichend: So ist etwa bei Patienten mit präoperativer Anämie vor nichtkardiochirurgischen Eingriffen das Risiko für Infektionen nahezu um das Doppelte, für Nierenschädigungen um das Vierfache und das Sterblichkeitsrisiko um das Dreifache erhöht [1]. Zudem benötigen diese Patienten rund 5‑mal mehr Bluttransfusionen [1]. Durch diese genannten Gründe wird die Krankenhausverweildauer um 22 % verlängert [3], und die Krankenhauskosten [4] erhöhen sich.

Zu den weiteren Folgen einer Anämie gehören die Verschlechterung einer bestehenden Herzinsuffizienz [11], Erschöpfungszustände sowie neurologische Komplikationen – einschließlich kognitiver Einschränkungen oder des Restless-legs-Syndroms [10, 12].

Die häufigsten Formen der präoperativen Anämie sind die Anämie der chronischen Erkrankung und die Eisenmangelanämie [5]. Die Diagnostik und Behandlung einer präoperativen Anämie werden in nationalen und internationalen Leitlinien empfohlen [2, 7,8,9,10, 14]. Die Erkennung und Behandlung einer präoperativen Anämie gehören, neben der Minimierung von Blutverlusten bzw. Blutungen und dem rationalen Einsatz von Erythrozytenkonzentraten, zu den 3 Säulen des PBM-Konzepts [6]. Hierbei handelt es sich um ein sektorenübergreifendes (ambulant/stationär und hausärztlich/fachärztlich), interdisziplinares Behandlungskonzept zur Verbesserung des Behandlungsergebnisses im Zusammenhang mit chirurgischen Eingriffen [6, 13].

Patient Blood Management erhöht die Qualität und senkt die Kosten im Gesundheitssystem – und wird doch nicht fair im Abrechnungs- und Kostenerstattungssystem abgebildet.

In der vorliegenden, sehr gut recherchierten Arbeit „Verschiedene Szenarien zur Abrechnung und Kostenerstattung eines präoperativen Anämiemanagements im deutschen Gesundheitssystem“ gehen die Autoren auf Abrechnungs- und Kostenerstattungsmöglichkeiten ein. Es werden Unterschiede innerhalb der Versorgungsstufen des stationären Sektors deutlich. So können Universitätsambulanzen PBM adäquat refinanzieren, aber nichtuniversitäre Krankenhäuser werden nur ansatzweise bis gar nicht refinanziert. Diese Hemmnisse müssen überwunden werden. Die Evidenz für den qualitätsverbessernden klinischen Nutzen des PBM ist belegt. Eine so relevante und durch einfache Maßnahmen sicher realisierbare Möglichkeit zur Qualitätsverbesserung muss sektorenübergreifend und angemessen refinanziert werden.