Zentralschweizer Spitäler buhlen um Privatpatienten

Die Kliniken in der Region stocken bei den Einzelzimmern deutlich auf. Dies scheint sich nicht überall auszuzahlen.

Roseline Troxler
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Beispiel eines Excellence-Zimmers im Luzerner Kantonsspital. (Archivbild: Philipp Schmidli)

Beispiel eines Excellence-Zimmers im Luzerner Kantonsspital. (Archivbild: Philipp Schmidli)

«Neue Excellence-Zimmer für Zusatzversicherte», so titelte jüngst das Luzerner Kantonsspital (Luks). Seit wenigen Wochen stehen bei der Frauenklinik acht neue solche Zimmer zur Verfügung. Simona Rölli von der Unternehmenskommunikation sagt auf Anfrage:

«Bei der Innengestaltung und beim Hotellerie-Service orientiert sich das Luzerner Kantonsspital dabei am gehobenen Standard.»

Alle Zimmer mit «edel gestalteten Innenausbau» verfügen über eine eigene Nasszelle. Wie Rölli bestätigt, hat das Spital in den letzten Jahren sein Angebot an den sogenannten Excellence-Zimmern aufgestockt. «Das Luks bietet seit 2012 Excellence-Zimmer an. Heute umfasst die Privatabteilung rund 80 Zimmer, welche über die Standorte Luzern und Sursee verteilt sind», sagt Rölli.

Ein weiterer Ausbau ist vorgesehen. «Für den Neubau in Wolhusen sind sechs Excellence-Zimmer geplant.» Der Bedarf an neuen Zimmern werde laufend geprüft. «Insgesamt haben die Excellence-Zimmer eine sehr hohe Auslastung. Dieser besondere Komfort ist ein wachsendes Bedürfnis vieler zusatzversicherter Patienten.» Zur Auslastung und zum Patientenmix gibt das Luks «mit Blick auf die Strategie und das Umfeld keine Auskunft». Es heisst aber, dass alle Privat- und Halbprivatversicherten sowie Patienten, die das Angebot gegen Aufpreis nutzen wollen, von diesen Zimmern profitieren würden. Für Privatversicherte gibt es in der Luxus-Abteilung Einzelzimmer, Halbprivatversicherte werden in Zweibettzimmern untergebracht. Für Allgemeinversicherte kostet das Upgrade 500 bis 1150 Franken (Suite) pro Tag, plus Arzthonorar.

Ausbau der Einzelzimmer auch in anderen Spitälern

Eine Umfrage zeigt: Auch andere Zentralschweizer Krankenhäuser buhlen um die Gunst von Zusatzversicherten. Am Zuger Kantonsspital sind ein Viertel der 88 Zimmer als Einzelzimmer für Privatversicherte vorgesehen und bei rund einem Fünftel handelt es sich um Zweibett-Zimmer für Halprivatversicherte.

Vierzig Prozent beträgt der Anteil der Zimmer für privat- und halbprivatversicherte Patienten im Kantonsspital Uri. Insgesamt zählt das Spital 51 Zimmer. «Im Zusammenhang mit dem Spitalneubau ist ein Ausbau an Einzelzimmern geplant», sagt Sprecherin Claudia Jauch-Zgraggen. Den höchsten Anteil an Einzelzimmern zählt das Kantonsspital Nidwalden mit 67 Prozent. Für Privatpatienten stehen 9 Suiten zur Verfügung, 18 Einzelzimmer sind für Halbprivatpatienten vorgesehen, 11 Einzelzimmer gibt es auf der Mutter-Kind-Station, wie Anja Harsch, Leiterin Marketing und Kommunikation, ausführt.

Das Kantonsspital Obwalden verfügt über 37 Patientenzimmer mit maximal zwei Betten. 10 Zimmer seien fix für Zusatzversicherte ausgerichtet, sagt Sprecherin Priska Schmid. Allen Gebärenden stehe ein Einzelzimmer zur Verfügung.

Im Spital Schwyz wurde vor zwei Jahren das Privatbettenhaus für Zusatzversicherte um- und ausgebaut. «Dort gibt es 26 Zimmer für Halbprivat- und Privatpatienten. Wir können bei Bedarf aber auch Zimmer auf anderen Stationen mit nur einem Patienten belegen und dort den gesamten Service für Zusatzversicherte bieten», erklärt Carla Truttmann, welche für die Kommunikation zuständig ist.

Auch die Hirslanden Klinik St. Anna in Luzern setzt auf Einzelzimmer. Von 200 Betten befinden sich deren 64 in Einzelzimmern. Derzeit werden im 5. Stock der Klinik sechs neue Einzelzimmer gebaut. «Es ist uns wichtig, halbprivat- und privatversicherten Patienten nicht nur in der Behandlung, sondern auch in Service und Infrastruktur einen Mehrwert zu bieten», sagt Erika Rohrer, stellvertretende Direktorin.

Privatpatienten lohnen sich für Spitäler

Privatpatienten sind für Spitäler lukrativer, da nicht nur die Grundversicherung, sondern bei mehrtägigem Aufenthalt die Zusatzversicherung zum Tragen kommt. Was das ausmacht, zeigt der Kanton Luzern auf seiner Webseite anhand von Zahlen der Einkaufsgemeinschaft HSK. Er führt etwa das Beispiel einer stationären Arthroskopie des Knies, also eine Gelenkspiegelung, auf. Mit einer Zusatzversicherung kostet die stationäre Behandlung 9890 Franken (privat) oder 7200 Franken (halbprivat) mehr. Für Allgemeinversicherte erhalten die Spitäler 5250 Franken, ambulant nur 2350 Franken. Die Kosten für obligatorische Krankenversicherer bleiben praktisch identisch für alle Versicherungsklassen und der Kanton zahlt unabhängig von der Versicherung 2725 Franken, sofern die Behandlung stationär durchgeführt wird. Im Fall einer ambulanten Behandlung würde er nichts berappen müssen. Das Beispiel zeigt also, dass die Spitäler vor allem bei Zusatzversicherten deutlich von stationären Aufenthalten profitieren. Die Wahrscheinlichkeit einer stationären Behandlung ist bei zusatzversicherten Patienten im genannten Fall denn auch höher als bei allgemein versicherten Patienten, wie der Kanton Luzern schreibt.

Nicht alle Spitäler konnten trotz reger Bautätigkeit tatsächlich mehr Zusatzversicherte anziehen. Beim Luzerner Kantonsspital beispielsweise beträgt der Anteil der Privat- und Halbprivatversicherten 18,3 Prozent (Jahr 2017). Im Jahr 2008, also noch vor Inkrafttreten der neuen Spitalfinanzierung, lag die Zahl mit 18,8 leicht darüber, wie eine Statistik des Bundesamts für Gesundheit zu den Kennzahlen der Schweizer Spitäler zeigt. Die Zentralschweizer Spitäler weisen auch die aktuellsten Zahlen zum Anteil der Zusatzversicherten aus (Jahr 2018). Anders das Luzerner Kantonsspital, das die Zahlen auch auf Nachfrage nicht nennen will. Zum Patientenmix würden keine Angaben gemacht, wie Simona Rölli mitteilt.

Während das Zuger Kantonsspital und das Kantonsspital Obwalden beim Anteil der Zusatzversicherten zulegen konnten, haben das Kantonsspital Uri, das Spital Schwyz, das Kantonsspital Nidwalden und die Hirslanden Klinik St. Anna gegenüber 2008 einen Rückgang bei den Zusatzversicherten zu verzeichnen. Die letztgenannten drei konnten den Anteil im 2018 gegenüber dem Vorjahr allerdings wieder steigern.

Wie eine Anfrage bei Krankenversicherern zeigt, stieg die Zahl der Zusatzversicherten. Bei der CSS sind 28 Prozent halbprivat versichert, 6 Prozent haben eine Privatversicherung. Concordia weist den Anteil von Privat- und Zusatzversicherten nicht detailliert aus, Mediensprecherin Daniela Nowak sagt aber: «In den letzten Jahren verzeichnen wir stetes Wachstum bei den Spitalversicherungen. Einen besonderen Anstieg bemerken wir bei Familien.»

Bei Nachfragerückgang könnte Eigner zahlen

Zum Ausbau der Spitäler sagt Willy Oggier, Experte für Gesundheitsökonomie: «Durch den steigenden Tarifdruck in der obligatorischen Krankenversicherung ist es logisch, dass die Suche nach anderen, besseren Ertragsquellen zunimmt.» Dies gelte umso mehr, als Kosteneinsparungen in der Regel unbeliebter und für das Management unbequemer seien. Doch profitieren auch Allgemeinversicherte von teils hohen Investitionen in Luxuszimmer? «Werden zu viele Investitionen getätigt und es muss danach gespart werden, ist es gerade in öffentlichen Spitälern nicht unwahrscheinlich, dass die Sparmassnahmen auch von Grundversicherten mitgetragen werden müssen.» Natürlich sei auch der umgekehrte Fall denkbar. Er sagt:

«Ist die Nachfrage allerdings rückläufig, bezahlt in der Regel der Eigner direkt oder indirekt die Investitionen. Bei öffentlichen Spitälern ist dies am Schluss der Steuerzahler.»

Gemäss Oggier muss auf jeden Fall ein Plan B vorhanden sein, falls die Nachfrage zurückgeht. Als Beispiele nennt er die Umwandlung in Zimmer für zusätzliche Grundversicherte, die Umnutzung für andere Verwendungszwecke oder die Vermietung an Dritte.