Kampf fürs Kirner Krankenhaus

500 Bürger protestieren für den Erhalt des Kirner Krankenhauses. Foto: Simone Mager
© Simone Mager

Die Kirner fürchten um ihr Krankenhaus. Mehr als 500 Menschen demonstrierten für den Erhalt. Zeitgleich lief im Haus eine Betriebsversammlung.

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KIRN. Ein klares „Ja zum Standort Kirn“ bekundete der Vorstand der Stiftung Kreuznacher Diakonie im Anschluss an die Betriebsversammlung im Krankenhaus gestern Vormittag. Sie wurde von einer Demonstration von rund 500 Menschen begleitet, die auf diese Weise ein Zeichen für den Erhalt der Klinik setzen wollten. „Die Kirner kämpfen für ihr Krankenhaus“, rief Bürgermeister Martin Kilian in den Applaus der Demonstranten, zu denen Bürger, Mitarbeiter und Vertreter der Kommunalpolitik zählten. Mobilisiert wurde der Protestzug von der ehemaligen Mitarbeiterin Ellen Müller. Der Bürgermeister lobte das Engagement und stellte klar: „Das Kirner Krankenhaus muss Akutkrankenhaus mit den Abteilungen für Inneres, Chirurgie und der renommierten Wirbelsäulenchirurgie bleiben. Alles andere, was seitens der Diakonie angeboten wird, ist kein Kompromiss, keine Lösung.“

500 Bürger protestieren für den Erhalt des Kirner Krankenhauses. Foto: Simone Mager
50 Jahre ist das Plakat, schon in den 70er Jahren stand das Krankenhaus zur Disposition. Foto: Simone Mager
Unterschriftenaktion während des Bürgerprotestes. Foto: Simone Mager

Auslastung liegt aktuell nur bei 55 Prozent

Hintergrund der Proteste waren Äußerungen des Diakonie Vorstands Dr. Dennis Göbel. Er hatte den Standort als defizitär bezeichnet und ein medizinisches Versorgungszentrum in Form eines Ärztehauses mit einem stationären Bereich von 15 bis 20 Betten ins Gespräch gebracht. Derzeit sei die Nachfrage in Kirn zu gering, um das Haus wirtschaftlich betreiben zu können. Die 110 Betten hätten eine Auslastung von rund 55 Prozent. Gleichzeitig erfülle das Krankenhaus nicht die vom „Gemeinsamen Bundesausschuss“ definierten Kriterien, um eine Notfallversorgung aufrecht zu erhalten. Doch jetzt, bei der Betriebsversammlung, sei weder die Schließung des Krankenhauses noch der Wirbelsäulenchirurgie thematisiert worden, betont Dr. Göbel in einer Pressemitteilung, die gestern Nachmittag im Anschluss an die Versammlung veröffentlicht wurde.

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Käme der Abschied vom Akutkrankenhaus doch, wäre dies „ein herber Schlag“ für die Kirner-Region, betonte Killian. Doch Dr. Göbel versichert: „Wir haben als Träger keinerlei Interesse, ein Krankenhaus zu schließen. Wir versuchen vielmehr, alle Standorte zu erhalten, wenn dies wirtschaftlich verantwortbar ist.“ Das Wirbelsäulenzentrum werde ab 2020 unter neuer Leitung seine Arbeit fortsetzen. Die Option eines medizinischen Versorgungszentrums sei aber „noch nicht vom Tisch“.

Neben Kirn schieben auch weitere fünf Krankenhausstandorte ein „riesiges Defizit“ von mehr als 15 Millionen Euro vor sich her, sagte Göbel. Eine Neuordnung sei deshalb unverzichtbar, um einen wirtschaftlichen Betrieb gewährleisten zu können. Angedacht sei, die Zahl allgemeinchirurgischer Operationen in Kirn auszubauen.

Ein Versorgungszentrum lehnen die Kirner allerdings ab. Ein medizinisches Versorgungszentrum sei nicht mehr und nicht weniger als ein Ärztehaus, sagt der Bürgermeister. Ein Ende des Kirner Krankenhauses hätte strukturpolitische Folgen für die ohnehin gebeutelte Region. Martin Killian: „150 bis 190 Mitarbeiter würden ihren Job verlieren. Wenn das so kommt, fehlt uns die ärztliche Kompetenz. Der Notarztstandort geht uns flöten.“ Bei Bürgermeister Kilian bleibt der Eindruck: „Hier wird das Aus vorbereitet.“ Der Dialog mit allen Akteuren sei notwendig. Er fürchte eine „Salamitaktik“, die das Haus kraftlos mache. „Das dürfen wir nicht hinnehmen.“

Er habe die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler und den Landtagsabgeordneten Markus Stein (beide SPD) eingeschaltet. Die Ministerin bekundete daraufhin in einer Pressemitteilung, das Kirner Krankenhaus sei für die flächendeckende Versorgung unverzichtbar. Die Landesregierung plane, den Standort über einen „Sicherstellungszuschlag“ dauerhaft zu erhalten. Mit einer Schließung wäre die flächendeckende Krankenhausversorgung nach den gültigen Kriterien des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht mehr gegeben, heißt es aus dem Ministerium.

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Eine Nachricht, die auch Dr. Göbel freut. Die Ankündigung der Gesundheitsministerin, die Grund- und Notfallversorgung dauerhaft sicherzustellen, sei „eine wunderbare Nachricht“, findet er. Diese Zusage sei eine Chance, in Kirn neu zu denken und die Zukunft zu planen.

Dass diesem Signal aus Mainz auch Taten folgen müssten, machte neben Kilian auch Landrätin Bettina Dickes (CDU) deutlich. Man könne die Diakonie nicht auf Dauer zwingen, defizitär zu arbeiten. Ziel müsse sein, das Krankenhaus so zu stärken, dass es groß wird, appellierte die Landrätin in Richtung des Diakonie-Vorstands. „Die moralische Verpflichtung der Diakonie sehe ich sehr wohl. Wir sind nicht das einzige Krankenhaus, das mit dem Rücken an der Wand steht. Das Land steht in der Finanzierungspflicht“, betonte Dickes. Zugleich rief sie die Kirner dazu auf, das Angebot im Krankenhaus auch zu nutzen. „Wir müssen das Haus von unten stärken“, fordert Dickes. In 14 Tagen habe sie ein Gespräch mit dem Gesamtvorstand der Diakonie. Trotz erster positiver Signale wollen die „Förderer des Kirner Krankenhauses“ nicht nachlassen. Bereits in den 1970er Jahren hatten sie erfolgreich für den Erhalt des Hauses demonstriert. Am kommenden Sonntag werden beim Familiensonntag der evangelischen Kirchengemeinde in Kirn Petitionslisten ausgelegt. Ziel ist es, eine Bürgerinitiative zu gründen. Zudem sind Mahnwachen geplant.

Von Simone Mager