Westerstede - Die Geburtshilfe der Ammerland-Klinik ist die mit den höchsten Zuwachszahlen in Niedersachsen. An die 800 Kinder werden dort in diesem Jahr zur Welt kommen. Das Einzugsgebiet reicht mittlerweile weit über das Ammerland hinaus.
Rüge von Institut
Doch angeblich steht es dort schlecht um die Behandlungsqualität. Das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG) hat die Westersteder Geburtshilfe gerügt. Zusammen mit 61 weiteren Krankenhäusern fand sich die Ammerland-Klinik anschließend bei Spiegel-Online auf einer „schwarzen Liste“.
Was ist dran an den Vorwürfen? Was funktioniert in der Klinik nicht? Geschäftsführer Axel Weber ist mit der Rüge überhaupt nicht einverstanden. „Wir müssen uns für etwas rechtfertigen, was letztlich gut gelaufen ist“, sagt er.
33. Schwangerschaftswoche
Was ist passiert? Im vergangenen Jahr kam eine hochschwangere Frau in die Klinik. „Die Frau befand sich in der 33. Schwangerschaftswoche. Die Wehen hatten bereits eingesetzt“, sagt Chefarzt Dr. Rainer Schutz. Sein Team kümmerte sich um die Patientin, sie brachte ein gesundes Kind zur Welt. „Das lief absolut ohne Komplikationen“, sagt Schutz.
Trotzdem musste die Klinik den Fall melden. Denn eigentlich hätte sie die Entbindung so nicht durchführen dürfen. Hintergrund: Die Ammerland-Klinik hat zwar eine große Geburtshilfe-Station, aber keine Kinderklinik und auch ein Kinderarzt befindet sich nicht fest im Krankenhaus. Deshalb ist man auch nur für Schwangerschaften ab der 36. Woche zuständig. Mütter, die Frühchen zur Welt bringen, müssen eigentlich in Oldenburg entbinden. Das gilt u.a. auch für Mehrlingsgeburten und besondere Risikogruppen.
Oldenburg zuständig
Patientinnen werden in solchen Fällen mit dem Krankenwagen nach Oldenburg gebracht. In dem Fall vom letzten Jahr ging das aber nicht mehr. „Wir konnten ja nicht das Risiko eingehen, dass das Kind auf der A 28 zur Welt kommt“, sagt Schutz. Deshalb habe man sich für das Wohl der Patientin und gegen geltende Strukturen entschieden. Bei keiner anderen Entbindung hatten die Prüfer etwas zu beanstanden.
Weber weist darauf hin, dass auch die medizinischen Fachverbände die Kriterien der Qualitätsermittlung kritisch sehen. „Auch wir wollen da eine Änderung“, sagt er.
Für die Patienten
Ob und wann die kommt, ist unklar. Bis dahin muss die Ammerland-Klinik mit dem Makel der Rüge leben.
Sollte es allerdings in diesem Jahr nicht erneut so einen Notfall geben – wo man sich für die Patienten und gegen die Strukturen entscheidet – wird die Geburtshilfe 2020 wohl nicht wieder auf der schwarzen Liste auftauchen.