Google bekommt Zugang zu Millionen Patientendaten

Google-Mitarbeiter haben Zugang zu Millionen Gesundheitsdaten, um neue Funktionen und Dienste zu entwickeln. Die Patienten wissen davon nichts.

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Google bekommt Zugang zu Millionen Patientendaten

(Bild: BigTunaOnline/Shutterstock.com)

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Um neue Dienste für das Gesundheitswesen zu entwickeln, bedarf es Information. Google hat dank eines Deals nun Zugang zu Millionen Patientendaten in den USA. Und sagt, das sei gängige Praxis, für die es keinerlei Zustimmung bedürfe. Dabei handelt es sich um sehr sensible Daten: Laborergebnisse, Diagnosen, Krankenhausaufenthalte, eine gesamte Gesundheitshistorie – und das verknüpft mit dem Namen und Geburtsdatum der Patienten.

Zunächst hatte das Wall Street Journal über den Fall berichtet. Dort hieß es, etwa 150 Mitarbeiter hätten Zugriff auf die Daten gehabt. Die New York Times sprach von Dutzenden Menschen, die eventuell auch Daten heruntergeladen haben könnten. Google selbst erklärte The Verge, es gäbe einen standardisierten Vertrag, der eben genau diese Praxis erlaube. Der Zweck sei nicht das Abgreifen von Daten, sondern ausschließlich die Entwicklung von Diensten für den Gesundheitsbereich.

Das Unternehmen, mit dem Google den Deal eingegangen ist, hat eine Pressemitteilung verfasst. Ascension erklärt, man müsse Schritthalten mit den Entwicklungen, um die Bedürfnisse und Erwartungen von Patienten und Gesundheitsanbietern besser zu erfüllen. "Dafür ist es nötig, neue Pflegemodelle, die über digitale Plattformen, Anwendungen und Dienste entwickelt werden, die jeden Tag von denen genutzt werden, denen wir dienen, zu integrieren."

Ascension ist eines der größten non-profit-Gesundheitssysteme in den USA und arbeitet in 21 Staaten sowie dem District of Columbia. Durch die Zusammenarbeit mit dem Cloud-Computing-Kunden will Google die Bereiche Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen im Gesundheitswesen verbessern. Unter dem Namen "Project Nightingale" lädt Ascension die Patientendaten in eine von Google bereitgestellte Cloud.

Dass Google einen derart weitreichenden Zugang zu Patientendaten bekommt, dürfte ein echter Coup für die Alphabet-Tochter sein. Auch andere Tech-Giganten sehen im Gesundheitswesen ihre nächste große Chance. Die Frage ist auf was: Auf Umsatzsteigerungen oder tatsächliche Verbesserungen für Menschen. Apple-Chef Tim Cook meint: "Apples größter Beitrag zur Menschheit wird im Gesundheitsbereich liegen." Auch der Cloud-Service "Amazon Comprehend Medical" analysiert unstrukturierte Patientendaten und extrahiert daraus medizinische Informationen. Amazon möchte damit Leben retten.

In Deutschland wird derzeit über die Digitalreform des Gesundheitswesens diskutiert. Kritiker sehen darin einen "Frontalangriff auf Grundrechte". Bürgerrechtler und Datenschützer befürchten, die Verbesserung der Forschung gehe zulasten des Datenschutzes der Patienten. (emw)