S 12 KR 553/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 KR 553/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 509/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 69/18 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.483,32 EUR zu zahlen nebst Zinsen hieraus von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 18. Dezember 2010.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.483,32 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist eine Vergütung für Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin betreibt das Klinikum A-Stadt. Der bei der Beklagten krankenversicherte Patient C. wurde vom 07.12.2009 bis 27.01.2010 stationär im Klinikum A-Stadt behandelt. Er wurde direkt in eine Maßnahme der pulmologischen Anschlussheilbehandlung (AHB) verlegt. Das Krankenhaus erstellte am 24.03.2010 eine Rechnung über 36.244,01 EUR, die von der Beklagten vollständig beglichen wurde. Die Rechnung führt nach DRG die Fallpauschale E36Z (Intensivmedizinische Komplexbehandlung ) 552 Aufwandspunkte bei Krankheiten und Störungen der Atmungsorgane) auf sowie ein tagesbezogenes Entgelt bei Überschreitung der Grenzverweildauer (GVD) für zehn Tage vom 17.01.2010 bis 26.01.2010 in Höhe von 9.998,60 EUR. Unter Berücksichtigung verschiedener Systemzuschläge und Abschläge ergab sich der Rechnungsbetrag.

Zur der Anschlussheilbehandlung war am 30.12.2009 ein Antrag an die Beklagte gefaxt worden, mit Wunsch auf eine Aufnahme in der Lungenfachklinik P ... Mit Schreiben vom 07.01.2010 bewilligte die Beklagte eine AHB-Maßnahme. Die Fachklinik Allgäu in P. sei um Mitteilung gebeten worden, wann der Patient aufgenommen werden könne. Sobald der Beklagten ("uns") der mögliche Aufnahmetermin genannt werde, werde das Krankenhaus unaufgefordert davon verständigt. Am 12.01.2010 übersandte die Klinik auf Anforderung einen Barthel-Index. Mit Schreiben vom 18.01.2010 (Telefax vom 19.01.2010) teilte die Beklagte dann mit, dass die Kosten der AHB in der Fachklinik Allgäu ab dem 27.01.2010 übernommen würden.

Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Bayern mit der Prüfung der Notwendigkeit einer Überschreitung der oberen Grenzverweildauer (OGVD). Diese fand im Rahmen einer Krankenhausbegehung mit Einsicht in die vollständige Patientenakte statt. In seinem Gutachten vom 30.11.2010 führt Dr. G. aus, dass die Überschreitung im Wesentlichen durch das AHB-Prozedere zustande gekommen sei. Eine Entlassung nach Hause sei vorher nicht möglich gewesen. Die Beklagte nahm dann am 17.12.2010 eine Aufrechnung vor in Höhe von 10.483,32 EUR (tagesbezogenes Entgelt bei GVD-Überschreitung sowie zu berücksichtigende Verringerungen der Systemzuschläge) im Rahmen einer Sammelrechnung (vollständige Absetzung des bereits gezahlten Rechnungsbetrages sowie am selben Tag Zahlung von 25.760,69 EUR auf die streitgegenständliche Rechnung). Unterlagen zur Aufrechnung sind bei der Beklagten nicht mehr vorhanden. Die Klinik wandte sich gegen die Aufrechnung. In einer E-Mail der Beklagten an die Klinik vom 28.12.2010 heißt es dazu "Wie wir ja gestern bereits telefonisch erörtert haben, stimmen Sie mit dem Medizinischen Dienst darüber überein, dass eine vollstationäre medizinische Behandlungsbedürftigkeit ab dem 12.01.2010 nicht mehr bestanden hat. Andere mit der medizinischen Behandlung in Ihrem Haus nicht im Zusammenhang stehende Gründe sind dafür verantwortlich gewesen, dass eine Entlassung nach Hause nicht erfolgen konnte. Die bereits bezahlte Rechnung ist von uns korrigiert worden." Die Klinik griff die Angelegenheit später wieder auf. In einer E-Mail vom 11.12.2013 wurde gebeten, die Entscheidung noch einmal zu überdenken. Der Patient sei direkt in die AHB verlegt worden, eine Entlassung nach Hause nicht möglich gewesen. Auch Parken in einer Kurzzeitpflege sei medizinisch nicht vertretbar gewesen. Vom Antrag bis zur AHB seien 29 Tage vergangen, wobei das Krankenhaus kein Verschulden für die schleppende Bearbeitung durch die Krankenkasse treffe. Die Entscheidung des Großen Senats sei auf diesen Fall nicht anwendbar. Der Patient sei während des Aufenthalts in der Klinik in einem desolaten körperlichen Zustand gewesen, eine alternative Behandlungsmöglichkeit zu einer AHB in einer spezialisierten Fachklinik habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Die Beklagte verweigerte mit E-Mail vom 16.12.2013 eine weitere Zahlung. Sie stellte sich auf den Standpunkt, dass eine Direktverlegung in eine AHB-Einrichtung am 11.01.2010 möglich gewesen wäre und damit ab diesem Zeitpunkt keine vollstationäre Behandlungsnotwendigkeit mehr gegeben gewesen sei.

Die Klägerbevollmächtigten haben dann am 29.12.2014 Klage beim Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Begründung haben sie vorgetragen, dass eine alternative Behandlungsmöglichkeit zu einer AHB in einer spezialisierten Fachklinik nicht bestanden habe, so dass die stationäre Behandlung bis zum 27.01.2010 medizinisch notwendig gewesen sei. Demgegenüber hat sich die Beklagte darauf berufen, dass nach der Entscheidung des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25.09.2007 (GS 1/06) sich die Notwendigkeit der vollstationären Krankenhausbehandlung allein nach medizinischen Erfordernissen richte. Die Klinik habe jedoch selbst den 11.01.2010 als Termin zu einer Verlegung in eine AHB genannt. Ab diesem Zeitpunkt habe somit nicht mehr der kurative sondern ein rehabilitativer Aspekt im Vordergrund gestanden. Die Klägerbevollmächtigten haben dann eingewandt, dass eine Aufrechnung unzulässig sei mangels Fälligkeit eines Erstattungsanspruchs. Der E-Mail-Verkehr sei so zu verstehen, dass die Klägerin der Einschätzung des MDK-Gutachtens folge, dass Notwendigkeit für eine vollstationäre Behandlung in einem Krankenhaus der Schwerpunktversorgung ab dem 12.01.2010 nicht mehr bestanden habe. Mangels Alternativen sei der Versicherte jedoch im Klinikum verblieben. Daher sei auch die stationäre Behandlung im gesamten Zeitraum bis 27.01.2010 aus medizinischen Gründen erforderlich gewesen. Die Beklagte argumentiert demgegenüber, dass für den weiteren Aufenthalt ein rein pflegerischer Hintergrund bestanden habe und damit grundsätzlich eine ambulante Behandlung ausreichend gewesen wäre. Die Klägerbevollmächtigten haben noch vorgetragen, dass auch eine Kurzzeitpflege nicht in Betracht gekommen wäre, da eine ständige ärztliche Präsenz notwendig war, daher auch stationäre Behandlungsnotwendigkeit bis zur Entlassung in die AHB. Das Gericht hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der MDK nicht positiv bestätigt habe, dass der Versicherte nach Hause oder in Kurzzeitpflege hätte entlassen werden können und dass die frühere Aufnahme in eine AHB am Verhalten der Beklagten gescheitert sei. Demgegenüber hat die Beklagte weiter argumentiert, dass sie nicht zuständig sei für eine nahtlose Unterbringung in einer anderen Einrichtung, und ihr daher auch nicht zur Last gelegt werden könne, dass ein Platz zur AHB ab 12.01.2012 nicht zur Verfügung gestanden habe. Ein Grouper für die Berechnung der Erstattungsforderung wurde beigefügt. Eine hilfsweise erhobene Widerklage hat der Bevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 10.483,32 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.12.2010 zu zahlen.

Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Patientenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das angerufene Gericht ist gemäß §§ 57 Abs. 1, 51 Abs. 1, 8 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich und sachlich zuständig. Die formgerecht erhobene Leistungsklage ist zulässig und auch begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung einer Vergütung für Krankenhausbehandlung aus einer nur teilweise beglichenen Sammelrechnung in Höhe von noch 10.483,32 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 4 % über dem Basiszinssatz ab 18.12.2010, da die Forderung in dieser Höhe nicht durch Aufrechnung erloschen ist.

Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruches eines zugelassenen Krankenhauses für die stationäre Behandlung ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i. V. m. der Pflegesatzvereinbarung, da wegen der Vertragskündigung für Bayern ein Vertrag gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V zur Regelung der allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung einschließlich Aufnahme und Entlassung der Versicherten, Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte, Berichte und Bescheinigungen in den Jahren 2009/2010 nicht existent war. Die Sammelabrechnung/Zahlungsavis der Beklagten vom 17.12.2010 erfolgte für Krankenhausleistungen der Klägerin im Sinne von § 39 SGB V. Zwischen den Beteiligten sind Höhe und Berechtigung der Sammelrechnung an sich nicht streitig. Fälligkeit und Verzinsung ergeben sich aus der Pflegesatzvereinbarung 2010 und sind ebenfalls nicht streitig. Streitig ist zwischen den Beteiligten allein, ob die Forderung aus der Sammelrechnung in Höhe von letztlich noch 10.483,32 EUR durch Aufrechnung einer Rückforderung im Fall des Patienten D. erloschen ist. Rechtsgrundlage der von der Beklagten geltend gemachten Forderung ist dabei ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch (BSG vom 12.07.2012 - B 3 KR 15/11 R - m. w. N.).

Der Klage war stattzugeben, da die Voraussetzungen für eine Aufrechnung nicht erfüllt sind.

Die Aufrechnung ist im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Krankenkasse grundsätzlich zulässig. Sie richtet sich gemäß § 69 Satz 3 SGB V nach den Vorschriften der §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Sie scheiterte auch im vorliegenden Einzelfall weder an Problemen der Fälligkeit noch an einem Aufrechnungsverbot, das sich aus der Pflegesatzvereinbarung 2009 ableiten würde. Ebenso entsprach die Durchführung der Aufrechnung mittels Zahlungsavis den Anforderungen an eine Bestimmtheit der Aufrechnungserklärung (siehe dazu BSG vom 25.10.2016 - B 1 KR 7/16 R und B 1 KR 9/16 R).

Jedoch steht der Beklagten der mit der Aufrechnung geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Höhe von 10.483,32 EUR nicht zu.

Gemäß § 39 Satz 2 SGB V (Fassung bis 31.12.2016) haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Welche Leistungen eine Krankenhausbehandlung umfassen muss, ist dabei gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. § 107 Abs. 1 SGB V umschreibt lediglich in organisatorischer Hinsicht die Krankenhäuser als Einrichtungen, die im Unterschied zu Rehabilitationseinrichtungen (§ 107 Abs. 2 SGB V) der Krankenhausbehandlung oder Geburtshilfe dienen, fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten sowie mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichen, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern oder Geburtshilfe zu leisten, und in denen Patienten untergebracht und verpflegt werden können.

Grundsätzlich entsteht die Zahlungspflicht der Krankenkasse, wie das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, unabhängig von einer Kostenzusage der Krankenkasse unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Über die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung entscheidet dabei zunächst der Krankenhausarzt bei Aufnahme. Dabei hat das BSG im Beschluss des Großen Senats vom 25.09.2007 (GS 1/06) klargestellt, dass die Entscheidung darüber, ob dem Versicherten ein Anspruch auf Gewährung vollstationärer Krankenhausbehandlung als Sachleistung zusteht und darin eingeschlossen die Entscheidung, ob eine stationäre Behandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, nicht dem Krankenhaus sondern der Krankenkasse unterliegt. Im Streitfall hat das Gericht grundsätzlich uneingeschränkt zu überprüfen, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung bei Aufnahme bzw. auch im weiteren Verlauf aus medizinischen Gründen notwendig war.

Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen. Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre Behandlung. Dies gilt, wie das BSG in der oben genannten Entscheidung des Großen Senats vom 25.09.2007 (GS 1/16 Rz. 15 und 16) dargelegt hat, auch dann, wenn der Versicherte zur Sicherstellung der ambulanten Behandlung einer Betreuung durch medizinische Hilfskräfte in geschützter Umgebung bedarf und eine dafür geeignete Einrichtung außerhalb des Krankenhauses nicht zur Verfügung steht. Der Aufenthalt im Krankenhaus muss einem Behandlungszweck dienen und die Krankenkasse ist deshalb nicht leistungspflichtig, wenn der Patient aktuell keiner ärztlichen Behandlung (mehr) bedarf, sondern aus anderen Gründen, etwa wegen Hilflosigkeit, Pflegebedürftigkeit, zur Verwahrung oder zum Schutz der Öffentlichkeit, im Krankenhaus behalten oder dort untergebracht wird.

Für den Krankenhausaufenthalt des Patienten D. ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass bereits vor Ende der OGVD (= 16.01.2017) eine Entlassung des Versicherten in eine stationäre Anschlussheilbehandlung möglich gewesen wäre, jedoch nur in eine spezialisierte pulmologische Fachklinik. Eine ambulante Behandlung anstelle der Krankenhausbehandlung wäre dagegen nicht in Betracht gekommen. Der MDK-Gutachter Dr. G. hat ausdrücklich eine Entlassung aus dem Krankenhaus nach Hause ausgeschlossen. Damit aber scheidet auch eine Entlassung in eine Kurzzeitpflegeeinrichtung aus, die ja nur hinsichtlich der Möglichkeiten der Grundpflege eine umfassendere Versorgung bietet, als dies bei einer Entlassung nach Hause auch unter Berücksichtigung häuslicher Krankenpflege möglich wäre. Denn es fehlt eine entsprechende laufend verfügbare ärztliche Betreuung, wie sie in einer spezialisierten pulmologischen Rehabilitationsfachklinik gegeben ist. Da eine ambulante Behandlung also nicht ausreichend war und ein Platz in einer Reha-Einrichtung vor dem 27.01.2010 nicht zur Verfügung stand, war eine stationäre Krankenhausbehandlung zur Überzeugung des Gerichts noch tatsächlich aus medizinischen Gründen erforderlich. Denn der Patient war auf die besonderen Mittel eines Krankenhauses im Hinblick auf die ärztliche Überwachung angewiesen.

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass eine Unterbringung in einer anderen Einrichtung als im Krankenhaus geboten gewesen wäre und deshalb stationäre Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit nicht vorlag, handelt es sich um eine andere Fallgestaltung als in der o. g. Entscheidung des Großen Senats vom 25.09.2007. Dort war eine Entlassung nach Hause nicht möglich, weil wegen der Anforderungen der Erkrankung/Behinderung eine spezielle Form des Wohnens und der ambulanten (auch sozialen) Betreuung erforderlich war. Dies aber gehörte nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Dagegen geht es im vorliegenden Streitfall um eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme anstelle von Krankenhausbehandlung, einer Alternative, die zum Leistungskatalog der GKV zählt. Dabei liegt es auch in der Verantwortung der GKV, durch Abschluss entsprechender Versorgungsverträge eine ausreichende Versorgung ihrer Versicherten sicherzustellen.

Der Klinik kann auch nicht vorgehalten werden, dass sie sich unzureichend um die Verlegung des Versicherten in eine AHB-Einrichtung gekümmert hätte und daher eine unwirtschaftliche Verlängerung der Verweildauer vorliege (vgl. BSG vom 21.04.2015 - B 1 KR 6/15 R - zu einer verspäteten Verlegung in ein anderes Krankenhaus zur weiterführenden Diagnostik). Denn von ihr wurde bereits frühzeitig am 30.12.2009 der Antrag auf eine AHB-Maßnahme veranlasst. Dass erst zum 27.01.2010 eine Aufnahme zur AHB erfolgen konnte, liegt im Verhalten der Beklagten und der Aufnahmekapazität der AHB-Fachklinik begründet. Da die Beklagte ausdrücklich anlässlich der Bewilligung einer AHB-Maßnahme mit Bescheid vom 07.01.2010 mitgeteilt hatte, dass die Fachklinik um Mitteilung gebeten worden sei, wann eine Aufnahme erfolgen könne, und dass die Klinik unaufgefordert über den möglichen Aufnahmetermin verständigt werde, musste die Klinik von sich aus nichts Weiteres mehr veranlassen. Ihr kann keine "Verschleppung" vorgeworfen werden.

Der Beklagten steht der geltend gemachte Erstattungsanspruch wegen Überschreitung der OGVD daher nicht zu. Der Klage war stattzugeben. Beginn und Höhe der Verzinsung ergeben sich aus § 12 Abs. 1 der Pflegesatzvereinbarung 2010. Der Verzinsungsbeginn am 18.12.2010 ist unstreitig. Ein späterer Verzinsungsbeginn wäre nur nachweisbar, wenn von der Beklagten unter Bezug auf die Sammelrechnung der Zeitpunkt des jeweiligen Rechnungseinganges der darin erfassten Einzelrechnungen dargelegt würde, worauf sie in anderen Klageverfahren aus Vereinfachungsgründen verzichtet hat, und was ja im Einzelfall auch nicht mehr möglich ist, da sie die Sammelrechnung nicht mehr vorlegen kann.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a SGG i. V. m. dem Gerichtskostengesetz (GKG). Da der Klagantrag auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet war, ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 GKG). Die zurückgenommene Eventualwiderklage wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG).
Rechtskraft
Aus
Saved