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Land will mehr Einfluss auf privatisierte Uniklinik Gießen-Marburg

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Der Neubau des Universitätsklinikums.
Der Neubau des Universitätsklinikums. © picture alliance / dpa

Ministerin Dorn stellt dem Rhön-Konzern als Gegengeschäft Investitionsmittel in Aussicht. Dessen Version ist eine ganz andere als die der Betriebsräte, die sich um die Patientensicherheit sorgen.

Hessens Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) will mit dem Rhön-Konzern über das private Uniklinikum Gießen-Marburg reden. Es gehe darum, die Absprachen der vergangenen Jahre weiterzuentwickeln - zugunsten von Forschung und Lehre, der Versorgung der Patienten und im Interesse der Beschäftigten. In den Gesprächen soll es auch um die Einflussmöglichkeiten des Landes gehen. Im Gegenzug stellte Dorn der Aktiengesellschaft Investitionsmittel in Aussicht.

Im Moment sind die Kontrollmöglichkeiten der Landesregierung sehr begrenzt. Nach der Privatisierung vor 13 Jahren hat Hessen zwar fünf Prozent Anteile der Klinik behalten. Doch selbst auf den Sitz im Aufsichtsrat hatte Dorns Vorgänger Boris Rhein (CDU) verzichtet. Die Ministerin ist nahezu komplett auf die Informationen der Geschäftsführung angewiesen. Und die malt die Situation in ganz anderen Farben als der Betriebsrat, der in Gießen jüngst den „Pflegenotstand“ ausgerufen hatte.

„Man bewegt sich in zwei verschiedenen Welten.“ Mit diesen Worten kommentierte die SPD-Abgeordnete Daniela Sommer die Ausführungen Dorns. Demnach wurde im vergangenen Jahr bei gleichem Leistungsangebot Personal aufgebaut, die Überlastungsanzeigen seien zurückgegangen.

Die zum Zuhören angereisten Marburger Betriebsräte glaubten, ihren Ohren nicht zu trauen: Sie hatten einen ganzen Ordner voll Papieren im Gepäck, in denen Pflegende zum Teil gefährliche Situationen anzeigten. Eine dieser Anzeigen endet mit dem Satz: „Sollte es zu Patientenschaden kommen, wollen wir uns hiermit entlasten.“ Nach Angaben der Betriebsräte landen solche Hinweise so gut wie nie in der Pflegedirektion, so dass keine Konsequenzen gezogen würden. Die Rhön-Version klingt völlig anders: Es werde jedem Hinweis nachgegangen.

Wo also liegt die Wahrheit?

Wo also liegt die Wahrheit? Die SPD und die Linksfraktion würden dieser Frage gern in einer Anhörung im Landtag auf den Grund gehen: Vertreter der Arbeitnehmer und Studierenden sollten darin ihre Sicht schildern, sagte Jan Schalauske von den Linken, außerdem Landesärztekammer, Patientenorganisationen, die Kommunalpolitik. Die „dramatischen Notrufe“ vonseiten der Beschäftigten müssten gehört werden. Und der Stellenaufbau existiere seines Wissens nur auf dem Papier. Er setze sich zusammen aus Leiharbeitern, Überstunden und Bereitschaftsdiensten, so Schalauske.

Die schwarz-grüne Koalitionsmehrheit lehnte den Antrag ab: „Von einer Anhörung erwarten wir keine zusätzliche Erkenntnisse“, sagte die hochschulpolitische Sprecherin der Grünen, Nina Eisenhardt. Der Konsortialvertrag zwischen Land und Rhön sei vertraulich, eine Überprüfung nicht möglich. Stattdessen werde es nun Gespräche mit dem Konzern geben. Und die Zeichen aus den Reihen der Beschäftigten seine doch eher „Notstandsrhetorik“. Fachkräftemangel in der Pflege gebe es in der ganzen Republik.

Unterdessen läuft jene Klausel im Konsortialvertrag aus, auf die Kritiker der Privatisierung große Hoffnung gesetzt hatten. Wie im Rhön-Geschäftsbericht zu lesen ist, endet zum 31. Dezember dieses Jahres das Recht des Landes, das Klinikum im Fall eines „Kontrollwechsels“ zurückzukaufen. Sprich: Rhön kann ab Januar die Klinik verkaufen, ohne dass das Land Einfluss auf den künftigen Besitzer hat, der Millionen von Euro für Forschung und Lehre erhält. Siehe Kommentar

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