Es ist eine Art finanzieller Notoperation, die von den Haushaltspolitikern der Bürgerschaft an diesem Freitag erwartet wird. Der Patient – der städtische Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) – soll in die Lage versetzt werden, das kritische nächste Halbjahr zu überstehen. Dass die Unterstützung gewährt wird, gilt als alternativlos, denn an einem Kollaps der Geno kann niemand ein Interesse haben.
Eile ist deshalb geboten, weil Stadt und Land Bremen voraussichtlich von Januar bis in den Sommer 2020 über keinen regulären Haushalt verfügen. Der Etat 2020 ist noch in der Vorbereitung und wird von der Bürgerschaft voraussichtlich erst unmittelbar vor der Sommerpause beschlossen. Während der sogenannten haushaltslosen Zeit ab dem 1. Januar müssen Stadt und Land ihre Ausgaben herunterfahren. Es darf nur das finanziert werden, wozu Bremen gesetzlich verpflichtet ist. Die Rettung eines Klinikverbundes gehört nicht dazu.
Wenn Maßnahmen ergriffen werden sollen, um eine Insolvenz der Geno im ersten Halbjahr 2020 abzuwenden, müssen sie also noch vor dem Jahreswechsel unter Dach und Fach gebracht werden. Dass dieser Handlungsbedarf besteht, räumt der Senat unumwunden ein. „Ohne Überbrückungsmaßnahmen“, so heißt es in einer Beschlussvorlage für den Haushalts- und Finanzausschuss der Bürgerschaft, wäre die Gesundheit Nord mit ihren vier Häusern in Mitte, Nord, Ost und Links der Weser „im Laufe des Jahres 2020 zahlungsunfähig“. Der Betriebsmittelkredit der Geno wird nämlich schon in wenigen Monaten ausgeschöpft sein.
CDU kritisiert Prognosen
Das Besteck für die finanzielle Not-OP hat der Senat den Haushältern nun bereitgelegt. Im Wesentlichen sollen Mittel umgeschichtet werden, die die Geno eigentlich anders verwenden sollte: Aus Investitionszuschüssen der Kommune und noch nicht ausgegebenen Geldern für den Neubau des Klinikums Mitte wird ein Liquiditätspolster geformt – alles in allem rund 20 Millionen Euro. Außerdem übernimmt die Stadt Pensionsverpflichtungen der Geno von gut sieben Millionen Euro für das Jahr 2020. Angedickt wird das Polster überdies durch ein Darlehen in Höhe von 20 Millionen Euro, das die Geno bis Ende 2021 zurückzahlen soll.
Ein stattlicher Betrag also, den die Haushälter kurz vor Toresschluss zusammenkratzen, um die vier Krankenhäuser während der haushaltslosen Zeit am Leben zu halten. Bei der CDU-Opposition stößt das Verfahren deshalb auf Kritik – auch wenn sie weiß, dass es nach Lage der Dinge kaum einen anderen Weg gibt. „Es passiert wieder nicht viel außer der Bewilligung von Geld“, hält Bürgerschaftsfraktionschef Thomas Röwekamp den Verantwortlichen im Gesundheitsressort vor. Von strukturellen Veränderungen sei in der Beschlussvorlage für den Haushalts- und Finanzausschuss der Bürgerschaft keine Rede.
Röwekamp stört außerdem, dass darin für die Zeit ab 2021 schon wieder ein Leistungswachstum für die Geno-Häuser unterstellt wird. Mit solch optimistischen Prognosen hatten die Geno und das Gesundheitsressort auch für 2019 gearbeitet, um später feststellen zu müssen, dass die tatsächlichen Ergebnisse sowohl unter den Vorhersagen als auch unter den Vorjahreszahlen lagen. „Ich verlasse mich auf keine Prognose mehr, die für die Geno eine Zunahme der Behandlungsfälle unterstellt“, sagt Thomas Röwekamp. Jedes realistische Sanierungskonzept für die Geno müsse auf der Basis der Einnahmen des Jahres 2019 entwickelt werden.
Einige Voraussetzungen für eine langfristige Erholung des städtischen Klinikkonzerns werden in der Vorlage für die Haushälter durchaus angesprochen. Als wichtigstes Themen gilt eine bessere Belegungssteuerung für die Krankenhausstationen. Bettensperrungen wegen nicht eingehaltener Pflegepersonal-Untergrenzen hatten zuletzt hohe Einnahmeverluste verursacht. Das Gesundheitsressort erwartet offenbar auch von den Arbeitnehmern Beiträge. Anzustreben sei ein „Sanierungskontrakt“ mit Gewerkschaften und Betriebsräten, heißt es in dem Papier.