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Probleme bei Reha: Klinik-Chef aus Bad Nauheim schlägt Alarm

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Mit Reha sollen eine Verrentung oder die Notwendigkeit der Pflege verhindert werden. Park-Klinik-Chef Jochen Hahn übt Kritik am System: »Das Budget der Reha im Bereich der Krankenkassen fristet ein Schattendasein.«	(Symbolfoto: dpa)
Mit Reha sollen eine Verrentung oder die Notwendigkeit der Pflege verhindert werden. Park-Klinik-Chef Jochen Hahn übt Kritik am System: »Das Budget der Reha im Bereich der Krankenkassen fristet ein Schattendasein.« (Symbolfoto: dpa) © DPA Deutsche Presseagentur

Jochen Hahn, Leiter der Park-Klinik in Bad Nauheim, kritisiert Bürokratie und strukturelle Hürden in Sachen Reha. Nun hat er sich an die Politik gewandt.

Im Inneren der Park-Klinik in Bad Nauheim ist die Luft klimatisiert, auf dem Tisch des Büros von Jochen Hahn stehen Kaffee und Wasser. »Die Reha braucht Unterstützung«, sagt der 46-jährige Geschäftsführer. Spezialisiert ist sein Haus auf Reha und Anschlussheilbehandlungen auf den Gebieten Orthopädie, Rheumatologie und Inneren Medizin. Hahn hat sich dazu entschlossen, mit der Politik in Kontakt zu treten und über Probleme und Defizite im Reha-Wesen zu informieren - dies im Rahmen einer Aktion der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation (Degemed).

Zu Gast sind Vertreter der FDP: Bundestagsabgeordneter Peter Heidt, Landtags-Vizepräsident Dr. Jörg-Uwe Hahn, Kreisvorsitzender Jens Jacobi und Stadtverordneter Tillmann Weber. Der 55-jährige Weber kennt das Haus aus eigenem Erleben, denn nach einer Knie-OP vor fünf Jahren ist er zur ambulanten Reha dort gewesen. »Ich hatte mit 17 Jahren bereits eine große Operation am rechten Knie«, blickt er zurück. Damals zog sich Weber einen Meniskusriss beim Volleyball zu. Die Ärzte stellten eine Knorpel-Knochenabsplitterung fest. Dies führte zu Folgeproblemen. Mit 45 Jahren wurde Weber ein neues Kniegelenk empfohlen, mit 50 ließ er es machen. »Es war ein großer Fehler, es vor mir herzuschieben. Ich hatte jahrelang wahnsinnige Arthrose-Schmerzen.« Webers Erfahrungen in der Anschlussheilbehandlung waren erfreulich: »Lymphdrainage, Massage, Krafttraining, sehr gute Einweisung, Bewegungstherapie im Becken…«

Ärger um die Reha: Im Job oder nicht - das ist die Frage

Klinikleiter Hahn freut dies, er nennt nun allerdings ein Beispiel für Probleme: »Reha betrifft zwei Parteien: Menschen im Erwerbsleben und außerhalb dessen.« Für Berufstätige stelle die Deutsche Rentenversicherung (DRV) die Rehabilitationen sicher. »Es gilt der Grundsatz: Reha vor Rente.« Die DRV sei ein guter Partner, »sie sind gut im Thema, haben eine gute Qualitätssicherung«. Für Menschen außerhalb des Erwerbslebens seien die Krankenkassen zuständig; »Reha vor Pflege« ist das Stichwort. »Das Budget der Reha im Bereich der Krankenkassen fristet ein Schattendasein«, sagt Hahn, während er den Besuch durchs Haus führt.

Politiker erinnert sich an eigene Reha

Mit dem Aufzug geht es in die Stockwerke, auch wenn Politiker Weber die Treppen wieder leicht steigen könnte. Der FDP-Mann denkt an die Zeit seiner OP zurück: »Die Akutklinik in Braunfels überwies mich, und ich ging zur ambulanten Reha in die Park-Klinik. Es war unproblematisch.« Nicht immer jedoch läuft es so reibungslos, wie Hahn verdeutlicht. Schwieriger sei es bei den medizinischen Heilverfahren, früher bekannt als klassische Kur, der keine OP vorangeht - und bei älteren Menschen. »Das medizinische Heilverfahren wird verschrieben, wenn ein Arzt feststellt, dass bei einem Menschen ein drohender Arbeitsplatzverlust oder Pflegebedürftigkeit aufgrund gesundheitlicher Probleme besteht. Das gibt es im Bereich der Erwerbstätigen und im Bereich der aus dem Erwerbsleben Ausgeschiedenen«, erläutert Hahn.

Ärger um die Reha: Problem mit der Schnittstelle

Er habe den Eindruck gewonnen, dass die Krankenkassen Letzteres öfter ablehnten. Sie hätten schlicht nichts davon. Denn verhindere die Reha den Schritt in die Pflege, bleibe der Patient länger im Budget der Krankenkasse. »Ansonsten kommt er in die Zuständigkeit der Pflegekasse.«

An dieser Schnittstelle fordere die Degemed Transferleistungen, denn sonst bestehe kein Anreiz zur Bewilligung. Der Klinikleiter unterstreicht: »Wir brauchen einen einfacheren Zugang zur Reha, überall ein Wunsch- und Wahlrecht, weniger Bürokratie. Und wir müssen auskömmlich bezahlt werden.« In Bad Nauheim gibt es weitere Reha-Kliniken für andere Krankheitsbilder. Ein Beispiel ist die Kerckhoff-Klinik, die auf Anfrage der WZ ebenfalls Probleme nennt: etwa, dass Patienten nicht immer die gewünschte Reha-Klinik zugewiesen bekämen und dass es kein bundesweit einheitliches Vergütungssystem gebe.

Zurück zur Park-Klinik und dem Besuch der FDP. Landtagsabgeordneter Hahn bestärkt den Gastgeber: »In Sachen Rehabilitation herrscht derzeit großer Reformbedarf.«

Ärger um die Reha: So reagiert die GKV auf die Kritik

Es sei nicht so, dass Menschen außerhalb des Erwerbslebens nur schwer an medizinische Vorsorge- und Reha-Verfahren bei der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) kämen, betont Janka Hegemeister, Pressereferentin des GKV-Spitzenverbandes in Berlin. Bei einer Ablehnung der Vorsorge- oder Reha-Maßnahme durch die Krankenkasse könne Widerspruch eingelegt werden. Gesetzlich Versicherte hätten nach dem Gesetz auch die Möglichkeit, bereits bei Antragstellung eine bevorzugte Klinik anzugeben. Der Kostenträger prüfe, ob diesem Wunsch entsprochen werden könne. Ausschlaggebend hierfür ist laut Hegemeister vor allem, dass die ausgesuchte Klinik den medizinischen Anforderungen des jeweiligen Behandlungsfalls gerecht wird, um das Ziel der Rehabilitation zu erreichen. Voraussetzung sei zudem, dass die Krankenkasse mit der jeweiligen Klinik einen Behandlungsvertrag vereinbart habe. Möchte der Versicherte in einer Reha-Einrichtung behandelt werden, die teurer sei als die von der zuständigen Krankenkasse ausgewählte Einrichtung, müsse er unter Umständen die Mehrkosten selbst tragen. Versicherte sollten sich vorab mit ihrerKrankenkasse in Verbindung setzen, sagt Hegemeister.

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