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Pflegekräfte und Ärzte laufen den Horst Schmidt-Kliniken davon

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Die Stadt möchte ihre Anteile am Klinikum nicht verkaufen.
Die Stadt möchte ihre Anteile am Klinikum nicht verkaufen. © Renate Hoyer

Linke und Piraten bezweifeln, dass das Krankenhaus seine vertraglich zugesicherten Leistung für Patienten und Personal einhält. Nun prüft die Stadt, was an den Vorwürfen dran ist.

Fehlende Pflegekräfte über das übliche Maß hinaus, Arbeitsbereiche in Gesellschaften outgesourct, die nicht nach Tarif bezahlen, Abteilungen, die wegen Pflegenotstands schließen und andere, denen das Personal davonläuft: Nach Ansicht der Fraktion der Linken&Piraten (Li&Pi) im Rathaus sind die Zustände an den Helios-Horst-Schmidt-Kliniken (HSK) gravierend. Zudem, so behaupten Li&Pi, verstoße die Klinik damit gegen den mit der Landeshauptstadt geschlossenen Konsortialvertrag. Dieser war 2014 vereinbart worden, als die Stadt 49 Prozent ihrer Unternehmensanteile an die Helios-Kliniken-Gesellschaft verkaufte.

Kontrolle allerdings ist fast unmöglich. Der Vertrag darf weder veröffentlicht noch daraus zitiert werden. Stadtverordnete hätten das 1000-seitige Werk vor der Unterzeichnung nur einsehen dürfen und Fotokopien seien verboten gewesen, sagt Linken-Stadtverordneter Ingo von Seemen. Dieses möchte Li&Pi ändern. „Ohne Transparenz ist die Kontrolle des Vertrags schwierig“, begründet von Seemen den Antrag an die Stadtverordnetenversammlung, mit dem der Konsortialvertrag juristisch auf Vertragsverletzungen überprüft werden soll. Das Augenmerk soll insbesondere auf Vereinbarungen zum Versorgungsauftrag, Outsourcing, auf Tarifbindung und Transparenz zum städtischen Kooperationspartner liegen.

Die Helios Dr. Horst Schmidt-Kliniken sind das Krankenhaus der Landeshauptstadt und der Helios-Kliniken. Als Maximalversorger verfügt es über 30 Fachkliniken, 20 Zentren und fünf Institute. Der Verkauf von 49,9 Prozent der städtischen Anteile an den börsennotierten Konzern Rhön-Klinik erfolgte 2012. Rhön veräußerte die Anteile 2014 an die Fresenius-Tochter Helios.

Vertreter von CDU und FDP lobten im Parlament das finanzielle Engagement der Helios für den 200 Millionen Euro teuren HSK-Neubau, der 2021 eröffnet werden soll. Sie bezeichneten die Li&Pi-Kritik als „Panikmache und haltlose Unterstellung“ und lehnten eine Vertragsveröffentlichung aus rechtlichen Gründen ab. Andere Parlamentarier dagegen räumten die Vorwürfe indirekt ein. Simon Rottloff (SPD) gab zu, dass an den HSK einiges im Argen liege. Die HSK habe durch ihre Personalpolitik den Pflegenotstand verschärft, sagte er und forderte, der Aufsichtsrat der die Landeshauptstadt vertretenden EGW-Gesellschaft (Ein gesundes Wiesbaden) solle mit der Helios-Geschäftsführung an der Einhaltung arbeiten. Bernhard Lorenz (CDU) brachte auch die diesbezügliche Verpflichtung des Klinikdezernenten und Bürgermeisters Oliver Franz (CDU) ins Spiel.

Mit großer Mehrheit beschlossen die Stadtverordneten schließlich den Änderungsantrag von CDU und SPD, dass der Magistrat über die im Konsortialvertrag festgelegten Verpflichtungen der HSK und über eventuelle Vertragsverletzungen zu berichten habe. Der Beschluss enthält auch den Passus, dass keine Absicht bestehe, die städtischen 51 Prozent der Klinikanteile zu verkaufen. Obwohl es nach der Inbetriebnahme des Klinikneubaus eine zeitlich befristete Verkaufsoption gebe, werde nicht darüber verhandelt, versicherte Franz. Die Linken hatten befürchtet, dass die bei der Stadt verbliebenen 51 Prozent der Anteile auch veräußert werden sollten.

Dass einige Abteilungen tatsächlich wegen Personalmangels Probleme haben, bestätigt die Vizebetriebsratsvorsitzende Christine Jakob. Das Zentrum für seltene Erkrankungen etwa sei geschlossen worden, mehrere Ärzte der Klinik für Thoraxchirurgie seien im September ans Sana-Klinikum Offenbach gewechselt. Wie Sana auf seiner Internetseite mitteilt, bringt Peter Kleine, früherer HSK-Klinikdirektor für Thoraxchirurgie, zwei Oberärzte und zwei Fachärzte aus Wiesbaden mit nach Offenbach.

HSK-Sprecherin Simone Koch möchte indes nicht von „Pflegenotstand“ am Klinikum sprechen, sondern bezeichnet die Lücken als „üblich enge Personaldecke“. Dass sich wie kürzlich in der Lungenheilklinik die Kündigungen häuften, sei Folge der Umstrukturierung einiger Stationen und der Gründung eines neuen Lungenzentrums. „Durch derartige Veränderungen kommt es leider auch zu Fluktuation“, teilte sie auf Anfrage mit. Es werde verstärkt eingestellt. Sie bestätigt aber, dass das Personal zu seinem eigenen Schutz sehr häufig Gefährdungsanzeigen stelle, um Überlastungen in der Schicht anzuzeigen. Das sei auch in anderen Kliniken üblich.

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