Orthopädie
«Rechtlich unzulässig»: Merian Iselin bekämpft Basler Unispital

Am Bethesda-Spital finden Operationen durch Ärzte des Unispitals statt, für die das Privatspital keinen Leistungsauftrag besitzt. Das ist widerrechtlich, sagt Konkurrent Merian Iselin. Es genügt, wenn das USB die Bewilligung hat, hält der Kanton dagegen. Nun droht ein Rechtsstreit.

Michael Nittnaus
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In der Orthopädie besteht in Basel schon heute eine Überversorgung. Die Kooperation befeuert den Konkurrenzkampf. (Symbolbild)

In der Orthopädie besteht in Basel schon heute eine Überversorgung. Die Kooperation befeuert den Konkurrenzkampf. (Symbolbild)

Pixabay

Stolz verkündeten das Basler Universitätsspital (USB) und das Bethesda-Spital Ende Juni, dass sie ihre Zusammenarbeit in der Orthopädie verstärken werden. Die seit 2012 bestehende Kooperation, bei der USB-Ärzte am Bethesda Eingriffe durchführen, wird ab 2020 substanziell ausgebaut.

Das sorgte nicht weiter für Aufsehen, ausser dass USB und Bethesda dadurch mehrere Kaderärzte vom Kantonsspital Baselland abwerben konnten. Recherchen der bz bringen nun aber einen schwerwiegenderen Konflikt ans Licht: Das Merian-Iselin-Spital – der Platzhirsch in der Orthopädie – hat die Kooperation juristisch abklären lassen. Und das Fazit von CEO Stephan Fricker hat es in sich: «Die Kooperation ist rechtlich nicht zulässig.»

Ein Satz im Leistungsauftrag macht stutzig

Sein Hauptargument: Das Bethesda-Spital verfüge in der Orthopädie – im Gegensatz zum Unispital – nicht über die nötigen Leistungsaufträge des Kantons. Tatsächlich genügt ein Blick auf die aktuelle Spitalliste Basel-Stadts, auf der alle erteilten Leistungsaufträge für 2018 bis 2020 aufgeführt sind. Das Bethesda-Spital darf nur in der Hand- und Wirbelsäulenchirurgie orthopädische Eingriffe durchführen. Die erweiterte Kooperation sieht ab 2020 aber vor, dass alle planbaren und ambulanten Eingriffe des USB in den Bereichen Schulter/Ellbogen, Knie, Sportorthopädie, Hüfte/Becken und Fuss/ Sprunggelenk am Bethesda stattfinden.

Zwar läuft das Ganze unter dem Label der Klinik für Orthopädie und Traumatologie des USB, es operieren ausschliesslich Unispital-Ärzte. Auch Rechnungsstellung und Administration laufen übers USB. Das Bethesda stellt lediglich Personal für Pflege, Anästhesie, Reha und Physiotherapie zur Verfügung – sowie die Räumlichkeiten und gesamte Infrastruktur.

Und genau das ist für Fricker entscheidend: «Leistungsaufträge sind standortgebunden», sagt er und verweist auf die allen Leistungsaufträgen vorangestellten Grundsätze. Diese liegen der bz vor. Dort steht: «Die Leistungsaufträge sind in den Einrichtungen des jeweiligen Spitals zu erfüllen. Die Auslagerung von medizinischen, therapeutischen und pflegerischen Dienstleistungen am Patienten an Dritte bedarf der Genehmigung durch den Kanton.»

Gehört der Bethesda-OP-Saal dem Mieter Unispital?

Ist die Kooperation also illegal? In den Augen Frickers besteht kein Zweifel, da die Räumlichkeiten des Bethesda-Spitals nicht als «Einrichtung» des USB gelten könnten. Beim zuständigen Basler Gesundheitsdepartement (GD) legt man die heikle Passage allerdings komplett anders aus. Mit dem Vorwurf konfrontiert, hält Thomas von Allmen, Leiter Spitalversorgung im GD, fest: «Die Zusammenarbeit zwischen USB und Bethesda besteht seit 2012. Es ist keine neue rechtliche Einheit wie etwa bei Clarunis entstanden. Das Unispital ist beim Bethesda eingemietet, wodurch die Einrichtung während der Dauer des Mietvertrags dem Mieter gehört.» Für den Kanton werden die Räumlichkeiten des Bethesda also zu einem Aussenstandort des USB. Wie das Merian Iselin hat auch das GD dies abklären lassen: «Unsere juristische Einschätzung ist, dass die Kooperation zulässig ist», sagt von Allmen. Auf Anfrage argumentieren – wenig überraschend – USB und Bethesda gleich wie der Kanton.

Einen Schönheitsfehler hat diese Auslegung allerdings: Die Grundsätze der Leistungsaufträge wurden bereits 2011 formuliert – noch ohne Miet-Modell im Hinterkopf. Vergleichbare Kooperationen gibt es bisher kaum. Nur die Universitären Psychiatrischen Kliniken sind im USB mit einer Kriseninterventionsstelle eingemietet. Fricker sagt denn auch: «Die Miet-Lösung ist ein Hilfskonstrukt, das der regulatorische Rahmen nicht vorsieht.»

Merian Iselin müsste vors Bundesverwaltungsgericht

Doch weshalb wehrt sich das Merian Iselin erst jetzt? Schliesslich operieren USB-Ärzte seit 2012 am Bethesda an Knie und Hüfte, also ebenfalls Bereichen, für die das Privatspital keinen Leistungsauftrag hält. Fricker: «Damals hiess es, dass die Kooperation nur vorübergehend sei, solange das USB räumliche Engpässe habe. Daher haben wir uns nicht gewehrt.» Seit eineinhalb Jahren sei aber der neue OP-Trakt am USB in Betrieb – und nun werde die Zusammenarbeit sogar ausgebaut.

Das Merian Iselin prüft nun «geeignete Möglichkeiten», um gegen die Kooperation vorzugehen. Das ist allerdings gar nicht so einfach. Das GD stellt klar, dass ein Spital nicht gegen fremde Leistungsaufträge klagen könne. Einzig der Gang ans Bundesverwaltungsgericht stehe offen, wenn ein Grundlagenirrtum vorliege. Frickers Kritik geht noch weiter: Die Wurzel des Problems sieht er bei der «unseligen Rollenverknüpfung» des Kantons als Eigner des USB, Regulator und Planer. Letztlich sei das Ja zur Kooperation «Heimatschutz fürs Universitätsspital». Für von Allmen ist der Widerstand hingegen vor allem eines: Ausdruck eines verstärkten Konkurrenzkampfes.

Ab 2021 werden die Standorte einzeln bewilligt

Die aktuelle Spitalliste gilt noch bis Ende 2020, also für das ganze erste Jahr der erweiterten Kooperation. Dass USB und Bethesda noch vor der Einführung der neuen bikantonalen Spitalliste 2021 vorpreschen, dürfte den Verantwortlichen beim Basler Gesundheitsdepartement (GD) nicht gefallen, auch wenn sie nicht dazu Stellung nehmen. Denn die neue Spitalliste wird vieles auf den Kopf stellen und das Bewerbungsverfahren für Leistungsaufträge läuft bereits. Ob die Kooperation wieder den Segen erhält, ist unklar. Schliesslich betonten die Gesundheitsdirektoren beider Basel jüngst, dass sie gegen die Überversorgung im Bereich Orthopädie vorgehen werden.

Auf alle Fälle muss ein Spital neu jeden seiner Standorte einzeln ausweisen. Thomas von Allmen, Leiter Spitalversorgung beim GD: «Eine Ausweitung der Orthopädie werden wir verhindern.» Man wird das Unispital beim Wort nehmen und die selbst beworbene Aufsplittung der Orthopädie-Bereiche in den Leistungsaufträgen spiegeln. Konkret bedeutet das: Planbare und ambulante Eingriffe dürften vom USB dann nur noch am Bethesda-Spital durchgeführt werden. Traumatologie, Intensiv- und Notfallmedizin wären dagegen strikt auf den Hauptstandort beschränkt. Wachsen gehe künftig nur noch auf Kosten der Konkurrenz, so von Allmen, da das Gesamtvolumen der orthopädischen Eingriffe begrenzt werde.

Fest steht auch, dass das USB ab 2021 am Bethesda dessen deutlich tiefere Kostenberechnung verwenden müsste. Das USB hält fest: «Wir gehen davon aus, dass die Vorgaben der neuen Spitalliste so sind, dass Kooperationen weiterhin möglich sind.» Man wolle eben gerade Fehlanreize eliminieren, die auf Menge ausgerichtet seien. (mn)