Aarau
10-Millionen-Spritze fürs Kantonsspital Aarau: Regierungsrats-Kandidaten äussern Kritik

Der Antrag für zusätzliche Unterstützung kam vom Spital, der Regierungsrat berechnete den Betrag aber eigenständig. Die drei Regierungsratskandidaten im Grossen Rat haben Vorbehalte: Jean-Pierre Gallati (SVP) lehnt die Geldspritze ab, Jeanine Glarner (FDP) will Klarheit, wie der Betrag zustande kommt, Severin Lüscher (Grüne) will prüfen, ob das KSA teure Leistungen abgeben kann.

Fabian Hägler
Drucken
Das Kantonsspital Aarau soll zusätzlich 10 Millionen Franken erhalten. Doch bei Politikern regt sich Widerstand.

Das Kantonsspital Aarau soll zusätzlich 10 Millionen Franken erhalten. Doch bei Politikern regt sich Widerstand.

Rolf Jenni

Geht es nach dem Willen des Regierungsrats, soll das Kantonsspital Aarau ab 2020 jährlich eine zusätzliche Entschädigung von 10 Millionen Franken vom Kanton erhalten. Mit dem Beitrag sollen Vorhalteleistungen abgegolten werden, also zum Beispiel die Präsenz von Notfallteams oder teure Infrastruktur, um die nötige medizinische Versorgung im Aargau jederzeit zu gewährleisten.

Grundlage für diese finanzielle Unterstützung ist die Einstufung des KSA als sogenanntes Endversorgerspital. Für diesen Status hat der Regierungsrat laut der Sprecherin des kantonalen Gesundheitsdepartements die folgenden Kriterien definiert:

  • Grosses Aufgabenspektrum von der Grundversorgung über die spezialisierte bis zur hochspezialisierten Medizin.
  • daraus resultierend in den meisten Fällen eine abschliessende Behandlung der Patientinnen und Patienten.
  • eine überdurchschnittlich hohe Versorgungsrelevanz für den Kanton Aargau und die umliegenden Kantone.
  • damit verbunden ausserordentlich viele Vorhalteleistungen für das Personal und die Infrastruktur.
  • Aufrechterhaltung einer zentralen Anlaufstation für Notfälle jeglicher Art und
  • eine hohe Zahl von Übernahmen von Patientinnen und Patienten anderer Spitäler.

KSA hätte ohne Antrag Anrecht auf das Geld

Alle diese Kriterien erfüllt laut der Sprecherin des kantonalen Gesundheitsdepartements im Aargau nur das Kantonsspital Aarau. Schon im Januar hatte die Regierung verkündet, dass es für die Zukunft des KSA und für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung wichtig sei, am Endversorgerstatus des Spitals festzuhalten und die Entschädigung für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen zu überprüfen.

«In diesem Kontext hat das Kantonsspital Aarau einen entsprechenden Antrag gestellt», sagt die Sprecherin des kantonalen Gesundheitsdepartements auf eine entsprechende Nachfrage der AZ. Der Regierungsrat habe aufgrund eigener Kriterien festgelegt, dass dem KSA diese 10 Millionen Franken zustehen. Dieser Betrag würde dem Spital laut der Gesundheitsdepartementssprecherin auch ohne Antrag des Verwaltungsrats zustehen.

Gallati: «Den Sonderstatus des KSA gibt es gar nicht»

Jean-Pierre Gallati, Fraktionschef der SVP im Grossen Rat und Regierungsratskandidat, lehnt die 10-Millionen-Spritze für das KSA ab. «Den Endversorgerstatus gibt es im Spital- oder Krankenversicherungsgesetz nicht», hält er fest. Dieser Status des KSA erwecke den Eindruck, dass ein künstliches Konstrukt gesucht worden sei, um dem Spital dann mehr Geld zukommen zu lassen.

«Es ist auch unfair gegenüber anderen Spitälern, wenn das KSA nun 10 Millionen zusätzlich erhalten soll», sagt Gallati. Zudem sei die Absicht des Regierungsrats finanzpolitisch fragwürdig. Der Kanton habe weiterhin mit einem massiven strukturellen Defizit zu kämpfen. In den Sparprogrammen der letzten Jahre seien die Entschädigungen für gemeinwirtschaftliche Leistungen der Spitäler reduziert worden, sagt Gallati. «Jetzt vor dem Hintergrund eines sehr guten Jahresabschlusses des Kantons einem Spital 10 Millionen Franken zu geben, finde ich falsch.»

Glarner: «Nicht klar, wie Betrag zustande kommt»

FDP-Grossrätin und Regierungsratskandidatin Jeanine Glarner steht der finanziellen Unterstützung für das KSA kritisch gegenüber. «Für mich ist nicht ersichtlich, wie der Betrag von 10 Millionen Franken zustande kommt, der Status des Endversorgerspitals und die speziellen Leistungen, die nur das Kantonsspital Aarau erbringt, sind für mich nicht klar.»

Glarner hält fest, dass es gewisse gemeinwirtschaftliche Leistungen im Gesundheitsbereich gebe, die der Kanton abgelten müsse, weil diese nicht kostendeckend erbracht werden könnten. «Diese Leistungen müssten aber öffentlich ausgeschrieben werden, damit der Kanton nachher das Angebot mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis wählen kann», sagt sie.

Lüscher: «Aufträge an andere Spitäler abgeben?»

Grünen-Grossrat und Regierungsratskandidat Severin Lüscher sagt, das KSA erbringe sicher Leistungen, die nicht kostendeckend, aber wichtig für die Gesundheitsversorgung im Kanton seien. «Mit dem Betrag von 10 Millionen Franken als Entschädigung liegt der Regierungsrat über den Daumen gepeilt wohl nicht so schlecht», schätzt Lüscher. Er möchte aber genauer wissen, welche Leistungen damit abgegolten werden und ob andere Spitäler einige davon nicht kostengünstiger übernehmen könnten.

«Ich frage mich, ob es nicht Fälle gibt, für die am KSA eine teure Infrastruktur und Fachärzte vorgehalten werden, die aber so selten sind, dass der Auftrag dafür an ausserkantonale Spitäler abgegeben werden könnte», sagt er. Lüscher gibt zu bedenken, dass der Aargau bei der Finanzierung der Spitäler im Vergleich mit anderen Kantonen zurückhaltend sei. So zahle zum Beispiel in Solothurn der Kanton die Spitalneubauten, in der Westschweiz erhielten Spitäler viel mehr Geld für gemeinwirtschaftliche Leistungen.