S 4 KR 77/15

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 4 KR 77/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 222/19
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die renale Denervation genügt ungeachtet der Ergebnisse der so genannten „Symplicity HTN-3 Studie“ den Qualitätsanforderungen des § 2 Abs. 1 SGB V; erst recht besitzt sie ausreichendes Potenzial im Sinn des § 137c Abs. 1 SGB V, um im Rahmen von Krankenhausbehandlungen angewendet und vergütungsrelevant kodiert zu werden.

2. Die Anwendung der renalen Denervation entspricht jedenfalls dann dem Wirtschaftlichkeitsgebot gem. § 12 Abs. 1 SGB V, wenn in der Person des Versicherten die Bedingungen entsprechend den Vorgaben des Konsenspapiers „Interventionelle renale Sympathikusdenervation zur Behandlung der therapieresistenten Hypertonie“ aus dem Jahr 2011 erfüllt sind.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.527,91 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit dem 11. Dezember 2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden nur: Klägerin) behandelte in dem von ihr betriebenen Herz-Kreislaufzentrum A-Stadt den bei der Beklagten krankenversicherten und im Zeitpunkt der Aufnahme 80 Jahre alten C. C. (im Folgenden nur: Versicherter) in der Zeit vom 4. bis 30. September 2013 im Rahmen eines stationären Aufenthalts. Mit Datum vom 25. November 2013 stellte sie der Beklagten für diese Behandlung auf der Basis der DRG F59A einen Gesamtbetrag von 7.020,47 EUR in Rechnung. Die Beklagte glich den Rechnungsbetrag zunächst aus, verrechnete aber am 10. November 2014 einen Teilbetrag in Höhe der hiesigen Klageforderung mit einer anderen Vergütungsforderung der Klägerin. Dies basierte auf der Einschätzung des von der Beklagten beauftragten MDK, dass die Nebendiagnose (ND) I50.14 ICD-10 gar nicht hätte kodiert werden dürfen und anstelle der kodierten ND N18.3 ICD-10 die Diagnose N19 ICD-10 zu verschlüsseln gewesen sei. Vor allem aber sei der OPS 8-83c.50B Andere perkutan-transluminale Gefäß Intervention: Operation über die a. renalis: Radiofrequenzablation) zu streichen.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 27. April 2015, der am 30. April 2015 bei dem Sozialgericht Fulda eingegangen ist, hat die Klägerin Klage erhoben und verfolgt ihr Vergütungsbegehren weiter. Zur Begründung führt sie aus, dass die Indikation für eine renale Denervation bei dem Versicherten gegebenen gewesen sei. Zutreffend gehe auch der MDK davon aus, dass die Wirksamkeit des Verfahrens kontrovers diskutiert werde und es sich bei der renalen Denervation um ein vielversprechendes Verfahren handele. Hingegen sei dessen Schlussfolgerung, dass sie nicht vergütungrelevant habe kodiert werden dürfen, falsch. Sowohl die Deutschen als auch die Europäischen Guidelines aus dem Jahr 2014 führten die Methode als Empfehlungsgrad I an, falls die Methode von erfahrenen Anwendern durchgeführt werde. Auch die Nebendiagnose seien korrekt kodiert worden. Soweit seitens des MDK Nebendiagnosen in Abrede gestellt würden, seien diese aber durch die Krankenakte belegt.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.527,91 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10. November 2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, dass die renale Denervation nicht den Qualitätsanforderungen des SGB V genüge; die aus § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V folgenden Qualitätsanforderungen gälten eingeschränkt auch im Anwendungsbereich des § 137c SGB V. Daher werde für die Anwendbarkeit einer Methode, soweit nicht der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ein entsprechendes Verfahren eingeleitet habe, auch im Krankenhaus verlangt, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürworte und, von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapiekonsens bestehe. Dies setze im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden könnten. Der Erfolg müsse sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführte Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Solches lasse sich für die renale Denervation nicht erkennen.

Auch im vorliegenden Einzelfall seien keine besonderen Umstände erkennbar, die ausnahmsweise im Sinne des § 2 Abs. 1a SGB V die renale Denervation als medizinisch zwingend notwendig begründen könnte. Insbesondere habe der Gemeinsame Bundesausschuss das Bewertungsverfahren bereits in 2015 mangels erkennbarer Wirksamkeit der Methode eingestellt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. D., D-Stadt, das dieser unter dem 22. November 2017 erstattet hat. Darin gelangt er zu folgenden Feststellungen:

Der Bluthochdruck gehöre zu den häufigsten chronischen kardiovaskulären Erkrankungen. Obwohl es eine Vielzahl entsprechender Medikamente auf dem Markt gebe, sei die Zahl der Patienten immer noch niedrig, die eine leitliniengetreue Blutdruckeinstellung erreichen könnten (Blutdruck ( 140/90 mmHg und (140/85 mmHG bei Diabetikern). Lasse sich auch unter einer dreifachen antihypertensiven Therapie keine adäquate Blutdrucksenkung erreichen, spreche man von einer therapierefraktären arteriellen Hypertonie. Bei deren Ursachen komme der Aktivierung des sympathischen Nervensystems (Stressnervensystem) sowohl bei der Blutdrucksteigerungen als auch bei der häufigen Entwicklung einer Hyperinsulinanämie mit konstitutiver Insulinresistenz und Diabetes mellitus eine entscheidende Rolle zu. Es sei wissenschaftlich bekannt, dass die Aktivität des gesamten sympathischen Nervensystems maßgeblich von aufsteigenden Nieren-Stressnervenfasern bestimmt werde, die die Nieren mit dem Gehirn verbinden. Entsprechend sei bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts darauf operativ reagiert worden, indem radikal die sympathischen Nervenfasern durchtrennt worden seien, wodurch eine weitgehende Senkung des Blutdrucks erreicht werden konnte. Allerdings zeigten sich auch deutliche Nebenwirkungen bei dieser Methode.

Mit der Entwicklung von katheterbasierten Verfahren sei es heutzutage möglich, eine selektive Verödung der Stressnervenfasern der Niere zu erreichen. Dabei werde ein spezieller Ablationskatheter in das Gefäß eingebracht und mit einem Generator verbunden. Danach erfolge die Hochfrequenz- oder Ultraschallablation an multiplen Punkten entlang der Nierengefäße, wodurch die an der Außenseite der Gefäße befindlichen Nervenfasern verödet würden. Dies erfolge unter örtlicher Betäubung; der Eingriff sei risikoarm und werde gleichzeitig an beiden Nierengefäßen durchgeführt.

Bereits im Jahr 2011 sei ein Konsensuspapier gearbeitet worden durch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie und die Deutsche Hochdruckliga betreffend die interventionelle renale sympathische Denervation bei Patienten mit arterieller Hypertonie. Des Weiteren lägen Positionspapier der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie sowie der Europäischen Hochdruckliga vor. Hiernach sei die Selektion der Patienten nachfolgenden Parametern vorzunehmen:

• Praxis-Blutdruck )=160 mmHg bzw. )=150 mmHg bei Diabetes mellitus Typ 2
• Einnahme von )=3 antihypertensiven Substanzen (echte Therapieresistenz bei Therapietreue)
• Ausschluss einer Pseudoresistenz mittels Langzeitblutdruckmessung (24-
• Stundenmittel )130 mmHg, Tagesmittel )135 mmHg)
• Ausschluss einer organischen (sekundären) Hypertonieursache
• Normale bis leicht reduzierte Nierenfunktion (glomeruläre Filtrationsrate )=245 mI/min/1‚73 m2)
• Geeignete Nierenarterienanatomie: keine vorherige Intervention an den Nierenarterien, keine signifikante Stenose oder sonstigen Abnormalitäten der Nierenarterien

Die für die Behandlung kompetenten Einrichtungen sollten demnach folgende Parameter aufweisen:

• Einbindung von mindestens zwei Hypertensiologen der Deutschen Hochdruckliga in die Behandlung oder Hypertension Excellence Center der European Society of Hypertension
• ausreichende interventionelle Expertise ()25 Interventionen an den Nierengefäßen pro Jahr)
• 24 Stunden verfüG-BAre Notaufnahme mit interventioneller Angiografie- und Dialysebereitschaft
• Möglichkeit einer intensivmedizinischen Betreuung
• Diagnostische Ausstattung
o Angiografie-Einheit
o Laborbasisdiagnostik
o 24-Stunden-Blutdruckmessung
o Langzeit-EKG
o farbkodierte Duplex-Sonografie und CT-Angiografie

Die Leitlinien sähen eine Einsatzmöglichkeit des Verfahrens bei den Patienten als möglich an, bei denen eine medikamentöse Therapie nicht zu einer ausreichenden Blutdrucksenkung führe (Empfehlung IIb, Evidenz C). Das Verfahren solle nur bei schwerer Hypertonie (Praxisblutdruck systolisch )=160 mmHg oder diastolisch )=110 mmHg) und bestätigter Langzeitblutdruckmessung durchgeführt werden (Empfehlung I, Evidenz C). Ferner sollte das Verfahren ausschließlich von erfahrenen untersuchen in spezialisierten Zentrum angeboten werden (Empfehlung I, Evidenz C).

Sowohl die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie als auch die Europäische Hochdruckliga hätten in ihren Stellungnahmen, veröffentlicht 2015, zur aktuellen Datenlage klargemacht, dass das Verfahren der renalen Denervation trotz des im Hinblick auf die Wirksamkeit neutralen Ergebnisses der so genannten Symplicity HTN-3 Studie eine Therapieoption für Patienten mit Therapie resistenter Hypertonie und optimierter medikamentöse Therapie darstellen könne. Diese Einschätzung habe auf den methodischen Kritikpunkten bezüglich der vorbezeichneten Studie sowie der positiven Ergebnisse vorheriger Studien beruht. Zum damaligen Zeitpunkt sei konstatiert worden, dass die Datenlage nicht ausreiche, um die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des Verfahrens zu beweisen. Die Entscheidung müsse im Einzelfall dem behandelnden Arzt überlassen sein.

Vor Durchführung der Symplicity HTN-3 Studie habe in verschiedenen Studien gezeigt werden können, dass die renale Denervation bei einigen, jedoch nicht allen Patienten mit einer unkontrollierten Hypertonie zu einer deutlichen Senkung des Praxis- und Langzeit Blutdrucks führen könne. Die meisten dieser Studien hätten jedoch keine Scheinbehandlungsgruppe eingeschlossen, so dass die Symplicity HTN-3 Studie initiiert worden sei. Dabei habe festgestellt werden können, dass die Blutdruckunterschiede im Vergleich zum Ausgangsblutdruck signifikant gewesen sein, jedoch nicht die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Allerdings seien Mängel im Studiendesign mittlerweile auch von den Studienleitern selbst eingeräumt worden. So seien die Prozeduren von Untersuchern durchgeführt worden, die nur wenig bis keine Erfahrung damit hatten. Gleichzeitig sei bekannt, dass die technische Qualität und Effektivität der Intervention einen deutlichen Einfluss auf die Blutdruckreduktion habe. Trotz der Vorgabe, die Blutdruck senkende Medikation in den ersten sechs Monaten konstant zu halten, sei dies bei bis zu 40 % der Betroffenen nicht eingehalten worden, was zu erheblichen Schwankungen und Streuung in beiden Gruppen geführt habe. Zudem sei in der Probandengruppe der Kaukasier eine deutliche Differenz zwischen den tatsächlich und den nur scheinbar behandelten Patienten festzustellen gewesen, während dies bei Afro-Amerikanern nicht der Fall gewesen sei. Auch bestehe der Anschein, dass der Anteil der Patienten mit einer so genannten isolierten systolischen Hypertonie besonders hoch gewesen sei; weiterführende Analysen hätten ergeben, dass der Blutdrucksenkungseffekt des Eingriffs bei diesen Patienten weniger deutlich ausgeprägt sei.

Bei der Bewertung der Symplicity HTN-3 Studie sei eine weitere wichtige Studie zu berücksichtigen, nämlich die DENER HTN Studie, veröffentlicht im Jahr 2015. In dieser Studie sei bei Patienten mit therapieresistenter Hypertonie nach einem vordefinierten Schema die antihypertensive Therapie schrittweise eskaliert und bei einer Gruppe zusätzlich eine renale Denervation durchgeführt worden. Hier habe sich die Überlegenheit und Effektivität der renalen Denervation im Vergleich zu einer alleinigen medikamentösen Therapie nachweisen lassen.

Insgesamt würden daher Leitlinien/Empfehlungen der Fachgesellschaften durch die Symplicity HTN-3 Studie nicht wissenschaftlich durchgreifend infrage gestellt.

Im Übrigen sei im September 2017 eine Zwischenanalyse einer weiteren Studie (SPYRAL-OFF Medication Studie) veröffentlicht worden. In der verblendeten Studie seien Patienten mit milder bis moderater Hypotonie und ohne begleitende antihypertensive Therapie eingeschlossen und entweder einer renalen Denervation oder einem Scheinangriff unterzogen worden. Nach drei Monaten habe sich in der renalen Denervation eine statistisch signifikante Senkung des Blutdrucks nachweisen lassen. Da den Patienten keine begleitende blutdrucksenkende Therapie verordnet worden und gegen eine Scheininterventionsgruppe verglichen worden sei, seien die beobachteten blutdrucksenkenden Effekte auf die Intervention durch die renale Denervation zurückzuführen.

Konkret in Bezug auf den Versicherten habe bei ihm eine schwere, therapieresistente Hypertonie vorgelegen, die bereits zu bluthochdruckbedingten Organschäden und Komplikationen geführt hätten. Sowohl die linksventrikuläre Hypertrophie als auch die diastolische Herzinsuffizienz und die Niereninsuffizienz seien in diesem Zusammenhang von prognostischer Relevanz gewesen. Zudem sei es in der Vergangenheit zu einer bluthochdruckbedingten Hirnblutung gekommen, die als vital bedrohlich habe eingestuft werden müssen und im konkreten Fall sogar der operativen Revision im Jahr 1995 bedurft habe. Die Blutdruckwerte des Versicherten hätten deutlich über den zuvor zitierten Empfehlungen der Fachgesellschaften gelegen. Ebenso sei mittels Langzeitblutdruckmessung eine Pseudoresistenz ausgeschlossen worden, Gleiches gelte für die häufigsten Ursachen einer organischen Hypertonie. Die medikamentöse Therapie zur Blutdrucksenkung könne als ausgereizt angesehen werden. Aufgrund des deutlich erhöhten kardiovaskulären Risikos des Versicherten und da konservative Maßnahmen ausgeschöpft gewesen seien, sei im vorliegenden Fall die Durchführung einer renalen Denervation als ultima ratio zu rechtfertigen gewesen.

Die Beklagte ist dem Sachverständigengutachten unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des MDK vom 30. Mai 2018 entgegengetreten. Darin führt die Gutachterin, Fachärztin für Innere Medizin, Sozialmedizin Dr. E. im Wesentlichen aus, dass der Versicherte im Rahmen der hier streitgegenständlichen invasiven Behandlung Risiken eingegangen sei. Bei Menschen mit bereits chronisch eingeschränkter Nierenfunktion bestehe insbesondere das Risiko einer Kontrastmittelinduzierten akuten Nierenschädigung und Nierenversagen. So habe sich bei dem Versicherten auch nach dem ersten Aufenthalt eine Verschlechterung der Filtrationsraten ergeben. Letztlich sei aber die Auswirkung der renalen Denervation auf die Nierenfunktion des Versicherten nicht beurteilbar.

Im Übrigen sei die medikamentöse Behandlung des Versicherten letztlich nicht valide dokumentiert, so dass nach erfolgten Umstellungen der Medikation nicht durch eine Langzeitblutdruckmessung dokumentiert gewesen sei, dass diese wirklich ohne Erfolg war. Die zur Hypertoniebehandlung seit Jahrzehnten eingesetzten Medikamente seien umfangreich auf ihren Nutzen untersucht, sie seien keineswegs ausgeschöpft. Dabei seien die Blutdruckwerte des Versicherten erhöht gewesen, aber nicht lebensbedrohlich. Der ambulante 24-Stunden-Blutdruckwert habe einen Gesamtdurchschnitt von 155/74 mmHg ergeben. Im Nachtintervall aber der durchschnittliche Blutdruck bei 134/68 mmHg gelegen, also durchaus im anzustrebenden Bereich. Weiterhin seien auffällige Unterschiede des Blutdrucks an den Armen des Versicherten nach Durchführung der renalen Denervation aufgetreten, die zuvor nicht berichtet worden seien. Hier habe vor dem Eingriff weitere Abklärungsbedarf bestanden. Weiterhin habe eine Duplexsonographie der Nierenarterien einschließlich einer Nierensonographie nicht stattgefunden.

Die vorliegende Studienlage in Bezug auf die Wirksamkeit der renalen Denervation sei sehr unterschiedlich, dabei auch kritisch. Vor allem die breit angelegte Simplicity HTN-3 Studie habe die anfänglichen positiven Auswirkungen der renalen Denervation nicht bestätigen können. Letztlich ergebe sich für die Methode lediglich ein Evidenzgrad C, der nicht dem Qualitätsgebot des SGB V genüge. Sie werde weder als nützlich noch als favorisiert beschrieben. Es lägen schlicht widersprüchliche Evidenzeinschätzungen vor. So werde etwa in der australischen Leitlinie zu Hypertonie-Behandlung aus dem Jahr 2016 die renale Denervation ausdrücklich nicht empfohlen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss habe mit Beschluss vom 20. August 2015 die Bewertung der Methode auf Antrag der ursprünglichen Initiatoren eingestellt.

Insgesamt stelle sich die Durchführung der renalen Denervation bei dem Versicherten als medizinisch nicht notwendig dar, das Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V sei nicht eingehalten worden, zudem sei die Diagnostik und nichtinvasive Therapie des Bluthochdrucks nicht ausgeschöpft gewesen.

Der Sachverständige D. hat in der mündlichen Verhandlung seine Darstellung erläutert und dabei zur so genannten Symplicity HTN-3 Studie ausgeführt:

"Wie üblich wurde zunächst das neue Verfahren unkontrolliert und dann in kontrollierten Studien vorgenommen; und dann kam es auch zu erstmals in den USA zu einer groß angelegten Studie, in der auch Scheinbehandlungen stattgefunden haben. Dies war die Symplicity-HTN-3-Studie. Parallel dazu wurden auch in Frankreich entsprechende Studien vorgenommen, allerdings mit einem anderen Design. In der amerikanischen Studie zeigten sich sowohl bei den mit der renalen Denervation behandelten Patienten wie auch bei den scheinbehandelten Patienten deutliche Reduzierung des Bluthochdrucks, die beide signifikant waren. In der französischen Studie hingegen kam es zu einem signifikanten Absinken des Bluthochdrucks gerade bei den mit der renalen Denervation behandelten Patienten. Man hat dann allerdings festgestellt, dass die an der amerikanischen Studie beteiligten Probanden auch während oder nach der Behandlung blutdrucksenkende Medikamente einnahmen, diese Medikamentenauswahl auch änderten, so dass die darin letztlich gewonnenen Ergebnisse durch eben diese Änderung der medikamentösen Behandlung verfälscht wurden. Daraus konnte man aber zumindest dann aber ablesen, wie ein Setting sein muss, damit aus einer entsprechenden Studie Schlussfolgerungen valider Art gezogen werden konnten.

( ...)

Im Hinblick auf die Kritiker der hier zu diskutierenden Methode ist zu sagen, dass zunächst natürlich im Hinblick auf die Methode ein Placeboeffekt hervorgeworfen wurde, der darin bestand, dass die Blutdrucksenkung eben nicht durch die Behandlung stattfand, sondern durch die besonders intensive Behandlungen der jeweiligen Patienten, die dann entsprechend gegebenenfalls ihre Ernährung oder ihr Verhalten änderten oder auch ihre medikamentöse Behandlung. Dieses Argument war natürlich in dem Moment widerlegt, wo scheinbehandelte Patienten zum Vergleich herangezogen wurden. Aber auch insoweit bleibt es problematisch, dass man einerseits eine relativ kleine Patientenzahl bisher nur vorweisen kann; zum anderen ist es so, dass man keine langfristigen Erkenntnisse bisher hat, man also nicht weiß, wie lang der beobachtete Effekt letztlich anhält, und ob die Durchtreffung der Nierennerven letztlich langfristig zu irgendwelchen Schäden führen können."

Zu den Lehren aus diesen strukturellen Defiziten der Studie führt der Sachverständige weiter aus:

"Man hat dann ein Studiendesign gewählt, in dem die behandelten Patienten gar keine blutdrucksenkenden Medikamente einnahmen; dies ausgehend von der Überlegung, dass man diese neuerliche Methode ja praktisch wie die Einführung eines neuen blutdrucksenkenden Medikaments behandeln müsste, wo den Untersuchenden ja auch nicht interessiert, wie das konkrete Medikament in Zusammenspiel mit anderen Medikamenten, sondern singulär wirkt. Dies wurde dann entsprechend vorgenommen, so dass Probanden, die keinerlei Medikamente einnahmen, der renalen Denervation tatsächlich oder zum Schein unterzogen wurden. Hier konnten signifikante Senkungen des Bluthochdrucks bei den tatsächlich behandelten Patienten festgestellt werden. Es handelt sich dabei um zwei solcher Studien, und zwar einmal die Spyral-OFF Studie, die ebenso wie die andere Studie, die Radiance-Studie, im Lancet publiziert worden sind. Es wurde dann auch noch eine weitere Studie, die Spyral-ON Studie, aufgelegt, die ebenfalls im Lancet publiziert wurde, und die dahingehend strukturiert war, dass man nun Patienten untersuchte, die sowohl ein, zwei oder drei Medikamente parallel zur renalen Denervation einnahmen. Auch hier konnte im Vergleich zu scheinbehandelten Patienten eine signifikante Senkung des Bluthochdrucks beobachtet werden. Zur letztgenannten Studie muss allerdings einschränkend gesagt werden, dass sie mit einer relativ kurzen Nachbeobachtungszeit versehen war und auch nur relativ wenige Patienten betraf. Sie hat aber dazu geführt, dass im Moment weltweit zahlreiche Studien durchgeführt werden, die noch laufen, um diese neue Methode weiter zu überprüfen."

Zur Langfristwirkung der renalen Denervation führt der Sachverständige einschränkend aus:

"Aktueller Stand ist jedoch, wie man etwa auch aus der Nierentransplantation als solcher ableiten kann, dass die Nierennerven als solche nicht zwingend für die Funktion der Nieren gebraucht werden, denn diese können im Rahmen einer Nierentransplantation nicht wiederhergestellt werden. Denkbar wäre in dem Zusammenhang durchaus, dass Nierennerven etwa nachwachsen, man kann dies bei Herztransplantationen als Vergleich beobachten. Letztlich weiß man auch nicht, wie lang der mittels der renalen Denervation erzielte Effekt anhalten wird; bisher konnte festgestellt werden, wie anhand eines weltweit verfüG-BAren Registers abzulesen ist, dass es zu keiner erneuten signifikanten Erhöhung des Blutdrucks kommt. Ob dies allerdings noch langfristiger anhalten wird, vermag im Moment niemand zu sagen. In jedem Fall kann aber festgestellt werden, dass jede Senkung von Bluthochdruck die Mobilitätsrate reduziert. Letztlich bleibt auch zu erwähnen, dass noch unklar ist, welche konkrete Patientengruppe sich spezifisch für diese Behandlung eignet."

Bezüglich der Voraussetzungen zur Eignung eines Patienten für die Durchführung der renalen Denervation sowie konkret on Bezug auf den streitgegenständlichen Versicherten:

"Im Hinblick auf die Frage, welche Art von Patienten letztlich sich für die Behandlung geeignet sind, kann ich sagen, dass es sich dabei um eine schwierig zu beantwortete Frage handelt. Auch bei der Verfassung der neuesten Leitlinien waren sich die Fachgesellschaften dieser Problematik bewusst. Wir sind jedenfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass man hier eine zwingende Einzelfallentscheidung treffen muss, man die Behandlungen nur im Rahmen klinischer Studien durchführen soll und sie nicht zu jedem Bluthochdruckpatienten passen kann. Die Methode wird zunächst jedenfalls bei Fällen schwerer arterieller Hypertonie zur Anwendung kommen, in diesen Fällen halten wir sie aber für sinnvoll. Gleichzeitig ist es auch so, dass wir nicht nur solche Patienten mit schwerem Bluthochdruck sehen, sondern auch solche, die etwa medikamentöse Behandlungen nicht vertragen oder diese nicht wahrnehmen wollen. Auch hier kann diese Behandlung eine Therapieoption darstellen. Letztlich aber, wie gesagt, wird es stets eine Einzelfallentscheidung sein müssen.

( ...)

Richtig ist, dass zur Routinebehandlung von Hypertoniepatienten sich die renale Denervation leitliniengerecht nicht eignet; dies habe ich auch so in den europäischen Leitlinien formuliert. Soweit ausgeführt wird, dass die amerikanische FDA erst neuerdings neuere Studien zur renalen Denervation zugelassen habe, so ist dies unzutreffend; bereits frühere Studien ab dem Jahr 2015 haben unter Einschluss amerikanischer Patienten stattgefunden.

( ...)

Konkret im Hinblick auf die Behandlung des hier streitgegenständlichen Versicherten kann ich sagen, dass Herr C. aktenkundig an einer therapieresistenten Hypertonie litt. Er nahm fünf blutdrucksenkende Tabletten ein, ohne dass hier eine Senkung des Bluthochdrucks erzielt werden konnte. Er wies weiterhin bereits einen bluthochdruckbedingten Endorganschaden auf, nämlich am Herzen. Man weiß generell, dass ein über einen langen Zeitraum vorliegender Bluthochdruck zu Organschäden führt, weil die inneren Organe mit dem hohen Blutdruck nicht dauerhaft "zurecht" kommen. Zuzugeben ist dabei auch, dass es sich bei ihm sicherlich auch um einen Hochrisikopatienten handelte; hier ist auch noch zu erwähnen, dass er Diabetiker war und es auch schon zur Einschränkung der Nierenfunktion gekommen war. Es ist daher nachvollziehbar, dass die behandelnden Kollegen "mit dem Rücken zur Wand" standen, und sie sich deshalb zu der letztlich durchgeführten Operation nachvollziehbar entschieden haben. Die Nachkontrolle ergab dann ja auch, dass es zu einer deutlichen Blutdrucksenkung gekommen war. Dazu ist auch zu sagen, dass der Stand der damals gültigen Leitlinie 2013 für die Anwendung der renalen Denervation einen Wert von 160 über 100 mmHg vorgab, was zu einer Klasse II Beurteilung führte, was letztlich inhaltlich bedeutet, dass man die Behandlung vornehmen kann. Sofern die Kollegen zur damaligen Zeit in die gültigen Leitlinien geschaut haben, hätten sie also eine entsprechende Option vorgefunden, diese Behandlung tatsächlich durchzuführen."

( ...)

Es ist zunächst so, dass Herr C. fünf verschiedene blutdrucksenkende Mittel einnahm, die letztlich nicht zu einem Absenken des Bluthochdrucks auf ein Maß geführt hätte, das leitliniengerecht bei etwa 130 zu 80 mmHg gewesen wäre. Stattdessen wurden deutlich erhöhte Werte darüber hinaus bei Aufnahme und auch im Rahmen der Langzeitblutdruckmessung festgestellt, die deutlich über diesem Zielwert lagen. Daher komme ich zu der Feststellung, dass es sich um einen therapieresistenten Bluthochdruck gehandelt hat, so dass ich im Hinblick auf die auch von mir verwendete Formulierung, dass es sich insoweit um eine ultima ratio handeln sollte, bejahen kann, dass eine entsprechende Situation vorlag. Soweit die Option erwogen wird, das Medikament Moxonidin statt abends, wie erfolgt morgens zu geben, so kann ich sagen, dass dies im klinischen Alltag häufig schwierig ist, weil es mit Schwindel und Mundtrockenheit verbunden ist. Bei berufstätigen Patienten kann man dies regelmäßig kaum anwenden. Bei hochbetagten Patienten ist der Schwindel häufig stärker ausgeprägt. Daher kommt eine solche Therapie für mich morgens nicht sinnvollerweise in Betracht. Im Übrigen ist es so, dass nach der Vorgabe der Leitlinie eine therapieresistente Hypertonie dann anzunehmen ist, wenn ein Patient drei blutdrucksenkende Mittel einnimmt, von denen eines ein Diuretikum sein muss, ohne dass die leitliniengerechte Blutdrucksenkung erreicht wird. Dies war bei Herrn C. der Fall.

Wenn ich nochmals auf die Frage der ultima ratio angesprochen werde, insbesondere auch darauf, ob etwa eine Medikamentenoptimierung möglich gewesen wäre oder der Versicherte C. austherapiert gewesen ist, so kann ich sagen, dass ein Patient mit der vorliegenden Niereninsuffizienz, den gegebenen Blutdruckwert, der Einnahme von fünf Medikamenten zur Blutdrucksenkung und einem Diabetes bei mir vorstellig wird, und ich dann auch etwa Bedenken haben muss, ob er gegebenenfalls einen Schlaganfall erleiden wird, so kann ich sagen, dass diese Befunde zusammen genommen für mich dazu führen, dass ich in diesem Fall die renale Denervation zur Anwendung kommen kann.

( ...) Dass ein Kalziumantagonist zur Medikation hinzugefügt worden ist, habe ich in meinem schriftlichen Gutachten berücksichtigt; es konnte daraufhin keine signifikante Veränderung des Bluthochdrucks festgestellt werden. Soweit ich gefragt werde, ob die Überwachung der Einnahme der Medikamente oder etwa auch das Zusammenspiel von medikamentöser Behandlung und Nahrungsaufnahme hier Berücksichtigung gefunden hat, so kann ich sagen, dass bisher noch nicht hat gezeigt werden können, dass etwa der Zusammenhang zwischen Nahrungsaufnahme und blutsenkenden Medikamenten in zeitlicher Hinsicht zu irgendeiner Veränderung der Qualität der Blutdruckeinstellung hat führen können.

( ...)

Wenn ich weiter gefragt werde, ob etwa eine Wechselwirkung mit dem bei Bedarf verordneten Medikament Bromazepam bestanden haben könnte, so muss ich zunächst darauf hinweisen, dass dies das natürlich einzunehmen ist, wenn es entsprechend angezeigt gewesen ist. Im Übrigen wäre eine solche Wechselwirkung eher noch ein Argument für die Suche nach einer andersartigen als einer medikamentösen Therapieoption, um gerade diese Wechselwirkungen zu reduzieren."

Im Hinblick auf andere Studien, die die Wirksamkeit der renalen Denervation zumindest in Frage stellen, erläutert der Sachverständige weiter:

"Insoweit ich auf die Studien von Alvarez hingewiesen werde, so handelt es sich bei dieser spanischen Studie um die einzige, die bisher bei Gabe des blutdrucksenkenden Mittels am Abend eine Veränderung des Bluthochdrucks hat zeigen können.

( ...)

Soweit eine weitere norwegische Studie hier erwähnt wird, so habe ich diese bewusst nicht in meinem Gutachten zitiert, da sie mit 20 Patienten einen deutlich zu kleinen Patientenkreis betraf, wie ich auch im Übrigen zahlreiche Studien für wie gegen die Wirksamkeit der renalen Denervation nicht zitiert habe, weil sie keine ausreichenden Schlussfolgerungen zuließen."

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, bezüglich der Beweisaufnahme auf das vorbezeichnete schriftliche Gutachten sowie das Sitzungsprotokoll vom 14. Februar 2019 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet; die Klägerin hat Anspruch auf die geltend gemachte weitere Vergütung.

1. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V i. V. m. § 7 S. 1 Nr. 1 KHEntgG sowie der Vertrag über die Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen. Nach Rechtsprechung des BSG in früheren Jahren entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme einer Leistung durch den Versicherten (BSGE 86, 166, 168 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1, BSGE 90, 1, 2 = SozR 3.2500 § 112 Nr. 3). Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser i. S. des § 109 Abs. 4 S. 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung in der zwischen den Krankenkassen und dem Krankenhausträger abzuschließenden Pflegesatzvereinbarung festgelegt wird. Die Höhe der einem Krankenhaus zustehenden Vergütung wird durch die abzurechnende DRG (Fallpauschale) bestimmt, die wiederum von den zu kodierenden Diagnosen abhängig ist (zu den Einzelheiten s. BSG, SozR 4-2500 § 109 Nr. 11, sowie Urteil v. 25.11.2010 – B 3 KR 4/10 R – juris Rn. 13).

Die soll jedoch nach der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG jedoch nur dann gelten, wenn die Versorgung i.S.v. § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich ist. Nach der Rechtsprechung des BSG ist eine nach zwingenden normativen Vorgaben ungeeignete Versorgung Versicherter ist nicht im Rechtssinne "erforderlich" mit der Folge, dass das Krankenhaus hierfür keine Vergütung beanspruchen kann. Versicherte haben demnach aufgrund des Qualitätsgebots (§ 2 Abs. 1 S 3 SGB V) und des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs. 1 SGB V) keinen Anspruch auf ungeeignete Leistungen, insbesondere auf Krankenbehandlung (§ 27 Abs. 1 SGB V) einschließlich Krankenhausbehandlung. Krankenhäuser sind dementsprechend innerhalb ihres Versorgungsauftrags – als der Grenze der Behandlungspflicht außerhalb von Notfällen – weder befugt, ungeeignet zu behandeln, noch berechtigt, eine Vergütung hierfür zu fordern. Gem. dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 S 3 SGB V haben Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen, um überhaupt zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abrechenbar zu sein. Grundsätzlich fordert das Qualitätsgebot, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode – die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist – zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein. Dabei darf diese Anforderung darf nicht als starrer Rahmen missverstanden werden, der unabhängig von den praktischen Möglichkeiten tatsächlich erzielbarer Evidenz gilt (so jüngst etwa BSG, Urt. v. 19. Dezember 2017 – B 1 KR 17/17 R –, juris Rn. 13 f.)

Von den so verstandenen Qualitätsanforderungen soll nach der vorzitierten Rechtsprechung des 1. Senats des BSG auch für den Bereich der stationären Krankenhausbehandlung trotz des § 137c SGB V – für den hier streitgegenständlichen Behandlungsfall anwendbar i.d.F. des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22. Dezember 2011, BGBl. I, 2983) – keine Ausnahme zu machen sein (BSG, ebd. Rn. 19 ff.).

2. Bei der streitgegenständlichen renalen Denervation handelt es sich um eine (relativ) neue Behandlungsmethode des (therapieresistenten) Bluthochdrucks. Wie der Sachverständige D. in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt hat, konnte in verschiedenen Studien gezeigt werden, dass die renale Denervation bei einigen Patienten mit einer unkontrollierten Hypertonie zu einer deutlichen Senkung auch des Langzeitblutdrucks führen konnte. In Konsequenz hieraus hatte die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg mit Antrag vom 30. Dezember 2010 bei dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) eine Methodenbewertung gemäß § 135 Abs. 1 SGB V beantragt. Dabei wurde insbesondere auf die Ergebnisse der Symplicitiy HTN-2 Studie Bezug genommen und ausgeführt:

"Am 17. November wurden die Ergebnisse der randomisierten, prospektiven, kontrollierten, multizentrischen Studie Symplicity HTN-2 veröffentlicht. Die Studie zeigt, dass bei Patienten, die unter resistenter Hypertonie litten und bereits mit mehr als drei antihypertensiven Medikamenten vorbehandelt waren, durch renale Denervation nach einem halben Jahr eine Blutdrucksenkung von 32/12 mm HG gegenüber 1/0 mm HG in der Kontrollgruppe erreicht wurde (p(0,0001). Bereits die vorangegangene Beobachtungsstudie Symplicity HTN-1 zeigte eine signifikante und anhaltende Blutdrucksenkung über 24 Monate: 25/11 mm HG (6 Monate), 23/11 mm HG (12 Monate) und 32/14 mm HG (24 Monate)."

Daraufhin leitete der G-BA mit Beschluss vom 24. November 2011 (BAnz AT 12. Dezember 2014 B6) die beantragte Methodenbewertung ein.

Etwa zeitgleich wurde ein Konsensuspapier veröffentlicht, in dem eine positive Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie und der Deutschen Hochdruckliga zum Einsatz der renalen Denervation unter bestimmten (auch) patientenbezogenen Bedingungen abgegeben wurde (s. Mahfoud et al., Interventionelle renale Sympathikusdenervation zur Behandlung der therapieresistenten Hypertonie, Deutsche medizinische Wochenschrift 2011, S. 2418 ff.). Entsprechende Verlautbarungen erfolgten auch seitens der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (s. Mahfoud et al., Expert consensus document from the European Society of Cardiology on catheterbased renal denervation, European Heart Journal 2013, S. 2149 ff.).

Vor dem Hintergrund dieser wissenschaftlichen Erkenntnislage fand die hier streitgegenständliche Behandlung des Versicherten statt. Daher geht die Kammer davon aus, dass auf der Basis der damaligen Studienlage und der Einschätzung der betroffenen Fachgesellschaften eine übereinstimmende Erkenntnislage bestand, die dem Qualitätsgebot im Sinne der ständigen Rechtsprechung des BSG entsprach. Die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler, vertreten in und durch die zuvor zitierten die Fachgesellschafte[n]) befürworteten die Behandlungsmethode der renalen Denervation bei therapieresistenter Hypertonie, so dass über die Zweckmäßigkeit der Therapie insoweit ein Konsens bestand. Auf der Basis dieser wissenschaftlichen Erkenntnis war, wie der Sachverständige D. ausgeführt hat, die renale Denervation unter folgenden patientenbezogenen Bedingungen medizinisch indiziert:

• Praxis-Blutdruck )=160 mmHg bzw. )=150 mmHg bei Diabetes mellitus Typ 2
• Einnahme von )=3 antihypertensiven Substanzen (echte Therapieresistenz bei Therapietreue)
• Ausschluss einer Pseudoresistenz mittels Langzeitblutdruckmessung (24-
• Stundenmittel )130 mmHg, Tagesmittel )135 mmHg)
• Ausschluss einer organischen (sekundären) Hypertonieursache
• Normale bis leicht reduzierte Nierenfunktion (glomeruläre Filtrationsrate )=245 mI/min/1‚73 m2)
• Geeignete Nierenarterienanatomie: keine vorherige Intervention an den Nierenarterien, keine signifikante Stenose oder sonstigen Abnormalitäten der Nierenarterien

a) Weiterhin hat der Sachverständige sowohl in seiner schriftlichen Begutachtung wie auch in der mündlichen Erläuterung vom 14. Februar 2019 bestätigt, dass diese Indikatoren in der Person des Versicherten C. erfüllt waren. Soweit die Beklagte insbesondere sowohl durch schriftsätzlichen Vortrag auch in der mündlichen Verhandlung die notwendige Indikation für die Durchführung der renalen Denervation bei dem Versicherten wie auch die generelle Eignung dieser Methode im Sinne des Qualitätsgebots in Abrede gestellt hat, greift dies nach Überzeugung der Kammer nicht durch.

b) Zunächst kann die Unvereinbarkeit der Methode der renalen Denervation mit dem Qualitätsgebot nicht durch Verweis auf die im Jahr April 2014 veröffentlichte Symplicity HTN-3-Studie in Abrede gestellt werden (s. Bhatt et al., A Controlled Trial of Renal Denervation for Resistant Hypertension, New England Journal of Medicine 2014; S. 1393 ff.). Dies scheitert schon daran, dass er im Hinblick auf das Qualitätserfordernis erforderliche Konsens in der medizinischen Wissenschaft vor dem Hintergrund einer jederzeit möglichen neuen Erkenntnislage stets nur bezogen auf einen bestimmten Zeitpunkt festgestellt werden kann. Die Geschichte der Naturwissenschaften wie auch der Medizin ist durchzogen von der Widerlegung einstmals allgemeiner Überzeugungen oder gar Gewissheiten. Wollte man daher nur solche Erkenntnisse als dem Qualitätsgebot genügend ansehen, die praktisch "zeitlos" gelten, könnten dem kaum Methoden genügen, vor allem aber wäre jede Einschätzung des Nutzens einer Methode von vornherein nur befristet vorzunehmen.

c) Unabhängig davon leidet die Symplicity HTN-3-Studie an Mängeln ihres Designs, die ihre Überzeugungskraft deutlich einschränken, so dass sie nicht geeignet ist, die letztlich nach wie vor positiven Einschätzungen der medizinischen Fachgesellschaften in Zweifel zu ziehen. So hat der Sachverständige D. darauf hingewiesen, dass die Probanden der Studie parallel zur Behandlung mittels der renalen Denervation blutdrucksenkende Medikamente einnahmen, dies gilt insbesondere auch für die nur zum Schein behandelten Patienten. Damit wurde aber die Aussagekraft der Studienergebnisse an einem zentralen Punkt gemindert, wenn nicht gar aufgehoben, da eine kausale Beziehung zwischen der renalen Denervation und der Absenkung des Blutdrucks nicht mehr isoliert feststellbar ist. Es kann demnach schlicht nicht festgestellt werden, ob die Blutdrucksenkung, die sich in der Gruppe der scheinbehandelten Patienten zeigte, nicht gegebenenfalls gerade auf die Einnahme (weiterer) blutdrucksenken der Medikamente beruhte.

Es ist zwar festzustellen, dass unter Fachmedizinern nach dieser Studie durchaus unterschiedliche Sichtweisen bestanden haben (s. etwa Mahfoud, Deutsche medizinische Wochenschrift 2015, S. 2466, einerseits, und Philipp et al., ebd., S. 2467, andererseits). Zudem hat der G-BA die 2011 begonnene Methodenbewertung durch Beschluss vom 20. August 2015 eingestellt. Letzteres erfolgte jedoch nicht aufgrund einer eigenen Überzeugung des G-BA, sondern weil die Antragstellerin, die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg, wegen der Symplicity HTN-3-Studie ihren Bewertungsantrag zurückgenommen hatte. In den tragenden Gründen seines Beschlusses führt der G-BA entsprechend aus, dass es keinen Grund gebe, dem Antrag auf Einstellung des Bewertungsverfahrens nicht zu entsprechen, da die Ergebnisse der "großen, randomisierten shamkontrollierten Symplicity HTN-3-Studie aufgrund ihrer Stärken im Design maßgeblich" seien und "bisher nicht durch Ergebnisse anderer Studien" hätten widerlegt werden können. Grundlage für den Einstellungsbeschluss waren also keineswegs selbst gefundene Überzeugungen des G-BA über die Wirkungslosigkeit der renalen Denervation, sondern vielmehr die Antragsrücknahme einerseits wie auch die nach der aktuellen Studie nicht widerlegten Erkenntnisse über den fehlenden Beleg der Wirksamkeit der Methode. Wie sich jedoch in der Folgezeit herausstellte, überzeugt das Design der Symplicity HTN-3-Studie keineswegs, so dass die Kammer die damalige Einschätzung des G-BA über deren "Stärken im Design" nicht teilt.

d) Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass auch in neuesten Untersuchungen die Wirksamkeit der renalen Denervation (erneut) nachgewiesen werden konnte. Hierzu hat der Sachverständige D. auch in der mündlichen Anhörung vor der Kammer entsprechende neuere Studien benannt. Weiterhin hat etwa die Task Force der Deutschen Hochdruckliga unter dem 22. September 2017 wie folgt Stellung genommen (Krämer et al., abrufbar unter www.hochdruckliga.de/tl files/content/dhl/aktuelles/ 2017/09/DHL-Stellungnahme-Spyral-Off.pdf; zuletzt abgerufen am 10. April 2019):

"Eine renale Denervierung (RDN) senkt bei Patienten mit Bluthochdruck, die parallel keine Medikamente einnehmen, signifikant den Blutdruck."

Dies beruhte auf den Erkenntnissen, die sich in neuen internationalen, randomisierten, verblindeten Studien ergeben hatten und auch nachfolgend publiziert worden sind (s. etwa Kandzari et. al., Effect of renal denervation on blood pressure in the presence of antihypertensive drugs: 6-month efficacy and safety results from the SPYRAL HTN-ON MED proof-of-concept randomised trial, The Lancet 2018, S. 2346 ff.; Azizi et al., Endovascular ultrasound renal denervation to treat hypertension [RADIANCE-HTN SOLO]: a multicentre, international, singleblind, randomised, shamcontrolled trial, The Lancet 2019, S. 2335 ff.).

e) Soweit die Beklagte behauptet, dass die Therapieoptionen für den Versicherten vor Anwendung des zudem risikobehafteten Verfahrens der renalen Denervation nicht ausgeschöpft gewesen seien, so bringt sie auch damit nicht durch. Zunächst kann selbstverständlich bezüglich nahezu jeder Methode, die sich wie die renale Denervation in gewisser Weise als ultima ratio nach der Erfolglosigkeit standardisierter Verfahren darstellen, das Argument ins Feld geführt werden, das gegebenenfalls noch irgendeine andere Vorgehensweise oder noch ein weiteres Medikament möglicherweise (auch) zum gewünschten Therapieerfolg hätte führen können. Demgegenüber ist jedoch angesichts dem auch von dem Sachverständigen D. dargestellten Mortalitätsrisiko von therapieresistenten Bluthochdruckpatienten zu konstatieren, dass nach dem Einsatz verschiedener medikamentöser Therapieversuche ein Endpunkt festgesetzt werden muss, an dem weitere medikamentöse Behandlungen schlicht sinnlos erscheinen und der Ausweg mittels einer neuen Methode wie hier der renalen Denervation gesucht werden kann und gegebenenfalls muss. Das daher aus medizinischer Sicht grundsätzlich noch zusätzliche Therapieoptionen in Betracht gekommen wären, vermag somit die medizinische Indikation zum Einsatz der renalen Denervation nicht in Abrede zu stellen.

f) Nachdem somit nach Überzeugung der Kammer die renale Denervation, wie sie bei dem Versicherten durchgeführt worden ist, dem Qualitätsgebot der §§ 2 Abs. 1 S. 3, 12 SGB V entspricht und nach den Feststellungen des Sachverständigen D. auch die patientenbezogenen Voraussetzungen für deren Einsatz, gemessen an den Vorgaben der Fachgesellschaften, vorgelegen haben, bestehen am Anspruch der Klägerin auf entsprechende Vergütung der Behandlung keine durchgreifenden Zweifel.

Auf die Frage, ob im klägerischen Krankenhaus die einrichtungsbezogenen Voraussetzungen, wie sie von den Fachgesellschaften vorgegeben sind, im Behandlungszeitpunkt gegeben waren, kommt es insoweit nicht an, da die Behandlung vom Versorgungsauftrag des klägerischen Krankenhauses umfasst war und der Vergütungsanspruch insoweit nicht von den konkreten einrichtungsbezogenen Voraussetzungen abhängig ist.

g) Lediglich ergänzend weist die Kammer zudem auf Folgendes hin: An dem zuvor gefundenen Ergebnis änderte sich auch dann nichts, wenn man die renale Denervation (im Behandlungszeitpunkt) als nicht dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V genügend ansehen wollte; denn der Vergütungsanspruch des klägerischen Krankenhauses hängt hiervon nicht ab. Entgegen der Auffassung des 1. Senats des BSG (Urt. v. 19. Dezember 2017 – B 1 KR 17/17 R –, juris Rn. 19 ff.) hat der unmittelbar demokratisch legitimierte Gesetzgeber mit ausnahmsloser Bindungswirkung gegenüber auch den obersten Bundesgerichten (Art. 97 Abs. 1 GG) die Qualitätsanforderungen im Hinblick auf stationäre Krankenhausbehandlungen in § 137c SGB V (spätestens) mit der am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Fassung der Norm zurückgenommen. Soweit der 1. Senat des BSG der Auffassung ist, dass der darin niedergelegte Zulässigkeitsmaßstab für die Anwendung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Krankenhaus in Gestalt des (lediglich) erforderlichen "Potenzials" für eine erforderliche Behandlungsalternative nur für den G-BA gelte, im Übrigen aber bei einer Entscheidung durch eine Krankenkasse oder Gerichte der Qualitätsmaßstab des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V zugrunde zu legen sei, kann dem nicht gefolgt werden. Entsprechend hat das zuvor zitierte Urteil auch weithin Ablehnung in der rechtswissenschaftlichen Literatur erfahren (Leber, KH 2018, S. 330 ff.; Felix, MedR 2018, S. 466 ff.; Schneider, SGb 2018, S. 711 ff; Makoski, jurisPR-MedizinR 3/2018 Anm. 3; Bockholdt, in: Hauck/Noftz, SGB, § 109 SGB V Rn. 177 [Stand 2019]). Auch erste Stimmen der Instanzgerichte teilen die Auffassung des BSG nicht (LSG Stuttgart, Urt. v. 11. Dezember 2018 – L 11 KR 206/18 , juris; dem folgend SG Berlin, Urt. v. 7. Februar 2019 – S 72 KR 2402/13 –, juris; SG Aachen, Urt. v. 20. Februar 2018 – S 13 KR 344/16 –, juris).

Es gibt für ein Nebeneinander der beiden Maßstäbe – § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V einerseits und § 137c Abs. 1 SGB V andererseits – keinerlei überzeugendes Argument. Dies gilt umso mehr, als der Gesetzgeber mehrfach in Kenntnis der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG zum Ausdruck gebracht hat, dass diese nicht seinem Willen entspricht.

Schlussendlich spricht auch § 6 Abs. 2 KHEntgG gegen die Auffassung des BSG, da hier die Ermächtigungsgrundlage zum Abschluss von Vergütungsvereinbarungen über Behandlungsmethoden geschaffen worden ist, die bei konsequenter Anwendung der Rechtsprechung des 1. Senats keine Rechtswirkung entfalten dürften.

Genügt somit ein (bloßes) Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative, um eine neue Behandlungsmethode im Krankenhaus unter stationären Bedingungen zur Anwendung zu bringen, besteht der Anspruch des klägerischen Krankenhauses erst recht. Denn ungeachtet der zwischenzeitlich – wie dargestellt – zumindest ansatzweise infrage gestellten Wirksamkeit der renalen Denervation kann weder für das Jahr 2013, als die hier streitgegenständliche Behandlung stattfand, noch heute in Abrede gestellt werden, dass diese Behandlungsmethode grundsätzlich das Potenzial aufweist, die lebensbedrohliche Situation von Menschen, deren Bluthochdruck sich als therapieresistent erweist, zu verbessern. Die von dem Sachverständigen D. aufgeführten wie auch durch die zitierten Literaturnachweise bestätigten (neueren) Studien belegen ohne Weiteres das erforderliche Potenzial im Sinne des § 137c Abs. 1 SGB V.

3. Soweit der MDK die Kodierung zweier Nebendiagnosen in Abrede gestellt hat, folgt dem die Kammer nicht. Wie die Oberärztin der Klägerin Dr. F. in ihrer Stellungnahme vom 5. Dezember 2014 ausgeführt hat, ergaben sich bei dem Versicherte Kreatininwerte zwischen 1,46 und 1,66 mg/dl, woraus sich eine Filtrationsrate von 43,9ml/min/1,73m2 ergibt, was die Kodierung der Diagnose N18.3 ICD-10 rechtfertigt, die insoweit eine Filtrationsrate zwischen 30 bis unter 60 ml/min/1,73 m² Körperoberfläche verlangt.

Im Hinblick auf die Nebendiagnose I50.14 ICD-10 ist zunächst auszuführen, dass die von der Klägerin geltend gemachte DRG F59A auch dann erreicht wird, wenn "nur" lediglich die Diagnose I50.13 ICD-10 kodiert wird (von der Kammer veifiziert mit dem Webgrouper der Uni Münster, www.drg.uni-muenster.de). Insofern genügt eine Linksherzinsuffizienz NYHA-Stadium III, die definiert wird als Herzerkrankung mit höhergradiger Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit bei gewohnter Tätigkeit ohne Beschwerden in Ruhe, wobei geringe körperliche Belastung Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris verursacht. Ausweislich des Entlassungsberichts des klägerischen Krankenhauses vom 26. September 2013 lag eine kardiale Dekompensation vor; eine Belastung des Versicherten war nur mit 50 Watt möglich, die Untersuchung musste wegen Erschöpfung abgebrochen werden. Daher hält die Kammer die Voraussetzungen der Diagnose I50.13 ICD-10 für gegeben.

4. Nach alledem hat die Klägerin den streitgegenständlichen Aufenthalt zutreffend kodiert und kann daher die Vergütung der daraus folgenden DRG F59A verlangen. Der Beklagten stand somit kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu, so dass die darauf gestützte Aufrechnungserklärung vom 10. November 2014 ins Leere ging.

5. Der Zinsanspruch folgt aus § 10 Abs. 5 des Vertrages über die Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen. Allerdings ist die hier streitgegenständliche Forderung nicht diejenige aus der streitgegenständlichen Behandlung, die durch die zunächst erfolgte Zahlung bereits erloschen war, sondern diejenige aus der zur Aufrechnung gestellten Rechnung; diese hat die Klägerin jedoch nicht konkret bezeichnet. Nach dem Vortrag der Klägerin erfolgt die Verrechnung des ursprünglich gezahlten Vergütungsbetrages am 10. November 2014; an diesem Tag muss die Rechnung, gegen die aufgerechnet worden war, also bereits vorgelegen haben. Daher endete die diesbezügliche 30-Tage-Prüffrist gem. § 10 Abs. 4 des vorbezeichneten Vertrages spätestens mit Ablauf des 10. Dezember 2014, einem Mittwoch, so dass am 11. Dezember 2014 Verzug eintrat. Somit kann die Klägerin Zinsen erst ab diesem Tag verlangen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO i.V.m. § 197a SGG.
Rechtskraft
Aus
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