Spar-Debatte:Bauchschmerzen mit den Krankenhaus-Plänen

Die Initiative "Bürger für unser Münchner Stadtklinikum" nimmt einen weiteren Anlauf, eine künftig schlechtere Versorgung am Standort Schwabing zu verhindern. Der Betreiber weist die Kritik zurück und sieht eher Verbesserungen im Vergleich zum derzeitigen Zustand

Von Ellen Draxel, Schwabing

Die Schwabinger und Milbertshofener machen sich nach wie vor Sorgen um die medizinische Notfallversorgung und die geriatrische Betreuung im Münchner Norden. Jetzt, da sich der zunächst für April 2020 geplante Bezug des neuen Gebäudes für die Kinder- und Notfallmedizin in Schwabing wegen Planungsfehlern um etwa eineinhalb Jahre verzögert, sieht der Verein "Bürger für unser Münchner Stadtklinikum" noch einmal die Chance für Verbesserungen. 1500 unterstützende Unterschriften konnten die Vorsitzende Ingrid Seyfarth-Metzger und ihre Mitstreiter schon sammeln, ein Antrag bei der Bürgerversammlung in zwei Wochen ist in Planung. Der Bezirksausschuss Schwabing-West hat ebenfalls seine Hilfe zugesagt.

Mit der Neustrukturierung der Münchner Kliniklandschaft soll in Schwabing nicht nur die Notfallversorgung für Erwachsene von einer aus Bürgersicht momentan noch umfassenden auf eine Basis-Versorgung zurückgestuft werden. Das Medizinkonzept sieht auch vor, mit der Fertigstellung des Neubaus am Kölner Platz die Anzahl der Betten in den Bereichen Innere Medizin und Chirurgie von derzeit 283 auf künftig 95 und die Stationen von momentan neun auf drei zu reduzieren. "Die Ausstattung für eine umfassende Notfallversorgung steht zwar zur Verfügung, es gibt einen Hubschrauberlandeplatz, Kernspin- und Computertomografie und ein Herzkatheterlabor", weiß Seyfarth-Metzger, die bis 2012 für das Qualitätsmanagement der städtischen Kliniken zuständig war und zuvor 20 Jahre als Anästhesistin in Schwabing gearbeitet hat. Sie fürchtet dennoch, dass mangels Platz und Personal "Schwerverletzte und Patienten mit Herzinfarkt oder Schlaganfall dann nicht mehr versorgt werden können". Die Räumlichkeiten seien bereits heute zu eng und sollten weiter verkleinert werden. Diese neue Notaufnahme, haben Beschäftige der Unfallchirurgie ihrer ehemaligen Kollegin erzählt, werde so mini wie eine "Puppenstube".

Der Pressesprecher der München Klinik, Raphael Diecke, relativiert. "Die Sicherstellung der Notfallversorgung an allen vier Standorten der München Klinik ist im Medizinkonzept fest verankert und bleibt demnach auch im Neubau der München Klinik Schwabing erhalten", verspricht er. Im Neubau entstehe ein interdisziplinäres Zentrum für Innere Medizin, Chirurgie und Nothilfe für Erwachsene mit rund 100 Betten - samt Schockräumen für akut erkrankte oder schwer verletzte Patienten und inklusive Herzkatheterlabor etwa zur Versorgung von Herzinfarktpatienten. Der Anteil der Intensivkapazitäten erhöhe sich insgesamt in der München Klinik, zugleich steige "durch kürzere Wege und mehr Ein- und Zwei-Bett-Zimmer auch die Verfügbarkeit der Betten in Schwabing". Auch das Angebot der Kassenärztlichen Vereinigung für ambulante Notfallpatienten soll weiter auf dem Klinikgelände vorgehalten werden. "Damit bleibt der Versorgungsumfang auf einem vergleichbaren Niveau wie heute bestehen." Derzeit von einer umfassenden Notfallversorgung zu sprechen, sei "schlicht falsch", betont Diecke. Denn "bedingt durch bauliche Gegebenheiten ist eine umfassende Notfallversorgung in Schwabing in der heutigen Gebäudestruktur und der aktuellen Fachabteilungsstrukturen nicht möglich".

Bauchschmerzen bereitet Seyfarth-Metzger und vielen Ärzten und Altersheimen aber noch ein weiterer Aspekt - die Annahme, dass mit der Umstrukturierung in Schwabing auch die Abteilungen Physikalische Medizin und Alterstraumatologie verkleinert oder gar geschlossen werden sollen. "Komplexbehandlungen für alte Menschen wären nach dem Umzug in den Neubau dann nicht mehr möglich", warnt die stellvertretende Vorsitzende des Münchner Seniorenbeirats. Das Klinikum allerdings dementiert: Die Altersmedizin am Standort Schwabing bestehe fort und werde insgesamt ausgebaut, "und dazu gehören natürlich die angesprochenen Fachgebiete Akutgeriatrie und Physikalische Medizin", heißt es. "Aufgrund der demografischen Entwicklung und des steigenden Versorgungsbedarfs hochbetagter Patienten wird das bestehende Medizinkonzept in Schwabing um geriatrische Betten erweitert", sagt Diecke. 24 solcher Betten soll es künftig geben. "Die altersmedizinische Kompetenz bleibt damit wohnortnah erhalten." Auch an den anderen Standorten der München Klinik soll laut dem Sprecher das geriatrische Versorgungsangebot "bedarfsgerecht ausgebaut und das Angebot im Sinne der Patienten spezialisiert" werden.

Die Rathaus-SPD hat den Bürger-Vorstoß jedenfalls am Donnerstag mit einem aktuellen Antrag flankiert. Die Stadträte fordern von der Stadtkämmerei und der städtischen München Klinik eine Aufstellung, wie viel Geriatrie es in München heute schon gibt und wie sich das Angebot in den nächsten Jahren entwickeln wird.

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