Eichstätt
Klares Signal

Landkreis übernimmt Defizit der Kliniken - Geschäftsführer Schimmer geht in den Ruhestand

15.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:00 Uhr
Mehr als 20 Jahre hat sich Alfred Schimmer für die Kliniken eingesetzt, zuletzt als Geschäftsführer. Diesen Posten gibt er aus gesundheitlichen Gründen zum Jahresende auf. −Foto: Archiv Meßner

Eichstätt (EK) Millionendefizit hin oder her - der Kreistag steht geschlossen zu seinen Kliniken.

Fraktionsübergreifend wurde bei der jüngsten Sitzung am vergangenen Montag betont, dass eine Schließung der beiden Krankenhäuser in Eichstätt und Kösching keine Option ist. Deutlich wurde aber auch, dass die Kliniken schweren Zeiten entgegengehen. Das Defizit für 2018 betrug 3,6 Millionen Euro, für 2019 werden gar 7 Millionen erwartet. Aus diesem Grund wird der Landkreis 10,5 Millionen Euro zuschießen.

Prokurist Marco Fürsich hat in Vertretung des erkrankten Geschäftsführers Alfred Schimmer die Zahlen präsentiert und kein Blatt vor den Mund genommen. "Das Defizit ist exorbitant gestiegen", sagte er und fügte hinzu: "So darf es nicht weitergehen. " Geschäftsführer Schimmer hatte die Mitglieder des Kreistags mit einem Schreiben vom 18. September über die wirtschaftliche Situation informiert. Es sind vor allem zwei Punkte, die den Kliniken zu schaffen machen. Aufgrund eines starken Leistungsrückgangs fehlen 2,2 Millionen Euro Einnahmen. Das ist der eine Punkt. Der zweite betrifft den Fachkräftemangel. Um den Betrieb überhaupt aufrechterhalten zu können, mussten externe Ärzte und Pflegekräfte eingestellt werden. Die Mehrkosten belaufen sich auf rund 1,3 Millionen Euro. Die immer schlechter werdenden politischen Rahmenbedingungen tun ihr Übriges dazu, um die Kliniken in die roten Zahlen zu treiben.

Der Hiobsbotschaften noch nicht genug verkündete Landrat Anton Knapp (CSU), dass die Kliniken einen neuen Geschäftsführer benötigen. Alfred Schimmer (62) ließ sich krankheitsbedingt in der Sitzung von Betriebsdirektor Fürsich vertreten. Aus gesundheitlichen Gründen wird er den Posten des Geschäftsführers zum Ende des Jahres aufgeben und in den Ruhestand gehen. Wie es nun weitergeht, ist offen. Klar ist, dass gerade aufgrund der prekären finanziellen Situation schnellstmöglich eine Lösung gefunden werden muss.

Kreiskämmerer Thomas Netter hat bei der Sitzung die Auswirkungen des Klinik-Defizits auf den Kreishaushalt dargelegt unter der Prämisse, dass auch in den nächsten Jahren jeweils ein Minus von 7 Millionen Euro aufläuft. Die Zahlen sind alarmierend. Der Landkreis würde 2020 seine Rücklagen aufgezehrt haben und müsste ab 2021 Schulden machen. Bis 2023 könnte der Landkreis bei einer Schuldenhöhe von 20 Millionen Euro angekommen sein. "Immer unter der Voraussetzung, dass sich nichts ändert", betonte Netter. Während also die Kliniken versuchen werden, das Defizit zu senken (Fürsich: "Es gibt mehrere Stellschrauben. "), könnte der Landkreis die eigenen Investitionen durchforsten und Projekte, die nicht dringend sind, aufschieben. Netter verwies auch darauf, dass die Kreisumlage erhöht werden könnte. "Wenn sich nichts ändert, wird der Kreistag mittel- und langfristig schmerzhafte Entscheidungen treffen müssen", sagte er.

Patentrezepte gegen diese Negativspirale aus steigenden Defiziten gibt es nicht. Das machte Landrat Knapp deutlich. Er erwartet nicht, dass sich bundespolitisch etwas ändern wird. Der Trend zu mehr privaten und weniger kommunalen Krankenhäusern hält an.

Unisono meinten Sven John (SPD), Albert Dirsch (Grüne), Anton Haunsberger (FW) und Bernhard Sammiller (CSU), dass eine schnelle Lösung nicht in Sicht sei. "Das ist kein vorübergehendes Problem", sagte Dirsch. Haunsberger: "Die Hoffnung auf die Politik in Berlin bringt gar nichts. "

Einzig Tanja Schorer-Dremel (CSU) weckte Hoffnungen, dass sich die finanzielle Ausstattung der kleinen Krankenhäuser im ländlichen Raum verbessern könnte. Sie verwies auf den Koalitionsvertrag der bayerischen Staatsregierung und trug eine Stellungnahme des Gesundheitsministeriums vor. Zumindest in München ist das Problem offenbar angekommen. Nach der Stellungnahme sollen Eckpunkte bis Jahresende ausgearbeitet werden. Schorer-Dremel wollte nicht zu viel Hoffnung wecken, sprach aber von einem "Lichtschimmer für die Zukunft".

Alle Fraktionen waren sich indes einig, die Kliniken zu unterstützen. John: "Wir sollten das Signal an die Bürger und Mitarbeiter senden: Wir stehen hinter euch. " Sammiller betonte: "Das sind unsere Häuser, unsere Patienten, unsere Beschäftigten. "

Die Abstimmung, die Betriebsdefizite in Höhe von 10,5 Millionen Euro zu übernehmen, fiel einstimmig aus.

 

KOMMENTAR

Es wird nun viel geredet über das Defizit der Kliniken im Naturpark Altmühltal in Höhe von 7 Millionen Euro. Die politischen Rahmenbedingungen kleiner ländlicher Krankenhäuser werden kritisiert. Über Stellschrauben, um das Defizit zu verringern, wird nachgedacht und die Folgen für den Investitionshaushalt des Landkreises werden abgewogen. Das ist sicher wichtig. Aber bei all dem dürfen die Menschen nicht vergessen werden. Die Mitarbeiter, die trotz der angespannten Situation jeden Tag ihr Bestes für die Patienten geben. Mit welch großem Engagement sie zu Werke gehen, wurde erst am Wochenende beim Tag der offenen Tür in Kösching wieder deutlich. Und es geht um die Patienten. Also um uns alle, die wir früher oder später auf eine medizinische Versorgung angewiesen sind. Es geht darum, ob das nächste Krankenhaus dann in der näheren Umgebung liegt oder vergleichsweise weit weg in der Großstadt.

Der aktuelle Kreistag hat das verstanden und parteiübergreifend ein deutliches Signal gesendet. Die Menschen im Landkreis haben es bei der Kommunalwahl im März 2020 in der Hand, dass diese klare Position auch in den nächsten Jahren bei weiteren Defiziten nicht zu wackeln beginnt.

Markus Meßner