Klinik gesteht Fehler bei Fixierung ein

Entgegen der Vorschriften wurde keine richterliche Genehmigung eingeholt, als der Parkinson-Patient fixiert wurde. Das räumten die Verantwortlichen der Lahn-Dill-Kliniken am Freitag ein. Foto: Pascal Reeber
© Pascal Reeber

Nach den Vorwürfen gegen das Klinikum Wetzlar, einen Parkinson-Patienten ohne Genehmigung über 16 Stunden lang fixiert zu haben, räumen die Lahn-Dill-Kliniken nun formelle...

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WETZLAR. Rechtliche und formelle Versäumnisse haben die Lahn-Dill-Kliniken im Umgang mit einem Parkinson-Patienten eingeräumt, der gegen seinen Willen 16 Stunden in seinem Bett fixiert worden sein soll. Die für die Fixierung vorgeschriebene richterliche Genehmigung sei nicht eingeholt worden, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme. Damit reagierte das Klinikum Wetzlar am Freitag auf einen Bericht des Magazins "Defacto" im Hessenfernsehen.

"Defacto" berichtete in dem Beitrag vom 7. Oktober, der an Parkinson leidende Mann sei wegen Halluzinationen und Sturzgefahr an fünf Punkten fixiert worden, insgesamt 16 Stunden lang. Zitiert wurden die Kinder des Patienten, ihnen gegenüber sei das Vorgehen mit Personalmangel begründet worden. In die Klinik aufgenommen wurde der Patient, weil Nebenwirkungen in Zusammenhang mit den Parkinson-Medikamenten aufgetreten waren. Diese sollten neu eingestellt werden.

Klinik sagt, die Behandlung war korrekt und angemessen

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Die Klinik erklärte nun dazu, dass die eigentliche Behandlung durch das Personal "entsprechend der medizinischen Anforderungen therapeutisch korrekt und angemessen erfolgte". Das gelte auch für die zum Schutze des Patienten und Dritter "zwingend gebotene" Fixierung. Nach eingehender Prüfung gebe es keinerlei Beanstandung, was die medizinische Versorgung in dem Fall betreffe. Allerdings sei "in der Akutsituation", in der sich der Patient befunden habe, versäumt worden, die erforderliche Genehmigung für die Fixierung einzuholen. Zuvor hatte eine Sprecherin des Amtsgerichts Wetzlar mitgeteilt, dass keine Genehmigung beantragt worden sei.

Wörtlich steht in dem Schreiben der Klinik: "Dies war ein Fehler, für den wir um Entschuldigung bitten müssen." Auswirkungen auf die korrekte medizinische Betreuung habe es keine gegeben. Der Fall sei zum Anlass genommen worden, intern noch einmal auf die gesetzlich vorgeschriebenen Abläufe bei Fixierungen und auf deren strikte Einhaltung hinzuweisen. Grundsätzlich gelte eine Fixierung als "Ultima Ratio" unter den medizinisch-therapeutischen Maßnahmen und werde nur dann vorgenommen, wenn von einem Patienten eine ernsthafte Bedrohung für sich und andere ausgeht.

Anwalt spricht von Freiheitsberaubung

Fixierungen sind allgemein nur in Notsituationen zulässig. Jede Fixierung, die über eine Dauer von 30 Minuten hinausgeht, erfordert eine richterliche Genehmigung, einzuholen über eine Betreuungsrichterin am Amtsgericht.

Dass die durch das Klinikum Wetzlar im Fall des Parkinson-Patienten nicht passiert ist, kommt für Patientenanwalt Hans-Berndt Ziegler einer Freiheitsberaubung und Körperverletzung gleich. Der Marburger Anwalt wurde von den Angehörigen eingeschaltet. Er sagte im Gespräch mit dieser Zeitung: "Eine Fixierung von 16 Stunden Dauer geht gar nicht." Das Argument Personalmangel greife nicht, dann müsse eine Klinik die Aufnahme eines Patienten ablehnen und an ein anderes Krankenhaus verweisen.

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Dass eine Klinik ihr Versäumnis einräume, passiere selten, weiß Ziegler aus langjähriger Erfahrung. Er rate seinen Mandaten jedoch von der Strafanzeige ab, da Arzthaftungssachen zu über 90 Prozent von den Gerichten eingestellt würden. Anders im Zivilrecht: Deshalb habe er den Angehörigen empfohlen, Schadenersatz und Schmerzensgeld geltend zu machen, sagte Ziegler. In einem ähnlichen Fall in Frankfurt seien Klägern erst kürzlich 12 000 Euro zugesprochen worden. Womöglich komme auch eine außergerichtliche Einigung mit den Lahn-Dill-Kliniken in Betracht.