«Die Regierung versucht, mit den Notfallzentren den Raubbau der Spitäler abzufedern»: Die Schliessung des Rorschacher Spitals erhitzt die Gemüter

Das Rorschacher Spital soll geschlossen werden. Die Meinungen dazu gehen stark auseinander.

Sheila Eggmann
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Stadtpräsident Thomas Müller findet es wichtig, dass die Notfallversorgung vor Ort bleibt. (Bild: siw)

Stadtpräsident Thomas Müller findet es wichtig, dass die Notfallversorgung vor Ort bleibt. (Bild: siw)

Die neue Spitalstrategie der St.Galler Regierung trifft die Region hart: Das Rorschacher Spital soll geschlossen werden und durch ein Gesundheits- und Notfallzentrum ersetzt werden. «Damit ist eingetreten, was zu befürchten war», sagt Guido Etterlin (SP), Stadtrat und Kantonsrat von Rorschach. Mit dem neuen Konzept ist er nicht zufrieden.

«Die Regierung versucht, mit den Notfallzentren den Raubbau der Spitäler abzufedern.»

Etterlin sei sehr skeptisch, müsse aber vorerst die umfangreichen Unterlagen genauer überprüfen. «Wichtig ist, dass wir nichts überstürzen.»

Rorschacher Stadtrat Guido Etterlin. (Bild: Urs Bucher)

Rorschacher Stadtrat Guido Etterlin. (Bild: Urs Bucher)

Etterlin befürchtet unter anderem, dass ein Notfallzentrum eine Konkurrenz zu den örtlichen Hausärzten sein könnte:

«Denn wer geht zu einem Hausarzt, wenn daneben ein Notfallzentrum geöffnet ist?»

«Die Bevölkerung wird den Leistungsabbau spüren»

Die Rorschacher Ärzte ihrerseits sind geteilter Meinung, was das neue Konzept angeht. Thomas Chlibec, der sich im September neben Etterlin in einem öffentlichen Brief gegen die Schliessung des Spitals ausgesprochen hat, sagt: Die Schliessung bedeute trotz aller flankierenden Massnahmen einen Abbau von Leistungen. «Das wird die Bevölkerung spüren.» Auch solle das Kantonsspital nun deutlich mehr Grundversorgerfunktionen übernehmen.

«Dafür ist das Kantonsspital derzeit gar nicht konzipiert und viel zu teuer.»

Der Hausarzt bemängelt ausserdem die eingesparten Arbeitsplätze und stellt das geplante Gesundheits- und Notfallzentrum in Frage: «Das werte ich eher als Beruhigungsmassnahme in Richtung der Bevölkerung. Aber ob ein solches Zentrum ohne nachgeschaltetes Spital überhaupt Sinn macht, möchte ich bezweifeln.»

«Die Lösung ist sinnvoll und zukunftsträchtig»

Anders sieht der Arzt und FDP-Kantonsrat Andreas Hartmann. «Soweit ich das bis jetzt beurteilen kann, ist die Lösung der Regierung sinnvoll und zukunftsträchtig.» Stärken oder Schwächen der neuen Spitalstrategie möchte der Arzt noch nicht benennen. «Das ist in so kurzer Zeit nicht möglich und unseriös», sagt er und deutet auf die 180-seitige Vorlage der Regierung hin. Für Hartmann ist entscheidend, «dass die qualitativ bestmögliche Versorgung für die Bevölkerung sichergestellt ist.» Das sei unter den bisherigen Voraussetzungen in Zukunft nicht gegeben, beim neuen Konzept aber denkbar.

«Die neue Strategie bietet Chancen.»

Er hält an seiner Aussage fest, die er vor einem Jahr gegenüber dieser Zeitung gemacht hat: «Wenn wir in den Strukturen von 1998 fortfahren, fahren wir das Spital Rorschach über kurz oder lang an die Wand.»

«Man muss der Realität ins Auge schauen»

Stadtpräsident Thomas Müller (SVP) steht dem neuen Konzept weniger kritisch gegenüber als Stadtratskollege Guido Etterlin:

«Selbstverständlich hätten wir das Spital Rorschach gerne behalten. Aber man muss der Realität ins Auge schauen.»

Mit der neuen Strategie gehe der Kanton den Weg, den der Thurgau schon vor zwanzig Jahren gegangen sei. Für Rorschach und die Region sei vor allem wichtig, dass die Notfallversorgung während sieben Tagen und 24 Stunden vor Ort erhalten bleibe und dass stationäre Kurzaufenthalte in Rorschach möglich bleiben. «Diese beiden zentralen Anliegen will der Kanton erfüllen.»

Der Stadtrat gibt noch keine abschliessende Stellungnahme zum Thema. Er teilt in einer Mitteilung mit, dass er von der Regierung zusätzliche Auskünfte verlangen wird. Sie soll darlegen, was die Schliessung für den Standort Rorschach konkret bedeutet. «Spitalschliessungen haben für sich allein nur sehr begrenzte Wirkung auf die Gesundheitskosten», steht in der Mitteilung weiter.