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Gesundheit OP-Verbot für Kliniken in Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt sind ab dem Jahr 2020 nach dem Willen der Krankenkassen acht Kliniken mit einem OP-Verbot belegt. Ein Betreiber klagt.

Von Jens Schmidt 02.11.2019, 00:01

Magdeburg l Bei besonders schweren Eingriffen müssen Krankenhäuser in Deutschland eine Mindestmenge an Operationen nachweisen. Beim Kniegelenk sind es 50 OPs pro Jahr, bei der Bauchspeicheldrüse 10. Sinn der Sache: Viele Studien zeigen, dass die Qualität bei hohen Fallzahlen besser ist. Umgekehrt steigt das Risiko für Komplikationen bei weniger erfahrenen Medizinern. Überwacht wird das von den Kassen. Seit 2004 sind die Hürden gesetzlich vorgeschrieben. Jahrelang zeigten sich die Kassen jedoch kulant. Fatale Entwicklung: 2017 verfehlten gut 50 Prozent der Kliniken die gesetzlichen Mindestmengen (Bundesmittel: 40 Prozent). Damit ist nun Schluss.

Die Kliniken mussten ihre Operationspläne für 2020 bei den Kassen einreichen. Wer die geforderten Fallzahlen nicht plausibel belegen konnte, bekam keine Genehmigung.

Stark betroffen ist Betreiber Ameos. Seine Häuser in Aschersleben und Haldensleben dürfen keine Kniegelenke mehr einsetzen. In Haldensleben und Halberstadt sind Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse nicht mehr erlaubt. Da die Operationszahlen dort in den letzten Jahren schwach waren oder zurückgingen, haben die Kassen erhebliche Zweifel, dass Ameos 2020 die Mindestmengen erreicht. Patienten aus diesen Regionen müssen auf andere Kliniken ausweichen (siehe Übersicht). Ameos wehrt sich und klagt. Denn: Der Betreiber ist gerade dabei, seine Kliniklandschaft umzubauen und Operationen an bestimmten Häusern zu konzentrieren. „Doch der Umbau braucht Zeit“, sagt Geschäftsführer Lars Timm. Er will, dass etwa in Aschersleben ab Januar weiter Kniegelenke operiert werden. Daher wurde beim Sozialgericht Magdeburg eine Eilentscheidung beantragt. Das Gericht will bis Jahresende darüber befinden.

Die OPs sind auch betriebswirtschaftlich für die Kliniken wichtig. Beispiel Knieprothese: 7639 Euro gibt es je Operation von den Kassen. Jährlich lassen sich etwa 4000 Patienten in Sachsen-Anhalt ein neues Kniegelenk einsetzen.

Was können Patienten machen? Die Kassen gaben jetzt eine Transparenzliste heraus. Die zeigt, wo im Lande die Eingriffe möglich sind und wo die erfahrensten Kliniken sitzen.

Sollten einige Häuser trotz fehlender Erlaubnis operieren, wollen die Kassen nicht zahlen und die Klinik bliebe auf den Kosten sitzen. „Das Krankenhaus hat dann laut Gesetz keinen Anspruch auf Vergütung für diese Leistung“, sagte AOK-Sprecher Sascha Kirmeß. Das gelte auch bei schwebenden Klageverfahren. „Qualität ist nicht verhandelbar.“

Auf Betreiber wächst der Druck, OPs auf wenige Häuser zu konzentrieren. Kassen und Politik wollen die Hürden erhöhen und den Katalog um Krebsbehandlungen erweitern. Die Mindestmenge für Speiseröhren-OPs könnte bis auf 60 steigen. Diese Vorgabe erzielt derzeit keine einzige Klinik im Land Sachsen-Anhalt.