Berücksichtigung von Beatmungsstunden

0

Die Berücksichtigung der Beatmungsstunden bleibt ein Zankapfel zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern, wobei auch die jüngste Rechtsprechung des BSG zur Auslegung der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) 1001l nicht richtig weiterhilft.

Mussten die Krankenhäuser schon lernen, dass eine Entwöhnung von einer maschinellen Beatmung immer eine Gewöhnung voraussetzt (BSG, Urteil vom 19.12.2017 – B 1 KR 18/17 R –) hat im Jahr 2019 das BSG in zwei Entscheidungen sich noch einmal mit grundlegenden Fragen der Berücksichtigung der Beatmungsstunden befasst.

In der Entscheidung vom 30.07.2019 (– B 1 KR 11/19 R –) hat das BSG darauf festgestellt, dass die Beatmung über eine High-Flow-Nasenkanüle (HFNC) keine Beatmung im Sinne der DKR 1001l sei. Für die HFNC ist nach dem BSG weder Intubation noch Tracheotomie erforderlich, auch eine Maske werde nicht eingesetzt, sondern es werde allein über eine Nasenkanüle ein kontinuierlicher Luftstrom zugeführt, der die Spontanatmung des Patienten lediglich unterstütze. Die erfolgte Zuordnung der Atemunterstützung durch HFNC zum OPS-Code 8-711.4 zur OPS-Subkategorie 8-711 (Maschinelle Beatmung und Atemunterstützung bei Neugeborenen und Säuglingen) ist für das BSG nicht relevant. Für das BSG ist allein der Wortlaut der DKR 1001l entscheidend. Danach liegt nach Auffassung des BSG nur dann eine maschinelle Beatmung vor, wenn der Patient intubiert oder tracheotomiert wird oder bei intensivmedizinischer Versorgung die Beatmung über ein Maskensystem erfolgt, wenn dieses an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt wird. Schon aus dem Wortlaut dieser Kodierregel folgt nach Auffassung des BSG, dass allein die Zuordnung einer Beatmungsmethode zu den bei Neugeborenen und Säuglingen „zusätzlich“ zu kodierenden Kodes aus OPS 8-711 keine Gleichstellung mit einer maschinellen Beatmung bewirkt, was aber andere Gericht durchaus anders gesehen hatten  (vgl. etwa  LSG Hessen Urteil vom 09.11.2017 – L 1 KR 166/15 –). Weitere Erwägungen, wie der Hinweis auf die deutlich schonendere Art der Beatmung durch die HFNC-Beatmung insb. für Kinder, stellt das BSG wie gewohnt unter Hinweis auf der „lernende DRG-System“ nicht an.

In einer weiteren Entscheidung vom 17.12.2019 (- B 1 KR 19/19 R -) stellt das BSG klar, dass die DKR 1001l nicht verlangt, dass während der Entwöhnung die Spontanatmungsstunden unberücksichtigt bleiben müssen, sondern die DKR 1001l für die Beendigung der berücksichtigungsfähigen Beatmungsdauer allein das Ende der Entwöhnung maßgeblich ist, wobei auch mehrere selbständige Beatmungsperioden während eines Krankenhausaufenthalts geben kann.  Dass Ende der Entwöhnung hängt nach dem BSG dabei nicht davon ab, dass die Entwöhnung erfolgreich ist, weil es auch mehrere Entwöhnungsversuche geben kann. Maßgeblich ist allein das zeitliche Kriterium, wonach ein Ende der Entwöhnung noch nicht vorliegt, wenn der Patient während der Entwöhnung durch CPAP noch mindestens sechs Stunden beatmet wird. Das BSG weist daraufhin, dass die Berechnung der Beatmungsdauer nur retrospektiv ermittelt werden kann und an dem Kalendertag endet, an dem der Patient zuletzt insgesamt sechs Stunden durch eine CPAP-Maskenbeatmung unterstützt worden ist.

Die Entscheidungen zeigen, dass die Berücksichtigung der Beatmungsstunden nach wie vor kaum den Anforderungen der Praxis entsprechen und weiter Fehlanreize für die invasiven Beatmungsformen setzen, die von der Rechtsprechung schlicht umgesetzt werden. Die Auslegung des Wortlauts der DKR bietet aber durchaus Möglichkeiten, Anreite für eine sinnvolle medizinische Versorgung bei der Beatmung zu setzen. Dass das BSG diese nicht nutzt ist vom Standpunkt des Gerichts konsequent. Der Hinweis auf der „lernende System“ ist wenig hilfreich, wenn das System nicht lernt.

Für Rückfragen zu diesem oder einem anderen medizinrechtlichen Thema stehen wir Ihnen gerne telefonisch unter 0681-3836580 oder per E-Mail unter ra@ra-glw.de zur Verfügung. Besuchen Sie auch unsere Internetseite http://www.ra-glw.de.

Ihre Meinung dazu?

Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder.
Ihre E-Mailadresse wird weder veröffentlicht, noch an Dritte weitergegeben.

* *

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden .