Amberg
19.01.2020 - 15:39 Uhr
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Klinik-Fusion von St. Marien und St. Anna scheitert am Landkreis

Der eine, Ambergs Oberbürgermeister Michael Cerny, will unbedingt fusionieren. Der andere, Landrat Richard Reisinger, zieht überhaupt nicht. Damit bleibt die regionale Krankenhauslandschaft erst einmal wie sie ist.

Knapp 895 000 Euro betrug das Defizit für das Klinikum St. Marien im Jahr 2018. Ein Jahr später, 2019, waren es schon knapp zwei Millionen Euro. Allein schon aus diesem Grund stehen sinnvolle Kooperationen im Fokus der Verantwortlichen.

Zahlreiche Gebietskörperschaften, also Städte und Kreise, haben sich in den vergangenen Jahrzehnten von ihren Krankenhäusern getrennt, manche wurden geschlossen, einige gingen in private Trägerschaft über. Grund dafür waren meisten die permanenten Defizite, die diese Einrichtungen den Haushalten beschert haben. Dieser Schritt kommt aber für die Stadt Amberg nicht infrage, das macht Oberbürgermeister Michael Cerny im Gespräch mit der Amberger Zeitung deutlich. Und auch der Landkreis hält fest zu seinen Krankenhäusern in Sulzbach-Rosenberg und Auerbach.

"Eine Feuerwehr kostet auch etwas, ein ACC, eine Kultur ebenso", begründete Cerny die Deutlichkeit, mit der er das ablehnt. Auf der anderen Seite stellt er aber auch nicht in Abrede, dass durch das Klinikum ein beständiger Druck auf den Haushalt herrscht. "Wir sind ständig am Anschlag, wir müssen immer schauen, wie kommen wir zurecht." Cerny will das keinesfalls als Vorwurf in Richtung des Klinikums mit seinen rund 1800 Beschäftigten verstanden wissen. "Das ist ein Systemfehler", sagt er wörtlich.

Vom Freistaat würden zu wenig Investitionsmittel kommen. Zusätzlich würden in Berlin die finanziellen Daumenschrauben angelegt. "Das Problem löst sich, wenn dann irgendwann der Erste aufgibt." Aber Struktur bestehe eben nicht darin abzuwarten, wer am längsten durchhalte. In Dänemark - und übrigens auch Nordrhein-Westfalen - sei eine Strukturanalyse für die Kliniken vorgenommen worden. Danach würden Krankenhäuser geschlossen oder gebaut, um sie dort zu haben, wo man sie braucht.

Konzept für die Oberpfalz

Sinnvoll wäre es nach Ansicht von Michael Cerny, beispielsweise über die Oberpfalz ein Konzept zu legen nach dem Prinzip: Wer macht was? Ein bisschen in diese Richtung gehen laut OB die Kooperationen mit den Kliniken Nordoberpfalz. Wie es aber damit weitergeht, weiß aber auch Michael Cerny nicht. Angesichts der finanziellen Probleme dort müsse man abwarten, ob nicht die ein oder andere einer Sanierung zum Opfer falle. "Ich mache mir Sorgen deswegen, weil wir nicht wissen, was dort passiert." Wichtig: Amberg müsse nicht für irgendwelche Weidener Defizite in die Bresche springen. "Jeder trägt bei den Kooperationen seinen Teil, wir werden nicht in Sippenhaftung genommen", sagt Michael Cerny

Kooperationen erwünscht

Das Defizit bei den Kliniken Nordoberpfalz lag trotz 50-Millionen-Kredit der beteiligten Gebietskörperschaften bei rund zehn Millionen Euro, in Amberg waren es immerhin zwei, 2018 lag das Defizit noch unter einer Million. Die Gründe sind hier wie dort ähnlich gelagert. Es wurden 2019 einfach zu wenig schwere Fälle behandelt. Was nach den Finanzierungsregeln eben weniger Einnahmen bedeute. Richtig sparen könne man eben nur in einer Kooperation mit dem Landkreis Amberg-Sulzbach. Aber hier sieht Michael Cerny im Augenblick überhaupt keine Bereitschaft über so etwas zu reden.

"Die Millionen scheinen hier nach oben grenzenlos zu sein", sagt Cerny und glaubt, dass ein Umdenken erst dann stattfinden kann, wenn die Mittel wieder knapper werden.

Wie könnte eine Kooperation aussehen?:

Auch wenn OB Michael Cerny um die Empfindlichkeiten des Landkreises mit seinen Krankenhäusern weiß, im Gespräch mit der Amberger Zeitung entwickelt er konkrete Ideen, wie eine Zusammenarbeit von Stadt und Landkreis hier aussehen könnte. Seiner Meinung nach müssten die beiden Krankenhäuser Amberg und Sulzbach-Rosenberg komplett zusammengelegt und dann einzelne Abteilungen vollständig nach Sulzbach-Rosenberg verlegt werden.

Vorteil Nummer eins: Aus zwei Verwaltungen könnte eine werden, Einkauf oder Logistik müssten dann nur einmal vorgehalten werden. "Eine Million pro Haus ist da schnell eingespart", sagt Cerny. Möglicher Vorteil Nummer zwei: Würde Sulzbach-Rosenberg ein oder zwei bestimmte Spektren exklusiv für die Stadt und den Landkreis abdecken, wäre diese dann auch interessant für Chefärzte, welche die Ausbildungsbevollmächtigung besitzen. "Damit bekomme ich auch den künftigen Facharzt in die Region." Und wenn ein junger Arzt mit Spezialausbildung erst einmal hier lebe, dann bleibe er erfahrungsgemäß auch.

Noch zieht der Landkreis nicht, räumt Michael Cerny ein. Das könnte sich angesichts weniger Haushaltsmittel aber auch schnell ändern.

St. Anna in Sulzbach-Rosenberg erfreut sich bei Patienten großer Beliebtheit. Eine Fusion mit Amberg ist derzeit keine Option.
Der Landrat will nicht fusionieren:

Mit Blick auf die Krankenhäuser im Landkreis bleibt Landrat Richard Reisinger dabei: "Man muss die Defizite in Kauf nehmen." Der Kreistag tue das auch "nach wie vor in Einmütigkeit". Das falle leichter, "weil wir nur einen öffentlichen Träger haben, den Landkreis. Dort, wo es mehrere sind, bedarf es der Abstimmung. Sehr vorsichtig ausgedrückt." Der Kreis habe das Defizit seiner Krankenhäuser "jedes Jahr gleich ausgeglichen". Reisinger betont das "gleich": Genau das sei wichtig und richtig. "Das war das, was wir, glaube ich, richtig gemacht haben. Wir haben unser Krankenhaus auf dem neuesten Stand gehalten, wir bauen auch die Küche, obwohl sie nicht gefördert wird - einfach, um auch eine vorzeitige Abhängigkeit zu verhindern. Wir haben nagelneue Operations-Säle, den Kreißsaal und immer noch steigende Patientenzahlen."

Gezeigt habe sich übrigens, dass die Größe einer Klinik alleine heutzutage auch kein Schutz mehr ist. Die Kunst bestehe darin, das anzubieten, "was wir als Grund- und Regelversorgungshaus in Auerbach und Sulzbach-Rosenberg können". Für alles andere "gibt es Spezialeinrichtungen, da sollte man tunlichst die Finger davon lassen. Damit ist allen gut geholfen". Mit Blick auf die großen Klinik-Verbünde ist es Reisingers Erkenntnis, dass sich, wenn es schwierig werde, "das große Mutterhaus von seinen kleineren Satelliten, abwendet, und deren Angebot schmälert". Die Krankenhäuser in Amberg und im Landkreis seien "natürlich in gewisser Weise auch Konkurrenz, machen wir uns da nichts vor. Aber eigentlich teilen wir uns die Lasten", sagt Reisinger. Und der Landrat ist überzeugt: Wenn es die Landkreis-Krankenhäuser nicht gäbe, hätte Amberg "nicht automatisch mehr Gewinne". Denn dann würde das Klinikum auch die Fälle bekommen, "mit denen du nichts verdienst". Reisinger erteilt damit einer Fusion der Stadt- und Landkreiskrankenhäuser eine Abfuhr. (eik)

Kommentar:

Viele Argumente für eine Kooperation

Viele Bürger aus Stadt und Landkreis fragen sich zu Recht, warum es zwischen den nur wenige Kilometer voneinander entfernten Krankenhäusern in Amberg und Sulzbach-Rosenberg so wenig Kooperation gibt. Man könnte jetzt weit schweifen und viel argumentieren, doch letztendlich ist es ein Grund, der alles überschattet: Vorbehalte. Landrat Richard Reisinger deutet es vage an, wenn er davon spricht, dass im Verbund bei Problemen immer das schwächere Glied auf der Strecke bleibt. Er fürchtet also, die Amberger würden die Sulzbach-Rosenberger im Notfall über die Klinge springen lassen. Und schon sind wir mitten in uralten Verschwörungstheorien aus der Zeit der Landkreisreform 1972, als die Amberger die Sulzbach-Rosenberger angeblich übervorteilt haben. Dabei sprechen viele Argumente für eine enge Kooperation, für die Aufteilung der Abteilungen auf zwei Kliniken. Und angesichts einer immer älter werdenden Gesellschaft braucht auch niemand um Patienten fürchten. Auf der anderen Seite will der Sulzbach-Rosenberger Richard Reisinger so kurz vor den Wahlen auch keinen politischen Selbstmord begehen.

 
 

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