S 18 KN 344/02 KR

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 18 KN 344/02 KR
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von 2.324,15 EUR aufgrund einer Krankenhausbehandlung. Der bei der Beklagten versicherte C, wurde am 12.10.1998 mit den Aufnahmediagnosen exacerbierte COLD, Diabetes mellitus und Herzinsuffizienz, stationär ins K notfallmäßig aufgenommen. Dort wurde der Versicherte bis zum 23.10.1998 behandelt.

Mit einem Kostenübernahmeantrag, der bei der Beklagten am 15.10.1998 einging, begehrte die Klägerin eine Kostenübernahmeerklärung. Mit Schreiben vom 15.10.1998 übersandte die Beklagte eine Kostenzusage, nicht für das Mitglied C, für den eine Übernahme beantragt war, sondern für den Ehegatten D.

Die von der Klägerin übersandte Rechnung vom 29.10.1998 sandte die Beklagte in der Folgezeit zurück, weil für den Versicherten keine Kostenzusage abgegeben worden sei.

Am 04.05.1999 mahnte die Klägerin unter anderem die Begleichung der Rechnung des Versicherten an. In einem Schreiben der L vom 21.01.2003 ist dabei ausgeführt, dass im vorliegenden Fall keine medizinischen Punkte streitig sind.

Mit einem Schriftsatz, der beim Gericht am 20.12.2002 eingegangen ist, hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Ziel, die Kosten für Untersuchung und Behandlung des Patienten C von der Beklagten erstattet zu bekommen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie für die Untersuchung und Behandlung des Patienten C in der Zeit vom 12.10.1998 bis 23.10.1998 einen Betrag von 2.324,15 EUR zuzüglich 2 Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 13.01.2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung und ist der Ansicht, dass die Forderung der Klägerin gemäß § 69 Satz 3 Sozialgesetzbuch V - SGB V -in Verbindung mit§ 196 Abs. 1 Nr. 11 alte Fassung Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - verjährt sei.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten, vorbereitenden Schriftsätze und den übrigen Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Zahlung von 2.324,15 EUR zuzüglich 2 Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 13.01.2000.

Die Forderung der Klägerin ist verjährt (§ 69 Satz 3 Sozialgesetzbuch V - SGB V -in Verbindung mit§ 196 Abs. 1 Nr. 11 alte Fassung Bürgerliches Gesetzbuch).

Die Klägerin hat zwar einen Anspruch auf Vergütung der von ihr erbrachten Leistungen nach §§ 27 Abs. 1 Nr. 5, 39 Abs. 9 SGB V. Die Kammer sah die Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung als gegeben an. Im Hinblick auf das Schreiben der L 21.01.2003 an die Beklagte, dass im vorliegenden Fall keine medizinischen Gesichtspunkte streitig sind, sah die Kammer einen Vergütungsanspruch entsprechend der Regelung des§ 109 Abs. 4 Satz 3 S.GB V für die Klägerin als gegeben an.

Die Forderung der Klägerin ist aber verjährt.

Nach § 69 Satz 2 SGB V werden die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und ihren Verbänden zu den Krankenhäusern abschließend im 4. Kapitel des SGB V, in den §§ 63 und 64 SGB V und im Krankenhausfinanzierungsgesetz sowie hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt.

Eine gesetzliche Regelung zur Verjährung von Forderungen eines Krankenhauses gegenüber einer Krankenkasse findet sich im SGB V nicht.

Für die Rechtsbeziehungen gelten entsprechende Regelungen des§ 69 Satz 3 SGB V, im übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des§ 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind.

Nach Auffassung der Kammer ist die Forderung der Klägerin nach § 69 Satz 3 SGB V in Verbindung mit§ 196 Abs. 1 Nr. 11 alter Fassung BGB verjährt. Die Verjährung beginnt nach Auffassung der Kammer gemäß § 198 Satz 1 alter Fassung BGB in Verbindung mit§ 201 a.F. BGB mit Ablauf des Jahres der Entstehung des Anspruchs, frühestens mit Inkrafttreten des § 69 SGB V am 01.Januar 2000. Nach Auffassung der Kammer (ebenso SG Altenburg, S 14 KN 1214 /02 KR, Urteil vom. 21.05.2003, SG Berlin - Urteil vom 27.08.2002, S 81 KR 3690/01 ) entsteht die Forderung des Krankenhauses auf Bezahlung der Behandlungskosten im Sinne des § 198 Satz 1 BGB mit der Fälligkeit der Zahlung. Die Forderung der Klägerin auf Zahlung der Behandlungskosten wurde mit Übersendung der Rechnung vom 30.10.1998 fällig. Dabei kann der Einwand der Beklagten, es habe keine Kostenzusage vorgelegen, keine Berücksichtigung finden. Zum einen hat die Beklagte durch eine fehlerhafte Sachbehandlung es zu vertreten, dass sie die Rechnung zurückgeschickt hat. Aus der Kostenübernahmeerklärung war sowohl das Geburtsdatum des Versicherten als auch die Tatsache ersichtlich, dass er männlichen Geschlechts war. Sollte aufgrund einer Unklarheit in der Versicherungsnummer bei der Beklagten ein Klärungsbedarf bestanden haben, dann hätte sie die Rechnung nicht zurücksenden dürfen, sondern hätte sich im Hinblick auf die Widersprüchlichkeiten nach §§ 220, 242 BGB im Rahmen der Erfüllung ihrer · vertraglichen Nebenpflichten an die Klägerin wenden müssen und die Unklarheit aufklären müssen. Gemäß § 14 des Landesvertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V (allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung), Abs. 6 kann das Krankenhaus überdies, wenn die Kostenzusage vierzehn Tage nach Entlassung des Patienten noch nicht vorliegt, seine Leistung in Rechnung stellen. Spätestens mit Ablauf dieser Frist war die Leistung fällig, wobei aus der in der Folgezeit nicht neu übersandten Originalrechnung kein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten im Hinblick auf die Regelung des Landesvertrages resultiert.

Soweit das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 17.06.1999, Aktenzeichen B 3 KR 6/99 R, dargelegt hat, dass nach§ 61 Satz 1 Sozialgesetzbuch X - SGB X -für die Frage der Verjährung einer Forderung eines Krankenhauses nicht ergänzend auf das Bürgerliche Gesetzbuch, sondern vorrangig auf§ 45 Sozialgesetzbuch 1-SGB l - abzustellen ist, ist diese Rechtsprechung seit dem 01. Januar 2000 aufgrund der Neufassung des § 69 Abs. 3 SGB V überholt.

Soweit die Klägerin geltend macht, dass der Gesichtspunkt der Rückwirkung von Gesetzen bei der Änderung des Gesetzes im Urteil des Sozialgerichts Altenburg nicht berücksichtigt worden ist und dadurch unter Umständen eine rückwirkende Verkürzung der einmal entstandenen Verjährungsfrist eintreten kann, ist dem entgegenzuhalten, dass es sich bei der Änderung des§ 69 SGB V nicht um einen durch das Gesetz gegebenen nachträglich ändernden Eingriff in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände geht (BVerfGE 57,391), sondern allenfalls um einen Fall der unechten Rückwirkung in der Weise, dass das Gesetz auf gegenwärtig noch nicht abgeschlossene Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffenen Rechtspositionen nachträglich beeinträchtigt ( BVerfGE 57, 391).Die Änderung der Verjährung wirkte zwar auf noch nicht abgeschlossene, in der Vergangenheit liegende Sachverhalte für die Zukunft ein, weil möglicherweise eine Verkürzung der vierjährigen Verjährungsfrist erfolgte. Regelungen mit unechter Rückwirkung sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich zulässig, dabei ergeben sich jedoch aus dem rechtsstaatlichen Prinzip der Rechtssicherheit verfassungsrechtliche Schranken, wobei Rechtssicherheit in erster Linie für den Bürger Vertrauensschutz bedeutet. Das Vertrauen ist dann enttäuscht, wenn das Gesetz einen entwertenden Eingriff vornimmt, mit dem der Betroffene nicht zu rechnen brauchte, den er also auch bei seinen Dispositionen nicht berücksichtigen konnte. Indessen kann sich der Einzelne dann nicht au/ den Schutz seines Vertrauens berufen, wenn sein Vertrauen auf den Fortbestand einer günstigen Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise nicht beanspruchen darf. Im vorliegenden Fall könnte eine übergangslose Anwendung des § 69 Abs. 3 in der Tat zu Bedenken aus Vertrauensgesichtspunkten führen, weil sich der von der Vorschrift betroffene Personenkreis im Falle einer Verkürzung der Verjährungsfrist nicht auf diese hat einstellen können, insbesondere, wenn die zweijährigen Verjährungsfrist dazu führt, dass sie bereits mit Inkrafttreten der Vorschrift am 01.01.2000 abgelaufen war. Nach Auffassung der Kammer ist jedoch § 69 und die Bezugnahme auf das BGB verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Vorschriften des EGBGB, insbesondere der Rechtsgedanke aus Art. 169 Abs. 2 Satz 1 EGBGB und Art. 229, § 6 EGBGB, heranzuziehen sind: Danach betrug die Verjährungsfrist des§ 196 Abs. 1., Nr. 11 BGB a.F. bis zum 31.12.2001 zwei Jahre, dann, wenn die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch kürzer ist als nach den bisherigen Gesetzen und die jeweiligen Ansprüche nicht bereits verjährt sind, ist die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt des lnkrafttretens der Neuregelung an zu berechnen. Seit dem lnkrafttreten der Neuregelung des§ 69 SGB V am 01.01.2000 ist die Verjährung mit Ablauf des 31.12.2001 eingetreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs.2 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung).

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen,

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist bei dem

Sozialgericht Gelsenkirchen, Ahstraße 22, 45879 Gelsenkirchen,

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Monatsfrist bei einem der vorgenannten Gerichte eingehen. Sie soll das an-gefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluss die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen werden, wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen schriftlich zu stellen, Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.

Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Rechtskraft
Aus
Saved