L 1 KR 472/17

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 8 KR 564/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 472/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage der Abrechenbarkeit des ZE126 bei autogene/autologe matrixinduzierte Chondrozytentransplantation am Kniegelenk, wenn nach der Strukturprüfung des MDK einschlägige Dokumentationsmängel vorlagen.
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 5. Dezember 2017 aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 3.161,76 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin das Zusatzentgelt ZE126 abrechnen durfte.

Die Klägerin betreibt das A.-Krankenhaus in A-Stadt, in welchem die bei der Beklagten versicherte C. (*1989) in der Zeit vom 30. September bis 2. Oktober 2014 stationär behandelt wurde. Sie rechnete die DRG-Pauschale I18A (wenig komplexe Eingriffe am Kniegelenk, Ellenbogen und Unterarm, Alter ( 16 Jahre oder mit mäßig komplexem Eingriff oder mit beidseitigem Eingriff am Kniegelenk) sowie das Zusatzentgelt ZE126 (autogene/autologe matrixinduzierte Chondrozytentransplantation) ab und stellte der Beklagten insgesamt 5.198,41 EUR in Rechnung (10. Oktober 2014).

Die Beklagte prüfte die Rechnung hinsichtlich des Zusatzentgeltes ZE126 und zog ein Gutachten des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) vom Februar 2014 heran, wonach das Verfahren autogene/autologe matrixinduzierte Chondrozytentransplantation derzeit keinen gesicherten Stand im Sinne der Sozialgesetzgebung darstelle. Daraufhin zahlte die Beklagte am 12. November 2014 nur einen Teilbetrag in Höhe von 2.036,65 EUR (ohne ZE126).

Am 31. August 2015 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben. Die Beklagte habe den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) nicht eingeschaltet, so dass die Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1c Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) greife. Da der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) die Nutzenbewertung für die streitgegenständliche Behandlung ausgesetzt habe (Beschluss vom 23. April 2009, verlängert durch Beschluss vom 30. Juni 2014), habe das Krankenhaus der Klägerin diese Behandlung zu Lasten der Beklagten anwenden dürfen.

Die Beklagte hat auf das Gutachten des MDS verwiesen. Es bestehe ein Mangel an Langzeitstudien, die den therapeutischen Nutzen der streitigen Behandlung belegten. Die streitige Behandlung sei daher nicht erforderlich gewesen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot gelte uneingeschränkt auch für Krankenhausbehandlungen.

Mit Gerichtsbescheid vom 5. Dezember 2017 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.161,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. November 2014 zu zahlen. Das Zusatzentgelt ZE126 dürfe nur dann abgerechnet werden, wenn die Behandlung erforderlich gewesen sei. Denn § 137c SGB V dürfe nicht im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus mit Verbotsvorbehalt ausgelegt werden. Auch habe das Gericht keinen Zweifel, dass die streitige Behandlungsmethode keine dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechende Behandlungsmethode sei. Ferner könne sich die Klägerin nicht auf § 137c Abs. 3 SGB V berufen, da diese Norm zum Zeitpunkt der streitigen Behandlung noch nicht in Kraft getreten sei. Diese Grundsätze würden jedoch im vorliegenden Fall ausnahmsweise durchbrochen, so dass die streitige Behandlung zu Lasten der Beklagten haben erbracht werden können. Dies ergebe sich aus § 137c SGB V in der Fassung vom 22. Dezember 2011 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 in Kapitel 2 der Verfahrensordnung des GBA in Verbindung mit dem Beschluss des GBA über Maßnahmen zur Qualitätssicherung bei matrixassoziierter autologer Chondrozytentransplantation (ACI-M) am Kniegelenk. Für das Bewertungsverfahren gemäß § 137c SGB V a.F. habe der GBA in § 14 in Teil 2 seiner Verfahrensordnung in der Fassung vom 20. März 2014 vorgesehen, dass er bei Methoden, bei denen der Nutzen noch nicht hinreichend belegt sei, aber zu erwarten sei, dass solche Studien in naher Zukunft vorgelegt werden könnten, die Aussetzung der Beschlussfassung beschließen könne. Die Aussetzung erfolge danach mit der Maßgabe, dass innerhalb einer vom Plenum hierfür zu setzenden Frist der Nachweis des Nutzens mittels klinischer Studien geführt werden könne. Auf dieser Basis habe der GBA das Bewertungsverfahren bezüglich der hier streitigen Behandlungsmethode ausgesetzt. Einen entsprechenden Beschluss habe der GBA zu Maßnahmen zur Qualitätssicherung bei matrixassoziierter autologer Chondrozytentransplantation (ACI-M) am Kniegelenk gefasst. Dieser Beschluss beinhalte verbindliche Anforderungen, die von allen Krankenhäusern zu erfüllen seien, die die Methode ACI-M am Kniegelenk zu Lasten der Krankenkasse erbringen würden. Durch diesen Beschluss sei der streitgegenständlichen Behandlungsmethode unter der Voraussetzung der Einhaltung bestimmter Qualitätsanforderungen der Weg in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen eröffnet. Die Kompetenz des GBA für Beschlüsse nach § 14 Abs. 1 des 2. Teils der Verfahrensordnung sei auch durch den Gesetzgeber anerkannt (BT-Drs. 17/6906, S. 88). Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen lägen nicht vor. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Beklagte entgegen § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V nicht innerhalb der 6-Wochen-Frist eine Einzelfallprüfung bzw. keine auf den Einzelfall bezogene Wirtschaftlichkeitsprüfung durch den MDK in Auftrag gegeben habe. Der Zinsanspruch beruhe auf § 10 Abs. 5 des Hessischen Landesvertrages in Verbindung mit § 288 Abs. 1 BGB.

Die Beklagte hat gegen den ihr am 7. Dezember 2017 zugestellten Gerichtsbescheid am 13. Dezember 2017 vor dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, dass das Sozialgericht nicht geprüft habe, ob die Qualitätsanforderungen gemäß des Beschlusses des GBA vom 19. Dezember 2006 erfüllt worden seien. Das Krankenhaus der Klägerin habe die Anforderungen an die Dokumentation gemäß § 1 Abs. 3 des GBA-Beschlusses nicht erfüllt. Der MDK habe in seinem Folgegutachten zur Strukturprüfung bei AVI-M am Kniegelenk vom 7. Dezember 2011 festgestellt, dass das Krankenhaus der Klägerin die Vitalität der implantierten Zellen in Prozent nach Herstellerangabe nicht in der Krankenakte dokumentiert habe. Erst im Mai 2015 sei die Dokumentation ordnungsgemäß gewesen (Strukturgutachten des MDK vom 20. Mai 2015). Eine Einzelfallprüfung gemäß § 275 Abs. 1 Nr. 1. Abs. 1c SGB V sei nicht erforderlich gewesen. Ob die Qualitätsanforderungen gemäß des Beschlusses des GBA erfüllt seien, sei eine strukturelle Abrechnungsvoraussetzung. Im Übrigen habe die Beklagte im Hinblick auf das Strukturgutachten vom 7. Dezember 2011 davon ausgehen dürfen, dass die Qualitätsanforderungen im streitigen Behandlungszeitraum grundsätzlich nicht erfüllt gewesen seien. Die Einholung eines weiteren MDK-Gutachtens sei entbehrlich gewesen. Im Verfahren S 8 KR 682/15 habe das Sozialgericht Darmstadt mit Gerichtsbescheid vom 5. Dezember 2017 bezüglich einer im Mai 2012 durchgeführten matrixassoziierten autologen Chondrozytentransplantation die Klage abgewiesen, weil die Qualitätsvorgaben des GBA im Krankenhaus der Klägerin nicht eingehalten worden seien (Verwendung von "co.don Chondroshären" und unzureichende Dokumentation der Vitalität der implantierten Zellen). Der GBA habe bezüglich der autologen Chondrozytentransplantation am Kniegelenk - anstelle eine Entscheidung nach § 137c Abs. 1 Satz 2 oder 3 SGB V zu treffen - eine weniger einschneidende Maßnahme zur Qualitätssicherung beschlossen. Dies sei von der Verfahrensordnung, die sich der GBA gemäß § 91 Abs. 4 SGB V gegeben habe und die vom Bundesgesundheitsministerium zu genehmigen gewesen sei, ausdrücklich vorgesehen. In dieser Verfahrensordnung sei ebenfalls ausdrücklich geregelt, dass die Beschlussfassung mit Anforderungen an die Strukturqualität, Prozessqualität und/oder Ergebnisqualität der Leistungserbringung verbunden werden solle. Die vom GBA gefassten Beschlüsse seien für die daran beteiligten Akteure bindend. Es könne nicht sein, dass die Deutsche Krankenhausgesellschaft zwar die Maßnahmen zur Qualitätssicherung mit beschließe, die von ihr vertretenen Krankenhäuser den Beschluss dann aber nicht beachteten. Im Übrigen habe die Klägerin bislang nicht geltend gemacht, dass das von ihr betriebene Krankenhaus die Qualitätsanforderungen gemäß des Beschlusses des GBA erfüllt habe.

Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 5. Dezember 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Ferner hat sie darauf verwiesen, dass der MDK mit dem Strukturgutachten vom 20. Mai 2015 bestätigt habe, dass die Qualifikation des Personals sowie die Zellaufbereitung und die Dokumentation den Qualitätskriterien des GBA-Beschlusses entsprechen würden. Lediglich das chondrospheren®-Verfahren entspreche nach Auffassung des MDK nicht von den vom GBA definierten Leistungsinhalten einer ACI-M, was mangels Begründung jedoch unverständlich sei. Im Übrigen sei der GBA nicht ermächtigt, aus eigener Machtvollkommenheit den Krankenhäusern, die eine neue Methode im Rahmen der Krankenhausbehandlung anwenden wollten, deren Überprüfung er selbst ausgesetzt habe, eigendefinierte Qualitätskriterien aufzuerlegen, so dass die Krankenhäuser von der Leistungserbringung und damit auch von der Leistungsberechnung ausgeschlossen seien, wenn sie die Qualitätskriterien nicht erfüllten. Eine Verfahrensordnung nach § 91 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB V sei jedenfalls keine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, um das grundrechtlich geschützte Leistungserbringungsrecht der Krankenhäuser zu beschränken. Der GBA habe die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 137c SGB V umgangen. Ob und inwieweit das Krankenhaus der Klägerin die Dokumentationsanforderungen des GBA erfüllt habe, sei vorliegend ohne Belang. § 91 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB V ermächtigte lediglich dazu, methodische Anforderungen an die Nutzenbewertung aufzustellen, nicht aber konkrete Maßnahme zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung zu treffen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 3. Juni 2019 ist die Klägerin zur substantiierten Darlegung gebeten worden, ob und inwieweit im streitgegenständlichen Behandlungsfall die besonderen Dokumentationsanforderungen des GBA im Krankenhaus der Klägerin erfüllt worden sind. Hierauf hat die Klägerin eine am 14. März 2013 unterschriebene Checkliste übersandt (Bl. 97 ff. der Gerichtsakte).

Im Erörterungstermin vor der Berichterstatterin am 1. August 2019 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und durch die Berichterstatterin anstelle des Senats erklärt.

Den von der Berichterstatterin unterbreiteten Vergleichsvorschlag (Beschluss vom 1. August 2019) hat die Beklagte nicht angenommen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung konnte durch die Berichterstatterin und ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt haben, §§ 155 Abs. 3 und 4, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Zahlung von (weiteren) 3.161,76 EUR nebst Zinsen aufgrund der Behandlung der Versicherten C. in der Zeit vom 30. September bis 2. Oktober 2014. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 5. Dezember 2017 war daher aufzuheben.

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in der Fassung vom 26. März 2007 in Verbindungmit § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG in der Fassung vom 22. Dezember 2012), § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG in der Fassung des Gesetzes vom 20. Februar 2013), dem maßgeblichen Fallpauschalenkatalog und den Abrechnungsbestimmungen gemäß § 9 KHEntgG sowie dem zwischen der Hessischen Krankenhausgesellschaft und den entsprechenden Krankenkassen bzw. deren Verbänden geschlossenen Vertrag über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 SGB V für das Land Hessen.

Der Vergütungsanspruch der Klägerin für das Zusatzentgelt ZE126 in Höhe von 3.161,76 EUR ist nicht gegeben.

Wie das Sozialgericht in dem streitigen Gerichtsbescheid zutreffend ausgeführt hat, kann das Zusatzentgelt ZE126 nur dann abgerechnet werden, wenn die Behandlung erforderlich gewesen ist. § 137c SGB V ist nicht im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus mit Verbotsvorbehalt auszulegen. Auch besteht kein Zweifel daran, dass die streitige Behandlungsmethode keine dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechende Behandlungsmethode darstellt. Die Klägerin kann sich auch nicht erfolgreich auf § 137c Abs. 3 SGB V berufen, da diese gesetzliche Regelung zum Zeitpunkt der streitigen Behandlung noch nicht in Kraft getreten war.

Diese Grundsätze werden allerdings - wie ebenfalls vom Sozialgericht zutreffend ausgeführt - im vorliegenden Fall ausnahmsweise durchbrochen. Dies ergibt sich aus § 137c SGB V in der Fassung vom 22. Dezember 2011 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 in Kapitel 2 der Verfahrensordnung des GBA in Verbindung mit dem Beschluss des GBA über Maßnahmen zur Qualitätssicherung bei matrixassoziierter autologer Chondrozytentransplantation (ACI-M) am Kniegelenk (Beschluss vom 23. April 2009, geändert durch Beschluss vom 22. Mai 2014). Für das Bewertungsverfahren gemäß § 137c SGB V a.F. hat der GBA in § 14 in Kapitel 2 seiner Verfahrensordnung in der Fassung vom 20. März 2014 vorgesehen, dass er bei Methoden, bei denen der Nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, aber zu erwarten ist, dass solche Studien in naher Zukunft vorgelegt werden können, die Aussetzung der Beschlussfassung beschließen kann. Die Aussetzung erfolgt danach mit der Maßgabe, dass innerhalb einer vom Plenum hierfür zu setzenden Frist der Nachweis des Nutzens mittels klinischer Studien geführt werden kann. Ferner soll die Beschlussfassung mit Anforderungen an die Strukturqualität, Prozessqualität und/oder an die Ergebnisqualität der Leistungserbringung gemäß § 137 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V sowie an eine hierfür notwendige Dokumentation verbunden werden. Auf dieser Basis hat der GBA das Bewertungsverfahren bezüglich der hier streitigen Behandlungsmethode ausgesetzt und den o.g. Beschluss über Maßnahmen zur Qualitätssicherung bei matrixassoziierter autologer Chondrozytentransplantation (ACI-M) am Kniegelenk gefasst. Dieser Beschluss beinhaltet verbindliche Anforderungen, die von allen Krankenhäusern zu erfüllen sind, die die Methode ACI-M am Kniegelenk zu Lasten der Krankenkasse erbringen. Durch diesen Beschluss ist der streitgegenständlichen Behandlungsmethode damit unter der Voraussetzung der Einhaltung bestimmter Anforderungen an die Qualität und Dokumentation der Weg in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen eröffnet. Die Klägerin kann sich insoweit nicht erfolgreich darauf berufen, dass § 91 Abs. 4 SGB V den GBA lediglich zu einer Verfahrensordnung ermächtigt, die methodische Anforderungen an die Nutzenbewertung regelt, nicht hingegen zur Regelung konkreter Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der Leistungserbringung befugt. Die Aufzählung der Anforderungen, die gemäß § 91 Abs. 4 Nr. SGB V in der Verfahrensordnung geregelt werden können, ist keineswegs abschließend (vgl. Wiegand in: jurisPK § 91 SGB V, Rn 51). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ("insbesondere"). Die §§ 136 ff. SGB V, mit welchem dem GBA die Richtlinienkompetenz im Bereich der Qualitätssicherung zugeschrieben wird, machen zudem deutlich, dass die Qualitätssicherung ein maßgeblicher Aufgabenbereich des GBA darstellt. Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb der GBA nicht befugt (gewesen) sein sollte, Qualitätsvorgaben für Aussetzungsbeschlüsse in der Verfahrensordnung gemäß § 91 Abs. 4 SGB V zu regeln und stattdessen auf den Beschluss von Erprobungsrichtlinien gemäß § 137e SGB V beschränkt sein sollte. Auch der Gesetzgeber geht davon aus, dass der GBA gemäß 2. Kapitel, § 14 Abs. 4 seiner Verfahrensordnung Aussetzungsbeschlüsse mit Anforderungen der Qualitätssicherung versehen kann (vgl. BT-Drs. 17/6906, S. 88).

Mit dem Folgegutachten des MDK zur Strukturprüfung bei AVI-M am Kniegelenk vom 7. Dezember 2011 sind jedoch einschlägige Dokumentationsmängel seitens des von der Klägerin betriebenen A. Krankhauses A-Stadt festgestellt worden. Erst mit dem Gutachten vom 20. Mai 2015 hat der MDK die Dokumentation als ordnungsgemäß beurteilt. Die Klägerin hat nicht substantiiert dargetan, dass bereits im hier streitigen Zeitraum (30. September bis 2. Oktober 2014) die zuvor festgestellten Dokumentationsmängel behoben worden sind. Aufgrund der Erörterung der Sach- und Rechtslage vor der Berichterstatterin, dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag (Beschluss vom 1. August 2019) sowie der gerichtlichen Aufforderung zur Stellungnahme mit Schreiben vom 3. Juni 2019 war für die Beteiligten erkennbar, dass es für die Entscheidung hierauf maßgeblich ankommt. Die von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegte Checkliste ist jedoch nicht dazu geeignet darzulegen, dass die o.g. Dokumentationsmängel bereits im streitigen Zeitraum behoben worden sind. Diese Checkliste enthält lediglich das Ergebnis einer Selbsteinschätzung von Mitarbeitern des Krankenhauses ohne weitere Darstellung. Zudem ist die Checkliste vor dem hier streitigen Zeitraum unterschrieben worden, so dass sie vorliegend nicht relevant ist.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts war zudem kein erneutes Gutachten des MDK gemäß § 275 Abs. 1c SGB V erforderlich, da das Vorliegen der strukturellen Abrechnungsvoraussetzungen unabhängig vom einzelnen Behandlungsfall auf Grund der allgemeinen Organisationen des Krankenhauses zu beurteilen ist (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. Januar 2012, L 5 KR 97/11, juris). Einer der in § 275 Abs. 1 S. 1 SGB V abschließend aufgeführten Begutachtungsanlässe liegt nicht vor. Es geht also nicht um eine medizinische Sachfrage des konkreten Einzelfalles, zu deren Klärung der MDK eingeschaltet werden muss (s. BSG, Urteil vom 18. Juli 2013, B 3 KR 25/12 R, juris Rn. 21; LSG, Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8. März 2018, L 5 KR 174/15, juris Rn. 29). Vielmehr kann sich die Beklagte auf das Folgegutachten des MDK zur Strukturprüfung bei AVI-M am Kniegelenk vom 7. Dezember 2011 berufen. Das Gutachten kann von der Beklagten - wie auch von den Gerichten - verwertet werden (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2014, B 1 KR 15/13 R, juris, Rn. 37).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG werden, wenn in einem Verfahren weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten kostenrechtlich privilegierten Personen gehört, Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben. Da der Rechtsstreit eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, war der Streitwert in Höhe der Geldleistung festzusetzen (§§ 47, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz - GKG -).
Rechtskraft
Aus
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