Worauf ist zu achten?
Patienten von Krankenhäusern haben nach § 39 Abs. 1a SGB V einen Anspruch auf ein Entlassmanagement. Dadurch soll die sektorenübergreifende Unterstützung nach Beendigung der Krankenhausbehandlung sichergestellt werden. Das Entlassmanangement ist Aufgabe des Krankenhauses. Die Verantwortung für den nahtlosen Übergang des Patienten in die Versorgung danach trägt der Krankenhausarzt. Einzelheiten sind im sog. Rahmenvertrag Entlassmanagement geregelt (www.kbv.de/media/sp/Rahmenvertrag_ Entlassmanagement.pdf ).
Zusammenwirken von Krankenhäusern und Drittanbietern
Die Erfüllung dieser Pflicht setzt das Zusammenwirken zwischen Krankenhäusern und nachgelagerten Drittanbietern (z.B. Heil- und Hilfsmittelversorger, Therapeuten) notwendig voraus. Gleichzeitig ist das Entlassmanagement für die nachgelagerten Anbieter eine Möglichkeit, Patienten – teilweise dauerhaft – an sich zu binden. Das Entlassmanagement eröffnet also einen erheblichen Markt, der manchen in Versuchung führen kann, die Grenzen zulässiger Kooperation zu überschreiten. Falsch organisiertes Entlassmanagement birgt daher Strafbarkeitsrisiken, z.B. wegen möglicher Verstöße gegen die Vorschriften zur Vermeidung von Korruption im Gesundheitswesen (§§ 299a, 299b StGB ff.).
Vorsicht ist besonders dann geboten, wenn Dienstleister den Krankenhäusern Aufgaben abnehmen wollen und sich so einen frühzeitigen direkten Zugang zu den Patienten verschaffen. Zu vermeiden ist daher z.B., dass vom Krankenhaus Rezepte direkt an Anbieter weitergeben werden und diese dann die Patienten noch im Krankenhaus aufsuchen. Ebenfalls zu vermeiden ist, dass Anbieter Räumlichkeiten im Krankenhaus – angemietet oder unentgeltlich – nutzen, um den Patienten des Krankenhauses dort vor Ort ihre Dienstleistung oder die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln zu ermöglichen. Auch beliebt, aber unbedingt zu vermeiden, ist, dass z.B. Reha-Kliniken eigene Mitarbeiter in Krankenhäuser entsenden, damit diese dort die Reha-Maßnahmen für die Patienten des Krankenhauses organisieren. Denn im Ergebnis werden alle genannten Anbieter Sorge dafür tragen, dass die benötigte Dienst- oder Sachleistung nur bei ihnen bezogen wird.
In allen genannten Fällen wird dem Patienten eine autonome Auswahlentscheidung vorenthalten. In allen Fällen „spart“ das Krankenhaus eigenen Aufwand, den es an sich im Rahmen des Entlassmanagements schuldet. Strafrechtlich gesprochen erzielt das Krankenhaus durch die beschriebenen Vorgehensweisen einen (unzulässigen) Vorteil, denn es spart eigenen Personalaufwand. Darüber hinaus wird durch uneingewilligte Weitergabe von Patientendaten gegen weitere straf- und datenschutzrechtliche Vorschriften verstoßen.
Autonome Patientenentscheidung sicherstellen
Um strafrechtliche Verfolgung zu vermeiden, sollten Krankenhäuser darauf achten, dass die Patienten in die Durchführung eines Patientenmanagements einwilligen. Diese Einwilligung kann m.E. bereits bei Aufnahme ins Krankenhaus eingeholt werden; die juristischen Auffassungen hierzu gehen allerdings auseinander und Rechtsprechung, auf die man sich berufen könnte, gibt es nicht.Wichtig – und auf jeden Fall zu dokumentieren – ist, dass den Patienten immer die Auswahl zwischen mindestens zwei geeigneten und in räumlicher Nähe befindlichen Anbietern verbleibt. Denn wenn eine autonome Patientenentscheidung vorliegt, ist für unzulässige Zuweisung kein Raum mehr. Krankenhäuser, die zweifeln, ob sie beim Entlassmanagement richtig aufgestellt sind, sollten die geschlossenen Kooperationen und die Praxis, die sich in der Folge daraus entwickelt hat, neu durchdenken (lassen).
Autor: Rechtsanwalt Volker Ettwig, Tsambikakis & Partner Rechtsanwälte mbB, ettwig@tsambikakis.com
Quelle: KU Gesundheitsmanagement 05/2020