Healthcare im 21. Jahrhundert Blockchain – eine Chance für die Medizin?

Autor / Redakteur: Dipl. Betriebswirt Otto Geißler / Peter Schmitz

Die Blockchain bietet eine vielversprechende dezentrale Datenbank-Technologie für eine verstärkte Integration von Patienten- und Gesundheitsdaten. Anwendungen sind zum Beispiel im Bereich der Patientenakte, eines Organspende-Registers, dem Rückruf gefälschter Arzneimittel und medizinischen Forschungs-Projekten denkbar.

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Die Blockchain eignet sich vor allem zur Dokumentation von Gesundheitsinformationen, Verwendung im Bereich Bonusprogramme der Krankenkassen, Qualitätssicherung im Krankenhaus, Vereitlung von Medikamentenfälschungen, Sicherheit in der Steuerung von Medizinprodukten, Betrugsvermeidung in der Rezeptabrechnung oder für klinische Studien.
Die Blockchain eignet sich vor allem zur Dokumentation von Gesundheitsinformationen, Verwendung im Bereich Bonusprogramme der Krankenkassen, Qualitätssicherung im Krankenhaus, Vereitlung von Medikamentenfälschungen, Sicherheit in der Steuerung von Medizinprodukten, Betrugsvermeidung in der Rezeptabrechnung oder für klinische Studien.
(© Leo Wolfert - stock.adobe.com)

Laut einer Deloitte-Studie entsteht alleine in der Gesundheitsbranche rund ein Drittel der weltweiten Datenmenge. Obwohl medizinische Daten zunehmend digital gespeichert werden, kommen häufig isolierte bzw. inkompatible Systeme zum Einsatz, die den Austausch von Daten erschweren. Wichtige Daten sind oft über mehrere Standorte verstreut und manchmal genau dann nicht zugänglich, wenn sie am dringendsten gebraucht würden.

Andererseits ist das Interesse an der Anwendung der Blockchain-Technologie im Gesundheitswesen derzeit weitestgehend gering. Wobei das Potential von IT-Experten als sehr groß eingestuft wird.

Große Potenziale der Blockchain

Das größte Potenzial der Blockchain liegt darin, relevante Informationen zusammenzubringen und jederzeit verfügbar zu stellen. Unter Umständen kann die Technologie dadurch sogar Menschenleben retten. Das Wissenschaftliche Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2) hat zum Thema Blockchain und Gesundheitswesen eine Untersuchung durchgeführt.

Während Ronald Schwarz, Leiter des Vorstandsreferats Data Science & Statistik der Krankenkasse BIG direkt gesund, in der Untersuchung die Blockchain als Chance zur Effizienzerhöhung von Krankenkassen- und Krankenhausprozessen nennt, betont Dr. Tobias Gantner, Geschäftsführer der HealthCare Futurists GmbH, die Blockchain als wichtiger Beitrag zur Demokratisierung des Gesundheitswesens.

Aktuell gibt es in Deutschland für die Blockchain im Gesundheitswesen noch keine größeren Pilotprojekte. Trotzdem sind laut den Experten potentielle Use Cases für die Nutzung der Technologie denkbar.

Dokumentation medizinischer Daten

Als ein möglicher Use Case ist die Optimierung der Dokumentation von Erkrankungen vorstellbar. Bislang erhalten die Patienten nur einen geringen Zugriff und wenig Steuerungsmöglichkeit auf ihre eigenen Gesundheitsdaten. Lediglich für die Abrechnung werden relevante Informationen zwischen einzelnen Akteuren über zentrale Abrechnungszentren ausgetauscht. Der Rest steckt in Datensilos.

Die Blockchain speichert und dokumentiert die durchgeführten Leistungen dezentral und gestaltet den gesamten Prozess deutlich effizienter. Neben den Leistungserbringern wären Krankenkassen und Patienten Teil des Blockchain-Netzwerks und würden die patientenbezogenen Datenblöcke ergänzen. Auf diese Weise erhält der Patient einen Zugriff auf seine Gesundheitshistorie, gleichzeitig wären die Daten vor Manipulationen geschützt.

Durch den Zugriff auf alte Datenbestände kann der behandelnde Arzt eine schnellere und gezieltere Versorgung anbieten und auch vermeidbare Leistungsausgaben verhindern. Durch die daraus entstehende Rechtssicherheit wäre eine Einführung der Patientenakte schnell zu realisieren.

Bonusprogramme der Kassen

Die Blockchain könnte als weiterer Use Case das Bonusprogramme-Management der Krankenkassen, bei denen Versicherte an Präventionsaktionen teilnehmen, regeln. Für die Krankenkassen würde dies ein reduzierter Aufwand für die Aufnahme und Überprüfung von bonusrelevanten Aktivitäten, eine verbesserte Transparenz und Manipulationssicherheit der Angaben bedeuten.

Qualitätssicherung im Krankenhaus

Die Qualitätssicherung und das Supply-Chain-Management im Krankenhaus wäre ebenfalls ein möglicher Use Case. Eine noch weitverbreitete Listenführung kann durch die Blockchain abgelöst werden. Sie könnte die Wareneingänge sowie deren Lieferanten, die Bestandsverwaltung und die patientenbezogene Zuordnung von verwendeten Produkten in Datenblöcken zusammenführen, dokumentieren und eine Qualitätssicherung garantieren.

Sicherheit in der Steuerung von Medizinprodukten

Vor allem für Patienten mit chronischen Erkrankungen, die eine kontinuierliche Überwachung und Intervention erhalten müssen, stellt die Digitalisierung eine Erleichterung dar. So können beispielsweise implantierbare Insulinpumpen oder Herzschrittmacher Vitalparameter messen und bei Bedarf und nach einer Authentifizierung vom Patienten selbst oder vom Arzt gesteuert werden.

Manipulationen oder Fehler bei der Datenübertragenen stellen dabei ein großes Gefahrenpotential dar. Bei Fehlinterventionen droht für den Patienten Lebensgefahr! Die Blockchain kann dieses Gefahrenpotential extrem reduzieren.

Betrugsverhinderung bei der Rezeptabrechnung

Ebenfalls ein großes Potenzial wird der Technologie für die Speicherung von Verordnungen für Medikamente oder Hilfsmittel in der Blockchain bescheinigt. Das heißt, der Patient entscheidet sich für eine Apotheke, dort löst er die Verordnung ein und gibt die Information für diese Apotheke frei. Die Apotheke händigt das vom Arzt verordnete Medikament dem Patienten aus, wenn dieser mit der Blockchain authentifiziert wurde. Schließlich stellt die Apotheke der Krankenkasse über die Blockchain eine Rechnung.

Medikamentenfälschungen vereiteln

Wenn gefälschte Medikamente in den Umlauf gebracht werden, beinhalten diese entweder keinen oder einen anderen Wirkstoff in unterschiedlicher Intensität. Für den Patienten kann dann unter Umständen Lebensgefahr bestehen! Da die Herstellung sowie der gesamte Transportweg auf der Blockchain abgelegt wird, kann die Blockchain dabei helfen, diesen Sumpf trocken zu legen. Bei der Aufnahme in den Bestand der Apotheke wird das Medikament per QR-Code eingescannt und auf Echtheit überprüft. Dies könnte natürlich auch der Patient selbst übernehmen.

Klinische Studien

Mit der Blockchain-Technologie könnten Gesundheitsdaten gesammelt und nur dort weitergegeben werden, wo es gewünscht oder notwendig ist. Damit lassen sich die Privatsphäre und besonders sensible Daten von Patienten noch besser schützen. Vor allem Institute, die klinische Studien für eher seltene Krankheiten auflegen, für die nur sehr wenige Teilnehmer zur Verfügung stehen, könnten davon profitieren. Gleichzeitig reduziert sich der Zeitaufwand für die Medikamenten-Entwicklung und Patienten profitieren einer beschleunigten Verfügbarkeit von Behandlungsoptionen.

Demokratisierung des Gesundheitswesens

Die Blockchain schafft Vertrauen für alle Teilnehmer und versetzt den Patienten in die Lage, selbstbestimmt ein aktiver Teilhaber der Gesundheitsversorgung zu sein. Die Blockchain fungiert dabei nicht nur als eine Art Gütesiegel, welches die Legitimität von Gesundheitsdaten bewahrt, sondern auch als ein technischer Enabler.

Zudem dient die Blockchain als „Parallelwährung“, indem die Patienten und ihre Daten, die sie dem Blockchain-Netzwerk zur Verfügung stellen, wiederum mit schnelleren Konsultationen und Interventionen belohnt werden.

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