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Medizinrecht: Arztbrief darf per Post versandt werden

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 11.03.2020 – 7 U 10/19

Hintergrund

In dem zugrunde liegenden Fall wurde eine Patientin (Klägerin) mit Beschwerden im Darm von ihrem Hausarzt an einen Gastroenterologen überwiesen. Der Gastroenterologe führte am 11.12.2013 die Untersuchung durch und erkannte eine Hautveränderung, von welcher er eine Probe entnahm. Diesen Befund sandte er zur histologischen Untersuchung ein.

Im Nachgespräch habe der Arzt seine Patientin anhand der bei der Koloskopie angefertigten Bilder über die gefundene Auffälligkeit aufgeklärt und ihr mitgeteilt, dass der Befundbericht mit der Histologie innerhalb der nächsten sieben bis zehn Tage ihrem Hausarzt vorliegen werde.

Am 12.12.2013 fertigte der beklagte Arzt den Arztbrief (Arztbericht und Therapieempfehlung) und erhielt am Tag darauf den histologischen Befund, welchen er daraufhin zusammen mit dem Arztbrief per Post an den Hausarzt seiner Patientin sandte. Ob das Schreiben auch ankam, überprüfte der Beklagte nicht. Die Klägerin warf dem Beklagten einen Behandlungsfehler vor, da er den Arztbrief inklusive der Histologie nicht rechtzeitig an ihren Hausarzt übersandt habe und sie selbst nicht über den Befund unterrichtet wurde.

Gründe

Das Oberlandesgericht verneinte einen Behandlungsfehler des Beklagten und folgte damit der Entscheidung des Landgerichts.

In Fällen einer dringlichen Behandlungsfortsetzung bei hochpathologischen Befunden mag es ausnahmsweise geboten sein, den Patienten persönlich zu informieren. Das Oberlandesgericht nahm eine besondere Dringlichkeit im vorliegenden Fall jedoch nicht an. Stattdessen reiche die Befundübermittlung mit einer Therapieempfehlung an den Hausarzt aus. Der Beklagte sei somit nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin nochmals terminlich einzubestellen oder sie persönlich telefonisch zu informieren.

Auf die Frage, ob der behandelnde Arzt den Eingang des Arztbriefes beim Hausarzt kontrollieren muss, bezog das Oberlandesgericht ebenfalls Stellung. Einem Arzt könne nicht zugemutet werden, sich bei jedem Arztbrief über dessen Übermittlung zu informieren, solange bislang keine Probleme bei der Postzustellung bekannt sind. In dringenden Fällen kann jedoch die Überprüfung der Zustellung vom Absender erwartet werden, wovon im vorliegenden Fall nicht ausgegangen wurde.

Bewertung

Einen Arztbrief postalisch an den Hausarzt zu versenden ist gängige Praxis. Andererseits hat ein Patient das Recht auf Unterrichtung über die Befunde einer ärztlichen Behandlung, gerade wenn er erst dadurch die medizinisch gebotene Behandlung durchführen lassen kann.

In obengenannter Situation unterrichtete der Beklagte jedoch den Hausarzt der Patientin durch die Zusendung des Arztbriefes und der Therapieempfehlung, sodass er davon ausgehen durfte, dass der Hausarzt weitere Behandlungsmaßnahmen mit seiner Patientin besprechen wird.

Als Alternative zum Postweg wäre hingegen die Übersendung per Fax empfehlenswert, sodass durch den Sendebeleg direkt eine erfolgreiche Zusendung bestätigt wird.

 

Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

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