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Klare Absage an Weiterbetrieb von St. Jupp: "Haken drunter!"

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Die Zukunft des St.-Josef-Krankenhauses in Bockum-Hövel sorgte für großes Besucherinteresse in der Bezirksvertretung – und für Gesprächsstoff.
Die Zukunft des St.-Josef-Krankenhauses in Bockum-Hövel sorgte für großes Besucherinteresse in der Bezirksvertretung – und für Gesprächsstoff. © Mroß

Trotz der Beschränkungen durch Corona war der Zuschauerandrang in der Sitzung der Bezirksvertretung Bockum-Hövel diesmal groß. Immerhin war das wichtigste Thema ein aktuell wieder sehr heißes Eisen.

Hamm - Alle Plätze waren besetzt, stand doch ein Sachstandsbericht zur Zusammenlegung von St.-Josef-Krankenhaus und St.-Barbara-Klinik auf der Tagesordnung. „Da machen Sie mal einen Haken drunter!“ Thorsten Keuschen, Geschäftsführer der St.-Barbara-Klinik, nahm bei seinen Ausführungen kein Blatt vor den Mund. Einen Weiterbetrieb von „St. Jupp“ wird es nicht geben, egal in welcher Form. Die Entscheidung sei getroffen und werde nicht mehr geändert.

Ohne die Zusammenlegung wären beide Häuser nicht zukunftsfähig, sagte er und führte als Beleg ein Minus der St.-Barbara-Klinik von 3,8 Millionen Euro für das Jahr 2018 an. Das Jahr davor sei auch „dick rot“ gewesen. Ein Kostentreiber sei unter anderem das Vorhalten von Doppelstrukturen durch die beiden Standorte. „Mein Job ist es, nach vorne zu sehen. Unter dem Strich glaube ich, die Zusammenführung ist die richtige Strategie für diesen Standort“, so Keuschen. An der St.-Barbara-Klinik würden bis Ende 2023 rund 60 Millionen Euro investiert. Er bestätigte, dass diese Summe weit höher sei als eine Sanierung des St.-Josef-Krankenhauses kosten würde (hierfür kursierten Zahlen zwischen 15 und 20 Millionen Euro). Ein Förderbescheid des Landes in Höhe von 9,7 Millionen Euro sei vor Kurzem eingetroffen.

Damit werde der Bauzeitenplan jetzt konkret. Vorbereitende Abrissarbeiten hätten in Heessen bereits begonnen. Bis 2022 werde das St.-Josef-Krankenhaus noch in Betrieb sein. Anfang 2023 solle dann die ganze Klinik nach Heessen verlagert sein, so Keuschen.

Nein zu Hilfskrankenhaus wegen Corona

Der Forderung der SPD, angesichts der Corona-Pandemie ein Hilfskrankenhaus vorzuhalten, erteilte Keuschen eine strikte Absage. Eine Infektiologie sei extrem teuer, unter anderem wegen der erforderlichen Filter und Lüftung. Und eine Infektiologie gebe es bereits in der St.-Barbara-Klinik. „Wir waren während Corona der Hauptversorger und haben 60 Intensivplätze geschaffen, mit der Pneumologie und der Intensivstation im Hintergrund“, so Keuschen. Auch ein Zentrum für Altersmedizin hält er für nicht machbar: „Sie bekommen dafür kein Fachpersonal.“

Er sicherte jedoch zu, dass das Medizinische Versorgungszentrum mit Neurochirurgie und Allgemeinchirurgie erhalten bleibe. Das Krankenhaus sei dafür aber nicht geeignet. Um das Zentrum unterzubringen, gebe es genügend geeignete Leerstände im Ort.

Infos zu Investorenplänen verweigert

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Damian Chatha wollte wissen, in welche Richtung die möglichen Investoren planten. Auch in der Einwohnerfragestunde wurde mehrfach nach den Investoren aus dem Veräußerungsverfahren gefragt. Hier verweigerte Keuschen Details. Er könne in einem solchen Verfahren nicht offen legen, wer sich beteiligt habe und womit. „Es gibt Interessenten und es wird einen Babauungsplan geben. Aber das ist dann nicht mehr mein Thema. Wir werden an diesem Ort keine Gesundheitsversorgung mehr durchführen“, sagte er. Der Abriss des Gebäudes solle durch die Investoren übernommen werden. „Und bei den aktuellen Grundstückspreisen wird die Stiftung sicher noch etwas drauflegen müssen.“

Chatha machte daraufhin deutlich, dass die Stadt auch nach der Kommunalwahl über den Flächennutzungsplan das Druckmittel besitze, die Gesundheitsversorgung an diesem Standort zu erhalten.

"Sie haben die Bevölkerung getäuscht"

Eine neue Wendung brachte Werner Brosowski (CDU) in die Diskussion: „Das Sinnvollste wäre es, Sie würden das Grundstück der Stadt schenken. Die Stadtentwicklungsgesellschaft nimmt es, dann können wir machen, was wir wollen, und Sie sind viele Sorgen los.“ Keuschen antwortete: „Sie haben im Zweifel recht.“ Hier schritt Ralf Hohoff, Leiter des Oberbürgermeisterbüros, ein und erinnerte an das laufende Veräußerungsverfahren. Der Markt werde eine gute Antwort finden. Es gebe Investoren. Da mache die Stadt das, was sie am besten könne: die Rahmenbedingungen schaffen.

SPD-Ratsherr Hartmut Weber richtete einen Appell an die St.-Franziskus-Stiftung, Lehren aus der Corona-Pandemie zu ziehen und das St. Josef-Krankenhaus zu erhalten. Es dürfe keine Schließungen mehr geben. Kleinere Einheiten seien von Vorteil, denn in großen Kliniken habe es Infektionswellen gegeben. Er sei der Bürgerinitiative für den Erhalt des St.-Josef-Krankenhauses dankbar, dass sie die Fehlentscheidung offen gelegt habe. Er erinnerte auch an die Zusage der Stiftung bei der Übernahme im Jahr 2011, das Krankenhaus zu erhalten. „Sie haben die Bevölkerung getäuscht“, so Weber.

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