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Kliniken werben sich mit Prämien gegenseitig Pflegekräfte ab

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Kliniken werben sich mit Prämien gegenseitig Pflegekräfte ab
Kliniken werben sich mit Prämien gegenseitig Pflegekräfte ab © picture alliance/Hauke-Christian Dittrich/dpa

In hessischen Krankenhäusern fehlen Hunderte Schwestern und Pfleger. Der Konkurrenzdruck gerade in Ballungsräumen treibt seltsame Blüten. Die Krankenhausgesellschaft spricht von einem «ruinösen Wettbewerb».

Frankfurt - „Pflege-Helden gesucht!“ und „OP-Helden gesucht!“ stehen in Knallfarben über Comicfiguren in Krankenhauskleidung. Eine Frankfurter Klinik wirbt mit solchen Postkarten um Pflegekräfte - und verspricht den Kandidaten 3000 Euro Wechselprämie. Die Hessische Krankenhausgesellschaft findet solche Aktionen „nicht schön“, aber auch verständlich: „Die Krankenhäuser stehen häufig mit dem Rücken zur Wand“, sagte der Geschäftsführende Direktor, Steffen Gramminger, der Deutschen Presse-Agentur. „Wenn die Kliniken nicht die Betten schließen und somit notwendige Behandlungskapazitäten reduzieren wollen, müssen sie irgendwo die Pflegekräfte herbekommen.“

Die Werbeaktionen würden „immer offensiver“, hat Gramminger beobachtet. Neben dem Fachpersonalmangel verschärften die neuen Pflegepersonaluntergrenzen zusätzlich die Situation. Inzwischen habe sich «ein ruinöser Wettbewerb» entwickelt: Die ersten Krankenhäuser hätten mit 1000 Euro Wechselprämie geworben, inzwischen zahlten manche bis zu 5000 Euro. „Das ist immer noch günstiger als horrende Preise für Honorarkräfte an Vermittlungsagenturen zu bezahlen.“

Kliniken suchen Pflegepersonal

Manche legten Flyer bei der Konkurrenz aus oder stellten jemanden vor die Tür. „Das führt natürlich zu bösen Anrufen.“ In Ballungszentren wie dem Rhein-Main-Gebiet „ist das Gebuhle besonders groß“: Hier sei der Konkurrenzdruck besonders hoch, weil durch die Nähe der Krankenhäuser der Arbeitgeberwechsel leicht sei. „Aber das passiert landauf, landab.“

Das Frankfurter St. Elisabethen-Krankenhaus wertet seine «Pflege-Helden»-Kampagne als Erfolg. Es sei eine zeitlich begrenzte Aktion zwischen Mitte Dezember und Ende Januar gewesen, erklärte die Geschäftsführung. Wie viele Mitarbeiter damit gewonnen wurden, ist nicht bekannt: Es sei nicht immer nachvollziehbar, über welche Kanäle die Bewerber auf offene Stellen aufmerksam geworden seien. Von anderen Kliniken habe man „keine Resonanz auf die Aktion erhalten.“

Gramminger glaubt, dass solche Aktionen nur kurzfristige Erfolge bringen. Langfristig helfe nur „ausbilden, ausbilden, ausbilden“, eine bessere Bezahlung, mehr Anerkennung, bessere Arbeitsbedingungen. Mittelfristig könnten Pflegekräfte aus dem Ausland die Not lindern, hier seien aber oft die bürokratischen Hürden sehr hoch und die Anerkennungsverfahren zu lang.

Kliniken: Großer Mangel an Fachkräften

Wie groß der Mangel an Fachkräften in der Pflege ist, ist unklar. Bei der Arbeitsagentur waren zuletzt hessenweit 910 freie Stellen für Fachkräfte in der Gesundheits- und Krankenpflege gemeldet. In den 165 hessischen Krankenhäusern arbeiteten laut Statistischem Landesamt zuletzt 31 700 Beschäftigte in der Pflege (Stand 2017).

„Die Krankenhäuser hatten in 2018 große Probleme, offene Stellen zu besetzen“, heißt es im Hessischen Pflegemonitor. Das Universitätsklinikum Gießen/Marburg hatte Ende 2019 wegen Personalmangels drei Stationen schließen müssen. In diesem Jahr wurde die Finanzierung neu geregelt: Die Krankenhäuser erhalten laut Regierungspräsidium Gießen ein separates Entgelt für Pflegeleistungen. Kliniken, die Patienten eine gute pflegerische Versorgung bieten, würden damit finanziell deutlich bessergestellt. (dpa)

In der Corona-Pandemie ist der Pflege-Notstand noch spürbarer. Viele Pflegekräfte aus Osteuropa in Frankfurt waren nicht in Corona-Quarantäne*.

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